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VwGH vom 19.10.2016, Ro 2014/15/0004

VwGH vom 19.10.2016, Ro 2014/15/0004

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn, die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bamminger, über die Revision des J S in L, vertreten durch Dr. Wolfgang Hirsch und Dr. Ursula Leissing, Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Rathausstraße 33, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenats, Außenstelle Feldkirch, vom , Zl. RV/0501-F/10, betreffend Abrechnung gemäß § 216 BAO, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1 Am sowie am wurden von einer GmbH mit dem Geschäftszweig "selbständiger Buchhalter" im Namen und im Auftrag des Revisionswerbers Rückzahlungsanträge eingebracht. Die Anträge waren unterzeichnet vom damaligen Geschäftsführer der betreffenden Gesellschaft. Begehrt wurde die Auszahlung eines Guthabens in Höhe von 85.217,33 EUR (resultierend aus der Einkommen- und Umsatzsteuerveranlagung 2006) und eines solchen in Höhe von 86.940,00 EUR (resultierend aus der Herabsetzung der Einkommensteuervorauszahlung 2007) an den Revisionswerber auf dessen Konto bei einem Bankinstitut.

2 Nach den Feststellungen des angefochtenen Bescheids war "die betreffende GmbH in dem beim Finanzamt geführten elektronischen Akt (des Revisionswerbers) sowohl zum Zeitpunkt der Einbringung als auch der Erledigung der gegenständlichen Rückzahlungsanträge als steuerliche Vertreterin (des Revisionswerbers) geführt" und überdies für sie "eine Geldvollmacht (Spezialvollmacht) angemerkt".

3 Das Finanzamt überwies am und die Guthaben an die kontoführende Bank des Revisionswerbers. Als Zahlungsempfänger wurde ausdrücklich der Revisionswerber genannt. Die Auszahlungen wurden auch mit selbem Datum auf dem Abgabenkonto des Revisionswerbers angemerkt.

4 Mit dem beim Finanzamt am eingelangten Antrag ersuchte der Revisionswerber die Behörde, die gegenständlichen Rückzahlungen seinem Abgabenkonto wieder gutzuschreiben. Zur Begründung wurde vorgebracht, jener selbständige Buchhalter, der die Anträge eingebracht habe, habe von ihm weder eine Geldvollmacht noch eine Zustellvollmacht erhalten. Wie dem Finanzamt bereits telefonisch mitgeteilt worden sei, sei die in den Rückzahlungsanträgen angeführte Kontonummer nicht die des Revisionswerbers, sondern jene des selbständigen Buchhalters. Das Finanzamt hätte daher die Guthaben nicht ohne Zustimmung des Revisionswerbers überweisen dürfen. Der selbständige Buchhalter hätte auch die Umsatz- und die Einkommensteuererklärung im August 2007 nicht unterschreiben dürfen.

5 Mit Schreiben vom beantragte der Revisionswerber die Erlassung eines Abrechnungsbescheides gemäß § 216 BAO für Gebarungsakte im Zeitraum bis . Begründend führte er aus, auf seinem Abgabenkonto seien in diesem Zeitraum zwei Rückzahlungen in Höhe von 85.217,33 EUR und in Höhe von 86.940,00 EUR als guthabensmindernd verbucht worden, obwohl das Geld weder ihm überwiesen worden sei noch von ihm oder einer vertretungsbefugten Person in dieser Zeit ein Rückzahlungsantrag gestellt worden sei. Da aus diesem Grund der korrekte Abrechnungsbescheid ein Guthaben in Höhe von 172.157,33 EUR aufweisen werde, sei dieses Guthaben in Entsprechung des bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt unerledigten Rückzahlungsantrages des Revisionswerbers vom auf sein Konto zu überweisen.

