VwGH 10.02.2016, Ro 2014/15/0027
Entscheidungsart: Erkenntnis
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Tanzer, über die Revision des Finanzamtes Bruck Leoben Mürzzuschlag in 8600 Bruck an der Mur, An der Postwiese 8, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , Zl. RV/2100492/2011, betreffend Antrag auf Festsetzung von Investitionszuwachsprämie 2004 (mitbeteiligte Partei: O GmbH in K), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Die Mitbeteiligte, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, machte mit Beilage zur Körperschaftsteuererklärung 2004 vom eine Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 in Höhe von 3.315 EUR geltend. Da nach § 108e Abs. 2 vierter Teilstrich EStG 1988 die Inanspruchnahme einer Investitionszuwachsprämie für Wirtschaftsgüter, die nicht in einer inländischen Betriebsstätte verwendet werden, ausgeschlossen war, hat die Mitbeteiligte für die in einer ungarischen Betriebsstätte verwendeten Wirtschaftsgüter keine Investitionszuwachsprämie beantragt. Die beantragte Investitionszuwachsprämie wurde dem Abgabenkonto der Mitbeteiligten gemäß § 108e Abs. 5 Satz 1 EStG 1988 ohne bescheidmäßige Festsetzung gutgeschrieben. Der am ergangene Körperschaftsteuerbescheid 2004 erwuchs in Rechtskraft.
Mit Schriftsatz vom beantragte die Mitbeteiligte die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Investitionsprämie 2004. Unter Hinweis auf das - in Beantwortung eines Vorabentscheidungsersuchens zu § 108e EStG 1988 ergangene - , Jobra, machte sie für die in ihrer ungarischen Betriebsstätte verwendeten Wirtschaftsgüter eine Investitionszuwachsprämie in Höhe von
121.287 EUR geltend. Das Finanzamt wies den Antrag mit Bescheid vom ab.
Am brachte die Mitbeteiligte mit der Begründung, dass sich die 2004 durchgeführte Berechnung der Investitionszuwachsprämie wegen Widerspruchs gegen das Gemeinschaftsrecht als unrichtig herausgestellt habe, den verfahrensgegenständlichen, auf § 201 Abs. 2 Z 4 BAO in der Fassung vor dem Abgabenverwaltungsreformgesetz, BGBl. I Nr. 20/2009, gestützten Antrag auf bescheidmäßige Festsetzung der Investitionszuwachsprämie 2004 beim Finanzamt ein.
Das Finanzamt wies den Antrag mit Bescheid vom ab und führte zur Begründung aus, dass die Investitionszuwachsprämie gemäß der materiell rechtlichen Bestimmung des § 108e Abs. 4 EStG 1988 nur bis zur Rechtskraft des Körperschaftsteuerbescheides geltend gemacht werden könne. Da der Antrag nach Eintritt der Rechtskraft des Körperschaftsteuerbescheides 2004 eingebracht worden sei, sei das Recht zur Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie präkludiert. § 201 Abs. 2 Z 4 BAO setze voraus, dass sich die bekannt gegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweise. Die ursprünglich bekannt gegebene Selbstberechnung entspreche aber § 108e Abs. 4 EStG 1988 und sei daher richtig.
Die Mitbeteiligte berief gegen die abweisende Erledigung und brachte in der Berufung im Wesentlichen vor, dass die seinerzeit geltend gemachte Investitionszuwachsprämie nicht (mehr) dem Gesetz entspreche, weil der EuGH die in § 108e Abs. 2 vierter Teilstrich EStG 1988 normierte Einschränkung der prämienbegünstigten Wirtschaftsgüter mit Urteil vom , C 330/07, Jobra, als unionsrechtswidrig erkannt habe. Denke man sich diese Einschränkung - aufgrund der gebotenen ex tunc Wirkung von EuGH Urteilen - weg, dann stimme die beantragte Investitionszuwachsprämie nicht mit dem Gesetz überein, weil die im Ausland eingesetzten Wirtschaftsgüter nicht erfasst seien. Der unionsrechtskonforme Zustand sei durch § 201 BAO herzustellen.
Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Berufung Folge und führte begründend aus, dass die Durchsetzung des Unionsrechts beeinträchtigt werde, wenn der Bestimmung des § 108e Abs. 4 BAO auch nach Ergehen des , Jobra, Vorrang vor § 201 BAO eingeräumt werde. Es erscheine nicht gerechtfertigt, die auf Grund des Urteils nachträglich erfolgte Vorlage eines dem Unionsrecht entsprechenden Verzeichnisses von Investitionen mit der Begründung abzulehnen, dass die Vorlage des Verzeichnisses befristet gewesen sei. Hätte die Mitbeteiligte diese Frist wahren wollen, so hätte sie ein Verzeichnis abgeben müssen, das im Jahr 2005 jedenfalls nicht den damals geltenden gesetzlichen Vorgaben entsprochen hätte.
Nach der Feststellung, der Spruch des Bescheides vom sei inhaltlich rechtswidrig gewesen, weil die Anwendung der Bestimmung des § 108e Abs. 2 vierter Teilstrich EStG 1988 gegen Unionsrecht verstoße, und Ausführungen zum Überwiegen der für eine Festsetzung gemäß § 201 Abs. 2 Z 4 BAO sprechenden Ermessensgründe gelangte die belangte Behörde zum Ergebnis, dass der Bescheid vom betreffend die Festsetzung von Selbstmessungsabgaben gemäß § 201 Abs. 2 Z 4 BAO aufzuheben sei.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die vom Finanzamt erhobene
Revision.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen.
Das Finanzamt hält die von der Mitbeteiligten ursprünglich bekannt gegebene Selbstberechnung auch vor dem Hintergrund des Unionsrechts für richtig, weil für die in der ungarischen Betriebsstätte verwendeten Wirtschaftsgüter keine Investitionszuwachsprämie geltend gemacht worden war.
Dem ist, wie der Verwaltungsgerichtshof im - einen ähnlich gelagerten Sachverhalt betreffenden - Erkenntnis vom , 2012/13/0117, ausgeführt hat, beizupflichten. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird auf die Entscheidungsgründe des genannten Erkenntnisses verwiesen. Daraus ergibt sich, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine bescheidmäßige Festsetzung von Selbstbemessungsabgaben gemäß § 201 Abs. 2 Z 4 BAO in der Fassung vor dem Abgabenverwaltungsreformgesetz, BGBl. I Nr. 20/2009, nicht gegeben sind.
Aus den dort angeführten Erwägungen erweist sich auch das hier angefochtene Erkenntnis als mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2016:RO2014150027.J00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
NAAAE-91899