VwGH vom 26.04.2010, 2009/10/0240
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung
verbunden):
2009/10/0241
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde des HK in Linz, vertreten durch Schuppich, Sporn Winischhofer, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Falkestraße 6, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom , Zl. VwSen-420569/6/WEI/Ga und Zl. VwSen- 420572/3/WEI/Ga, jeweils betreffend Zurückweisung einer Beschwerde gegen die behauptete Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch ein Organ der Universität Linz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
Mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich (UVS) vom wurde die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen die behauptete Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch die Anordnung des Vizerektors für Lehre der Universität Linz, die Ankündigung von Lehrveranstaltungen des Beschwerdeführers aus dem elektronischen Lehrveranstaltungsverzeichnis zu entfernen, zurückgewiesen. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, die bekämpfte Streichung der Lehrveranstaltungen des Beschwerdeführers aus dem elektronischen Lehrveranstaltungsverzeichnis beruhe "allenfalls" auf einer innerorganisatorischen Weisung des Vizerektors. Eine solche Maßnahme ergehe im Rahmen "schlichter Hoheitsverwaltung". Sie habe weder Bescheidcharakter, noch könne sie als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt angesehen werden. Eine solche Maßnahme habe zwar zur Folge, dass der Beschwerdeführer nicht die gleiche Unterstützung erfahre wie andere Universitätslehrer, dadurch werde allerdings nicht in seine Rechtsposition gemäß § 104 Universitätsgesetz, im Rahmen seiner Lehrbefugnis als Universitätsprofessor i.R. Lehrveranstaltungen abzuhalten, eingegriffen. Gegebenenfalls könne er - wie es auch früher üblich gewesen sei - durch Verlautbarungen bzw. Anschläge an Mitteilungstafeln auf seine Lehrveranstaltungen hinweisen. Eine physische Behinderung der Abhaltung seiner Lehrveranstaltungen in den ihm ursprünglich zugewiesenen Räumen habe er nicht behauptet. Es sei somit weder physischer Zwang gegen den Beschwerdeführer ausgeübt worden, noch habe dessen unmittelbare Ausübung wegen Nichtbefolgung eines Verwaltungsbefehles gedroht. Schließlich hätte der Beschwerdeführer auch die Möglichkeit gehabt, beim Rektorat Abhilfe gegen die Streichung aus dem elektronischen Lehrveranstaltungsverzeichnis zu verlangen. Soweit er jedoch auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 8867/1980 hinweise, in dem über die Streichung eines Wahlberechtigten aus dem Wählerverzeichnis zu entscheiden gewesen sei, übersehe der Beschwerdeführer, dass die Streichung aus dem Wählerverzeichnis die Ausübung des Wahlrechts verhindere. Dem Beschwerdeführer sei es aber trotz Streichung aus dem elektronischen Lehrveranstaltungsverzeichnis möglich, seine Lehrbefugnis tatsächlich auszuüben.
II.
Mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich (UVS) vom wurde die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen die behauptete Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch die Anordnung des Vizerektors für Lehre der Universität Linz an die Studien- und Prüfungsabteilung, den Namen des Beschwerdeführers aus der Liste der wählbaren Prüfer für Handels- und Unternehmensrecht zu streichen, zurückgewiesen. Dies im Wesentlichen mit der (wie unter I. bereits dargestellten) Begründung, die vom Beschwerdeführer bekämpfte Streichung aus dem elektronischen Verzeichnis der Prüfungsabteilung beruhe auf einer innerorganisatorischen Weisung des Vizerektors für Lehre. Eine solche Maßnahme ergehe im Rahmen "schlichter Hoheitsverwaltung". Sie habe weder Bescheidcharakter, noch könne sie als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt angesehen werden. Ein Eingriff in die Rechtsposition des Beschwerdeführers gemäß § 104 Universitätsgesetz 2002, im Rahmen seiner Lehrbefugnis als Universitätsprofessor i.R. Prüfungen abzuhalten, erfolge durch die Maßnahme nicht. Auch wenn der Beschwerdeführer durch organisatorische Ausgrenzung nachvollziehbar betroffen sei, sei weder physischer Zwang gegen ihn ausgeübt worden, noch habe ihm dessen unmittelbare Ausübung wegen Nichtbefolgung eines Verwaltungsbefehles gedroht. Schließlich hätte der Beschwerdeführer gegen seine Streichung aus der Liste der wählbaren Prüfer auch Abhilfe beim Rektorat suchen können.
