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VwGH 14.07.2011, 2009/10/0215

VwGH 14.07.2011, 2009/10/0215

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
RS 1
Es ist nicht richtig, dass die im Devolutionsweg gemäß § 73 Abs. 2 AVG zuständig gewordene Oberbehörde verpflichtet sei, "ein vollständiges Ermittlungsverfahren selbst zu führen". Durch den Zuständigkeitsübergang ist die Oberbehörde ermächtigt, anstelle der säumig gewordenen Behörde in der Sache zu entscheiden. Aus dieser Ermächtigung, in gleicher Weise wie die Unterbehörde tätig zu werden, folgt aber noch nicht, dass die Oberbehörde die bereits gewonnenen Ermittlungsergebnisse ihrer Entscheidung nicht zu Grunde legen dürfte, sondern gehalten wäre, das gesamte Ermittlungsverfahren von Neuem durchzuführen. Für diese Auffassung bietet das Gesetz keine Grundlage.
Normen
AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;
UniversitätsG 2002 §103 Abs8;
UniversitätsG 2002 §103 Abs9;
RS 2
Die Entscheidungspflicht iSd § 73 Abs. 1 AVG trifft das zur bescheidmäßigen Erledigung des Habilitationsantrages gemäß § 103 Abs. 9 UniversitätsG 2002 berufene Rektorat, nicht jedoch die Habilitationskommission, auf Grund deren Beschlusses der Bescheid zu erlassen ist. An der Ermächtigung der Habilitationskommission zur Beschlussfassung gemäß § 103 Abs. 8 UniversitätsG 2002 änderte daher selbst ein Devolutionsantrag gemäß § 73 Abs. 2 AVG nichts. Das Gesetz gibt auch keinerlei Anhaltspunkte für die Auffassung, eine "Säumigkeit" der Habilitationskommission führe zur "Unbeachtlichkeit" des von ihr in der Folge gefassten Beschlusses.
Normen
AVG §14;
AVG §15;
UniversitätsG 2002 §103;
RS 3
Dem Gesetz ist nicht die Auffassung zu entnehmen, ein über den Verlauf einer Sitzung im Nachhinein verfasstes Protokoll sei unzulässig oder ohne Beweiswert.
Normen
UniversitätsG 2002 §103 Abs2;
UniversitätsG 2002 §103 Abs3;
RS 4
Der Beurteilung, ob im Hinblick auf das beantragte Habilitationsfach eine hervorragende wissenschaftliche Qualifikation des Habilitationswerbers nachgewiesen ist, sind die als Habilitationsschrift eingereichten schriftlichen Arbeiten zu Grunde zu legen (vgl. E , Zl. 2009/10/0221). (Hier:

Der Bf zeigt daher mit dem Vorbringen, es sei nicht auf seine Bereitschaft eingegangen worden, weitere Publikationen vorzulegen, keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.)
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2008/10/0161 E RS 2 (hier in Bezug auf eine hervorragende künstlerische Qualifikation; ohne "Hier-Zusatz")

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Lukasser und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des H L in Wien, vertreten durch Laurer & Arlamovsky Rechtsanwalts-Partnerschaft GmbH in 1010 Wien, Wollzeile 6-8/47, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom , Zl. BMWF-52.240/0031-I/6b/2009, betreffend Verleihung der Lehrbefugnis gemäß § 103 UG 2002, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Devolutionsweg ergangenen Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Verleihung der Lehrbefugnis für das künstlerische Fach "Orgel und Improvisation" gemäß § 103 Abs. 2 Universitätsgesetz 2002 (UG 2002) abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Rektorat der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien habe über den Habilitationsantrag des Beschwerdeführers nicht innerhalb der sechsmonatigen Entscheidungsfrist gemäß § 73 Abs. 1 AVG entschieden. Auf Grund des Devolutionsantrages des Beschwerdeführers sei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung übergegangen. Dieser könne die von der säumigen Behörde gewonnenen Ermittlungsergebnisse seiner Entscheidung zu Grunde legen. Es seien daher die Gutachten, die entsprechend dem § 103 UG 2002 eingeholt worden seien, und zwar von Univ. Prof. Tafeit, von Univ. Prof. Estermann, von Univ. Prof. Summereder sowie von Univ. Prof. Haselböck, heranzuziehen. Dem Gutachten von Univ. Prof. Tafeit sei zu entnehmen, dass die Konzerttätigkeit des Beschwerdeführers auch Auftritte in größeren Veranstaltungsorten (Salzburger Dom, Stephansdom usw.) umfasst hätte. Neben gängiger Orgelliteratur seien auch eigene Transkriptionen, Orgelimprovisationen und Kammermusik enthalten. Allerdings fehlten wichtige Werke der gängigen Literatur des späten 19. und 20. Jahrhunderts (Durufle, Reger). Für die Verleihung der beantragten Lehrbefugnis müsse jedoch der gesamte Repertoirebereich in sämtlichen Schwierigkeitsgraden abgedeckt werden. Diese Voraussetzungen seien derzeit noch nicht erfüllt.

