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VwGH vom 31.08.2016, Ra 2014/17/0032

VwGH vom 31.08.2016, Ra 2014/17/0032

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner und Dr. Leonhartsberger als Richterinnen bzw Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Bamminger, über die Revision des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, in 1200 Wien, Dresdner Straße 81-85, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/7500017/2014, betreffend Übertretungen des Wiener Parkometergesetzes 2006 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67; mitbeteiligte Partei: N A in Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Begründung

1 Mit dem im Instanzenzug ergangenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht in 19 gleich gelagerten Fällen der Beschwerde der mitbeteiligten Partei Folge, hob die Straferkenntnisse der revisionswerbenden Behörde ersatzlos auf und stellte die Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG ein.

Mit den aufgehobenen Straferkenntnissen war der Mitbeteiligte jeweils als zur Vertretung nach außen berufener Geschäftsführer der Zulassungsbesitzerin, der B GmbH, nach § 2 Parkometergesetz 2006 iVm § 9 Abs 1 VStG bestraft worden, weil den jeweils näher bezeichneten Verlangen der revisionswerbenden Behörde nach Erteilung der Auskunft, wem ein näher bezeichnetes Fahrzeug überlassen gewesen sei, sodass es zu näher bezeichneten Zeitpunkten in einer örtlich bezeichneten gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Wien abgestellt gewesen sei, nicht entsprochen worden sei, weil in den Antworten keine konkrete Person bekannt gegeben worden sei.

Das Bundesfinanzgericht ging in seiner die gleich gelagerten Straferkenntnisse aufhebenden Entscheidung davon aus, Empfänger der Aufforderung zur Auskunftserteilung sei in allen Fällen die Zulassungsbesitzerin des näher bezeichneten Kraftfahrzeuges, nämlich die B GmbH, gewesen, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer der Mitbeteiligte sei. In dieser Funktion habe er in allen 19 Verfahren fristgerecht die Auskunft erteilt, dass das Kraftfahrzeug zu den angefragten Zeitpunkten keiner Person überlassen gewesen sei. In einigen Fällen habe er auch angegeben, dass sich Schlüssel und Fahrzeugpapiere zu den jeweiligen Tatzeitpunkten in den Räumlichkeiten der Gesellschaft befunden hätten. Unbestritten sei, dass sich das näher bestimmte Fahrzeug zu den jeweiligen Zeitpunkten am angegebenen Ort befunden habe. Die Angaben der mitbeteiligten Partei hätten sich als zutreffend erwiesen. Beweiswürdigend führte das Bundesfinanzgericht aus, das in den Anfragen genannte Kraftfahrzeug sei von den Kontrollorganen jeweils innerhalb der üblichen Geschäftszeiten in der Einfahrt des Sitzes der Zulassungsbesitzerin vorgefunden worden. Auf Grund dieses Umstandes sei davon auszugehen, dass der Mitbeteiligte als Geschäftsführer der Zulassungsbesitzerin das Kraftfahrzeug zu Beginn seiner Tätigkeit dort abgestellt und während seiner Tätigkeit sowohl Papiere als auch Schlüssel am Betriebsort aufbewahrt habe. Damit habe sich das Kraftfahrzeug in diesem Zeitraum im Gewahrsam der durch den Mitbeteiligten als Geschäftsführer vertretenen Zulassungsbesitzerin befunden. Es sei somit tatsächlich niemandem überlassen worden, weshalb sich die dahingehende Auskunft des Mitbeteiligten als richtig erwiesen habe. In rechtlicher Hinsicht folge daraus, dass der Vorwurf der angefochtenen Straferkenntnisse, der Mitbeteiligte habe nicht mitgeteilt, wem das Kraftfahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort überlassen gewesen sei, unzutreffend sei. Die vom Mitbeteiligten erteilte Auskunft erweise sich als richtig und vollständig, sodass der Beschwerde stattzugeben gewesen sei.

2 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision der im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht belangten Verwaltungsbehörde mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, in eventu in der Sache selbst zu entscheiden.

3 Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung mit den Anträgen, die Revision als unzulässig zurückzuweisen bzw als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

4 Die Revision erweist sich hinsichtlich der Frage der Erfüllung der Auskunftspflicht im Sinn des § 2 Parkometergesetz 2006 durch eine juristische Person, die sich darauf beruft, das Kraftfahrzeug niemandem überlassen zu haben, als zulässig.

