VwGH vom 22.12.2010, 2007/08/0250
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung
verbunden):
2007/08/0251
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer, Dr. Doblinger und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerden 1. der
G GmbH Co KG und 2. der D GmbH, beide in Wien, beide vertreten durch Dr. Karl Schleinzer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Führichgasse 6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Soziales und Konsumentenschutz vom , Zl. BMSK- 120450/0005-II/A/3/2007, betreffend Pflichtversicherung nach dem ASVG und dem AlVG (mitbeteiligte Parteien: 1. F M in B, vertreten durch Dr. Karl Zach, Rechtsanwalt in 1230 Wien, Haeckelstraße 10;
2. Wiener Gebietskrankenkasse in Wien, vertreten durch Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Windmühlgasse 30;
3. Pensionsversicherungsanstalt in 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1; 4. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt in 1200 Wien, Adalbert Stifterstraße 65), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40, dem Erstmitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 und der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I. Mit zwei Bescheiden vom sprach die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse aus, dass der Erstmitbeteiligte auf Grund seiner Beschäftigung als kaufmännischer Angestellter sowohl bei der G-OHG (der Rechtsvorgängerin der erstbeschwerdeführenden Gesellschaft) als auch bei der B-OHG (der Rechtsvorgängerin der zweitbeschwerdeführenden Gesellschaft) jeweils in der Zeit vom bis gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 ASVG und § 1 Abs. 1 lit. a AlVG der Voll-(Kranken- , Unfall-, Pensions- und Arbeitslosen )Versicherungspflicht unterliege.
Der Landeshauptmann von Wien (in der Folge: LH) hat mit Bescheiden vom bzw. den Einsprüchen der Rechtsvorgänger der beiden beschwerdeführenden Gesellschaften jeweils keine Folge gegeben und die angefochtenen erstinstanzlichen Bescheide bestätigt.
Den gegen diese Bescheide erhobenen Berufungen der Rechtsvorgängerinnen der beiden beschwerdeführenden Gesellschaften hat die belangte Behörde mit Bescheiden vom bzw. Folge gegeben und in Abänderung der angefochtenen Bescheide festgestellt, dass der Erstmitbeteiligte auf Grund seiner Tätigkeit für die beiden Gesellschaften in der Zeit vom bis nicht der Versicherungspflicht nach § 4 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 ASVG sowie § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlegen sei.
Auf Grund der gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden hat der Verwaltungsgerichtshof mit den hg. Erkenntnissen vom , Zl. 94/08/0160, sowie vom , Zl. 96/08/0231, die angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die weitere Begründung zu diesen Erkenntnissen gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Ersatzbescheid vom hat die belangte Behörde den Berufungen gegen diese Bescheide des LH vom sowie keine Folge gegeben.
In der Bescheidbegründung ging die belangte Behörde nach Darlegung des Verfahrensganges (wie auch des Fortganges des parallel dazu vom Erstmitbeteiligten gegen die beiden Arbeitgeber wegen arbeitsrechtlicher Ansprüche geführten Verfahrens beim Arbeits- und Sozialgericht Wien - in der Folge: ASG Wien) von folgendem Sachverhalt aus (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof; Schreibfehler im Original):
"Die G-OHG und die B-OHG waren Tochtergesellschaften der deutschen Verwaltungsgesellschaft B-KG. Die G-OHG war für die Herstellung und die B-OHG für den Verkauf von Damen, - und Herren Oberbekleidung zuständig.
(Der Erstmitbeteiligte) war bis vollbeschäftigter Dienstnehmer der G-OHG. Er wurde von dieser zum gekündigt. Von bis war (der Erstmitbeteiligte) bei der B-OHG angestellt.
Im Akt befindet sich ein Dienstzeugnis der G-OHG vom , worin der Tätigkeitsbereich de(s Erstmitbeteiligten) in der davor liegenden Zeit wie folgt umschrieben wird:
(Der Erstmitbeteiligte) war Disponent in den Abteilungen Zoll, Spedition, Versand und Fuhrpark. Auf dem Gebiet der Zollabfertigung war er verantwortlich für die reibungslose Abwicklung aller Importe und Exporte sowie des Veredelungsverkehrs, Kontrolle sämtlicher Zollbescheide, Einleitung von Berufungsverfahren und Verhandlungen mit den Behörden. Auf dem Gebiet des Speditionswesens war (der Erstmitbeteiligte) für Einteilung der Frachtführer, für Besprechungen und Schriftwechsel mit den Behörden und Kammern, für Verhandlungen mit der Transportversicherung, sowie Kontrolle und Reklamation aller eingehenden Speditionsrechnungen verantwortlich. Als weiterer Tätigkeitsbereich wird die Koordinierung des Fuhrparks genannt.