Univ. Prof. Estermann habe ausgeführt, es gehe aus dem Lebenslauf des Beschwerdeführers vor allem seine pädagogische Eignung hervor, die für das Habilitationsfach erwartbaren Preise beschränkten sich jedoch auf den dritten Preis bei einem internationalen Orgelwettbewerb für Nachwuchsorganisten im Jahre 1974. Die vom Beschwerdeführer vorgelegte Liste biete einen Querschnitt des Orgelrepertoires, besondere Schwerpunktsetzungen gingen daraus nicht hervor. Den vom Beschwerdeführer genannten Zielsetzungen der künstlerischen Tätigkeiten in Bezug auf das beantragte Habilitationsfach könne sich der Gutachter nicht anschließen; die Beantwortung der Frage nach Verleihung der venia docendi könne er "nicht positiv abschließen".

Univ. Prof. Summereder habe das pädagogische Konzept des Beschwerdeführers, populäre Musik in den Bereich der universitären Ausbildung des konzertierenden Organisten einzubeziehen, gleichfalls abgelehnt und die "populistische Programmgestaltung" des Beschwerdeführers als qualitätsmindernd erachtet. Von wenigen Bach-Programmen abgesehen sei aus den Programmen kaum eine stringente künstlerische Zielsetzung ablesbar. Anstatt bestimmte Stilbereiche sukzessive und planmäßig zu erschließen und entlegene oder unterbelichtete Repertoirebereiche aufzuarbeiten, würden immer wieder gleiche Stücke des Standardrepertoires mit Populärem verknüpft. Eine Auseinandersetzung mit der Moderne fehle offensichtlich bzw. sei äußerst schmal ausgefallen. Ähnlich verhalte es sich mit der alten Musik. Das Programm-Archiv weise nicht über die Grenzen des Standardrepertoires hinaus. Eine ähnliche Konzeptlosigkeit würde auch die Programmierung der vorgelegten CDs kennzeichnen: Mit Ausnahme der thematisch schlüssigen "Klagenfurt CD" ("Symphonische Orgelmusik der Romantik") seien die Programmierungen von Beliebigkeit, Gefälligkeit und Tributwilligkeit an den populären Geschmack geprägt. Den Gipfelpunkt in dieser Hinsicht bilde die an der so genannten "Heldenorgel" in Kufstein produzierte CD. Ein künstlerisch ernst zu nehmendes Spiel sei auf diesem völlig verfehlten Erzeugnis des industriellen Orgelbaus nicht einmal im Ansatz möglich. Zu groß sei die aufstellungstechnisch verschuldete Verzögerung des Spiels, zu grob und schrill die Intonation auf Grund des unmusikalisch hohen Winddrucks. Überdies sei das Pfeifenwerk auf Grund seiner Exponiertheit im Turm ständig verstimmt und praktisch unstimmbar.

Die erste, 1989 eingespielte "Telfs-CD" weise den Beschwerdeführer als "guten Abkömmling der soliden Schule von Herbert Tachezi" aus. Eine entschlossene Weiterentwicklung im Sinne eines schrittweisen Gewinnens neuer Horizonte könne aber kaum festgestellt werden. Der Beschwerdeführer verfüge zwar über "einen respektablen organistischen Zugriff" und habe in seinen bisherigen beruflichen Funktionen einen beträchtlichen musikalischen Erfahrungsschatz ansammeln können. Das selbst konstruierte populärmusikalische Weltbild hindere ihn jedoch, in Neuland der modernen Orgelkultur mit seiner Vielfalt an Instrument- , Stil-, Klang- und Ausdruckswelten vorzudringen. Im Sinne eines Erschließens der Künste wäre aber gerade dies eine grundlegende Voraussetzung für eine zeitgemäße Vermittlung der Kunst des Orgelspielens. Der Gutachter habe sich daher außerstande gesehen, sein Gutachten positiv abzuschließen.