6 Mit Abrechnungsbescheid vom sprach das Finanzamt aus, dass die Verrechnung rechtmäßig erfolgt sei. Begründend führte es aus, die gegenständlichen Rückzahlungen habe der damalige steuerliche Vertreter des Revisionswerbers in dessen Namen und Auftrag beantragt. Das Finanzamt habe die Überweisungen der Guthaben antragsgemäß an den Revisionswerber bei seiner kontoführenden Bank durchgeführt. Durch die erfolgten Auszahlungen an den guthabensberechtigten Kontoinhaber, den Revisionswerber, sei mit Einlangen der Überweisungsbeträge bei der kontoführenden Bank (als dessen Machthaber gemäß § 1424 ABGB) eine schuldbefreiende Wirkung für das Finanzamt eingetreten. Die diesbezüglichen Buchungen auf dem Abgabenkonto des Revisionswerbers seien nicht zu berichtigen.

7 Dagegen erhob der Revisionswerber Berufung. Begründend führte er aus, sein steuerlicher Vertreter sei zu den maßgeblichen Zeitpunkten eine GmbH gewesen. Sowohl die GmbH als auch deren Geschäftsführer hätten lediglich die Berufsberechtigung eines "selbständigen Buchhalters" gehabt. Damit seien sie gemäß § 98 BibuG iVm § 2 WTBG berechtigt gewesen, für ihre Mandanten die pagatorische Buchhaltung und die Lohnverrechnung zu führen bzw. Saldenlisten und Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen zu erstellen. Zudem habe das Recht auf Abgabe von unterjährigen Umsatzsteuervoranmeldungen und Zusammenfassenden Meldungen bestanden. Weitere Vertretungsbefugnisse vor Finanzbehörden seien ausgeschlossen gewesen. Nicht umfasst habe die Berufsberechtigung somit unter anderem das Recht zur Erstellung von Jahressteuererklärungen, zur Beratung in steuerlichen Angelegenheiten und zur Vertretung in Angelegenheiten der Einkommensteuerabwicklung. Der Einwand des Finanzamtes, die vorgenommenen Zahlungen hätten schuldbefreiende Wirkung gegenüber dem Revisionswerber, sei unberechtigt. Das Finanzamt habe von einem "selbständigen Buchhalter" einen Überweisungsantrag von Einkommensteuerguthaben auf eine Kontonummer erhalten, die nicht derjenigen des Steuerpflichtigen entspreche (dieser Umstand sei auf Grund von Einzahlungen des Revisionswerbers sowie früherer Rückzahlungsanträge offenkundig gewesen), und es habe die Beträge an eine nicht bevollmächtigte Person ausbezahlt. Dazu hätte das Finanzamt die Feststellung treffen müssen, dass den Ansuchen der einschreitenden Gesellschaft keine Vollmacht zu Grunde gelegen sei.

8 Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung ab. Begründend führte es aus, aus dem bei ihm geführten elektronischen Akt des Revisionswerbers sei ersichtlich, dass sich jene Gesellschaft, die die Rückzahlungsanträge eingebracht habe, auf die Bevollmächtigung als steuerliche Vertreterin des Revisionswerbers und überdies auf das Vorliegen einer Geldvollmacht (Spezialvollmacht) berufen habe.