Mit hat (der Erstmitbeteiligte) sowohl mit der G-OHG als auch mit der B-OHG je einen Vertrag, mit folgendem Inhalt geschlossen:
(Der Erstmitbeteiligte) verpflichtete sich, für die G-OHG und die B-OHG sämtliche Arbeiten, die im Zusammenhang mit der zollamtlichen und zolltechnischen Abwicklung der für die G-OHG und die B-OHG anfallenden Warenbeschaffung und des Warenabsatzes entstehen.
(Der Erstmitbeteiligte) konnte seine Arbeitszeit laut Vertrag frei gestalten, verpflichtete sich jedoch gleichzeitig zu einer schnellstmöglichen Erledigung aller zu seinem Aufgabengebiet gehörenden Arbeiten.
Der Aufgaben - und Verantwortungsbereich wurde wie folgt konkretisiert:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
a) | Einholung von Speditionsofferten |
b) | Rechnungskontrolle sämtlicher Speditionsrechnungen |
c) | Überprüfung aller Zollbescheide |
d) | Frachtenkontrolle |
e) | Kontrolle der Lieferkonditionen |
f) | Berufungen bzw. Reklamationen beim Zollamt Wien |
g) | Ausstellung von Belastungsnoten |
h) | Anteilige Selbstverzollungen (z.B. G.../Beiladungen) |
i) | Einreichung von Einfuhrbewilligungen im Handelsministerium |
k) | Div. Bearbeitung aller grenzüberschreitenden Importe sowie |
Reexporte | |
Es wurde ein monatliches Pauschalhonorar für die vollständige Ausführung der vorgenannten Arbeiten vereinbart. | |
Für den Fall, dass (der Erstmitbeteiligte) länger als 14 Tage nicht in der Lage ist, den vereinbarten Arbeiten nachzukommen und diese nicht innerhalb einer angemessenen Frist nachzuholen, wird ein Entfall der vereinbarten Zahlung festgeschrieben. Laut den im Akt befindlichen Honorarnoten bzw. Nachträgen zum Vertrag vom hat (der Erstmitbeteiligte) von der G-OHG und der B-OHG in der streitgegenständlichen Zeit monatlich je S | 13 000,-- plus MwSt. (1983) bis 20 000,-- plus MwSt., 12 mal jährlich erhalten. |
Aufgrund dieser Verträge verrichtete (der Erstmitbeteiligte) sämtliche Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Überprüfung von Zollbescheiden sowie allenfalls vorzunehmende Verzollungen. Nur die Lohnveredelung erledigte eine Mitarbeiterin der G-OHG. (Dem Erstmitbeteiligten) war auch bei den vor der Zollbehörde durchzuführenden Hausbeschauen anwesend und führte überdies Korrespondenz mit Spediteuren. Außerdem stand er für Anfragen der deutschen Muttergesellschaft zur Verfügung. | |
(Dem Erstmitbeteiligten) stand sowohl bei der G-OHG als auch bei der B-OHG jeweils ein Schreibtisch samt Telefon zur Verfügung. Gelegentlich arbeitete er auch zu Hause oder - | selten - gefälligkeitshalber in einem Büro eines Freundes. |
Im Schnitt war (der Erstmitbeteiligte) zwischen 10 und 15 Stunden bei der G-OHG und 10 Stunden wöchentlich bei der B-OHG anwesend. Zusätzlich erledigte er Arbeiten zu Hause oder verrichtete Behördenwege im Ausmaß von durchschnittlich 5 Stunden wöchentlich. Die Gesamtarbeitszeit des (Erstmitbeteiligten) für die G-OHG und die B-OHG betrug im Wochendurchschnitt 25 bis 30 Stunden. Die wöchentliche Gesamtarbeitszeit war letztlich jedoch vom Geschäftsanfall abhängig, sodass (der Erstmitbeteiligte) auch bis zu 40 und 50 | Wochenstunden geleistet hat. |
(Der Erstmitbeteiligte) war in der Gestaltung der Arbeitszeit frei und an keine fixe Dienstzeit gebunden. Er konnte die Arbeiten örtlich wann und wo immer erledigen. Allerdings musste (der Erstmitbeteiligte) kommen, wenn er gebraucht wurde. Bei den Hausbeschauen musste er anwesend sein. Rechtsmittel gegen Zollbescheide mussten in der vorgesehenen Rechtsmittelfrist erledigt werden. Gelegentlich erhielt (der Erstmitbeteiligte) Aufträge von der Buchhaltung und musste Zollabrechnungen mit der Buchhaltung vergleichen. | |