Univ. Prof. Haselböck schließlich habe ausgeführt, der Beschwerdeführer verfüge über eine solide Technik, die die Interpretation auch technisch anspruchsvoller Werke zulasse. Der Interpretationsstil barocker Werke entspreche dem Stand der Aufführungspraxis der 1970er Jahre; neuere Erkenntnisse scheinen nicht verarbeitet zu sein. Eine gewisse Monotonie des Ausdrucks falle sowohl bei früheren Werken als auch besonders bei den langsamen Sätzen der (französischen) Romantik auf. Allerdings kenne der Beschwerdeführer die Regeln und Grundsätze der Registrierung und wende sie für die einzelnen Stilepochen und Gattungen gekonnt und färbig an. Was die Improvisation anlange, verrieten die in "Jazzmanier" gehaltenen Stücke Raffinesse, Können und Spielpraxis, während die in traditioneller Harmonik gehaltenen freien Stücke über Lieder des Gotteslobes harmonisch "sehr einfach gestrickt" und in der Periodik durchaus anfechtbar seien. Die Improvisationen ließen eine Beeinflussung durch das klavierpraktische Spiel erkennen. Hier zeige sich Stärke und Persönlichkeit. Der eigentliche "orgelmäßige Stil" (Polyphonie, Toccatenstil etc.) werde nicht auf gleichem Niveau präsentiert. Eine Habilitation des Beschwerdeführers sei durchaus möglich, jedoch nicht im Fach "Orgelimprovisation".

Der Beschwerdeführer habe zwar nicht zu Unrecht Mängel der erstellten Gutachten gerügt. Er habe auch die Bestellung weiterer Gutachter verlangt. Allerdings sei keinem der von vier namhaften Persönlichkeiten des künstlerischen Gebietes, auf dem der Beschwerdeführer die Lehrbefugnis anstrebe, erstatteten Gutachten zu entnehmen, dass die vom Beschwerdeführer vorgelegten künstlerischen Arbeiten im Vergleich zur Tradition des Faches bzw. im internationalen Vergleich als "hervorragend" zu beurteilen seien. Auch das vom Beschwerdeführer als positiv angesehene Gutachten von Univ. Prof. Haselböck attestiere ihm lediglich eine solide Technik; im Übrigen werde hier moniert, dass neue Erkenntnisse betreffend Anschlag, Artikulation und Phrasierung nicht verarbeitet zu sein schienen und dass eine gewisse Monotonie bei frühen Werken und besonders bei langsamen Sätzen der französischen Romantik auffalle. Auch im Fach Improvisation habe der Beschwerdeführer keine Leistungen geboten, die ihn als Lehrer dieses Faches überragend qualifiziert erscheinen ließen. Univ. Prof. Tafeit habe nicht den gesamten Repertoirebereich in sämtlichen Schwierigkeitsgraden abgedeckt gesehen und auch die beiden übrigen Gutachten ließen trotz aller formalen Mangelhaftigkeit deutlich und logisch nachvollziehbar erkennen, dass eine hervorragende künstlerische Qualifikation des Beschwerdeführers im beantragten Habilitationsfach derzeit nicht gegeben sei. Dementsprechend habe die Habilitationskommission am den einstimmigen Beschluss gefasst, dem Beschwerdeführer mangels hervorragender künstlicher Qualifikation die beantragte Lehrbefugnis nicht zu erteilen. Der Habilitationsantrag des Beschwerdeführers sei daher spruchgemäß abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002 idF BGBl. I Nr. 134/2008, (UG 2002) lauten auszugsweise wie folgt:

"Habilitation

§ 103. (1) Das Rektorat hat das Recht, auf Antrag die Lehrbefugnis (venia docendi) für ein ganzes wissenschaftliches oder künstlerisches Fach zu erteilen. Die beantragte Lehrbefugnis muss in den Wirkungsbereich der Universität fallen oder diesen sinnvoll ergänzen. Mit der Erteilung der Lehrbefugnis ist das Recht verbunden, die wissenschaftliche oder künstlerische Lehre an dieser Universität mittels deren Einrichtungen frei auszuüben sowie wissenschaftliche oder künstlerische Arbeiten (§§ 81 bis 83, § 124) zu betreuen und zu beurteilen.

(2) Voraussetzung für die Erteilung der Lehrbefugnis ist der Nachweis einer hervorragenden wissenschaftlichen oder künstlerischen Qualifikation sowie der didaktischen Fähigkeiten der Bewerberin oder des Bewerbers.