9 Seit gehörten "selbständige Buchhalter" der Berufsgruppe der Bilanzbuchhalter an (vgl. § 229d Abs. 2 WTBG idF BGBl. I Nr. 161/2006). Auf die gegenständlichen Rückzahlungsanträge seien daher die Vorschriften des Bilanzbuchhaltergesetzes (BibuG) anzuwenden. Gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 BibuG idF BGBl. I Nr. 161/2006 umfasse der Berechtigungsumfang des Bilanzbuchhalters die Akteneinsicht auf elektronischem Weg gegenüber den Abgabenbehörden des Bundes sowie die Stellung von Rückzahlungsanträgen. Die Einbringung von Rückzahlungsanträgen sei nicht etwa auf Angelegenheiten der Umsatzsteuervoranmeldungen (§ 2 Abs. 1 Z 5 BibuG) oder lohnabhängigen Abgaben (§ 2 Abs. 1 Z 6 BibuG) eingeschränkt. Sie gelte ebenso wie die elektronische Akteneinsicht für sämtliche Abgabenarten. Eine eingeschränkte Rückzahlungsantragsberechtigung wäre im Rahmen der kumulativen kontokorrentmäßigen Abgabenverrechnung gemäß §§ 213 ff BAO auch gar nicht möglich, weil ein rückzahlbares Guthaben nach einhelliger Auffassung in Literatur und Rechtsprechung immer nur der Saldo auf einem Abgabenkonto sein könne, also jener Betrag, um den die Summe aller Gutschriften die Summe aller Lastschriften auf diesem Konto übersteige, woraus sich per Saldo ein Überschuss zu Gunsten des Abgabepflichtigen ergebe (Hinweis auf Ritz , BAO4 § 215 Tz 1 und § 239 Tz 1). So habe sich beispielsweise das am ausbezahlte Guthaben aus den sonstigen Gutschriften aus der Umsatz- und Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 2006 plus der Saldozahlung vom vermindert um die Lastschriften aus der Einkommensteuervorauszahlung 07- 09/2007 sowie den gemeldeten Lohnabgaben für 08/2007 und der gemeldeten Umsatzsteuer-Zahllast für 07/2007 ergeben.

10 Selbst wenn daher davon auszugehen wäre, dass mittels der zwei Rückzahlungsanträge der berufsrechtliche Berechtigungsumfang des im Namen und im Auftrag seines Klienten eingeschrittenen Parteienvertreters überschritten worden wäre, würde dies nichts daran ändern, dass sowohl nach den Bestimmungen des WTBG (vgl. § 88 Abs. 9 WTBG und zwar für alle Berufsgruppen nach diesem Gesetz) als auch nach dem Bestimmungen des BibuG (vgl. § 73 Abs. 5 BibuG, wiederum für alle von diesem Gesetz umfassten Berufsgruppen) die Berufung auf die erteilte Bevollmächtigung den urkundlichen Nachweis ersetze. Dem Finanzamt seien sowohl zum Zeitpunkt der Einbringung als auch zum Zeitpunkt der Erledigung der gegenständlichen Rückzahlungsanträge Vollmachtserklärungen vorgelegen, in denen sich der Parteienvertreter gemäß § 88 Abs. 9 WTBG und § 73 Abs. 5 BibuG auf das erteilte Vollmachtsverhältnis berufen habe. Das Finanzamt habe daher von der eingeräumten (Stellvertretungs )Befugnis der Gesellschaft, im Namen des Vollmachtgebers mit Rechtswirkung für diesen zu handeln bzw., in concreto, die beiden gegenständlichen im Namen und im Auftrag des Revisionswerbers eingebrachten Rückzahlungsanträge für diesen zu stellen, ausgehen dürfen.

11 Ein Überschreiten berufsrechtlicher Befugnisse würde auch nicht die Frage des Einschreitens als bevollmächtigter Parteienvertreter iSd § 83 BAO bzw. gegebenenfalls jene der Rückzahlung (Rückzahlungsbeantragung) tangieren, sondern wäre allenfalls zum Gegenstand eines berufsrechtlichen Disziplinarverfahrens jedenfalls außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Abgabenbehörden zu machen (siehe dazu § 90 Abs. 1 BibuG iVm § 120 WTBG und § 91 Abs. 5 BibuG). Auch könne kein schadensursächlicher Zusammenhang zwischen einer allfälligen Überschreitung des Umfangs der berufsrechtlichen Berechtigung der Gesellschaft und den erst danach gesetzten, tatsächlich schadensbegründenden Maßnahmen hergestellt werden.

