VwGH vom 19.03.2013, 2011/21/0152
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Beschwerde der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (nunmehr: Landespolizeidirektion Oberösterreich) gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom , Zl. VwSen-720299/2/Gf/Mu, betreffend Aufenthaltsverbot (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres; mitbeteiligte Partei: A A in L, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Der Mitbeteiligte, ein deutscher Staatsangehöriger, wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Wels vom wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 zweiter und dritter Fall, Abs. 4 Z 3 SMG; § 15 Abs. 1 StGB (teilweise versuchte vorschriftswidrige Ein- und Ausfuhr von Suchtgift in einem die Grenzmenge das 25-fache übersteigenden Ausmaß) als Beteiligter nach § 12 zweiter Fall StGB und des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall, Abs. 2 Z 3 SMG (vorschriftswidriges Überlassen von Suchtgift an andere in einem die Grenzmenge das 15-fache übersteigenden Ausmaß) sowie des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs. 2 SMG (vorschriftswidriger Erwerb und Besitz von Suchtgift ausschließlich zum persönlichen Gebrauch) zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 2 Jahren (16 Monate bedingt) verurteilt.
Im Hinblick darauf erließ die Bundespolizeidirektion Linz (BPD) mit Bescheid vom gegen den Mitbeteiligten gemäß § 86 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) ein mit zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot.
Der dagegen erhobenen Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (die belangte Behörde) mit dem angefochtenen Bescheid vom stattgegeben und das erstinstanzliche Aufenthaltsverbot aufgehoben.
In der Begründung führte die belangte Behörde nach zusammengefasster Wiedergabe des Inhalts des erstinstanzlichen Bescheides und der Berufung sowie der maßgeblichen Bestimmungen des FPG aus, die Erstbehörde habe zur Rechtfertigung des Aufenthaltsverbotes nur die strafgerichtliche Verurteilung des Mitbeteiligten ins Treffen geführt. Der Mitbeteiligte sei damals schuldig befunden worden, von Ende April 2010 bis um den eine in Berlin aufhältige Person damit beauftragt zu haben, insgesamt etwa 1.400 g Kokain mit einem Reinheitsgehalt von 40 % durch Kuriere von Deutschland auszuführen und nach Österreich einzuführen, wobei die Tat in Bezug auf 600 g Kokain beim Versuch geblieben sei. Weiters habe der Mitbeteiligte vorschriftswidrig Suchtgift anderen überlassen, und zwar in einem das 15-fache der Grenzmenge übersteigenden Ausmaß, indem er von etwa Ende April 2010 bis zuletzt am insgesamt etwa 800 g Kokain mit einem Reinheitsgehalt von 40 % verkauft habe. Außerdem habe er in der Zeit von etwa April/Mai 2010 bis um den in wiederholten Angriffen vorschriftswidrig Suchtgift ausschließlich zum persönlichen Gebrauch erworben und besessen. Hierfür sei der Mitbeteiligte zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt worden, wobei im Hinblick auf die bisherige Unbescholtenheit und das umfassende Geständnis ein Teil von 16 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden sei. Aus der Strafhaft sei der Mitbeteiligte am ebenfalls unter Festsetzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt entlassen worden.
Nach § 46 Abs. 1 StGB - so begründete die belangte Behörde weiter - sei einem Verurteilten, der die Hälfte des nicht bedingt nachgesehenen Teiles einer Freiheitsstrafe verbüßt habe, der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB (Erteilung von Weisungen/Anordnung von Bewährungshilfe) anzunehmen sei, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten werde. Da diese - "keine Ermessens-, sondern eine Rechtsentscheidung normierende" - Bestimmung schon von ihrer Textierung her eine Günstigkeitsprognose voraussetze, sei das Landesgericht Wels somit offensichtlich davon ausgegangen, gegenwärtig bestehe keine aktuelle Gefahr dahin, dass der Mitbeteiligte "demnächst neuerlich" eine "sich insbesondere auf sein früheres Fehlverhalten gründende Straftat" begehen könnte.