(3) Die vorgelegten schriftlichen Arbeiten müssen

1.

methodisch einwandfrei durchgeführt sein,

2.

neue wissenschaftliche Ergebnisse enthalten und

3.

die wissenschaftliche Beherrschung des Habilitationsfaches und die Fähigkeit zu seiner Förderung beweisen.

Die vorgelegten künstlerischen Arbeiten müssen die Fähigkeit zur Vertretung des künstlerischen Faches im Umfang der beantragten Lehrbefugnis beweisen.

...

(5) Die Vertreterinnen und Vertreter der Universitätsprofessorinnen und Universitätsprofessoren im Senat haben auf Vorschlag der Universitätsprofessorinnen und Universitätsprofessoren des Fachbereichs vier Vertreterinnen oder Vertreter des angestrebten Habilitationsfaches, darunter zwei externe, als Gutachterinnen oder Gutachter über die vorgelegten wissenschaftlichen oder künstlerischen Arbeiten zu bestellen. Sie können diese Aufgabe aber auch an die Universitätsprofessorinnen und Universitätsprofessoren des Fachbereichs und des fachlich nahe stehenden Bereichs übertragen.

(6) Die Universitätsprofessorinnen und Universitätsprofessoren des Fachbereichs und des fachlich nahe stehenden Bereichs haben das Recht, Stellungnahmen zu den Gutachten abzugeben.

(7) Der Senat hat eine entscheidungsbevollmächtigte Habilitationskommission einzusetzen. Die Universitätsprofessorinnen und Universitätsprofessoren stellen mehr als die Hälfte der Mitglieder der Habilitationskommission, die Studierenden mindestens ein Mitglied. Die Gutachterinnen und Gutachter gemäß Abs. 5 sind im selben Verfahren von der Mitgliedschaft in der Habilitationskommission ausgeschlossen.

(8) Die Habilitationskommission entscheidet auf Grund der Gutachten und Stellungnahmen.

(9) Das Rektorat erlässt auf Grund des Beschlusses der Habilitationskommission den Bescheid über den Antrag auf Erteilung der Lehrbefugnis. Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

(10) Das Rektorat hat einen Beschluss der Habilitationskommission zurückzuverweisen, wenn wesentliche Grundsätze des Verfahrens verletzt wurden.

..."

Dem angefochtenen Bescheid liegt die auf den Beschluss der Habilitationskommission gestützte Auffassung zu Grunde, dem Beschwerdeführer sei der Nachweis einer hervorragenden künstlerischen Qualifikation im beantragten Habilitationsfach "Orgel und Improvisation" nicht gelungen. Der Habilitationsantrag sei daher abzuweisen gewesen.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Beurteilung seiner Qualifikation durch die belangte Behörde. Die eingeholten Gutachten seien mindestens zwei Jahre alt und daher für die Frage seiner aktuellen künstlerischen Befähigung nicht aussagekräftig. Univ. Prof. Tafeit habe in ihren Schlussfolgerungen ausgeführt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen "derzeit" nicht erfüllt seien. Dies habe sich mittlerweile geändert. Im Übrigen habe es die im Devolutionsweg zuständig gewordene Behörde verabsäumt, Amtssachverständige iSd § 52 AVG zur Beurteilung der Voraussetzungen für die Verleihung der angestrebten Lehrbefugnis heranzuziehen, obwohl es ihre Sache gewesen sei, ein vollständiges Ermittlungsverfahren selbst zu führen. Die gemäß § 103 Abs. 5 UG 2002 bestellten Gutachter seien keine der belangten Behörde zur Verfügung stehenden Sachverständigen. Vielmehr handle es sich um so genannte Privatsachverständige, die offenbar auch nicht beeidet worden seien. Das Gutachten von Univ. Prof. Estermann sei "überhaupt kein Gutachten", offenkundig widersprüchlich und überhaupt nur durch mangelhaftes Studium erklärbar. Die Darlegungen von Univ. Prof. Summereder zeigten, dass der Gutachter befangen iSd § 7 AVG sei: Die "Auslassungen" im Gutachten über das Spiel an der so genannten "Helden-Orgel" aber auch das Verschweigen moderner Stücke im Repertoire des Beschwerdeführers machten deutlich, dass der Gutachter einen ihm vielleicht nicht bewussten Widerwillen gegen die Person des Beschwerdeführers hege, was eine objektive Beurteilung dessen künstlerischer Qualifikation ausschließe. Die belangte Behörde habe die Mangelhaftigkeit der beiden Gutachten selbst erkannt, diese jedoch als bloß "formal" beurteilt. Soweit sich die belangte Behörde auf die Beschlussfassung durch die Habilitationskommission berufe, übersehe sie, dass es sich dabei mangels rechtzeitiger Beschlussfassung um eine nicht mehr beachtliche Willenskundgebung handle, die überdies in unzutreffender Weise dokumentiert sei: Die Sitzungsprotokolle der Habilitationskommission seien erst nach Einbringung des Devolutionsantrages des Beschwerdeführers angefertigt worden; zu diesem Zeitpunkt habe eine Habilitationskommission nicht mehr bestanden und daher auch kein Vorsitzender bzw. Schriftführer, die die Protokolle hätten verfassen können. Die Protokolle seien daher rechtlich nicht existent, jedenfalls aber ohne Beweiswert. Zwei Kommissionsmitglieder seien überdies befangen iSd § 7 AVG gewesen, wie sich aus der Debatte über den historischen Kontext der "Helden-Orgel" ergebe; sie hielten offenbar "politische Deklarationen für