Anders als die sonstigen Mitarbeiter der G-OHG und der B-OHG war (der Erstmitbeteiligte) nicht verpflichtet, eine Magnetkarte zur Zeiterfassung zu gebrauchen. Dies galt auch schon während seines Dienstverhältnisses bis Ende 1982. | |
In den Sommermonaten war der Geschäftsgang der G-OHG regelmäßig 3 | Wochen wegen Betriebsferien geschlossen. (Der Erstmitbeteiligte) suchte jedoch auch während der Betriebsferien zumindest gelegentlich die Räumlichkeiten der G-OHG auf. |
An jenen Tagen, an denen (der Erstmitbeteiligte) bei der G-OHG war, stimmte er sich in der Regel mit Frau H ab. Der Aufgabenbereich war zwischen Frau H, die die Lohnveredelung durchführte, und (dem Erstmitbeteiligten), der die übrigen Angelegenheiten durchführte, aufgeteilt. (Der Erstmitbeteiligte) war keiner weiteren Kontrolle unterworfen. | |
Weisungen wurden ihm insoferne erteilt, als sie zur ordnungsgemäßen Erfüllung der in den Verträgen genannten Aufgaben erforderlich waren. Dazu kam, dass (der Erstmitbeteiligte) zur Beratung des deutschen Mutterhauses in Zollangelegenheiten und zur Beantwortung dringlicher Anfragen aufgefordert wurde. Die Art und Weise, wie er seine Arbeiten erledigte, war ihm jedoch freigestellt. Es bestand diesbezüglich kein Unterschied zwischen seiner Tätigkeit als Angestellter bis Ende 1982 und der Konsulententätigkeit ab Mitte des Jahres 1983. | |
Korrespondenz mit Spediteuren und Rechtsmittel gegen Zollbescheide konzipierte (der Erstmitbeteiligte) meist handschriftlich auf einem Blatt Papier und setzte dem Konzept einen Stempel mit dem Schriftzug '(Der Erstmitbeteiligte), Zollkonsulent' bei. Dieses Konzept wurde dann von einer Mitarbeiterin entweder der G-OHG oder der B-OHG auf dem jeweiligen Geschäftspapier rein geschrieben und vo(m Erstmitbeteiligten) unterschrieben. Auf die Reinschrift setzte (der Erstmitbeteiligte) nicht mehr seinen Stempel. Für seine Tätigkeit benutzte (der Erstmitbeteiligte) eine Handlungsvollmacht, die er am als Angestellter ausgestellt erhalten hatte, weiter. | |
Ein Konkurrenzverbot war nicht vereinbart. | |
Am Monatsende legte (der Erstmitbeteiligte) sowohl der G-OHG als auch der B-OHG Honorarnoten samt Ausweis von Umsatzsteuer. Diese Honorarnoten verfasste er auf eigenem Briefpapier mit dem Briefkopf '(Der Erstmitbeteiligte), Zollkonsulent für Import-Export, Transportwesen, (mit einer näher bezeichneten Adresse in W)'. Im Abschluss war meist der Stempel '(Der Erstmitbeteiligte), Zollkonsulent' beigefügt und die Honorarnote war mit der Unterschrift des (Erstmitbeteiligten) versehen. | |
Das Pauschalhonorar war unabhängig vom Ausmaß der tatsächlich erbrachten Leistungen. | |
Anders als im Vertrag festgelegt wurde (dem Erstmitbeteiligten) nach einem Verkehrsunfall im Jahr 1983 und einem vierwöchigen stationären Spitalsaufenthalt sowie sechs weiteren Wochen Arbeitsunfähigkeit das Pauschalhonorar weitergezahlt. Bei Eigeneinkäufen erhielt (der Erstmitbeteiligte) wie alle Angestellten und gewisse ehemalige Mitarbeiter einen Sonderrabatt. Mit Ablauf des Jahres 1989 wurde (der Erstmitbeteiligte) gekündigt. Ein halbes Jahr vor der Kündigung begann er über Auftrag des Prokuristen K, Frau H und seinen späteren Nachfolger in allen Zollangelegenheiten einzuführen. | |
Die G-OHG und die B-OHG standen mit der X-Spedition GmbH während der Tätigkeit des (Erstmitbeteiligten) in ständiger Geschäftsbeziehung. Wenn Dienstnehmern der X-Spedition GmbH bei Verzollungen Fehler unterliefen, wurde bisweilen (der Erstmitbeteiligte) als Zollkonsulent ersucht, für die G-OHG und die B-OHG, entsprechende Rechtsmittel einzubringen und für seine Tätigkeit Honorarnote zu legen. | |
