VwGH vom 20.10.2016, Ro 2014/13/0023

VwGH vom 20.10.2016, Ro 2014/13/0023

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, MMag. Maislinger und Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wimberger, über die Revision der P GmbH in W und weiterer Revisionswerber laut angeschlossener Liste, vertreten durch die TPA Horwath Wirtschaftstreuhand und Steuerberatung GmbH in 1020 Wien, Praterstraße 62-64, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RD/0059- W/13, betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 1989, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den revisionswerbenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Zur Vorgeschichte des Revisionsfalles ist auf den Beschluss vom , 2002/13/0225, und auf das Erkenntnis vom , 2009/13/0090, 0091, zu verweisen.

2 Nach Aufhebung des Bescheides vom , mit dem die belangte Behörde den Devolutionsantrag der Revisionswerber zurückgewiesen hatte, mit dem erwähnten Erkenntnis führte die belangte Behörde - deren diesbezügliche Aktenteile laut von ihr vorgelegtem Aktenverzeichnis "vernichtet worden oder in Verstoß geraten" sind - mit den Vertretern der Revisionswerber im Herbst 2013 ein Vorhalteverfahren durch. Dabei wurden u.a. Fragen gestellt, die aus der Sicht der Revisionswerber erstmals in dem schon seit mehr als zwanzig Jahren anhängigen Verfahren darauf hindeuteten, dass die Mitunternehmerstellung eines Teils der mehreren hundert Beteiligten an dem verfahrensgegenständlichen Beteiligungsmodell in Zweifel gezogen werde.

3 In der Vorhaltsbeantwortung vom traten die Vertreter der Revisionswerber diesen Zweifeln entgegen.

4 Mit dem angefochtenen Bescheid vom nahm die belangte Behörde in Stattgebung des Devolutionsantrages an Stelle des säumigen Finanzamtes die Feststellung von Einkünften für das Jahr 1989 vor, wobei sie u.a. aussprach, welcher Betrag auf "die atyp. stillen Gesellschafter, deren Beteiligungen als Einkunftsquelle steuerlich anzuerkennen sind", insgesamt entfalle und dass für "jene Beteiligten, die einen Gesamtverlust erzielt haben", eine Einkünftefeststellung zu unterbleiben habe. Im Einzelnen wurde dazu auf eine als Bestandteil des Bescheidspruches angeschlossene Liste verwiesen.

5 Hauptstreitpunkte des Verfahrens waren die Aktivierung eines mit Vereinbarung vom begründeten Genussrechts und die Frage einer diesbezüglichen Teilwertabschreibung zum gewesen. Die belangte Behörde folgte der Rechtsansicht der Revisionswerber nicht. Sie legte dar, dass das Genussrecht aktivierungspflichtig sei und die Voraussetzungen für eine Teilwertabschreibung zum Stichtag zwei Tage nach der Begründung des Genussrechts nicht erfüllt seien.

6 Dagegen - und gegen das Unterbleiben einer Einkünftefeststellung für einen Teil der Beteiligten - wendet sich die vorliegende Revision, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage von Aktenteilen und Erstattung einer Gegenschrift durch das an die Stelle der belangten Behörde getretene Bundesfinanzgericht erwogen hat:

