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VwGH vom 26.09.2011, 2009/10/0228

VwGH vom 26.09.2011, 2009/10/0228

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Lukasser und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde der Marktgemeinde Matrei i.O., vertreten durch Dr. Gernot Gasser und Dr. Sonja Schneeberger, Rechtsanwälte in 9900 Lienz, Beda-Weber-Gasse 1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom , Zl. IIIa1-F-10.082/2, betreffend forstbehördlicher Auftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als er sich auf "Astmaterial" und "Bretter" bezieht, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben; im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom wurde der beschwerdeführenden Partei gemäß § 16 Abs. 4 ForstG 1975 aufgetragen, die auf den Grundstücken Nr. 838/2 und 641/76, GB 85103 Matrei i.O. - Land, befindlichen Müllablagerungen (Gartenabfälle, Rindenabfälle, Astmaterial, Plastikflaschen, Isoliermaterial, Bretter und Tierhaare) binnen festgesetzter Frist auf eigene Kosten zu entfernen.

Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, es seien im Verwaltungsverfahren namentlich genannte Personen zur Frage der Herkunft der im Wesentlichen aus Astmaterial und Rindenabfällen bestehenden Ablagerungen auf Waldboden einvernommen worden. Zwei der Personen hätten eingeräumt, "Taxen" (von Fichten) abgelagert zu haben, eine überdies Bretter, die sie später als Brennholz verwenden wolle. Im Übrigen hätten die Einvernommenen jedoch bestritten, die Abfälle abgelagert zu haben, und darauf hingewiesen, das die Kunststoffflaschen von Gästen der Umlaufbahn der M GmbH Co KG stammen würden.

Auf Grund der vorliegenden Ermittlungsergebnisse lasse sich somit nicht feststellen, wer die spruchgemäß umschriebenen Abfälle abgelagert habe bzw. für diese Ablagerung verantwortlich sei. Auch wenn die Kunststoffflaschen von Gästen der M GmbH Co KG stammen sollten, wäre diese Gesellschaft dafür nicht verantwortlich.

Der spruchgemäß erteilte Auftrag sei - entgegen dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei - auch ausreichend bestimmt: Die aufgezählten Gegenstände, die sich auf den genannten Grundstücken im Bereich "Einhang Brochetgraben" befänden, müssten von der beschwerdeführenden Partei entfernt werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Forstgesetzes 1975, BGBl. Nr. 440/1975 idF BGBl. I Nr. 55/2007, (ForstG 1975) lauten auszugsweise wie folgt:

"Waldverwüstung

§ 16. (1) Jede Waldverwüstung ist verboten. Dieses Verbot richtet sich gegen jedermann.

(2) Eine Waldverwüstung liegt vor, wenn durch Handlungen oder Unterlassungen

a) die Produktionskraft des Waldbodens wesentlich geschwächt oder gänzlich vernichtet,

b) der Waldboden einer offenbaren Rutsch- oder Abtragungsgefahr ausgesetzt,


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c)
die rechtzeitige Wiederbewaldung unmöglich gemacht oder
d)
der Bewuchs offenbar einer flächenhaften Gefährdung, insbesondere durch Wind, Schnee, wildlebende Tiere mit Ausnahme der jagdbaren, unsachgemäße Düngung, Immissionen aller Art, ausgenommen solche gemäß § 47, ausgesetzt wird oder Abfall (wie Müll, Gerümpel, Klärschlamm) abgelagert wird.
...

(4) Wurde Abfall im Wald abgelagert (Abs. 2 lit. d) oder weggeworfen (§ 174 Abs. 3 lit. c), so hat die Behörde die Person, die die Ablagerung des Abfalls vorgenommen hat oder die hiefür verantwortlich ist, festzustellen und ihr die Entfernung des Abfalls aus dem Wald aufzutragen. Lässt sich eine solche Person nicht feststellen, so hat die Behörde der Gemeinde, in deren örtlichem Bereich die Ablagerung des Abfalls im Wald erfolgt ist, die Entfernung des Abfalls auf deren Kosten aufzutragen. Wird die Person nachträglich festgestellt, so hat ihr die Behörde den Ersatz dieser Kosten vorzuschreiben. Die von der Gemeinde zu besorgende Aufgabe ist eine solche des eigenen Wirkungsbereiches.

..."