12 Nicht geteilt werde auch die Ansicht des Revisionswerbers, es sei offenkundig gewesen, dass die vom selbständigen Buchhalter in den Rückzahlungsanträgen angeführte Kontonummer nicht die des Revisionswerbers gewesen sei. So sei es durchaus üblich, dass ein Steuerpflichtiger über mehrere Konten verfüge. Auch seien bei Beantragung der Rückzahlung auf eine geänderte oder weitere Bankverbindung des Steuerpflichtigen durch eine bevollmächtigte Person selbst bei Wahrung größter Sorgfalt schon deshalb keine weiteren Erhebungen geboten, weil eine Rückfrage beim Vollmachtgeber das Einschreiten des Bevollmächtigten - der im Namen des Vollmachtgebers mit Rechtswirkung für diesen handle - konterkarieren würde. Überdies liege eine Überprüfung der aktuellen Kontonummern bei der kontoführenden Bank weder im Machtbereich noch in der Einflusssphäre des Finanzamtes. Die Abgabenbehörde habe auch keinen Rechtsanspruch gegenüber der Bank zur Auskunftserteilung über die gerade aufrechten Kontobeziehungen und Kontoverträge einer bestimmten Person (§ 38 BWG). Da die Auszahlung durch das Finanzamt an den im Auszahlungsbeleg als Zahlungsempfänger bezeichneten Kontoinhaber (den Revisionswerber) vorgenommen worden sei, könne es in weiterer Folge nur mehr an der Bank liegen, wenn sie - ausschließlich in ihrer Machtsphäre gelegen - das Geld sodann an die mit der dem Finanzamt genannten Kontoinhaber jedenfalls nicht idente Person überwiesen habe. Das Bankinstitut wäre in Erfüllung seiner Abgleichungspflicht verpflichtet gewesen, bei Durchführung der Überweisung die Übereinstimmung von Kontonummer und Kontowortlaut zu prüfen (Hinweis auf OGH 4 Ob 230/06m, 4 Ob 179/02f). Bei pflichtgemäßer Wahrnehmung dieser Abgleichungspflicht hätte das Bankinstitut die fehlende Übereinstimmung zwischen Kontonummer und Kontowortlaut bemerken müssen und in der Folge das Geld entweder sofort rücküberweisen oder zumindest Rücksprache mit dem Finanzamt halten müssen. Die eigenmächtige Zuordnung der Überweisung durch die Empfängerbank an den Buchhalter des genannten Zahlungsempfängers liege jedenfalls außerhalb des Einflussbereiches des Finanzamtes.

13 In der am abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung führte der Revisionswerber ergänzend aus, der für ihn eingeschrittene Parteienvertreter habe die Gelder unmittelbar nach Vereinnahmung nach Südafrika transferiert. Zudem habe er im Rahmen seiner Beschuldigtenvernehmung zugegeben, dass er bewusst seine Berufsbefugnisse überschritten und eine Geldvollmacht vorgetäuscht habe. Der Revisionswerber habe zwischenzeitlich eine Klage gegen die Bank eingebracht, dieses Verfahren ruhe aber bis zur endgültigen Klärung der Frage, ob die Auszahlung der Gelder für das Finanzamt schuldbefreiende Wirkung habe. Auch habe er sich dem Strafverfahren gegen den ehemaligen Bevollmächtigten als Privatbeteiligter angeschlossen und einen Zuspruch bekommen. Allerdings seien sämtliche Exekutionsschritte bisher erfolglos verlaufen.

