VwGH vom 23.01.2013, 2009/10/0250
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner sowie die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde der Gemeinde Treglwang, vertreten durch die Hohenberg Strauss Buchbauer Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Hartenaugasse 6, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. FA7A-472-92/2009-1, betreffend Vorschreibung eines Schulerhaltungsbeitrages für das Jahr 2008 (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Trieben in 8784 Trieben, Triebener Bundesstraße 11), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Trieben vom wurde der beschwerdeführenden Partei hinsichtlich der Hauptschule Trieben für das Jahr 2008 gemäß § 37 Abs. 1 des Steiermärkischen Pflichtschulerhaltungsgesetzes 2004 (StPEG 2004) ein Schulerhaltungsbeitrag in Höhe von EUR 14.634,85 vorgeschrieben. Diesem Bescheid waren ein "Untervoranschlag 2008" betreffend die Hauptschule Trieben, eine "Errechnung des Mischschlüssels zur Aufteilung der Schulerhaltungsbeiträge für das Jahr 2008", eine Aufstellung über Leasingraten, die für das Haushaltsjahr 2008 "erstmalig an die eingeschulten Gemeinden" (darunter auch die beschwerdeführende Partei) verrechnet werden müssten, und eine Auflistung der aus dem Gemeindegebiet der beschwerdeführenden Partei stammenden Schüler angeschlossen.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung der beschwerdeführenden Partei wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Liezen abgewiesen.
Eine dagegen wiederum von der beschwerdeführenden Partei erhobene Berufung (vgl. § 93 Abs. 3 der Steiermärkischen Gemeindeordnung 1967 - GemO) wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gemäß § 37 Abs. 3 StPEG 2004 iVm § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde - soweit für das vorliegende Erkenntnis von Interesse - aus, in der Berufung habe die beschwerdeführende Partei vorgebracht, durch die mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom übermittelten Unterlagen habe sie erstmals Kenntnis von einer Änderung des sie betreffenden Betrages erlangt, weshalb es ihr auch nicht möglich gewesen sei, dessen sachliche und rechnerische Richtigkeit zu überprüfen. Hätte die beschwerdeführende Partei früher von der Erhöhung des auf sie entfallenden Beitrages erfahren, "hätte eine diesbezügliche Bedarfszuweisung beantragt werden können".
Dem hielt die belangte Behörde im Wesentlichen entgegen, im Verfahren vor der Behörde erster Instanz seien die "§§ 8 bzw. 45 Abs. 3 AVG" nicht verletzt worden, weil das zugrunde liegende Materiengesetz nicht vorsehe, dass die "beitragspflichtige Gemeinde einer neuerlichen Berechnung des Beitrages vor Bescheiderlassung zuzustimmen" habe. Den Aspekt eines allfälligen Antrages auf "Bedarfszuweisungsmittel" berücksichtige das StPEG 2004 nicht, weshalb die Möglichkeit eines solchen Antrages für die Vorschreibung des Schulerhaltungsbeitrages irrelevant sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, welche Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt; darauf hat die beschwerdeführende Partei repliziert.
Die mitbeteiligte Partei hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Steiermärkischen Pflichtschulerhaltungsgesetzes 2004 (StPEG 2004), LGBl. Nr. 71/2004 idF LGBl. Nr. 94/2008, lauten wie folgt:
"§ 2
Gesetzlicher Schulerhalter
(1) Gesetzlicher Schulerhalter einer Pflichtschule ist die Gebietskörperschaft, der im Sinne dieses Gesetzes die Errichtung, Erhaltung und Auflassung der Pflichtschulen obliegt.
(…)
§ 3
Parteien
In den Verwaltungsverfahren, die sich in Vollziehung dieses Gesetzes ergeben, kommt den gesetzlichen Schulerhaltern sowie den zu einem Schulsprengel gehörenden oder in sonstiger Weise an einer öffentlichen Pflichtschule beteiligten Gebietskörperschaften Parteistellung im Sinne des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 zu.