Die G-OHG und die B-OHG waren nicht darüber informiert, dass (der Erstmitbeteiligte) von der X-Spedition GmbH eine monatliche Provisionspauschale von S | 7000,-- zuzüglich Umsatzsteuer erhalten hatte. |
Vom bis war (der Erstmitbeteiligte) bei der Firma Y mit einer Arbeitszeit von etwa 12 Stunden wöchentlich als Speditionsangestellter für Akquisitionen und Verzollungen mit einem Bruttoverdienst von S | 5910,-- monatlich beschäftigt. Die Arbeitszeit sollte ab auf etwa 20 Stunden wöchentlich erhöht werden. |
Das (ASG) Wien kam nach Auflistung sämtlicher herangezogener Beweismittel und einer ausführlichen schlüssigen Beweiswürdigung sowie unter Bezugnahme auf die bereits ergangenen Urteile zu folgender Beurteilung: | |
Die festgestellten Verpflichtungen des (Erstmitbeteiligten) laut den Vereinbarungen vom | machten seine Anwesenheit am Ort der Betriebe der G-OHG und B-OHG weitgehend erforderlich. Seine Obliegenheiten auf Prüfung von Bescheiden der Zollbehörde, auf Kontrolle von Abbuchungen, Aufstellungen, Abrechnungen von Spediteuren etc. konnten praktisch nur so erfolgen, dass (dem Erstmitbeteiligten) die gesamten diesbezüglichen Unterlagen zur Verfügung standen, was eine Tätigkeit am Ort der Verwaltung der G-OHG und B-OHG notwendig machte. |
Eine freie Wahl des Arbeitsortes wäre praktisch nicht durchführbar gewesen bzw. hätte die Entfernung dieser Geschäftsunterlagen aus den Geschäftsräumlichkeiten zu einer Behinderung der Verwaltung geführt. | |
Durch die Art der vereinbarten Tätigkeit war also der Arbeitsort des (Erstmitbeteiligten) vorgegeben. Zwingend war auch seine Anwesenheit bei den so genannten 'Hausbeschauen'. | |
(Der Erstmitbeteiligte) war organisatorisch in den Betrieb insoferne eingegliedert, als dass er bei den beiden Betrieben jeweils über einen eigenen Arbeitsplatz verfügte. Er hatte in jedem Betrieb einen Schreibtisch und ein eigenes Telefon zur Verfügung. Rechtsmittel und Korrespondenzen verfasste er handschriftlich und nutzte für die Herstellung der Reinschriften die Kanzleieinrichtungen wie Schreibkräfte und Telekommunikationsgeräte, die von der G-OHG und die B-OHG zur Verfügung gestellt wurden. | |
(Der Erstmitbeteiligte) war grundsätzlich in der Gestaltung seiner Arbeitszeit frei. Er war diesbezüglich keiner Kontrolle unterworfen und musste nicht wie die anderen Angestellten zur Erfassung seiner Anwesenheiten eine Stechkarte benutzen. Faktisch erforderten die dem (Erstmitbeteiligten) übertragenen Aufgaben regelmäßig eine prompte Erledigung. Einlangende Unterlagen und Rechnungen waren vo(m Erstmitbeteiligten) nach Bearbeitung ehestbaldig weiterzuleiten. Bei der Einbringung von Rechtsmitteln gegen Zollbescheide waren Fristen zu beachten. Die Termine für die 'Hausbeschauen' wurden von der G-OHG die B-OHG festgelegt ohne dass (der Erstmitbeteiligte) darauf Einfluss nehmen konnte. (Der Erstmitbeteiligte) konnte aufgrund dieser Vorgaben nur in sehr beschränktem Ausmaß seine Arbeitszeit frei gestalten. (Der Erstmitbeteiligte) wurde von der G-OHG und die B-OHG Monat für Monat pauschal bezahlt ohne Rücksicht auf Arbeitsanfall und Stundenleistung. Er wurde nicht für bestimmte Verrichtungen einzeln entlohnt sondern es stand durch das Pauschalentgelt das zeitliche Element im Vordergrund. | |
(Der Erstmitbeteiligte) erhielt Weisungen hinsichtlich der durchzuführenden Tätigkeiten. Er musste die so genannten 'Hausbeschauen' aufgrund der Terminvorgaben der G-OHG und die B-OHG durchführen, Anfragen beantworten oder an Besprechungen teilnehmen. (Der Erstmitbeteiligte) war jedoch frei von Weisungen, die die Art und Weise der Durchführung seiner Arbeiten betraf. Grund dafür war das spezialisierte Fachwissen des (Erstmitbeteiligten) in Zollangelegenheiten. | |