14 Der Vertreter des Finanzamts wies u.a. darauf hin, dass das Finanzamt schon deshalb keine Veranlassung gehabt habe, die Vertreterrechte des Einschreiters in Zweifel zu ziehen, weil dieser seit Jahren der steuerliche Vertreter des Revisionswerbers gewesen sei und in dieser Eigenschaft beispielsweise laufend Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben habe und Fehlbuchungen korrigieren habe lassen. Weiters werde der Vollmachtgeber von Eintragungen in Finanzonline verständigt. So sei der Revisionswerber erstmals im Oktober 2005 schriftlich davon in Kenntnis gesetzt worden, dass der Einschreiter in Finanzonline als sein steuerlicher Vertreter aufscheine. Auch die Eintragung der Geldvollmacht sei dem Revisionswerber mitgeteilt worden. Der Revisionswerber hätte sich daher unmittelbar, nachdem er von der Eintragung einer Geldvollmacht zu Gunsten des Einschreiters in Finanzonline informiert worden sei, an das Finanzamt zwecks Richtigstellung wenden müssen. Anzumerken sei auch, dass nach einer am erfolgten amtswegigen Löschung der Vollmacht des Einschreiters in Finanzonline dieser am nochmals eine Vollmacht in Finanzonline angemerkt habe, der Revisionswerber jedoch wiederum - trotz sofortiger Information über diesen Umstand - keine Löschung beantragt habe. Es sei auch nicht möglich, jede angegebene Kontonummer auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Das Finanzamt rechne vielmehr bei einer Diskrepanz zwischen Kontoinhaber und Zahlungsempfänger mit einem Rückruf der Bank zwecks Klarstellung. Bei Vorliegen einer Vollmacht werde überdies kein Rückzahlungsantrag - unabhängig davon, ob er von einem Steuerberater, einem Bilanzbuchhalter oder einem selbständigen Buchhalter eingebracht worden sei - dahingehend überprüft, ob das auf dem Abgabenkonto bestehende Guthaben aus einer Umsatzsteuervoranmeldung oder einer Veranlagung resultiere. Denn bei einer kontokorrentmäßigen Verrechnung verändere sich der Saldo eines Abgabenkontos laufend. Würde ein Saldo danach analysiert werden, wie sich dieser zusammensetze, dürfte beispielsweise bei einem von einem selbständigen Buchhalter eingebrachten Antrag auf Auszahlung eines Guthabens von 50.000 EUR lediglich jener Betrag ausgezahlt werden, der auf Umsatzsteuervoranmeldungen basiere, hinsichtlich des übrigen Betrages müsste der Antrag abgewiesen werden. Zudem disponiere ein Buchhalter insofern unter anderem auch über Einkommensteuervorgänge, als als Folge der kontokorrentmäßigen Verrechnung beispielsweise eine Gutschrift aus einer Umsatzsteuervoranmeldung durch Einbuchung einer Einkommensteuervorauszahlung automatisch vermindert werde, weshalb nur das nach Verrechnung verbleibende Guthaben ausbezahlt werde.

15 Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Begründend hielt sie fest, im Abgabenverfahren bestehe für voll handlungsfähige Personen kein Zwang, sondern lediglich ein Recht, sich durch gewillkürte Vertreter vertreten zu lassen. Grundsätzlich hätten sich Vertreter durch eine schriftliche, vom Vollmachtgeber eigenhändig unterschriebene und der Behörde im Original vorzulegende Vollmacht auszuweisen. Ausnahmen von diesem Grundsatz bestünden unter anderem für Rechtsanwälte, Wirtschaftstreuhänder, Notare und Bilanzbuchhalter. Für diese Berufsgruppen sei gesetzlich festgelegt (zB § 8 Abs. 1 letzter Satz Rechtsanwaltsordnung, § 88 Abs. 9 WTBG,§ 5 Abs. 4a Notariatsordnung, § 73 Abs. 5 BibuG), dass die Berufung auf die Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis ersetze. Bei diesen Parteienvertretern reiche es somit aus, wenn sie sich schriftlich oder mündlich (nicht telefonisch) auf eine ihnen erteilte Bevollmächtigung berufen. Berufe sich einer der genannten Parteienvertreter auf eine ihm erteilte Bevollmächtigung, so sei für den Umfang der Vertretungsmacht seine Behauptung maßgebend. Dies gelte auch für eine Geldvollmacht (§ 1008 ABGB). Nur wenn im Einzelfall konkrete Zweifel bestünden, ob der betreffende Parteienvertreter tatsächlich bevollmächtigt sei, habe die Abgabenbehörde von Amts wegen entsprechende Ermittlungen vorzunehmen (Hinweis auf Ritz , BAO4 § 83 Tz 12).