1. Zu Aktivierungspflicht und Teilwertabschreibung:

7 Die in der Revision bestrittene Aktivierungspflicht in Bezug auf Rechte aus einer Besserungsvereinbarung - eine solche liegt nach dem in der Revision vertretenen Standpunkt vor - hat die belangte Behörde auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gestützt, auf die die Revision nirgends eingeht. Dies gilt vor allem für das im angefochtenen Bescheid mehrfach erwähnte Erkenntnis vom , 95/13/0281, VwSlg 7582/F, auf das gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird (vgl. auch noch die Erkenntnisse vom , 2000/13/0117, vom , 2002/13/0037, und vom , 2002/13/0168). Die Revision erörtert ein Erkenntnis des Jahres 1989, das bei einer Besprechung im Zuge der Betriebsprüfung im Jahr 1996 vorgekommen sei, erwähnt von den nunmehr von der belangten Behörde im Zusammenhang mit der Aktivierungspflicht ins Treffen geführten Erkenntnissen aber nur das vom , 94/15/0088, VwSlg 7457/F, das den Fall einer "offensichtlich gegebenen Verbesserung der wirtschaftlichen Situation" betroffen habe, während sich im vorliegenden Fall die Situation des aus der Vereinbarung Verpflichteten "laufend (bis heute) verschlechtert" habe (Seite 33 der Revision). Dass dies für die Frage der Aktivierung von Rechten aus der Vereinbarung vom zum Stichtag eine Rolle spielen könnte, versucht die Revision aus diesem Erkenntnis aber nicht abzuleiten.

8 Aus dem Erkenntnis vom soll sich nach der in der Revision vertretenen Ansicht vor allem ergeben, dass im Falle einer Aktivierungspflicht im Hinblick auf die nach dem Ablauf von zwanzig Jahren erstmals - für den Verpflichteten auch dann nur unter der Bedingung inzwischen entstandener Gewinnbeteiligungen in der Höhe fast des Doppelten des hingegebenen Betrages - gegebene Kündigungsmöglichkeit "zumindest" eine Abschreibung auf einen Zeitraum von zwanzig Jahren zu erfolgen gehabt hätte (Seiten 33 und 39 der Revision). Die dem zugrunde gelegte Behauptung, der Verwaltungsgerichtshof habe eine derartige "Abschreibbarkeit eines Genussrechtes" in dem Erkenntnis vom "ausdrücklich bejaht", trifft nicht zu und lässt auch das denselben Fall betreffende, gegenteilige Erkenntnis vom , 2005/15/0033, unberücksichtigt (vgl. den Hinweis auf das zuletzt genannte Erkenntnis an der im angefochtenen Bescheid u.a. zitierten Stelle bei Mayr in Doralt/Mayr, EStG14, § 6 Tz 273).

9 Für den - nach der zitierten Judikatur hier gegebenen - Fall einer Aktivierungspflicht wird in der Revision auch geltend gemacht, das aus der Vereinbarung vom resultierende Recht sei zwei Tage später nicht mit den Anschaffungskosten, sondern infolge Vorliegens einer Fehlmaßnahme mit S 0,--, zumindest aber mit einem wesentlich unter den Anschaffungskosten liegenden Betrag zu bewerten gewesen. Als Grund dafür werden weder Ereignisse an diesen zwei Tagen noch im Zeitraum bis zur Bilanzerstellung gewonnene neue Einsichten über konkrete Ereignisse bis zum , sondern spätere Entwicklungen ins Treffen geführt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, auf die die Revision auch in diesem Zusammenhang nicht eingeht (vgl. etwa die Nachweise in dem schon erwähnten Erkenntnis vom , 2002/13/0037), kann eine Teilwertabschreibung zum damit nicht begründet werden.

10 In den Hauptstreitpunkten erwiese sich die Revision daher als unbegründet.

2. Zum teilweisen Unterbleiben einer Feststellung:

11 Die belangte Behörde hat aber erstmals auch die - hier unstrittig noch nicht nach den Liebhabereiverordnungen zu beurteilende - Einkunftsquelleneigenschaft eines Teils der Beteiligungen verneint. Betroffen waren davon Beteiligte, die ihre Gesellschaftsanteile zum nach Art. III UmgrStG in eine Aktiengesellschaft eingebracht hatten und bei Verkauf oder Rückgabe der Aktien später einen Totalverlust erlitten. Beteiligte, die von der Möglichkeit einer solchen Einbringung nicht Gebrauch gemacht hatten, erzielten Gesamtgewinne. Die Mitunternehmerschaft endete im Jahr 2000 mit der Kündigung der letzten Mitunternehmer.

