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VwGH vom 25.04.2013, 2009/10/0244

VwGH vom 25.04.2013, 2009/10/0244

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner sowie die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde 1. der MG in Wien, 2. der EH in Wien, 3. des WF in L, 4. der CW in H,


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5.
der ER in S 6. der RW in Wien, 7. des JW in R, 8. der MP in K,
9.
des MW in Wien, 10. des MW in Wien, 11. des WR in S 12. des MR in Wien, 13. des GW in Wien, 14. des NW in W, 15. der MM in W,
16.
des CÖ in Wien, 17. des FÖ in Wien und 18. der MÖ in Wien, alle vertreten durch Dr. Thomas Fritzsche, LL.M., Rechtsanwalt in 1010 Wien, Nibelungengasse 11/4, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom , Zl. 21301-RI/832/24-2009, betreffend Feststellung eines Badeplatzes gemäß § 3 Abs. 2 der Wolfgangsee-Blinklingmoos-Naturschutzgebietsverordnung, nach Durchführung einer Verhandlung am , zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Land Salzburg jeweils zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.435,10 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde - einem Antrag der beschwerdeführenden Parteien nicht Folge gebend -

gestützt (u.a.) auf §§ 1a, 2 und 3 der Wolfgangsee-Blinklingmoos-Naturschutzgebietsverordnung, LGBl. Nr. 98/1983 (im Folgenden: "Verordnung 1983"), fest, dass auf den Grundstücken Nr. 118/3 und 395/5 der KG St. nicht bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der 1. Wolfgangsee-Blinklingmoos-Naturschutzgebietsverordnung, LGBl. Nr. 87/1973 (im Folgenden: "Verordnung 1973"), ein Badeplatz im beantragten Umfang errichtet und betrieben worden sei und dass dessen Errichtung dem Schutzzweck der Wolfgangsee-Blinklingmoos-Naturschutzgebietsverordnung widerspreche.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die beschwerdeführenden Parteien hätten in ihrem Antrag vom dem gegenüber die Feststellung eines bestehenden Badeplatzes seit Inkrafttreten der Verordnung 1973 sowie die Feststellung des Nichtbestehens eines Widerspruches zum Schutzzweck der Verordnung 1983 beantragt.

Dazu hätten sie vorgebracht, das gesamte Anwesen "M.-Hof" einschließlich der genannten Grundstücke, die im Miteigentum der beschwerdeführenden Parteien stünden, sei "seit jeher" und zwar bereits vor Erlassung der Verordnung 1973 über Jahrzehnte "zum Baden genutzt" worden; die Grundstücke seien "seit Jahrzehnten als Badeplatz verwendet worden".

Aufgrund der Benützung des Badeplatzes bestehe seit den 1970er-Jahren gegenüber dem sonst in der Umgebung der gegenständlichen Grundstücke vorhandenen Schilfgürtel eine wenige Meter breite Schneise ohne Schilfbewuchs, weil man im Gefolge der Verordnung 1973 aufgehört habe, den gesamten Uferbereich vom Schilfbewuchs zu befreien. Auf dem auf einem der Grundstücke vom naturschutzfachlichen Amtssachverständigen festgestellten "Lagerplatz" ohne Pflanzenbewuchs hätten die Badenden seit jeher ihre Handtücher und Badeutensilien ausgebreitet. Unter einem Badeplatz sei ein Uferbereich zu verstehen, auf dem durch menschliche Einflüsse die natürliche Situation dergestalt verändert sei, dass ein Baden möglich sei; genau dies liege im vorliegenden Fall somit vor.

Die vom Amtssachverständigen festgestellte "Ursprünglichkeit" der natürlichen Entwicklung des Schilf- und Bruchwaldbestandes sei erst in den letzten 30 Jahren entstanden, weil der gesamte Uferbereich bis zum Inkrafttreten der Verordnung 1973 regelmäßig komplett gemäht worden sei.