künstlerische Fächer für wichtiger ... als die Kunst selbst".

Durch die vorgenommene Festlegung der Sitzungstermine sei ein namentlich genanntes Kommissionsmitglied "ausgeschaltet" worden. Dieses habe zuvor erklärt, es würde "positiv abstimmen". Gerügt werde weiters, dass die Gutachter an der künstlerischen Präsentation des Beschwerdeführers nicht teilgenommen hätten. Bei dieser Präsentation seien genau die von Univ. Prof. Tafeit vermissten Werke geboten worden. Die von dieser Gutachterin aufgezeigte Lücke liege daher nicht (mehr) vor.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit auf:

Zunächst ist der Beschwerdeauffassung entgegenzutreten, die im Devolutionsweg gemäß § 73 Abs. 2 AVG zuständig gewordene Oberbehörde sei verpflichtet, "ein vollständiges Ermittlungsverfahren selbst zu führen". Durch den Zuständigkeitsübergang ist die Oberbehörde ermächtigt, anstelle der säumig gewordenen Behörde in der Sache zu entscheiden. Aus dieser Ermächtigung, in gleicher Weise wie die Unterbehörde tätig zu werden, folgt aber noch nicht, dass die Oberbehörde die bereits gewonnenen Ermittlungsergebnisse ihrer Entscheidung nicht zu Grunde legen dürfte, sondern gehalten wäre, das gesamte Ermittlungsverfahren von Neuem durchzuführen. Für diese Auffassung bietet das Gesetz keine Grundlage.

Soweit der Beschwerdeführer den Beschluss der Habilitationskommission als nicht rechtzeitig gefasst und daher als "nicht mehr beachtliche Willenskundgebung" erachtet, übersieht er, dass die Entscheidungspflicht iSd § 73 Abs. 1 AVG das zur bescheidmäßigen Erledigung des Habilitationsantrages gemäß § 103 Abs. 9 UG 2002 berufene Rektorat trifft, nicht jedoch die Habilitationskommission, auf Grund deren Beschlusses der Bescheid zu erlassen ist. An der Ermächtigung der Habilitationskommission zur Beschlussfassung gemäß § 103 Abs. 8 UG 2002 änderte daher selbst ein Devolutionsantrag gemäß § 73 Abs. 2 AVG nichts. Das Gesetz gibt auch keinerlei Anhaltspunkte für die Auffassung, eine "Säumigkeit" der Habilitationskommission führe zur "Unbeachtlichkeit" des von ihr in der Folge gefassten Beschlusses.

Ebenso wenig ist dem Gesetz die Auffassung zu entnehmen, ein über den Verlauf einer Sitzung im Nachhinein verfasstes Protokoll sei unzulässig oder ohne Beweiswert. Dass das in Rede stehende Protokoll den Verlauf der Sitzung der Habilitationskommission jedoch unrichtig wiedergebe, hat der Beschwerdeführer konkret nicht aufgezeigt.