Damit liege aber grundsätzlich auch keine gegenwärtige Gefahr iSd § 86 Abs. 1 FPG vor, es sei denn, es würden sich aus den konkreten Umständen des Falles spezifische Anhaltspunkte für eine gegenteilige Sichtweise ergeben. Davon ausgehend könne aber allein die hier in Rede stehende strafgerichtliche Verurteilung des Mitbeteiligten "prinzipiell" noch keinen stichhaltigen Grund für die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes bilden. Im gegenständlichen Fall hätten sich weder aus dem Bescheid der BPD noch sonst aufgrund des erstbehördlichen Ermittlungsverfahrens spezifische Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Mitbeteiligte nicht bloß eine potentiell-abstrakte, sondern eine vergleichsweise wesentlich gravierendere, nämlich konkret-gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit iSd § 86 Abs. 1 FPG bilde. Vielmehr beziehe sich die Begründung des Bescheides der BPD "ausschließlich auf generalpräventive Aspekte (Suchtgiftprävention von Jugendlichen und Gefahr für die Volksgesundheit)".
Abgesehen davon sei die BPD auf die in § 66 Abs. 2 FPG festgelegten, gemäß § 60 Abs. 6 FPG auch im Aufenthaltsverbotsverfahren maßgeblichen Umstände, die im Zuge der Abwägung zwischen den öffentlichen Interessen einerseits und den privaten Interessen des Fremden andererseits zwingend zu gewichten seien, auch insofern nicht eingegangen, als der Grad der Integration (§ 66 Abs. 2 Z 4 FPG) nicht in einer "über eine bloß verbale Erwähnung hinausgehenden, auch objektiv erkennbaren Weise materiell berücksichtigt bzw. gewürdigt" worden sei. Der Berufung sei daher - so die belangte Behörde abschließend - gemäß § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben und der Bescheid der BPD ersatzlos aufzuheben gewesen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Amtsbeschwerde der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (nunmehr: Landespolizeidirektion Oberösterreich), über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung von Gegenschriften seitens der belangten Behörde und des Mitbeteiligten erwogen hat:
Vorauszuschicken ist, dass der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid auf Basis der (Sach- und) Rechtslage bei seiner Erlassung zu überprüfen hat. Wird daher im Folgenden auf Bestimmungen des FPG Bezug genommen, so handelt es sich dabei um die zu diesem Zeitpunkt (Mai 2011) geltende Fassung vor dem FrÄG 2011.
Entgegen der von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift vertretenen Meinung liegt im vorliegenden Fall eine grundsätzliche Rechtsfrage iSd § 33a VwGG vor, weil der angefochtene Bescheid von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht. Das zeigt die Amtsbeschwerde zutreffend auf.
1.1. Gegen den die deutsche Staatsangehörigkeit besitzenden Mitbeteiligten ist als EWR-Bürger die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 86 Abs. 1 FPG nur zulässig, wenn auf Grund seines persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.
1.2. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die im jeweils maßgeblichen Tatbestand (hier: § 86 Abs. 1 FPG) umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei der nach der genannten Bestimmung zu erstellenden Gefährdungsprognose geht das schon aus dem Gesetz klar hervor, weil auf das "persönliche Verhalten" des Fremden abzustellen ist und strafrechtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können. Für diese Beurteilung ist demnach nicht das Vorliegen von rechtskräftigen Bestrafungen oder Verurteilungen, sondern das diesen zu Grunde liegende Verhalten des Fremden maßgeblich. Dabei ist also nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen (vgl. dazu Punkt 3. iVm Punkt 2. der Entscheidungsgründe des ebenfalls ein Aufenthaltsverbot gegen einen EWR-Bürger betreffenden hg. Erkenntnisses vom , Zl. 2007/21/0197; siehe daran anschließend etwa auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/21/0603, und aus der letzten Zeit beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/21/0105).
2.1. Offenbar unter diesem Gesichtspunkt bemängelte die belangte Behörde, von der BPD sei "als einziger Umstand" für die Rechtfertigung des Aufenthaltsverbotes die strafgerichtliche Verurteilung des Mitbeteiligten ins Treffen geführt worden und sie habe sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides "ausschließlich auf generalpräventive Aspekte" bezogen.