III.
Die gegen diese Bescheide an den Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde, nachdem dieser deren Behandlung mit Beschluss vom , B 473, 474/09, abgelehnt hatte, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten, der hierüber erwogen hat:
Der Beschwerdeführer erachtet sich seinem gesamten Vorbringen zufolge durch die angefochtenen Bescheide im Recht verletzt, dass die von ihm behauptete Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch den Vizerektor für Lehre der Universität Linz (Anordnung der Entfernung der Ankündigung von Lehrveranstaltungen des Beschwerdeführers aus dem elektronischen Lehrveranstaltungsverzeichnis, Anordnung der Streichung des Beschwerdeführers aus der Liste der wählbaren Prüfer für Handels- und Unternehmensrecht) gemäß § 67c Abs. 3 AVG für rechtswidrig erklärt werde.
Gemäß Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG und § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Recht verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes.
Das Handeln eines Organs ist nach der Judikatur dann als "Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt" zu qualifizieren, wenn dieses als Verwaltungsorgan im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig einen Befehl erteilt oder Zwang ausübt und dieser Akt gegen individuell bestimmte Adressaten gerichtet ist (vgl. z.B. die bei Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht 10 (2007) Rz. 608 dargestellte Judikatur). Die Annahme des Vorliegens "unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt" setzt also zunächst ein Handeln "im Rahmen der Hoheitsverwaltung" voraus.
Die Universitäten sind nach den Bestimmungen des Universitätsgesetzes 2002 (UG 2002) als juristische Personen des öffentlichen Rechts mit hoheitlichen Aufgaben und Befugnissen ausgestattet. "In den Universitäten sind", so die Gesetzesmaterialien (RV 1134 BlgNr, 21. GP, S. 77), "wie bisher hoheitliche und privatwirtschaftliche Tätigkeiten untrennbar miteinander verbunden, wobei die hoheitlichen Aufgaben überwiegen". Allerdings sind die Universitäten bzw. ihre Organe zu hoheitlichem Handeln nur insoweit befugt, als sie dazu gesetzlich ermächtigt sind. Entsprechende Ermächtigungen bestehen - neben jenen zur Erlassung von Verordnungen - in den "behördlichen Angelegenheiten", in denen die Universitätsorgane nach der Vorschrift des § 46 Abs. 1 UG 2002 das AVG anzuwenden und mit Bescheid zu entscheiden haben. Dies trifft auf die Vollziehung der Studienvorschriften gemäß § 51 Abs. 1 UG 2002 zu, ebenso auf das Habilitationsverfahren gemäß § 103 UG 2002 und auf das Schiedsverfahren gemäß § 43 UG 2002 (vgl. z.B. den hg. Beschluss vom , VwSlg. 17.034 A/2006).
Betreffend die Erstellung eines Lehrveranstaltungsverzeichnisses bestimmt § 59 Abs. 5 UG 2002, dass als Information über den Titel, die Art, die Zeit und den Ort der Abhaltung der Lehrveranstaltungen jedes Semesters ein Verzeichnis der Lehrveranstaltungen mindestens einmal im Studienjahr zu veröffentlichen ist. Eine Ermächtigung zu hoheitlichem Handeln ist in diesem Zusammenhang jedoch nicht vorgesehen. Gleiches gilt für die Erstellung von Prüferlisten, die der Auswahl von Prüfern iSd § 59 Abs. 1 Z. 13 UG 2002 dienen; das UG 2002 sieht auch diesfalls keine Befugnis zur Entfaltung hoheitlichen Handelns vor.
Weder bei der Aufnahme/Nichtaufnahme von Lehrveranstaltungen in das Lehrveranstaltungsverzeichnis, noch bei der Aufnahme/Nichtaufnahme von Prüfern in eine Prüferliste handelt es sich somit um "hoheitliches" Handeln von Organen der Universität. Schon aus diesem Grund ist die belangte Behörde zu Recht der Auffassung, es handle sich bei den vom Beschwerdeführer bekämpften Maßnahmen des Vizerektors für Lehre der Universität Linz nicht um die "Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt" iSd Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG bzw. § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG.
Da somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am