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VwGH 19.10.2016, Ro 2014/15/0005

VwGH 19.10.2016, Ro 2014/15/0005

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Norm
RS 1
Für den Fall der Fremdfinanzierung einer außergewöhnlichen Belastung (z. B. Aufnahme eines Darlehens zur Finanzierung von Krankheitskosten) kommt es erst im Zeitpunkt (Jahr) der Darlehensrückzahlung (Kapital samt Zinsen) zu einer Steuerermäßigung nach § 34 EStG 1988, soweit die Rückzahlung das Einkommen eben dieses Jahres zwangsläufig belastet (vgl. Doralt, EStG11, § 34 Tz 18; Hofstätter/Reichel, § 34 Abs. 1 EStG 1988, Tz. 16; ebenso Wiesner/Grabner/Wanke, § 34 EStG Anm. 6a; und Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 34 Tz 6; jeweils mit Hinweisen auf die hg. Rechtsprechung).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bamminger, über die Beschwerde des DDr. H B in S, vertreten durch Dr. Christian Konzett, Rechtsanwalt in 6700 Bludenz, Fohrenburgstraße 4/III, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Feldkirch, vom , GZ. RV/0185-F/13, betreffend Einkommensteuer 2001, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Der Beschwerdeführer machte in der Einkommensteuererklärung 2001 den Betrag von 1,593.850 S als außergewöhnliche Belastung geltend und führte in einer Beilage zur Einkommensteuererklärung aus, er habe nach dem Tod seiner Mutter die Pflegeheimkosten übernehmen müssen, die nicht durch Pension und Pflegegeld abgedeckt worden seien. Der geltend gemachte Betrag sei durch die genannten Kosten auf einem Girokonto der Mutter aufgelaufen, welches ihm im Dezember 2001 eingeantwortet worden sei.

2 Das Finanzamt erließ einen Einkommensteuerbescheid 2001, in dem es den Betrag von 1,593.850 S nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigte, und führte begründend dazu aus, die Kosten für Pflege und Unterbringung im Pflegeheim seien von der Mutter durch Aufnahme eines Bankkredites bezahlt worden. Die Bankschuld sei eine Nachlassverbindlichkeit, der keine Unterhaltsansprüche gegenüberstünden. Belastungen, die aus dem Antritt einer Erbschaft und aus der Abdeckung einer Nachlassverbindlichkeit resultierten, erwüchsen nicht zwangsläufig, weil die Annahme der Erbschaft auf einem freien Entschluss beruhe. Es bestehe auch keine sittliche Pflicht, als Erbe nach einem verstorbenen Elternteil eine unbedingte Erbserklärung abzugeben, und zwar auch dann nicht, wenn dadurch etwaige Nachreden in der Öffentlichkeit tatsächlich oder vermeintlich vermieden würden.

3 Eine gegen den Einkommensteuerbescheid 2001 gerichtete Berufung, in der der Beschwerdeführer u.a. vorbrachte, dass er für den Kredit zur Abdeckung der Pflegekosten hafte, weil er diesen als Sachwalter für die Mutter aufgenommen habe, wurde von der belangten Behörde als unbegründet abgewiesen, wogegen der Beschwerdeführer beim Verwaltungsgerichtshof Beschwerde erhob. Mit Erkenntnis vom , 2009/15/0176, hob der Verwaltungsgerichtshof den dort angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf, weil die belangte Behörde der Haftung des Beschwerdeführers für den hier in Rede stehenden Kredit keine Bedeutung beigemessen habe. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Zwangsläufigkeit der Bürgschaftsübernahme für nahe Angehörige bestehe zwar keine über die rechtliche Verpflichtung hinausgehende sittliche Verpflichtung zur Tilgung von Schulden eines Angehörigen. Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 95/15/0018, VwSlg 7099/F, ausgesprochen habe, könne sich eine solche aber - wie z.B. im Falle einer Kreditaufnahme für eine notwendige Operation - aus den besonderen Umständen ergeben, die zur Aufnahme der Schuld geführt haben. Die belangte Behörde habe, weil sie der Haftung des Beschwerdeführers für den Kredit der Mutter keine Bedeutung beigemessen habe, keine Feststellungen getroffen, auf deren Grundlage abschließend beurteilt werden könne, ob die gegenständliche Darlehensrückzahlung - die bloße Einantwortung stelle noch keine Rückzahlung dar - zwangsläufig im Sinne des § 34 EStG 1988 erfolgt sei. Inwieweit der (Verkehrs-)Wert der Nachlassaktiva zur Abdeckung des Kredites ausgereicht habe, sei ebenfalls nicht festgestellt worden.