2.2. Richtig ist, dass der Bescheid der BPD auch längere allgemeine Ausführungen zu den vom Suchtgifthandel ausgehenden Gefahren, und zwar generell für die "Volksgesundheit" und im Besonderen für Jugendliche, sowie zum deshalb dringend gebotenen "rigorosen Vorgehen" gegen Suchtgiftdelikte enthält. Diese Überlegungen waren insoweit nicht unzulässig, als die BPD damit offenbar auch das grundsätzlich besonders große öffentliche Interesse an der Verhinderung von Suchtgiftdelikten näher begründen wollte. Das steht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach Suchtgiftdelinquenz der vorliegenden Art - auch nach unionsrechtlichen Maßstäben - ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt (vgl. aus der letzten Zeit unter vielen beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/23/0168, dem ebenfalls Suchtmittelhandel und Bestimmung zum grenzüberschreitenden Kokainschmuggel zugrunde lag; siehe auch das dort zitierte hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/21/0335, mwN).
2.3. Die BPD beschränkte sich aber nicht nur darauf, sondern sie stellte erkennbar auch eine Beziehung zum (teilweise durch Verweisung) näher festgestellten, dem strafgerichtlichen Urteil zugrunde liegenden persönlichen Verhalten des Mitbeteiligten her und legte es ihrer Prognosebeurteilung zugrunde. Dabei durfte sie - der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgend - auch davon ausgehen, dass bei Suchtgiftdelikten (der vorliegenden Art) erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist (vgl. auch dazu die unter Punkt 2.2. zitierten Erkenntnisse). Das wird von der Amtsbeschwerde zu Recht geltend gemacht.
Ausgehend von einer allgemein gegebenen Wiederholungsgefahr hat die BPD sodann auch fallbezogen auf das Vorliegen einer aktuellen Gefahr iSd § 86 Abs. 1 FPG geschlossen, weil der Mitbeteiligte auf näher beschriebene Weise Kokainlieferungen aus Deutschland nach Österreich organisiert und hier Suchtgifthandel betrieben habe, was geeignet sei, eine große Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen herbeizuführen und gravierend gegen das öffentliche Interesse an der Verhinderung der Suchtgiftkriminalität verstoße. Nach den dem Strafurteil folgenden Feststellungen der BPD habe der Mitbeteiligte nämlich einen gewissen R. im April 2010 auf seine früheren Kontakte zur Suchtgiftszene in Berlin hingewiesen. Dadurch habe R. eine Chance für den Zugang zu einer neuen Suchtgiftquelle gesehen, sodass er den Mitbeteiligten mit der Besorgung hochwertigen Kokains beauftragt habe. Der Mitbeteiligte sei sodann nach Berlin gefahren, habe den Suchtgifthändler A. kontaktiert und mit ihm Kokainlieferungen vereinbart. In der Folge seien dann tatsächlich in drei Angriffen durch Kuriere "insgesamt 400 g Kokain" nach Österreich gebracht und dem Mitbeteiligten übergeben worden, wofür er pro 100 g Kokain eine Provision von EUR 500,-- erhalten habe. Weiters habe er sich damit abgefunden, durch das wiederholte Überlassen von Kokain das 15-fache der Grenzmenge dieses Suchtgifts in Verkehr gesetzt zu haben.
Angesichts dessen ist der Vorwurf der belangten Behörde, die BPD habe nur auf die strafgerichtliche Verurteilung des Mitbeteiligten und auf generalpräventive Überlegungen abgestellt, nicht berechtigt, wiewohl der belangten Behörde einzuräumen ist, dass die Bescheidbegründung der BPD nicht immer die gebotene Klarheit aufweist.
3.1. Ohne erkennbare Bedachtnahme auf die unter Punkt 2.2. und 2.3. erwähnte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes betreffend (schwerere) Suchtgiftdelikte, wie sie auch hier zu beurteilen sind, hat die belangte Behörde eine aktuelle Gefährdung vor allem deshalb verneint, weil der Mitbeteiligte aus der verhängten Freiheitsstrafe gemäß § 46 Abs. 1 StGB vorzeitig bedingt entlassen wurde. Da das Landesgericht Wels somit davon ausgegangen sei, dass vom Mitbeteiligten gegenwärtig keine aktuelle Gefahr ausgehe, liege nach Meinung der belangten Behörde grundsätzlich - für eine Ausnahme bestünden keine Anhaltspunkte - auch keine gegenwärtige Gefahr iSd § 86 Abs. 1 FPG vor.