Die belangte Behörde führte nach Beiziehung eines naturschutzfachlichen Amtssachverständigen und Befragung von Zeugen begründend aus, zum Zeitpunkt der durchgeführten Verhandlung am sei auf den gegenständlichen Grundstücken ein der natürlichen Entwicklung unterliegender Schilf- und Bruchwaldbestand vorgelegen, weshalb vom Vorliegen einer weitgehenden Ursprünglichkeit auszugehen sei und bei Verwendung der Grundstücke als Badeplatz auch Auswirkungen auf den besonderen ästhetischen Wert des vorhandenen Landschaftsraumes zu erwarten seien.

Eine Feststellung als Badeplatz im Sinn des § 3 Abs. 2 der Verordnung 1983 sei nicht möglich, weil zum einen die Errichtung eines Badeplatzes auf diesen Grundstücken dem Schutzzweck des Naturschutzgebietes widerspreche; für die Voraussetzung nach § 3 Abs. 2 letzter Halbsatz der Verordnung 1983 sei zum anderen erforderlich, dass ein Badeplatz zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung 1973 nach außen in Erscheinung getreten sei. Der Nachweis eines solcherart bereits zu diesem Zeitpunkt errichteten und betriebenen Badeplatzes sei allerdings nicht erbracht worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Das Salzburger Naturschutzgesetz 1999 (Sbg NSchG), LGBl. Nr. 73/1999 idF LGBl. Nr. 31/2009, lautet - auszugsweise - wie folgt:

"6. Unterabschnitt

Naturschutzgebiete

§ 19

Gebiete außerhalb geschlossener Ortschaften können durch Verordnung der Landesregierung zu Naturschutzgebieten erklärt werden, wenn sie wenigstens eine der folgenden Voraussetzungen aufweisen:

1. Sie weisen eine völlige oder weit gehende Ursprünglichkeit auf.

2. Sie weisen seltene oder gefährdete Tier- oder Pflanzenarten auf.

3. Sie weisen seltene oder charakteristische Lebensgemeinschaften von Tieren oder Pflanzen auf.

Die für den Bestand des schutzwürdigen Gebietes notwendigen Flächen können in den Schutzbereich einbezogen werden. Bei der Erklärung eines Gebietes zum Naturschutzgebiet ist auf Gesichtspunkte der Raumordnung Bedacht zu nehmen. In der Verordnung und in der Kundmachung nach § 20 iVm § 13 Abs. 1 ist auf den Schutzzweck (Z 1 bis 3) hinzuweisen.

Verfahren und vorläufiger Schutz

§ 20

Auf das Verfahren zur Erlassung einer Naturschutzgebietsverordnung und die Rechtswirkungen der Kundmachung der beabsichtigten Erklärung eines Gebietes zum Naturschutzgebiet finden die §§ 13 und 14 mit der Maßgabe sinngemäß Anwendung, dass die Landesregierung an die Stelle der Bezirksverwaltungsbehörde zu treten und die Kundmachung der beabsichtigten Erklärung in der Salzburger Landes-Zeitung zu erfolgen hat.

Verbote

§ 21

In den Naturschutzgebieten ist jeder Eingriff in die Natur untersagt. In der Naturschutzgebietsverordnung können bestimmte Maßnahmen allgemein gestattet oder die Möglichkeit einer Ausnahmebewilligung der Landesregierung für bestimmte Eingriffe vorgesehen werden; diese dürfen dem Schutzzweck des Naturschutzgebietes nicht widersprechen.

(…)

5. Abschnitt

Behörden und Verfahren

Naturschutzbehörde

§ 47

(1) Naturschutzbehörden im Sinn dieses Gesetzes sind folgende

Behörden:

(…)

4. die Landesregierung: sie ist Naturschutzbehörde erster

Instanz für folgende Verfahren:

a) für Verfahren gemäß § 21 und § 24 Abs. 5 in Naturschutzgebieten;

(…)"

Die Verordnung der Salzburger Landesregierung vom , mit der Teile der Gemeinde Strobl zu einem Naturschutzgebiet erklärt werden (Wolfgangsee-Blinklingmoos-Naturschutzgebietsverordnung), LGBl. Nr. 98/1983 idF LGBl. Nr. 47/2000 (im Folgenden: "Verordnung 1983"), lautet - auszugsweise - wie folgt:

"§ 1

(1) Das in der Gemeinde Strobl, politischer Bezirk Salzburg-Umgebung, westlich der Ortschaft Strobl bzw. nördlich der B 158 Wolfgangseestraße gelegene Hochmoor wird samt denjenigen Flachmoorgebieten, die sich westlich davon bzw. nördlich der ehemaligen Bahntrasse bis zum Rand der Zinkenbachhalbinsel erstrecken sowie samt demjenigen vorgelagerten Teil des Wolfgangsees, der mit Schilf, Binsen und sonstigen Wasserpflanzen bewachsen ist, zum Naturschutzgebiet erklärt.

(…)

§ 1a

Diese Verordnung dient der Erhaltung:

1. der weitgehenden Ursprünglichkeit des im § 1 bezeichneten Gebietes in den Kernbereichen einschließlich seines besonderen ästhetischen Wertes im vorhandenen Landschaftsraum;

2. geschützter und gefährdeter Tier- und Pflanzenarten (zB Braunkehlchen, Karmingimpel, Wiesenpieper bzw Bastard-Sonnentau, Wanzen-Orchis);

3. der ökologischen Funktion der Nieder- und Hochmoorflächen einschließlich der Übergangszonen und Randbereiche als Lebensraum für die typischen Lebensgemeinschaften, insbesondere als Brutplatz für geschützte und gefährdete Vogelarten und als Rastgebiet für Zugvögel.

§ 2

(1) In dem gemäß § 1 festgelegten Naturschutzgebiet sind alle Eingriffe in die Natur untersagt.

(2) Vom Verbot ausgenommen sind lediglich:

(…)

g) das Baden an gekennzeichneten Badeplätzen, das Schwimmen im freien See und das Befahren der Seefläche außerhalb der Schilfzone mit Ruderbooten, Segelbooten und Elektrobooten.

(3) Als verbotene Eingriffe im Sinne des Abs. 1 gelten insbesondere:

(…)

c) die Anlage oder Erweiterung von Sportplätzen, Park-, Camping-, Zelt-, Badeplätzen, Reitwegen u. dgl.;

(…)

l) jegliches nicht unter Abs. 2 lit. g fallende Baden;

(…)

§ 3

(1) (…)

(2) Als Badeplatz im Sinne des § 2 Abs. 2 lit. g gilt nur ein solcher, für welchen von der Naturschutzbehörde festgestellt wurde, dass seine Errichtung dem Schutzzweck nicht widerspricht oder dass er bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der im § 6 Abs. 2 genannten Verordnung errichtet und betrieben wurde.

(…)

§ 4

(…) Die Kennzeichnung eines Badeplatzes gemäß § 3 Abs. 2 hat

durch von der Naturschutzbehörde bezeichnete Tafeln zu erfolgen.

(...)

§ 6

(1) Diese Verordnung tritt mit Beginn des ihrer Kundmachung folgenden Monats in Kraft.

(2) Gleichzeitig tritt die Verordnung der Salzburger Landesregierung vom , LGBl. Nr. 87, mit der Teile der Gemeinde Strobl, politischer Bezirk Salzburg-Umgebung, zum Naturschutzgebiet erklärt werden (Wolfgangsee-Blinklingmoos-Naturschutzgebiets-Verordnung), außer Kraft."

2. Gemäß § 2 Abs. 2 lit. g der Verordnung 1983 ist somit von dem in § 2 Abs. 1 der Verordnung 1983 festgelegten generellen Verbot aller Eingriffe in die Natur im Naturschutzgebiet (unter anderem) das Baden an gekennzeichneten Badeplätzen ausgenommen. Jedes nicht unter § 2 Abs. 2 lit. g der Verordnung 1983 fallende Baden gilt zufolge § 2 Abs. 3 lit. l der Verordnung 1983 als verbotener Eingriff in die Natur.

