VwGH vom 30.08.2011, 2011/21/0121

VwGH vom 30.08.2011, 2011/21/0121

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde der Z, vertreten durch Edward W. Daigneault, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom , Zl. Senat-MB-11-0002, betreffend § 38 Fremdenpolizeigesetz 2005 (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Afghanistan, reiste auf Grund eines ihr von der österreichischen Botschaft in Islamabad ausgestellten Visums D am in das Bundesgebiet ein. Hier verblieb sie auch nach Ablauf der Gültigkeit des Visums mit und stellte am bei der Erstaufnahmestelle Ost einen Antrag auf internationalen Schutz. Anlässlich der Erstbefragung durch einen Beamten der Polizeiinspektion Traiskirchen-Erstaufnahmestelle wies sie ihren Reisepass sowie eine Geburtsurkunde und eine Heiratsurkunde vor. Diese Dokumente wurden in der Folge nach § 38 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) sichergestellt.

Gegen diese Sicherstellung erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde gemäß Art. 129a Abs. 1 Z 2 B-VG an den Unabhängigen Verwaltungssenat im Land Niederösterreich. Die vor diesem belangte Bezirkshauptmannschaft Baden (BH) erstattete eine Stellungnahme, in der sie im Wesentlichen vorbrachte, auf Grund des seit unrechtmäßigen Aufenthalts der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet habe das einschreitende Polizeiorgan berechtigterweise annehmen können, dass der Reisepass in einem Verfahren nach dem FPG benötigt werde. Der Pass sei daher in Anwendung des § 38 FPG sichergestellt worden.

Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom wies der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich (die belangte Behörde) die erhobene Maßnahmenbeschwerde gemäß § 67a iVm § 67c AVG als unbegründet ab. Bei der Sicherstellung der Dokumente der Beschwerdeführerin sei - so die belangte Behörde im Ergebnis und unter Bezugnahme auf die Stellungnahme der BH - "den gesetzlichen Bestimmungen des § 38 FPG rechtskonform Genüge getan" worden.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:

Der Beschwerdefall gleicht in den entscheidungswesentlichen Punkten jenem, der dem hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2010/21/0188, zu Grunde liegt. Die in diesem Erkenntnis angestellten Überlegungen zur vorläufigen Sicherstellung eines Reisepasses nach § 38 FPG gelten sinngemäß auch für die hier ergänzend erfolgte vorläufige Sicherstellung von Geburts- und Heiratsurkunde. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird daher des Näheren auf die Begründung des genannten Erkenntnisses verwiesen. Wie in dem dort zu beurteilenden Fall hatte die vorläufige Sicherstellung von Dokumenten im Zuge der asylrechtlichen Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes in § 38 FPG hier gleichfalls keine Basis, weshalb auch der gegenständliche Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am