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VwGH vom 17.03.2009, 2009/11/0013

VwGH vom 17.03.2009, 2009/11/0013

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Schick und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde 1. des P T in S, und 2. der B GmbH in W, beide vertreten durch Univ.-Prof. Dr. Bruno Binder, Dr. Josef Broinger, Mag. Markus Miedl und Mag. Klaus F. Lughofer, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Khevenhüllerstraße 12, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats für die Steiermark vom , Zlen. UVS 30.12-39/2008-11, UVS 35.12- 1/2008-11, betreffend Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes (AZG), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Erstbeschwerdeführer wegen insgesamt 52 Übertretungen des § 9 AZG schuldig erkannt, weil er es als verantwortlicher Beauftragter einer näher bezeichneten Gesellschaft (der Zweitbeschwerdeführerin) zu verantworten habe, dass am in einer näher bestimmten Filiale dieses Unternehmens bei 52 Arbeitnehmern dieser Gesellschaft die zulässige Tagesarbeitszeit von zehn Stunden in näher umschriebenem Ausmaß überschritten wurde.

Wegen dieser Übertretungen wurden über den Beschwerdeführer Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten erwogen hat:

Im Beschwerdeverfahren ist nur mehr strittig, ob auch Inventurarbeiten (am Tattag wurden in der beschwerdegegenständlichen Filiale Inventurarbeiten verrichtet) zu den Vor- und Abschlussarbeiten im Sinne des § 8 Abs. 1 AZG zu zählen sind, sodass die in § 9 Abs. 1 AZG normierte Höchstgrenze für die Tagesarbeitszeit von zehn Stunden gemäß § 9 Abs. 2 AZG überschritten werden dürfte.

Die Beschwerdeführer bejahen diese Frage und vertreten darüber hinaus die Auffassung, es sei eine Vertretung des Arbeitnehmers durch andere Arbeitnehmer nicht möglich und dem Arbeitgeber die Heranziehung betriebsfremder Personen nicht zumutbar gewesen, weshalb gemäß § 8 Abs. 2 AZG die Arbeitszeit über zehn Stunden täglich verlängert werden durfte.

Dieses Vorbringen ist nicht zielführend.

Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes, BGBl. Nr. 461/1969 idF BGBl. I Nr. 88/1999 (AZG), lauten (auszugsweise) wie folgt:

"Verlängerung der Arbeitszeit zur Vornahme von Vor- und Abschlußarbeiten

§ 8. (1) Die für den Betrieb oder eine Betriebsabteilung zulässige Dauer der Arbeitszeit darf um eine halbe Stunde täglich, jedoch höchstens bis zu zehn Stunden täglich in folgenden Fällen ausgedehnt werden:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
a)
bei Arbeiten zur Reinigung und Instandhaltung, soweit sich diese Arbeiten während des regelmäßigen Betriebes nicht ohne Unterbrechung oder erhebliche Störung ausführen lassen,
b)
bei Arbeiten, von denen die Wiederaufnahme oder Aufrechterhaltung des vollen Betriebes arbeitstechnisch abhängt,
c)
bei Arbeiten zur abschließenden Kundenbedienung einschließlich der damit zusammenhängenden notwendigen Aufräumungsarbeiten.

(2) Die Arbeitszeit darf in den Fällen des Abs. 1 über zehn Stunden täglich verlängert werden, wenn eine Vertretung des Arbeitnehmers durch andere Arbeitnehmer nicht möglich ist und dem Arbeitgeber die Heranziehung betriebsfremder Personen nicht zugemutet werden kann.

(3) Durch Kollektivvertrag kann näher bestimmt werden, welche Arbeiten als Vor- und Abschlußarbeiten gelten.

...

Höchstgrenzen der Arbeitszeit

§ 9. (1) Die Tagesarbeitszeit darf zehn Stunden und die Wochenarbeitszeit 50 Stunden nicht überschreiten, sofern die Abs. 2 bis 4 nicht anderes bestimmen. Diese Höchstgrenzen der Arbeitszeit dürfen auch beim Zusammentreffen einer anderen Verteilung der wöchentlichen Normalarbeitszeit mit Arbeitszeitverlängerungen nicht überschritten werden.

(2) Die Tagesarbeitszeit darf im Falle des § 14 Abs. 2 (Verlängerung der Arbeitszeit für Lenker) zehn Stunden überschreiten und in den Fällen der §§ 4a Abs. 3 (Normalarbeitszeit bei Schichtarbeit), 5 (Arbeitsbereitschaft), 5a (besondere Erholungsmöglichkeiten), 7 Abs. 3 bis 6 (erhöhter Arbeitsbedarf), 8 Abs. 2 und 4 (Vor- und Abschlußarbeiten), 18 Abs. 2 (Betriebe des öffentlichen Verkehrs) und 19a Abs. 2 (Apotheken) zehn Stunden insoweit überschreiten, als dies nach diesen Bestimmungen zulässig ist.

..."

Bei Inventurarbeiten handelt es sich nicht um "Vor- oder Abschlussarbeiten" im Sinne des § 8 Abs. 1 AZG; sie gehen dem Hauptarbeitsgang nicht voran und schließen sich ihm auch nicht an, sind vielmehr regelmäßig unabhängig von ihm: Die Beschwerdeführer selbst gehen davon aus, dass diese Arbeiten nicht während der Kundenöffnungszeiten durchgeführt werden können.

Den in § 8 Abs. 1 lit. a bis c AZG dem Wortlaut nach abschließend (und nicht etwa demonstrativ) aufgezählten Fällen ist ein zeitlicher oder inhaltlicher Konnex zur Hauptarbeitsleistung gemeinsam. Ein solcher Konnex zwischen Inventurarbeiten und Hauptarbeitsleistung ist für den Verwaltungsgerichtshof im Beschwerdefall nicht erkennbar; er wird auch in der Beschwerde nicht aufgezeigt.

Die Vornahme von Inventurarbeiten rechtfertigte also nicht ein Überschreiten der Arbeitszeit im Sinne des § 8 AZG (so implizit schon die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 92/18/0198, und vom , Zl. 92/18/0369).

Da die behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nach dem Gesagten nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Schriftsatzaufwand war nicht zuzusprechen, weil in dem als "Gegenschrift" bezeichneten Schriftsatz lediglich auf die Begründung des angefochtenen Bescheides verwiesen wird.

Wien, am