Das Vorliegen eines Badeplatzes im Sinn des § 2 Abs. 2 lit. g der Verordnung 1983 setzt gemäß § 3 Abs. 2 der Verordnung 1983 voraus, dass die Naturschutzbehörde festgestellt hat, dass die Errichtung des Badeplatzes dem Schutzzweck der Verordnung 1983 - welcher in deren § 1a normiert ist - nicht widerspricht oder dass der Badeplatz bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der im § 6 Abs. 2 genannten Verordnung - das war der - errichtet und betrieben wurde.

3. Von der "Errichtung" eines Badeplatzes im Sinn der Voraussetzung des § 3 Abs. 2 letzter Halbsatz der Verordnung 1983 kann allerdings erst dann gesprochen werden, wenn aufgrund der Anlage des Badeplatzes dessen dauernde Zweckwidmung für Badezwecke - etwa durch die dauerhafte Gestaltung des Untergrundes, die Anlage von Wegen oder durch bauliche Einrichtungen, die für einen ordnungsgemäßen Badebetrieb erforderlich sind - erkennbar ist. Der "Betrieb" eines Badeplatzes im Sinn dieser Bestimmung setzt ein Mindestmaß an Organisation und die - auf Dauer angelegte - Erhaltung der Eignung der bestehenden Anlage für den Badebetrieb voraus.

4. Die beschwerdeführenden Parteien haben mit Schreiben vom den (Haupt )Antrag gestellt, die Naturschutzbehörde möge feststellen, dass der auf den gegenständlichen Grundstücken befindliche Badeplatz bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der in § 6 Abs. 2 der Verordnung 1983 genannten Verordnung errichtet und betrieben worden sei; in eventu - also für den Fall der Abweisung des Hauptantrages - haben sie die Feststellung beantragt, dass die Errichtung eines Badeplatzes auf den Grundstücken nicht dem Schutzzweck der Verordnung 1983 widerspreche.

5. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde - wovon letztlich auch die Beschwerde ausgeht - sowohl den Hauptantrag als auch den Eventualantrag der beschwerdeführenden Parteien mit der oben wiedergegebenen Begründung abgewiesen.

6. Die Beschwerde richtet sich - nach ihren Gründen - nur noch gegen die mit dem angefochtenen Bescheid vorgenommene Abweisung des Hauptantrages auf Feststellung, dass der auf den gegenständlichen Grundstücken befindliche Badeplatz bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der in § 6 Abs. 2 der Verordnung 1983 genannten Verordnung errichtet und betrieben worden sei, und bringt dazu im Wesentlichen vor, die belangte Behörde habe es entgegen § 37 iVm § 39 AVG unterlassen, den entscheidungsrelevanten Sachverhalt vollständig zu ermitteln und festzustellen.

Allerdings haben die beschwerdeführenden Parteien im Verwaltungsverfahren zu den Voraussetzungen der Errichtung und des Betriebes eines Badeplatzes zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung 1973 (am ) und danach (bis zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides) lediglich das im angefochtenen Bescheid wiedergegebene allgemeine Vorbringen erstattet und keine konkreten, sachbezogenen Behauptungen im Sinn des unter Punkt 3. Gesagten mit Bezug auf die gegenständlichen Grundstücke aufgestellt (vgl. zu der diesbezüglichen Mitwirkungspflicht der antragstellenden Partei etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/10/0171, mit Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/10/0055, VwSlg. 15.598 A).

Das in dieser Hinsicht in der Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof erstattete Vorbringen ist mit Blick auf das Neuerungsverbot (§ 41 Abs. 1 erster Satz VwGG) unbeachtlich.

Da diesem allgemein gehaltenen Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien kein Sachverhalt zu entnehmen ist, der den Begriffen der Errichtung und des Betriebs eines Badeplatzes im beschriebenen Sinne subsumiert werden könnte, hat die belangte Behörde - entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung - den Feststellungsantrag nach § 3 Abs. 2 letzter Halbsatz der Verordnung 1983 im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

7. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

8. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 53 Abs. 1 letzter Satz VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
XAAAE-91754