12 In Erwiderung auf die Vorhalte vom September und Oktober 2013, in denen es u.a. um die "Erzielung eines steuerlichen Gesamtgewinnes" gegangen war, hatten die Vertreter der Revisionswerber im Schriftsatz vom u. a. vorgebracht, die Einkunftsquelleneigenschaft im Jahr 1989 könne nicht von den Folgen der späteren Umgründungsschritte abhängig sein, zumal es 1989 das Umgründungssteuergesetz noch gar nicht gegeben habe. Es sei "keinesfalls so" gewesen, "dass das tatsächlich stattgefundene Szenario auch ex-ante so geplant war. Als Beispiel übermitteln wir Ihnen eine alte Unterlage, dass z. B. geplant war mit der Gesellschaft 1991 an die Börse zu gehen (Beilage 6), was dann in weiterer Folge aber nicht realisiert wurde".

13 Diesen und weiteren Einwänden gegen die in den Vorhalten angedeutete Rechtsansicht der belangten Behörde, die Einkunftsquelleneigenschaft hänge von der tatsächlichen Erzielung eines Gesamtgewinnes ab, begegnet die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nur mit dem Hinweis, im Hinblick auf die beendete Tätigkeit liege ein abgeschlossener Beobachtungszeitraum vor, innerhalb dessen von den Beteiligten, die mit Aktien abgefunden wurden, kein Gesamtgewinn erzielt worden sei. In einem solchen Fall komme es "weder auf eine prognostische Beurteilung der Aussichten auf die Erzielung eines allfälligen Gesamtgewinnes, noch auf die Umstände der Beendigung der ausgeübten Tätigkeit an". Gestützt wird dies auf Judikatur aus der Zeit vor dem in der Revision dagegen ins Treffen geführten Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , 93/13/0171, VwSlg 7107/F.

14 Maßgeblich für die Einkunftsquelleneigenschaft der Beteiligungen im Jahr 1989 war nach dem - u.a. dieses Jahr betreffenden - Erkenntnis eines verstärkten Senates aber nicht ein tatsächlich erwirtschafteter Gesamterfolg, sondern die objektive Eignung zur Erwirtschaftung eines solchen, wie ihn ein Teil der Beteiligten auch erzielte, und subsidiär das nach außen in Erscheinung tretende Streben nach einem solchen Erfolg (vgl. auch die das Jahr 1989 betreffenden Ausführungen in dem von der belangten Behörde nur zur Unanwendbarkeit der Verordnungen zitierten Erkenntnis vom , 2000/13/0092, m.w.N.). Die Ansicht, für die Einkunftsquelleneigenschaft im Jahr 1989 könne es jeweils darauf ankommen, ob in einem späteren Jahr unter geänderten Verhältnissen eine Entscheidung für oder gegen eine neu geschaffene Möglichkeit zur Einbringung der Beteiligung getroffen wurde, steht mit dieser Judikatur nicht in Einklang. Die belangte Behörde hat die Beendigung der Tätigkeit und das Ausbleiben eines Gesamtgewinns in den Fällen der späteren Einbringung in eine Aktiengesellschaft nicht nur als Hilfstatsachen benützt, um daraus Schlüsse auf die objektive Eignung der Beteiligungen zur Erzielung eines Gesamtgewinns oder auf die subjektiven Absichten der betroffenen Beteiligten zu ziehen. Sie hat den tatsächlichen Eintritt eines Gesamtgewinns als Tatbestandsvoraussetzung des Vorliegens von Einkünften angesehen und damit die Rechtslage verkannt.

15 Der angefochtene Bescheid war aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

16 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

17 Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 4 Abs. 5 vorletzter Satz VwGbk-ÜG - mit der dort angeführten Maßgabe - in Verbindung mit § 28 Abs. 5 BFGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am