4 Mit der nunmehr angefochtenen Entscheidung wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers - nach Durchführung weiterer Erhebungen - wiederum ab und begründete dies im Wesentlichen damit, dass eine Kredit- oder Darlehensaufnahme noch zu keiner Belastung des Einkommens führe. Die Belastung des Einkommens trete nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erst nach Maßgabe der Rückzahlung der Schuld einschließlich Zinsen ein. Im Streitfall "ist eindeutig und zweifelsfrei die Darlehensrückzahlung nicht im Kalenderjahr 2001 erfolgt und war daher der Berufung kein Erfolg beschieden. Denn wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom klar und deutlich ausführt, stellt die bloße Einantwortung noch keine Rückzahlung dar."

5 Gegen diese Entscheidung erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom , B 928/2013-6, ablehnte und die Beschwerde antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abtrat. Der Abtretungsbeschluss langte am beim Verwaltungsgerichtshof ein. Angesichts des für die Abtretung maßgeblichen Datums des Abtretungsbeschlusses (vgl. den Hinweis auf die ZPO in § 35 VfGG) ist für den vorliegenden Fall § 8 VwGbk-ÜG einschlägig, weshalb darauf das VwGG in seiner bis zum Ablauf des geltenden Fassung anzuwenden ist (vgl. den hg. Beschluss vom , Ro 2015/03/0030).

6 Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Berücksichtigung einer außergewöhnlichen Belastung gemäß § 34 EStG 1988 verletzt. Es liege eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, weil eine willkürliche Verschiebung der außergewöhnlichen Belastung durch Verschiebung der Bezahlung nicht gewünscht sei. Es sei nicht ausreichend geklärt, "ob die Zufällige Verschiebung einer Zahlung um lediglich drei Wochen (Anm: das streitgegenständliche Darlehen wurde im Jänner 2002 abgedeckt) von einem Veranlagungsjahr in das nächste nicht der willkürlichen Verschiebung der Zahlung gleichzuhalten wäre und damit im Sinne einer sachgerechten Gesetzesanwendung das Abflussprinzip durchbrochen werden müsste".

7 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

8 Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 kann jeder unbeschränkt Steuerpflichtige beantragen, dass bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:

1.

Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).

2.

Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).

3.

Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4). Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

9 Für den Fall der Fremdfinanzierung einer außergewöhnlichen Belastung (z. B. Aufnahme eines Darlehens zur Finanzierung von Krankheitskosten) kommt es erst im Zeitpunkt (Jahr) der Darlehensrückzahlung (Kapital samt Zinsen) zu einer Steuerermäßigung nach § 34 EStG 1988, soweit die Rückzahlung das Einkommen eben dieses Jahres zwangsläufig belastet (vgl. Doralt, EStG11, § 34 Tz 18; Hofstätter/Reichel, § 34 Abs. 1 EStG 1988, Tz. 16; ebenso Wiesner/Grabner/Wanke, § 34 EStG Anm. 6a; und Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 34 Tz 6;

jeweils mit Hinweisen auf die hg. Rechtsprechung).

10 Wie der Verwaltungsgerichtshof im Vorerkenntnis vom , 2009/15/0176, ausgesprochen hat, stellt die bloße Einantwortung in die Verlassenschaft noch keine Rückzahlung eines Darlehens dar. Die belangte Behörde stellte im fortgesetzten Verfahren fest, der Beschwerdeführer habe das in Rede stehende Darlehen nicht im Kalenderjahr 2001 zurückgezahlt, was in der Beschwerde nicht bestritten wird. Schon deshalb kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegen getreten werden, wenn sie für das Jahr 2001 eine im Zusammenhang mit der Rückzahlung des streitgegenständlichen Darlehens stehende außergewöhnliche Belastung von vornherein ausgeschlossen hat.

11 Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

12 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß §§ 3 und 4 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, auf "Übergangsfälle" weiter anzuwendenden VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Norm
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2016:RO2014150005.J00
Datenquelle

Fundstelle(n):
QAAAE-91846