(…)
§ 25
Gesetzliche Schulerhalter der öffentlichen Volks und Hauptschulen sowie der Polytechnischen Schulen
(1) Die Erhaltung der öffentlichen Volks- und Hauptschulen, der diesen Schulen allenfalls angeschlossenen Sonderschulklassen sowie der Polytechnischen Schulen obliegt jener Gemeinde, auf deren Gebiet diese Schulen bestehen.
(…)
§ 27
Kostentragung
Die gesetzlichen Schulerhalter haben für die Kosten der Errichtung, Erhaltung und Auflassung der Pflichtschulen aufzukommen.
§ 28
Finanzierung von Schulbauten
(1) Vor Beginn des Schulbaues ist die Finanzierung sicherzustellen.
(2) Wenn bei einem Schulbauvorhaben mehrere Gemeinden zu einer Beitragsleistung nach § 29 verpflichtet sind, hat der Bürgermeister der Schulsitzgemeinde die beteiligten Gemeinden zur Prüfung ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit unter Berücksichtigung der Gemeindevoranschläge und der Rechnungsabschlüsse zu einer Verhandlung einzuladen. Kommt es über die Finanzierung zu keiner Einigung, hat vor der Entscheidung der Gemeinde die Landesregierung einen Einigungsversuch zu unternehmen.
(3) Von der Anberaumung dieser Verhandlung ist die Landesregierung in Kenntnis zu setzen.
(4) Für einen Fehlbetrag in der Finanzierung kann die Landesregierung Mittel des Schulbaufonds bzw. Bedarfszuweisungen gewähren, wenn der Bau der Schule unabweislich notwendig ist und die Gemeinden trotz äußerster Einschränkung ihrer Ausgaben und voller Ausschöpfung ihrer Einnahmemöglichkeiten außerstande sind, die erforderlichen Mittel aufzubringen.
(5) Werden in den Fällen des Abs. 4 keine Landesmittel gewährt, darf mit dem Schulbau nicht begonnen werden.
§ 29
Schulerhaltungsbeiträge
(1) Sofern eine oder mehrere Gemeinden mit ihrem ganzen Gebiet oder einem Teil hievon zu einem Schulsprengel gehören, ohne selbst gesetzliche Schulerhalter zu sein, haben sie zur Bestreitung der Kosten des Schulsachaufwandes an den gesetzlichen Schulerhalter Schulerhaltungsbeiträge nach Maßgabe des § 30 zu leisten, sofern Abs. 2 nicht anders bestimmt. Dasselbe gilt, wenn Teile einer Gemeinde, die selbst Schulerhalter ist, zum Schulsprengel der Pflichtschule eines anderen gesetzlichen Schulerhalters gehören.
(…)
§ 37
Vorschreibung, Abrechnung und Entrichtung der Schulerhaltungsbeiträge und Gastschulbeiträge
(1) Die gesetzlichen Schulerhalter haben bis 30. November jeden Jahres die Schulerhaltungsbeiträge und Gastschulbeiträge gemäß den §§ 29, 30 und 35 für den voraussichtlichen Schulsachaufwand des folgenden Kalenderjahres den beitragspflichtigen Gemeinden mit Bescheid vorzuschreiben.
(2) (…)
(3) Gegen die Vorschreibung und Abrechnung der Schulerhaltungsbeiträge und Gastschulbeiträge kann von den beitragspflichtigen Gemeinden Berufung erhoben werden. Der Rechtsmittelzug richtet sich nach den Bestimmungen der Gemeindeordnung 1967 und des Statutes der Landeshauptstadt Graz 1967.
(…)"
2.1. Die Beschwerde, die sich ausschließlich auf den Aufhebungsgrund der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften (§ 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG) beruft, macht zunächst eine Verletzung des Rechtes der beschwerdeführenden Partei auf Parteiengehör geltend, weil diese "erst anlässlich des erstinstanzlichen Bescheides des Bürgermeisters vom " Kenntnis davon erlangt habe, dass sich der Schulerhaltungsbeitrag nicht (wie in der Schulausschusssitzung am beschlossen) auf EUR 8.299,63, sondern nunmehr auf EUR 14.634,85 belaufe; erst diesem Bescheid der Erstbehörde seien der geänderte Untervoranschlag für die Hauptschule Trieben für das Jahr 2008, eine Berechnung des Mischschlüssels zur Aufteilung der Schulerhaltungsbeiträge für das Jahr 2008 sowie ein Schreiben über die Verrechnung von Leasingraten beigelegt gewesen.