(Der Erstmitbeteiligte) war zeitlich, örtlich und organisatorisch in die Betriebe der G-OHG und B-OHG eingegliedert. | |
Es war nicht vorgesehen, dass er sich bei der Erfüllung seiner Aufgaben vertreten ließ. (Der Erstmitbeteiligte) war mit Ausnahme der Fälle, in denen (Frau) H für ihn einsprang, zur persönlichen Dienstleistung verpflichtet. | |
(Der Erstmitbeteiligte) bezog den Großteil seines regelmäßigen Einkommens aus seiner Tätigkeit für die G-OHG und die B-OHG. Daran vermag der Umstand, dass er für die Firma Y als Teilzeitbeschäftigter gearbeitet hat, genauso wenig zu ändern, wie dass er von der Fa. | X-Spedition GmbH Honorare für sein Tätigwerden bezogen hat. Diese Tätigkeit des (Erstmitbeteiligten) stand im übrigen in unmittelbarem Zusammenhang mit seinen Aufgaben bei der G-OHG und B-OHG." |
Im Weiteren führte die belangte Behörde aus, dass das (in Auszügen zusammengefasste) Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien als wesentliche Grundlage für die hier getroffene Entscheidung heranzuziehen gewesen sei, zumal dieses über die selben Tätigkeiten abspreche, die auch den Gegenstand des hier anhängigen Verfahrens bildeten, und von den Rechtsvorgängern der beschwerdeführenden Parteien hier keine neuen Argumente vorgebracht worden seien, mit denen sich nicht auch das genannte Urteil auseinandergesetzt hätte. Dieses Urteil spreche nach ausführlicher Beweisaufnahme und schlüssiger Beweiswürdigung aus, dass der Erstmitbeteiligte während der strittigen Zeit arbeitsrechtlich Angestellter der G-OHG und B-OHG gewesen sei; es enthalte weiters Ausführungen über die Merkmale der tatsächlichen Ausgestaltung der Beschäftigung, die zur Beurteilung der Beschäftigung als Angestelltenverhältnis geführt hätten. Diese Feststellungen seien auch für die hier zu treffende Entscheidung wesentlich. Die darin dargelegten Beschäftigungsmerkmale würden auch das Erfordernis der persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit, das die Versicherungspflicht nach § | 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG sowie § 1 Abs. 1 lit. a AlVG auslöse, bewirken: Der Erstmitbeteiligte habe laufend Dienstleistungen zu verrichten und seine strittige Tätigkeit zeitlich und örtlich nach dem Plan der Dienstgeber zu erledigen gehabt. Er sei weisungsgebunden und kontrollunterworfen in dem Sinn gewesen, als er der stillen Autorität der Dienstgeber unterlegen sei, wobei es nicht schade, dass sich Anweisungen über das Arbeitsverhalten und den Arbeitsablauf im Einzelnen auf Grund seiner hohen Qualifikation erübrigt hätten. Der Erstmitbeteiligte sei zur persönlichen Arbeitsleistung verpflichtet gewesen; ein Recht, sich jederzeit nach eigenem Gutdünken durch eine Person der eigenen Wahl vertreten zu lassen, sei nicht vereinbart gewesen. Er sei monatlich pauschal entlohnt worden. Die Tatsache, dass kein Konkurrenzverbot vereinbart worden sei, würde für sich genommen als Merkmal einer selbständigen Erwerbstätigkeit gelten, jedoch im vorliegenden Gesamtzusammenhang nicht ins Gewicht fallen, sodass insgesamt die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen würden. |
Gegen diesen Bescheid richten sich die vorliegenden Beschwerden mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. | |
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen, jedoch beantragt, die Beschwerden kostenpflichtig abzuweisen. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse hat ebenso wie der Erstmitbeteiligte eine Gegenschrift erstattet, in der jeweils die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird. Die allgemeine Unfallversicherungsanstalt hat mitgeteilt, dass sie auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet. Die drittmitbeteiligte Partei hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt. |
II. Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Verbindung der Beschwerden auf Grund ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Verfahrensführung, Beratung und Entscheidung über diese erwogen:
1. Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 iVm Abs. 2 ASVG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.
Hinsichtlich der unterscheidungskräftigen Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit im Sinne dieser gesetzlichen Bestimmung wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das Erkenntnis vom , Zl. 94/08/0052, und die darin angeführte Vorjudikatur verwiesen.
2. In den gleichlautenden Beschwerden wird eingewendet, dass auf Grund der Tätigkeit des Erstmitbeteiligten im strittigen Zeitraum vom Vorliegen eines Werkvertrages auszugehen sei. Darüber hinaus wird zusammengefasst moniert, dass die belangte Behörde ihre Feststellungen auf das Urteil des ASG Wien vom gestützt habe, ohne eigenständige Ermittlungen durchzuführen und ohne den Sachverhalt amtswegig zu erheben; dieser sei somit ergänzungsbedürftig wie auch der Bescheid mangelhaft begründet.
Mit ihrem diesbezüglichen Vorbringen vermögen die beschwerdeführenden Parteien keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen:
Dem Verfahrenskonzept des AVG liegt grundsätzlich nicht der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme zu Grunde (vgl. z.B. Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2, § 46 AVG, E 80). Auf Grund des Prinzips der Unbeschränktheit der Beweismittel (§ 46 AVG) kann die Behörde daher auch amtliche Niederschriften über die bereits vor der Unterbehörde, vor anderen Behörden, aber auch vor Gerichten erfolgten Einvernahmen von Zeugen dem Beweisverfahren zu Grunde legen. Sie hat die Beweismittel nach Gewährung von Parteiengehör hiezu - wie auch andere - zu würdigen und allfällige Widersprüche - soweit sie Tatsachen betreffen, die für die Wahrheitsfindung im konkreten Fall bedeutsam sind - auf geeignete Weise aufzuklären oder im Rahmen der Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Zeugen zu verwerten. Die neuerliche Einvernahme von Zeugen ist nur zu neuem, für die Entscheidung wesentlichem Vorbringen der Parteien geboten. Auch das Auftreten von Ungereimtheiten oder gar Widersprüchen mit anderen zwischenzeitig vorliegenden Beweisergebnissen verpflichtet die Behörde nicht zur neuerlichen Einvernahme der Zeugen. Es ist vielmehr Aufgabe der Behörde, sich im Rahmen der Beweiswürdigung mit solchen Beweisergebnissen auseinander zu setzen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/08/0312).
Wenn die beschwerdeführenden Parteien in der Übernahme von Feststellungen aus dem Urteil des ASG Wien eine "Aktenwidrigkeit" erblicken und damit der Sache nach lediglich die Beweiswürdigung der belangten Behörde bekämpfen, ist ihnen entgegenzuhalten, dass die Beweiswürdigung ein Denkprozess ist, der nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich ist, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorganges handelt bzw. darum, ob die Beweisergebnisse, die in diesem Denkvorgang gewürdigt wurden, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind. Die Schlüssigkeit der Erwägungen innerhalb der Beweiswürdigung unterliegt daher der Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes, nicht aber deren konkrete Richtigkeit (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 85/02/0053).