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, bei den auf den beiden Waldgrundstücken abgelagerten Gegenständen handle es sich um Abfall. Da sich nicht feststellen lasse, wer die Ablagerung dieses Abfalls vorgenommen habe oder dafür verantwortlich sei, sei die Entfernung der beschwerdeführenden Partei auf deren Kosten vorzuschreiben gewesen.

Die beschwerdeführende Partei wendet dagegen ein, das Ermittlungsverfahren habe sehr wohl gezeigt, welche Personen den Abfall abgelagert hätten bzw. dafür verantwortlich seien: Zwei der einvernommenen Personen hätten eingeräumt, in den letzten Jahren immer wieder "Taxen" (dh. Astmaterial) abgelagert zu haben, eine habe darüber hinaus zugegeben, Bretter abgelagert zu haben, die später als Brennholz verwendet werden sollten. Die Plastikflaschen schließlich stammten von Gästen des Liftunternehmens, das daher für die Beseitigung verantwortlich sei und dieser Verantwortung im Übrigen auch jedes Frühjahr nach der Wintersaison nachkomme, den Müll einsammle und entferne.

Die beschwerdeführende Partei verweist zunächst zu Recht darauf, dass ihr gemäß § 16 Abs. 4 ForstG 1975 die Entfernung von im Wald abgelagertem Abfall nur insoweit vorgeschrieben werden darf, als sich die Person, die die Ablagerung des Abfalls vorgenommen hat oder die hiefür verantwortlich ist, nicht feststellen lässt. Obwohl der angefochtene Bescheid aber selbst davon ausgeht, dass die in Rede stehenden Abfallablagerungen, soweit es um Astmaterial und Bretter geht, auf zwei namentlich genannte Personen zurückzuführen sind, die zugegeben haben, "Taxen" (dh. Astmaterial) bzw. Bretter abgelagert zu haben, hat die belangte Behörde der beschwerdeführenden Partei spruchgemäß die Entfernung auch dieser Abfälle aufgetragen und solcherart ihre Ermächtigung gemäß § 16 Abs. 4 zweiter Satz ForstG 1975 verkannt. Insoweit erweist sich der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, was in diesem Umfang zu seiner Aufhebung gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu führen hatte.

Im Übrigen ist die Beschwerde jedoch unbegründet:

Die beschwerdeführende Partei übersieht bei ihrem Vorbringen, es hätte das Liftunternehmen herangezogen werden müssen, dass aus dem Umstand, dass Plastikflaschen von Liftgästen weggeworfen wurden, für sich alleine nicht auf die Verantwortlichkeit des Liftunternehmens im Sinne des § 16 Abs. 4 ForstG 1975 geschlossen werden kann. Soweit sie rügt, ein vertretungsbefugtes Organ des Liftunternehmens hätte einvernommen werden müssen, hat sie die Wesentlichkeit eines der belangten Behörde allenfalls unterlaufenen Verfahrensmangels iSd § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG nicht aufgezeigt.

Die beschwerdeführende Partei rügt, dass die Umschreibung des Ortes der Abfallablagerung ("im Einhang Brochetgraben") zu unbestimmt sei, weil es sich dabei um eine größere und unübersichtliche Fläche handle. Sie hat aber nicht aufgezeigt, dass auf den betroffenen Grundstücken im Bereich des "Einhangs Brochetgraben" noch andere Abfallablagerungen bestünden, mit denen die verfahrensgegenständlichen verwechselt werden könnten.

Schließlich besteht vom Verbot des § 16 Abs. 2 lit. d ForstG 1975, Abfall im Wald abzulagern, auch dann keine Ausnahme, wenn die Abfälle grundsätzlich zur Düngung des Bodens geeignet sind. Der von der beschwerdeführenden Partei diesbezüglich geforderten fachlichen Überprüfung bedurfte es daher nicht.

Auch mit dem Hinweis, dass Dosen und Plastikflaschen mittlerweile entfernt worden seien, zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. In der (teilweisen) Herstellung des Zustandes, der einem im Instanzenzug angefochtenen Auftrag entspricht, liegt nämlich keine von der Berufungsbehörde zu beachtende Änderung des maßgeblichen Sachverhalts (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), 1297, dargestellte Judikatur).

Die sich insoweit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

Fundstelle(n):
RAAAE-91730