Dadurch sei der beschwerdeführenden Partei die Möglichkeit genommen worden, die erst mit dem erstinstanzlichen Bescheid übermittelte Vorschreibung der Leasingraten auf ihre sachliche und/oder rechnerische Richtigkeit zu überprüfen.
2.2. Gemäß § 45 Abs. 3 AVG ist den Parteien Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen.
Bei nicht ausreichender Gewährung von Parteiengehör durch eine Behörde einer unteren Stufe kann dieser Mangel allerdings noch durch die Erhebung eines Rechtsmittels geheilt werden. Nach ständiger hg. Rechtsprechung kann ein solcher Verfahrensfehler insbesondere durch die mit der Berufung verbundene Möglichkeit einer Stellungnahme saniert werden, wobei eine solche Heilung voraussetzt, dass der Partei zum Zeitpunkt der Erhebung der Berufung die gleiche Kenntnis von dem Beweisergebnis verschafft wurde, die ihr eigentlich im Rahmen des Parteiengehörs zu vermitteln gewesen wäre (vgl. die Nachweise bei Hengstschläger/Leeb , AVG § 45 Rz 40).
Nach dem wiedergegebenen Beschwerdevorbringen (welches insofern durch die vorgelegten Verwaltungsakten bestätigt wird) wurden der beschwerdeführenden Partei gemeinsam mit dem Bescheid der Behörde erster Instanz die oben angeführten, der Berechnung des vorgeschriebenen Schulerhaltungsbeitrages zugrunde liegenden Unterlagen übermittelt; eine Verletzung des Rechtes auf Parteiengehör durch die Behörde erster Instanz wurde daher nach dem Gesagten durch die Berechtigung der beschwerdeführenden Partei zur (zweimaligen; vgl. § 93 Abs. 3 GemO) Erhebung einer Berufung geheilt.
2.3. Zu welchem Zeitpunkt die beschwerdeführende Partei in die Lage versetzt wurde, für die Finanzierung des auf sie entfallenden Beitrages organisatorische Vorsorge (etwa durch Beantragung einer so genannten Bedarfszuweisung) zu treffen, ist - wie schon die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat - für die Frage der Rechtmäßigkeit einer Vorschreibung nach § 37 Abs. 1 StPEG 2004 nicht von Belang.
3. Die Beschwerde macht im Weiteren geltend, die belangte Behörde habe entgegen ihrer Verpflichtung nach § 66 Abs. 1 AVG nicht durch Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens den tatsächlich maßgeblichen Sachverhalt geklärt und festgestellt; wäre die belangte Behörde ihrer Pflicht nach dieser Bestimmung nachgekommen, so hätte "sie allenfalls erkennen können, dass die in Rede stehenden Leasingraten dem Grunde bzw der Höhe nach, allenfalls zu Unrecht vorgeschrieben wurden".
Mit diesem Vorbringen hat die beschwerdeführende Partei allerdings die Relevanz des von ihr behaupteten Verfahrensmangels nicht konkret dargetan, worauf die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend hinweist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/09/0094, mwN).
4. Das in der Beschwerdeergänzung vom mit Blick auf § 28 StPEG 2004 erstattete Vorbringen, mit der beschwerdeführenden Partei sei keine entsprechende Finanzierung des im Jahr 2004 beendeten Umbaus des Schulgebäudes der Hauptschule Trieben besprochen worden, kann schon deshalb nicht Berücksichtigung finden, weil ein derartiges Vorbringen im Verwaltungsverfahren nicht erstattet wurde (§ 41 Abs. 1 erster Satz VwGG).
5. Die sich somit als im Ergebnis unberechtigt erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
6. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am