3.2. Dieser Auffassung ist die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, wonach die Beurteilung der Gefährdung von den Fremdenbehörden eigenständig aus dem Blickwinkel des Fremdenrechtes und unabhängig von den gerichtlichen Erwägungen zur Strafbemessung vorzunehmen ist. Somit lässt sich weder aus der vom Strafgericht ausgesprochenen (teil-)bedingten Strafnachsicht noch aus der bedingten Entlassung aus der Strafhaft für den Mitbeteiligten etwas gewinnen (vgl. unter vielen etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/23/0160, mit dem Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/21/0103). Das zeigt die Amtsbeschwerde zutreffend auf. Es gibt keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzugehen, zumal sich schon den Tatbeständen des § 60 Abs. 2 Z 1 FPG die gesetzgeberische Wertung entnehmen lässt, dass die bedingte Strafnachsicht einem Aufenthaltsverbot nicht entgegensteht (vgl. aus der letzten Zeit etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/23/0651, mwN). Insbesondere bei gravierenderer Suchtgiftdelinquenz kann auf einen allfällig durch Haft erfolgten Gesinnungswandel erst nach einer entsprechend langen Zeit des Wohlverhaltens nach der Entlassung aus der Strafhaft geschlossen werden (vgl. auch zu diesem Gesichtspunkt etwa die unter Punkt 2.2. zitierten Erkenntnisse). Dazu kommt im vorliegenden Fall noch, dass der Mitbeteiligte auch selbst Kokainkonsument ist, was die von der BPD angenommene Wiederholungsgefahr zusätzlich stützen könnte (vgl. idS jüngst etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/23/0325). Auch das hat die belangte Behörde außer Acht gelassen.
4.1. Soweit die belangte Behörde im Übrigen (auch in der Gegenschrift) die Meinung zu vertreten scheint, Begründungsmängel im Bescheid der BPD berechtigten sie zu dessen ersatzloser Behebung, verkennt sie ihre Rolle als Berufungsbehörde.
4.2. Im Rahmen der Sache des Berufungsverfahrens (hier: Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Mitbeteiligten) ist die Berufungsbehörde nämlich gemäß § 66 Abs. 4 zweiter Satz AVG (nach Maßgabe des § 67h Abs. 1 AVG) berechtigt - und verpflichtet (siehe etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/07/0027) -, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Dies bedeutet, dass die Berufungsbehörde eine neuerliche selbstständige Prüfung des Sachverhaltes vorzunehmen hat, ohne irgendwie an die Ergebnisse des bisher durchgeführten Ermittlungsverfahrens und deren Beurteilung durch die Unterbehörde gebunden zu sein. Durch eine zulässige Berufung verlagert sich die Zuständigkeit zur Sachentscheidung in Ansehung aller hierfür maßgeblichen Vorschriften auf die Berufungsinstanz (siehe das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/18/0155; vgl. daran anschließend etwa auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/18/0771).
4.3. Demzufolge hätte die belangte Behörde (unter Einbeziehung der oben dargestellten Judikatur) eine eigene Beurteilung der Gefährdungsprognose am Maßstab des § 86 Abs. 1 FPG vorzunehmen gehabt und sich - neben dem nur eingeschränkt tragfähigen (siehe oben Punkt 3.2.) Hinweis auf die bedingte Entlassung des Mitbeteiligten aus der Strafhaft - nicht nur darauf beschränken dürfen, dass weder dem Bescheid der BPD noch dem erstbehördlichen Ermittlungsverfahren spezifische Anhaltspunkte für eine konkret-gegenwärtige Gefahr im Sinne der genannten Bestimmung zu entnehmen seien. Gleiches gilt sinngemäß für die von der belangten Behörde vermisste Gewichtung des Grades der Integration des Mitbeteiligten im Rahmen der nach § 66 FPG vorgenommenen Interessenabwägung.
5. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Wien, am