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VwGH vom 19.03.2013, 2011/21/0240

VwGH vom 19.03.2013, 2011/21/0240

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Beschwerde des Z T in W, vertreten durch Dr. Bernd Taucher, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Brucknerstraße 2/4, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom , Zl. III-1.276.455-FRB/11, betreffend Versagung der Ausstellung einer Karte für Geduldete gemäß § 46a FPG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der in Skopje (Mazedonien) geborene und seit seinem 3. Lebensjahr in Serbien wohnhafte Beschwerdeführer, ein Angehöriger der Volksgruppe der Roma, reiste am in das Bundesgebiet ein. Über den von ihm danach eingebrachten Asylantrag wurde mit rechtskräftigem Bescheid des Bundesasylamtes vom dahin entschieden, dass er bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Republik Serbien abgewiesen wurde. Unter einem wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Serbien ausgewiesen. Dabei ging das Bundesasylamt in seinen Feststellungen ausdrücklich davon aus, der Beschwerdeführer sei serbischer Staatsangehöriger.

Der Beschwerdeführer befand sich in der Zeit vom bis zur Sicherung seiner Abschiebung in Schubhaft. Seine Entlassung erfolgte, weil von der Botschaft der Republik Mazedonien - der Beschwerdeführer hatte zunächst einer freiwilligen Rückkehr dorthin zugestimmt - kein Heimreisezertifikat erlangt werden konnte.

Am stellte der Beschwerdeführer sodann bei der Bundespolizeidirektion Wien (BPD) einen nicht weiter begründeten "Antrag auf Duldung", weil er "nicht abschiebbar ist". Im "Betreff" dieses Schreibens war neben dem Namen des Beschwerdeführers "StA M(a)zedonien" angeführt. Der Sache nach handelt es sich dabei um einen Antrag auf Ausstellung einer "Karte für Geduldete" gemäß § 46a Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG).

Mit Verständigung vom wurde dem Beschwerdeführer von der BPD vorgehalten, dass mit (auf entsprechende Anfrage übermitteltem) Schreiben des serbischen Innenministeriums "festgestellt" worden sei, der Beschwerdeführer sei serbischer Staatsangehöriger. Es sei daher die Abweisung des vom Beschwerdeführer gestellten Antrages beabsichtigt.

In der hierauf ergangenen Stellungnahme des Beschwerdeführers vom wurde lediglich eingewandt, die beabsichtigte Abschiebung nach Serbien bedeute eine Verletzung von Grundrechten. Da er "über das Asylgesetz" keinen Schutz erhalten habe, sei die Fremdenpolizei zuständig, ihm "einen Schutz bzw. ein Aufenthaltsrecht zuzuerkennen". Die Mitteilung des serbischen Innenministeriums sei in diesem Zusammenhang unerheblich. Am übermittelte der Beschwerdeführer dann noch - offenbar zum Beweis seiner mazedonischen Staatsangehörigkeit - eine (übersetzte) Kopie seiner Geburtsurkunde.

Hierauf wies die BPD (die belangte Behörde) mit dem angefochtenen Bescheid vom den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung einer "Karte für Geduldete" gemäß § 46a Abs. 1 FPG ab.

In der Begründung verwies die belangte Behörde nach Wiedergabe des Inhalts des § 46a Abs. 1 und 2 FPG auf das erwähnte Schreiben des serbischen Innenministeriums vom , mit dem die serbische Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers bestätigt und eine Zusage zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates vorgenommen worden sei. Somit seien keinerlei Grundlagen gegeben, welche die Ausstellung einer "Karte für Geduldete" rechtfertigen würden, zumal auch keine Gründe geltend gemacht worden seien, die eine Bedrohung iSd § 50 FPG darstellen würden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen hat:

Vorauszuschicken ist, dass die Beschwerde unter dem Gesichtspunkt der Erschöpfung des Instanzenzuges zulässig ist, weil nach der hier maßgeblichen Fassung des § 9 Abs. 2 FPG (vor der am in Kraft getretenen Änderung durch das Budgetbegleitgesetz 2012, BGBl. I Nr. 112/2011) gegen die Versagung der Ausstellung einer Karte für Geduldete eine Berufung nicht zulässig war.