16 Die Befugnisse, die einer Gesellschaft zukämen, die lediglich über die Berufsberechtigung eines "selbständigen Buchhalters" verfüge, seien in Ergänzung zu § 83 BAO im BibuG geregelt. Dabei würden durch das BiBuG den Berufen "Buchhalter" und "Personalverrechner" geringere berufliche Berechtigungen als den "Bilanzbuchhaltern" eingeräumt. So gewähre § 73 Abs. 5 BibuG nur dem Bilanzbuchhalter die Möglichkeit der Berufung auf eine ihm erteilte Bevollmächtigung. Ebenso komme das Recht zur Stellung von Rückzahlungsanträgen gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 BibuG ausdrücklich nur dem Bilanzbuchhalter zu. Zu beachten sei allerdings § 98 Abs. 1 BibuG, wonach von selbständigen Buchhaltern vor dem erlangte Berechtigungen auch nach dem Inkrafttreten des BibuG erhalten blieben. Daher seien Angehörige der Berufsgruppe der "selbständigen Buchhalter", die ihren Beruf vor dem Inkrafttreten des BibuG aufgenommen haben, gemäß § 1 Abs. 1 Z 4 WTBG idF BGBl. I Nr. 84/2005 iVm § 88 Abs. 9 WTBG idF BGBl. I Nr. 84/2005 vom urkundlichen Nachweis einer erteilten Bevollmächtigung befreit; ihnen komme also, wie auch im Revisionsfall der GmbH, weiterhin die Befugnis einer rechtswirksamen Berufung auf eine erteilte Bevollmächtigung zu. Auch die Berechtigung zur Ausübung der in § 2 WTBG idF BGBl. I Nr. 84/2005 taxativ aufgezählten Tätigkeiten - und damit wesentlich umfangreichere Berufsrechte, als sie in § 3 Abs. 1 BibuG normiert seien - bleibe erhalten. Allerdings beinhalte auch die Aufzählung der erlaubten Tätigkeiten in § 2 WTBG idF BGBl. I Nr. 84/2005 im Unterschied zu § 2 Abs. 1 Z 4 BibuG nicht das Recht zur Stellung von Rückzahlungsanträgen.

17 Nach der Lehre (Hinweis auf Ritz , BAO3 § 84 Tz 13 ff und BAO4 § 84 Tz 15) umfasse jedoch das selbständigen Buchhaltern gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 WTBG idF BGBl. I Nr. 84/2005 eingeräumte Recht zur "Vertretung und Abgabe von Erklärungen in Angelegenheiten der unterjährigen Umsatzsteuervoranmeldungen" unter anderem auch das Antragsrecht auf Rückzahlung (Umbuchung, Überrechnung) sich aus unterjährigen Umsatzsteuervoranmeldungen ergebender Guthaben. Keinesfalls könne aber aus § 2 Abs. 1 Z 4 WTBG idF BGBl. I Nr. 84/2005 eine uneingeschränkte Rückzahlungsantragsberechtigung abgeleitet werden.

18 Die belangte Behörde teile auch nicht die Rechtsmeinung des Finanzamtes, wonach die in § 213 BAO festgelegte Verpflichtung zur kontokorrentmäßigen Verrechnung wiederkehrend zu erhebender Abgaben die Möglichkeit einer eingeschränkten Rückzahlungsantragsberechtigung von vorneherein ausschließen würde. Sollte eine sich aus einer Umsatzsteuervoranmeldung ergebende Gutschrift nicht zu einem Guthaben auf dem Abgabenkonto führen - beispielsweise weil es mit auf dem betreffenden Abgabenkonto verbuchten Abgabenschuldigkeiten verrechnet würde - wäre der Rückzahlungsantrag gemäß § 239 BAO mangels eines rückzahlbaren Guthabens abzuweisen.

19 Zwischen den Parteien bestehe Einigkeit, dass Gegenstand der Rückzahlungsanträge Guthaben gewesen seien, die primär auf Gutschriften aus Einkommen- und Umsatzsteuerjahresveranlagungen basierten. Für die Stellung solcher Rückzahlungsanträge habe die im Namen und im Auftrag des Revisionswerbers einschreitende Gesellschaft nach Ansicht der belangten Behörde demnach keine berufsrechtliche Befugnis. Bei der im Berufungsfall gegebenen Fallkonstellation wäre die Abgabenbehörde daher verpflichtet gewesen, die Einschreiterin gemäß § 84 Abs. 1 BAO mit Bescheid als Bevollmächtigte abzulehnen.