Was den Vorwurf der Befangenheit (§ 7 AVG) des Gutachters Univ. Prof. Summereder bzw. von Mitgliedern der Habilitationskommission wegen ihrer Äußerungen zum Spiel an der "Helden-Orgel" anlangt, bestehen für den vom Beschwerdeführer vermuteten "Widerwillen gegen seine Person" keine objektiven Anhaltspunkte. Univ. Prof. Summereder hat in seinem Gutachten dargelegt, aus welchen musikalischen bzw. orgelbautechnischen Gründen er ein künstlerisch ernst zu nehmendes Spiel an dieser Orgel für ausgeschlossen hält. Er hat weiters eine Erläuterung betreffend die "politische Konnotation" der Orgel im Begleittext der vom Beschwerdeführer vorgelegten CD für erforderlich erachtet. Ein "Widerwillen" gegen den Beschwerdeführer ist daraus nicht ableitbar. Auch die kritischen Äußerungen von Kommissionsmitgliedern zum Spiel an der Helden-Orgel bilden keinen Anhaltspunkt für die Annahme, diese Mitglieder seien gegen die Person des Beschwerdeführers derart eingenommen, dass sie an einer objektiven Beurteilung seiner künstlerischen Qualifikation gehindert gewesen wären.

Soweit der Beschwerdeführer die Gutachten von Univ. Prof. Summereder und von Univ. Prof. Estermann als mangelhaft und daher nicht verwertbar rügt und darauf hinweist, dass die übrigen Gutachten die Voraussetzungen für die Verleihung der Lehrbefugnis im Fach "Orgel" als erfüllt ansehen, übersieht er, dass keines der eingeholten Gutachten ihm eine "hervorragende künstlerische Qualifikation" iSd § 103 Abs. 2 UG 2002 bescheinigt. Auch den vom Beschwerdeführer als positiv erachteten Gutachten ist eine solche Beurteilung nicht zu entnehmen: Univ. Prof. Haselböck hält zwar eine Habilitation des Beschwerdeführers "für durchaus möglich", sein abschließendes Urteil tendiere "eher gegen die

erwähnte Habilitation ... ohne eine solche allerdings

auszuschließen". Univ. Prof. Tafeit hält die Voraussetzungen für die Habilitation des Beschwerdeführers derzeit für "noch nicht erfüllt", weil der gesamte Repertoirebereich in sämtlichen Schwierigkeitsgraden nicht abgedeckt sei.

Wohl verweist der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auf die Entwicklung des Repertoires und seiner künstlerischen Entwicklung seit Erstattung der Gutachten; es hätten neue Sachverständige bestellt und diese Aspekte neu beurteilt werden müssen. Er übersieht bei diesem Vorbringen jedoch, dass der Beurteilung, ob im Hinblick auf das beantragte Habilitationsfach eine hervorragende künstlerische Qualifikation des Habilitationswerbers nachgewiesen ist, die vorgelegten künstlerischen Arbeiten zu Grunde zu legen sind (vgl. dazu z. B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/10/0028, und die dort zitierte Vorjudikatur). Über die "vorgelegten künstlerischen Arbeiten" sind die einzuholenden Gutachten zu erstatten, auf deren Grundlage die Habilitationskommission zu entscheiden hat. Zu Recht hat die belangte Behörde daher ihrer Beurteilung der künstlerischen Qualifikation des Beschwerdeführers die von ihm vorgelegten künstlerischen Arbeiten zu Grunde gelegt, ohne auf seine weitere künstlerische Entwicklung Bedacht zu nehmen.

Dass die eingeholten Gutachten im Hinblick auf die vorgelegten Arbeiten zu unzutreffenden Ergebnissen gelangt wären, hat der Beschwerdeführer weder konkret noch fachlich fundiert dargelegt. Vielmehr hat er es unterlassen, auf gleicher fachlicher Ebene darzulegen, dass sich aus den von ihm vorgelegten Arbeiten im Gegensatz zur Auffassung der belangten Behörde eine hervorragende künstlerische Qualifikation im beantragten Habilitationsfach ergäbe. Er hat daher nicht dargelegt, dass die von ihm im vorliegenden Zusammenhang geltend gemachten Verfahrensmängel wesentlich iSd § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wären.

Schließlich zeigt der Beschwerdeführer auch mit dem Vorwurf, ein Mitglied der Habilitationskommission sei durch eine nicht näher dargestellte Politik der Kommissionssitzungsfestlegung "ausgeschaltet" worden, keinen Umstand auf, dem eine rechtswidrige Vorgangsweise bei der Beschlussfassung über seinen Habilitationsantrag konkret entnommen werden könnte.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §14;
AVG §15;
AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;
UniversitätsG 2002 §103 Abs2;
UniversitätsG 2002 §103 Abs3;
UniversitätsG 2002 §103 Abs8;
UniversitätsG 2002 §103 Abs9;
UniversitätsG 2002 §103;
Schlagworte
Kassatorische Entscheidung Formalentscheidung
Besondere Rechtsgebiete Diverses
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2011:2009100215.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
TAAAE-91696