Die belangte Behörde hat in ihrer Bescheidbegründung nachvollziehbar dargelegt, warum sie den schlüssigen Beweisergebnissen des ASG Wien hinsichtlich der relevanten Tätigkeitsmerkmale des Erstmitbeteiligten gefolgt ist und diese als Grundlage ihrer Feststellungen herangezogen hat. Nach ihren weiteren Ausführungen in der Begründung würden auch die Stellungnahme des Erstmitbeteiligten vom sowie seine Aussage vom wie auch seine Beweisanträge im Berufungsverfahren (welche nach den hg. Erkenntnissen vom , Zl. 94/08/0160, sowie vom , Zl. 96/08/0231, im fortgesetzten Verfahren zu berücksichtigen gewesen sind) auf diese Beurteilung abzielen. Des Weiteren wurden die beschwerdeführenden Parteien von der beabsichtigten Heranziehung der Ergebnisse aus dem arbeitsgerichtlichen Verfahren in Kenntnis gesetzt und haben in ihrer diesbezüglichen Stellungnahme vom (lediglich) vorgebracht, dass sie Berufung gegen dieses Urteil erhoben hätten. Dazu ist auch anzumerken, dass das Oberlandesgericht Wien mit Urteil vom dieser Berufung keine Folge gegeben hat und das erstinstanzliche Urteil in Rechtskraft erwachsen ist.
In den Beschwerden wird außerdem nicht aufgezeigt, auf Grund welcher weiteren Ermittlungen bzw. daraus abgeleiteten Ergebnissen die belangte Behörde zu einem anderen, für die beschwerdeführenden Gesellschaften günstigeren Ergebnis gelangt wäre. Wie erwähnt, hat die belangte Behörde entsprechend Parteiengehör zu den Erhebungsergebnissen gewährt, sodass auch im gerügten Umstand der Unterlassung einer mündlichen Verhandlung kein Verfahrensmangel erblickt werden kann. Insgesamt vermögen die Beschwerden somit der Beweiswürdigung der belangten Behörde nichts Stichhaltiges entgegenzusetzen.
Ausgehend von den getroffenen und für eine rechtliche Beurteilung ausreichenden Feststellungen begegnet es ebenso keinen Bedenken, wenn die belangte Behörde im Wege ihrer einer nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof standhaltenden Begründung (vgl. zu den Erfordernissen unter anderem die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 95/20/0666, und vom , Zl. 2003/12/0027) nach Abwägung der Tätigkeitsmerkmale (trotz der aufgezeigten - untergeordneten - Tätigkeiten für andere Firmen) in ihrer Gesamtbetrachtung die Tätigkeiten des Erstmitbeteiligten als unselbständige Tätigkeit qualifiziert und damit das Vorliegen von die Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht auslösenden Dienstverhältnissen zu den Rechtsvorgängerinnen der beschwerdeführenden Parteien während dieses Zeitraumes bejaht hat.
3. Die Beschwerden erweisen sich somit insgesamt als unbegründet und waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff, insbesondere § 49 Abs. 6 VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008, insbesondere deren § 3 Abs. 2.
Im vorliegenden Fall ist die beantragte Durchführung einer mündlichen Verhandlung aus folgenden Gründen nicht erforderlich:
Gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und wenn Art. 6 Abs. 1 EMRK dem nicht entgegensteht. Der EGMR hat in seiner Entscheidung vom , Zl. 68087/01 (Hofbauer/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass die Anforderungen von Art. 6 EMRK auch bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung oder überhaupt jeglicher Anhörung (im Originaltext "any hearing at all") erfüllt sind, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "technische" Fragen betrifft. Der Gerichtshof verwies im erwähnten Zusammenhang auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtigte. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist hier geklärt. In den vorliegenden Beschwerden wurden keine Rechts- oder Tatfragen von einer
solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Art. 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen. Die Entscheidung konnte daher im Sinne des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Wien, am
Fundstelle(n):
KAAAE-91942