20 Außer Streit stehe, dass das Finanzamt von der Möglichkeit, die Einschreiterin mit Bescheid als Bevollmächtigte abzulehnen, keinen Gebrauch gemacht habe und damit die GmbH als bevollmächtigte Vertreterin zugelassen habe. In § 84 Abs. 2 BAO werde lediglich normiert, dass nach der Ablehnung gesetzte Verfahrenshandlungen ohne jede abgabenrechtliche Wirkung seien. Das heiße, das vor der Ablehnung Vorgebrachte habe rechtliche Wirkung, während die nach Wirksamwerden des Ablehnungsbescheides vom Abgelehnten gestellten Anträge und Eingaben als nicht eingebracht gälten (Hinweis auf ). Eine Sanktion für den Fall der Nichterlassung eines Ablehnungsbescheides sehe § 84 BAO nicht vor. Trotz mangelnder berufsrechtlicher Befugnis des Einschreiters zur Stellung der vorliegenden Rückzahlungsanträge gälten diese daher als rechtswirksam eingebracht und seien folglich auch die darauf basierenden Guthabensrückzahlungen rechtswirksam durchgeführt worden, sodass sich die entsprechenden Buchungen auf dem Abgabenkonto als rechtmäßig erwiesen.

21 Gegen diesen Bescheid richtet sich die Revision.

22 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

23 Die Revision wendet sich zunächst dagegen, dass die belangte Behörde die Rechtsmäßigkeit der Guthabensrückzahlung auf § 84 BAO gestützt habe, wonach erst nach Ablehnung des unbefugten Vertreters von diesem gesetzte Handlungen unwirksam seien.

24 § 84 BAO dient dem Schutz einer sachkundigen Parteivertretung durch die freien rechtsberatenden Berufe in Abgabensachen an sich und soll geschäftsmäßige Winkelschreiberei verhindern (vgl. auch ). Zu deren Hintanhaltung soll die Abgabenbehörde unbefugte geschäftsmäßige Vertreter bescheidmäßig ablehnen. Die dem unbefugten Vertreter gegenüber ausgesprochene bescheidmäßige Ablehnung bewirkt den Ausschluss des unbefugten Vertreters von laufenden und späteren Abgabenverfahren des Abgabepflichtigen, der von der Ablehnung in Kenntnis gesetzt wurde. Das vor der Ablehnung Vorgebrachte hat gemäß § 84 Abs. 2 BAO aber selbst in diesen Fällen rechtliche Wirkung, während die nach Wirksamwerden des Ablehnungsbescheides vom Abgelehnten gestellten Anträge und Eingaben als nicht eingebracht gelten (vgl. ).

25 § 84 BAO betrifft somit nicht die Frage des im Revisionsfall strittigen Vollmachtsumfangs, weshalb die belangte Behörde die Abweisung der Berufung auch nicht tragend auf das Unterbleiben einer Ablehnung des Parteienvertreters gemäß § 84 BAO stützen konnte.

26 Gemäß § 83 Abs. 1 BAO können sich die Parteien und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben.

27 Dabei richten sich gemäß § 83 Abs. 2 BAO Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis des Bevollmächtigten nach der Vollmacht; hierüber sowie über den Bestand der Vertretungsbefugnis auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen.

28 § 88 Abs. 9 WTBG idF BGBl. I Nr. 84/2005, der u.a. auf selbständige Buchhalter anwendbar ist (vgl Ritz, BAO3 § 84 Rz 21), lautet: "Beruft sich ein Berufsberechtigter im beruflichen Verkehr auf die ihm erteilte Bevollmächtigung, so ersetzt diese Berufung den urkundlichen Nachweis."

