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VwGH vom 01.04.2009, 2007/08/0208

VwGH vom 01.04.2009, 2007/08/0208

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Moritz, Dr. Lehofer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde des CN in W, vertreten durch Mag. Josef Schartmüller, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Theresianumgasse 29, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom , Zl. LGSW/Abt. 3- AlV/05661/2007-11369, betreffend Einstellung des Bezuges von Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, stellte am beim Arbeitsmarktservice Wien, Regionale Geschäftsstelle für Jugendliche (in der Folge: AMS für Jugendliche), einen Antrag auf Arbeitslosengeld. Auf dem Antragsformuler wurde vom AMS vermerkt, dass der Beschwerdeführer eine Aufenthaltskarte gemäß § 36b AsylG (gemeint: AsylG 1997) habe.

Aus einem Schreiben der Bundespolizeidirektion Wien, Fremdenpolizeiliches Büro, vom geht hervor, dass auf Grund einer rechtskräftigen Verurteilung am gegen den Beschwerdeführer ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen wurde.

Aus dem Verwaltungsakt und dem hg. Akt zur Zahl 2006/20/0627 geht hervor, dass der Beschwerdeführer am einen Asylantrag gestellt hat. Die Berufung des Beschwerdeführers gegen die Abweisung seines Asylantrags wurde vom Unabhängigen Bundesasylsenat am abgewiesen. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Mit hg. Beschluss vom wurde dem Antrag des Beschwerdeführers, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, stattgegeben.

Mit Bescheid des AMS für Jugendliche vom wurde der Bezug des Arbeitslosengeldes für den Beschwerdeführer eingestellt. Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer laut Auskunft der Bundespolizeidirektion Wien, Fremdenpolizeiliches Büro, nicht berechtigt im Bundesgebiet aufhalte.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass er über eine "Aufenthaltsbewilligung gemäß § 19 AsylG 1997" verfüge, weshalb er dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehe.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens im Wesentlichen aus, das gegen den Beschwerdeführer erlassene Aufenthaltsverbot, welches gemäß § 125 Abs. 3 FPG 2005 als Rückkehrverbot im Sinne des § 62 FPG 2005 gelte, habe zur Folge, dass diesem das Aufenthaltsrecht als Asylwerber entzogen werde, ihm aber bis zur Beendigung des Asylverfahrens faktischer Abschiebeschutz zukomme. Das entzogene Aufenthaltsrecht werde auch durch die aufschiebende Wirkung der Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde gegen die Abweisung des Asylantrags nicht wiederhergestellt. Da der Beschwerdeführer über keine ausreichende aufenthaltsrechtliche Position zur Aufnahme einer Beschäftigung verfüge, stehe er der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung. Die gesetzlichen Bestimmungen des AlVG würden jedoch eine eindeutige Verknüpfung zwischen Berechtigung zum Aufenthalt mit dem Zweck der Aufnahme und Ausübung einer unselbständigen Beschäftigung und der Leistungsverpflichtung nach dem AlVG vorsehen. Mangels Aufenthaltstitels erfülle der Beschwerdeführer daher nicht die Voraussetzungen der Verfügbarkeit gemäß § 7 Abs. 3 Z. 2 AlVG.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtwidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 7 Abs. 3 AlVG idF BGBl. I Nr. 102/2005 lautet:

"(3) Eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf eine Person,

1. die sich zur Aufnahme und Ausübung einer auf dem Arbeitsmarkt üblicherweise angebotenen, den gesetzlichen und kollektivvertraglichen Vorschriften entsprechenden zumutbaren versicherungspflichtigen Beschäftigung bereithält,

2. die sich berechtigt im Bundesgebiet aufhält, um eine unselbständige Beschäftigung aufzunehmen und auszuüben, und

3. die nicht den Tatbestand des § 34 Abs. 3 Z 2 des Fremdengesetzes 1997 (FrG), BGBl. I Nr. 75, unter Berücksichtigung des § 34 Abs. 4 FrG erfüllt."

Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005 sind alle am anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt. Die §§ 24, 26, 54 bis 57 und 60 des AsylG 2005 sind auf diese Verfahren anzuwenden.

Gemäß dem somit maßgebenden § 44 Abs. 2 AsylG 1997 werden Asylanträge, die ab dem gestellt werden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 in der jeweils geltenden Fassung geführt.

§ 19 Abs. 2 AsylG 1997 idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 100/2005 lautet:

"(2) Asylwerber, deren Asylverfahren zugelassen ist (§ 24a), sind bis zum rechtskräftigen Abschluss oder der Einstellung des Verfahrens zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt; dieses Aufenthaltsrecht ist durch das Ausstellen einer Aufenthaltsberechtigungskarte (§ 36b) zu dokumentieren."

Mit der Gewährung der aufschiebenden Wirkung für die Beschwerde gegen den einen Asylantrag abweisenden Bescheid kommt - worauf der Beschwerdeführer zu Recht verweist - dem Beschwerdeführer wieder die Rechtsstellung als Asylwerber zu, weshalb ab diesem Zeitpunkt die für diesen Personenkreis geltenden Regelungen wieder auf ihn anzuwenden waren. Dies gilt im gegebenen Zusammenhang auch für die vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG 1997 (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/18/0351).

Wurde aber - wie hier - ein Aufenthaltsverbot gegen den Beschwerdeführer verhängt, so gilt dieses als Rückkehrverbot.

Gemäß den letzten zwei Sätzen von § 62 Abs. 1 FPG 2005 gilt ein Rückkehrverbot als Entzug des Aufenthaltsrechtes und gilt § 13 AsylG 2005.

Gemäß § 64 Abs. 1 AVG haben rechtzeitig eingebrachte Berufungen aufschiebende Wirkung. Diese kann nach § 64 FPG 2005 (vgl. auch § 64 Abs. 2 AVG) durch behördliche Entscheidung ausgeschlossen werden.

Aus dem Verwaltungsakt und der Bescheidbegründung geht jedoch nicht hervor, ob das gegen den Beschwerdeführer ausgesprochene Aufenthaltsverbot rechtskräftig geworden ist. Daher steht nicht abschließend fest, ob der Entzug des Aufenthaltsrechts auf Grund der diesbezüglichen Tatbestandswirkung des gegen den Beschwerdeführer erlassenen Aufenthaltsverbotes im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides schon wirksam war oder wegen einer allenfalls dagegen erhobenen Berufung, welcher gemäß § 64 Abs. 1 AVG in der Regel aufschiebende Wirkung zukäme, noch keine entsprechenden Wirkungen zeitigte. Die belangte Behörde hat einschlägige Ermittlungen und Feststellungen unterlassen, weshalb sie ihren Bescheid mit einem Begründungsmangel belastete. Dieser Verfahrensmangel ist auch wesentlich, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass dem Beschwerdeführer noch ein vorläufiges Aufenthaltsrecht im Sinne des § 19 Abs. 2 AsylG 1997 zukam. Dies hätte aber zur Folge, dass dem Beschwerdeführer nach § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG (unter den weiteren im AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen) eine Beschäftigungsbewilligung hätte erteilt werden können und daher eine Verfügbarkeit des Beschwerdeführers für die Arbeitsvermittlung im Sinne des § 7 Abs. 3 AlVG gegeben gewesen wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/08/0183).

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am

Fundstelle(n):
XAAAE-91835