5 § 2 und § 4 Abs 2 des Wiener Parkometergesetzes 2006, LGBl Nr 9/2006, lauten in den hier anzuwendenden Fassungen (§ 2 in der Stammfassung, § 4 Abs 2 in der Fassung LGBl Nr 45/2012):

" § 2. (1) Der Zulassungsbesitzer und jeder, der einem Dritten das Lenken eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges oder die Verwendung eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges überlässt, für dessen Abstellen gemäß Verordnung des Wiener Gemeinderates eine Parkometerabgabe zu entrichten war, hat, falls das Kraftfahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone gemäß § 25 StVO 1960, BGBl. Nr. 159/1960, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 99/2005, abgestellt war, dem Magistrat darüber Auskunft zu geben, wem er das Kraftfahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt überlassen gehabt hat.

(2) Die Auskunft, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten muss, ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung, zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen.

...

§ 4. ...

(2) Übertretungen des § 2 sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365 Euro zu bestrafen."

6 § 9 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG), BGBl Nr 52/1991 in der Fassung BGBl I Nr 3/2008, lautet auszugsweise:

"Besondere Fälle der Verantwortlichkeit

§ 9. (1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

(2) Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

..."

7 Strittig ist im vorliegenden Fall ausschließlich die Frage, ob sich eine juristische Person als Auskunftspflichtige darauf berufen darf, das im Auskunftsbegehren angeführte Kraftfahrzeug niemandem überlassen zu haben.

8 Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt zur dem § 2 Wiener Parkometergesetz 2006 inhaltlich gleichen Vorgängerregelung des § 1a Wiener Parkometergesetz, LGBl Nr 47/1974 idF LGBl Nr 24/1987, ausgesprochen hat, ist es Sinn und Zweck dieser Bestimmung, der Behörde die jederzeitige Feststellung des verantwortlichen Lenkers eines Fahrzeuges ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen. Die auf Grund einer behördlichen Anfrage nach § 1a Abs 1 Wiener Parkometergesetz erteilte Auskunft darf daher weder in sich widersprüchlich noch unklar sein; sie muss vielmehr in solcher Weise richtig und vollständig sein, dass auf Grund dieser Auskunft die Person, der das (Kraft )Fahrzeug überlassen worden ist bzw der Lenker des Fahrzeuges ohne weitere Umstände festgestellt und allenfalls zur Verantwortung gezogen werden kann (, mwN). In seinem Erkenntnis vom , 2005/17/0090, hat der Verwaltungsgerichtshof festgehalten, dass gegebenenfalls auch die Antwort, das Fahrzeug sei niemandem überlassen worden, zu erteilen wäre (vgl auch ).

9 Ebenso hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen, dass in der angeforderten Auskunft jene physische Person zu nennen ist, der zum fraglichen Zeitpunkt das mehrspurige Kraftfahrzeug überlassen war. Einem Auskunftsbegehren ist dann nicht entsprochen, wenn der Behörde mitgeteilt wird, das Fahrzeug einer Gesellschaft überlassen zu haben (vgl , und vom , 97/17/0516) oder wenn zwei oder mehrere bestimmt bezeichnete Personen angegeben werden ().

10 Im vorliegenden Fall ging das Bundesfinanzgericht zunächst zutreffend davon aus, dass einem Erhebungsersuchen nach § 2 Wiener Parkometergesetz 2006 auch durch die Auskunft entsprochen werden kann, das fragliche Fahrzeug niemandem überlassen zu haben. In einem solchen Fall kann die Behörde - solange nichts Gegenteiliges behauptet wird - davon ausgehen, dass der Zulassungsbesitzer selbst das Kraftfahrzeug in der Kurzparkzone abgestellt hat (vgl ).

Verfahrensgegenständlich trug das Bundesfinanzgericht jedoch nicht dem Umstand Rechnung, dass es sich bei der Zulassungsbesitzerin um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung handelt, also um keine natürliche Person. Die von der Gesellschaft erteilte Auskunft, das Kraftfahrzeug niemandem überlassen zu haben, beinhaltet die Aussage, selbst darüber verfügt zu haben. Damit ist aber nicht ausgesagt, welche konkrete natürliche Person das Kraftfahrzeug jeweils an dem in den Erhebungsersuchen bezeichneten Ort abgestellt hatte. Da die geforderte Auskunft nach der oben dargestellten Judikatur eine physische Person zu benennen hat, hat die durch den Mitbeteiligten als Geschäftsführer vertretene Zulassungsbesitzerin - entgegen der Ansicht des Bundesfinanzgerichtes - ihre Auskunftspflicht durch die Angabe, das Fahrzeug niemandem überlassen zu haben, verletzt.

Soweit das Bundesfinanzgericht davon ausgeht, der Mitbeteiligte habe das Kraftfahrzeug zu Beginn seiner Tätigkeit in der Betriebseinfahrt abgestellt, wäre nach dem oben Gesagten das Auskunftsersuchen unter Anführung des Namens und der Anschrift des Mitbeteiligten zu beantworten gewesen.

11 Indem das Bundesfinanzgericht dies verkannte, belastete es das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit des Inhalts, weshalb es gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Wien, am