Der durch das am in Kraft getretene FrÄG 2009 in das FPG eingefügte, mit "Duldung" überschriebene § 46a lautete (in der hier maßgeblichen Fassung vor dem am in Kraft getretenen FrÄG 2011) wie folgt:

"§ 46a. (1) Der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet ist geduldet, solange deren Abschiebung gemäß


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
§§ 50 und 51 oder
2.
3.
aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenden Gründen unmöglich scheint, es sei denn, dass nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt.

(2) Die Behörde kann Fremden, deren Aufenthalt im Bundesgebiet geduldet ist, eine Karte für Geduldete ausstellen. Die Karte dient dem Nachweis der Identität des Fremden und hat insbesondere die Bezeichnungen 'Republik Österreich' und 'Karte für Geduldete', weiters Namen, Geschlecht, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, Lichtbild und Unterschrift des Geduldeten sowie die Bezeichnung der Behörde, Datum der Ausstellung und Namen des Genehmigenden zu enthalten. Die nähere Gestaltung der Karte legt der Bundesminister für Inneres durch Verordnung fest."

Nach dem wiedergegebenen Gesetzestext des § 46a Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Ausstellung einer "Karte für Geduldete", dass der Aufenthalt des Fremden im Sinne des § 46a Abs. 1 FPG geduldet ist, was das (alternative) Vorliegen der in den Z 1 bis 3 genannten Tatbestände voraussetzt. Sind diese erfüllt, ist die genannte Karte, aus der sich auch die Duldung des Aufenthalts der dort angeführten Person ergibt, auszustellen (siehe dazu grundlegend das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/21/0231; vgl. daran anschließend etwa auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/21/0055).

Den Antrag vom hatte der Beschwerdeführer erkennbar nur auf das Vorliegen der im § 46a Abs. 1 Z 3 FPG angeführten Voraussetzungen (von ihm nicht zu vertretende faktische Unmöglichkeit der Abschiebung nach Serbien) gestützt und das erkennbar damit begründet, dass er nicht serbischer, sondern mazedonischer Staatsangehöriger sei.

Darauf kommt es aber nicht an:

Gegen den Beschwerdeführer besteht als durchsetzbarer Titel für eine mögliche Abschiebung nur die mit rechtskräftigem Bescheid des Bundesasylamtes vom verfügte Ausweisung nach Serbien. Es stellt sich daher allein die Frage, ob die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Serbien aus tatsächlichen Gründen unmöglich ist. Das musste die belangte Behörde aber angesichts der mit Schreiben des serbischen Innenministeriums vom - vom Beschwerdeführer unbestritten - ausdrücklich erklärten Zustimmung zur Rückübernahme des Beschwerdeführers nicht annehmen.

An dieser Einschätzung zum hier maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt ändert nichts, dass die BPD - wie in der Beschwerde (allerdings unter Verstoß gegen das Neuerungsverbot) ins Treffen geführt wird - erst mit Schreiben vom im Wege des Bundeministeriums für Inneres die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer veranlasst habe. Außerdem erfolgte in Reaktion darauf am neuerlich eine Zustimmung des serbischen Innenministeriums zur Rückübernahme des Beschwerdeführers.

In der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom wurde der Antrag dann erkennbar (auch) auf das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 46a Abs. 1 Z 1 FPG (Unzulässigkeit der Abschiebung gemäß § 50 FPG) gestützt. Der belangten Behörde kann aber nicht entgegen getreten werden, wenn sie das diesbezügliche, nicht näher begründete Vorbringen, die Abschiebung stelle eine Verletzung von Grundrechten dar, der Sache nach als nicht ausreichend substantiiert angesehen hat.

In der Beschwerde wird die für den Beschwerdeführer als Roma angeblich bestehende Verfolgungsgefahr in Serbien zwar unter Bezugnahme auf das Vorbringen im Asylverfahren präzisiert. Doch steht auch dem das Neuerungsverbot entgegen.

Insgesamt erweist sich die Beschwerde daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am