29 Im Revisionsfall ist allerdings von Bedeutung, dass für einen als selbständiger Buchhalter einschreitenden Parteienvertreter von Vornherein nur eine eingeschränkte berufsrechtliche Befugnis besteht, die Rückzahlungen nicht umfasst. Das in § 2 Abs. 1 Z 4 WTBG idF BGBl. I Nr. 84/2005 normierte Vertretungsrecht selbständiger Buchhalter vor den Abgabenbehörden beschränkt sich nämlich auf "die Vertretung und die Abgabe von Erklärungen in Angelegenheiten der unterjährigen Umsatzsteuervoranmeldungen einschließlich der zusammenfassenden Meldungen". Eine Geldvollmacht ist damit nicht verbunden. Dafür würde es einer eindeutigen diesbezüglichen Vollmachtseinräumung bedürfen, die der nur allgemein auf "die Vertretung und Abgabe von Erklärungen" bezogenen Formulierung des § 2 Abs. 1 Z 4 WTBG idF BGBl. I Nr. 84/2005 vor dem Hintergrund des sehr eingeschränkten Tätigkeitsbereichs selbstständiger Buchhalter nicht entnommen werden kann (vgl. zu Geldvollmachten im Zivilrecht Apathy in Schwimann/Kodek , ABGB4 IV § 1008 Rz 1 f).

30 Allerdings schließt dies nicht aus, dass im Einzelfall eine über die berufsrechtliche Befugnis hinausgehende zivilrechtliche Vollmacht des Revisionswerbers zu Gunsten des Parteienvertreters vorlag und dem Finanzamt zur Kenntnis gebracht worden ist, die auch solche Rückzahlungen eingeschlossen hat. Gemäß § 83 Abs. 1 BAO richten sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis des Bevollmächtigten nämlich nach der Vollmacht, die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen ist.

31 Um das Bestehen einer solchen über die berufsrechtliche Berechtigung hinausgehenden zivilrechtlichen Vollmacht zu beurteilen, wären aber weitergehende Feststellungen zu treffen gewesen, die im angefochtenen Bescheid fehlen. So hat der Vertreter des Finanzamts im Verwaltungsverfahren beispielsweise darauf hingewiesen, dass der einschreitende Parteienvertreter seit Jahren der steuerliche Vertreter des Revisionswerbers gewesen sei und in dieser Eigenschaft beispielsweise laufend Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben habe und Fehlbuchungen habe korrigieren lassen. Weiters sei der Revisionswerber erstmals im Oktober 2005 schriftlich davon in Kenntnis gesetzt worden, dass der Einschreiter in Finanzonline als sein steuerlicher Vertreter aufscheine. Auch die Eintragung der Geldvollmacht sei dem Revisionswerber mitgeteilt worden.

32 Diese Umstände könnten sowohl für eine tatsächlich bestehende weitergehende zivilrechtliche Vollmacht als auch für eine Anscheinsvollmacht des einschreitenden Parteienvertreters sprechen (vgl. zur Anscheinsvollmacht auch , mwN). Es wären daher insbesondere Feststellungen über den genauen Inhalt (Formulierung) der in Finanzonline angemerkten Vollmacht und über die Art ihrer Mitteilung an den Revisionswerber zu treffen gewesen. Darüber hinaus wäre festzustellen gewesen, ob und wenn ja über welchen Zeitraum der Revisionswerber vor den gegenständlichen Rückzahlungsanträgen bereits Verfügungen des einschreitenden Parteienvertreters über sein Abgabenkonto hingenommen hat und welcher Art diese waren. Auf Basis dieser Feststellungen wäre dann das Vorliegen einer weitergehenden zivilrechtlichen (Anscheins)Vollmacht zu prüfen gewesen.

33 Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen prävalierender Rechtswidrigkeit seines Inhaltes (Fehlen wesentlicher Feststellungen auf Grund unrichtiger Rechtsansicht) aufzuheben.

34 Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Das Mehrbegehren war im Hinblick auf die in diesen Vorschriften vorgesehene Pauschalierung des Schriftsatzaufwandes, die auch bereits die Umsatzsteuer umfasst, abzuweisen.

35 Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 4 Abs. 5 vorletzter Satz VwGbk-ÜG - mit der dort angeführten Maßgabe - iVm § 28 Abs. 5 BFGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am