VwGH vom 18.02.2015, Ro 2014/12/0031
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok, die Hofräte Dr. Zens und Dr. Pfiel sowie die Hofrätinnen Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Artmann, über die Revision des DI Dr. K S in M, vertreten durch Dr. Josef M. Danler, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Wilhelm-Greil-Straße 9, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur vom , Zl. BMUKK-5828.240664/0002-III/5/2013, betreffend Ersatz von Übergenuss nach § 13a Gehaltsgesetz 1956, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Revisionswerber stand als Bundeslehrer an der Höheren Technischen Bundes- Lehr- und Versuchsanstalt I in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seit dem Jahr 2001 war er Leiter der Versuchsanstalt gewesen. Mit - ihm nach eigenem Vorbringen am zugestellten - im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom war über ihn gemäß § 92 Abs. 1 Z 4 iVm § 126 Abs. 2 BDG 1979, BGBl. Nr. 333 idF BGBl. I Nr. 111/2010, die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt worden. Eine dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2013/09/0014, dem die Einzelheiten dieses Verfahrens entnommen werden können, als unbegründet abgewiesen.
Trotz der hieraus folgenden Beendigung des öffentlichrechtlichen Dienstverhältnisses erhielt der Revisionswerber für die Zeit von August 2012 bis Jänner 2013 Bezüge von insgesamt EUR 12.121,70 ausbezahlt.
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid verpflichtete die belangte Behörde den Revisionswerber gemäß § 13a GehG, diese zu Unrecht noch empfangenen Monatsbezüge von EUR 12.121,70 dem Bund binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründend führte sie - auf das im vorliegenden Zusammenhang Wesentliche zusammengefasst - aus, die genannten Bezugszahlungen seien zwischen August 2012 und Jänner 2013 auf Grund des § 6 GehG erfolgt, ohne dass allerdings ein für deren Empfangnahme durch den Revisionswerber gültiger Titel (Gesetz, Verordnung oder Bescheid) bestanden hätte. Trotz der bereits erfolgten Beendigung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses seien die Bezugszahlungen im genannten Zeitraum irrtümlich kontinuierlich weiter erfolgt. Sie wiesen einen direkten sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Gehaltsgesetz und der bisherigen Besoldungsleistung für das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis auf. Es lägen somit zu Unrecht empfangene Leistungen (Übergenüsse) vor, die dem Bund gemäß § 13a Abs. 1 GehG zu ersetzen seien, soweit sie nicht in gutem Glauben empfangen worden seien. Guter Glaube werde nicht nur durch auffallende Sorglosigkeit ausgeschlossen, sondern auch dann, wenn der Leistungsempfänger - nicht nach seinem subjektiven Wissen, sondern objektiv beurteilt -
an der Rechtmäßigkeit der ihm ausgezahlten Leistungen auch nur Zweifel hätte haben müssen. Angesichts des eingangs erwähnten, dem Revisionswerber noch im Juli 2012 bekannt gewordenen Disziplinarerkenntnisses der Disziplinaroberkommission hätte er an der Rechtmäßigkeit ihm ausbezahlter Leistungen ab August 2012 - bis Jänner 2013 - Zweifel haben müssen. Es könne somit nicht von im guten Glauben empfangenen Leistungen ausgegangen werden. Zwar bildeten Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung eine Materie des Privatrechts. Die - vom Revisionswerber reklamierte - Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte sei fallbezogen jedoch nicht gegeben, weil der Vermögenszuwachs auf einem öffentlichrechtlichen Titel (nämlich auf Bezugszahlungen iSd § 6 GehG) beruht habe.
Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof. Dort machte er eine Verletzung in seinem durch Art. 83 Abs. 2 B-VG verfassungsgesetzlich garantierten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter geltend. Begründend erachtete er die Zivilgerichte für die Entscheidung über den gegenständlichen bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch zuständig.
Mit Beschluss vom , B 284/2014-4, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung dieser Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
In seiner über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes verbesserten Revision macht der Revisionswerber - unter Wiederholung seiner Argumentation - Unzuständigkeit der belangten Behörde mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid deshalb aufzuheben oder ihn gemäß § 42 Abs. 1 VwGG im Sinn einer ersatzlosen Aufhebung des Ausspruches über die Rückzahlungspflicht abzuändern.
Das in das Verfahren eingetretene Bundesverwaltungsgericht legte die Akten des Verwaltungsverfahrens (samt einer Stellungnahme der belangten Behörde) unter Abstandnahme von der Erstattung einer Gegenschrift mit dem Antrag vor, die Revision als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die (ergänzte) Revision gilt gemäß § 2 Abs. 2 des Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGbk-ÜG) sowie auf Grund der mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom erfolgten Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof als Übergangsrevision, auf welche grundsätzlich die Bestimmungen des § 4 VwGbk-ÜG anzuwenden sind. Für die Behandlung einer solchen Revision gelten mit hier nicht relevanten Ausnahmen die mit Ablauf des in Kraft gestandenen Bestimmungen. Gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF der Verordnung BGBl. II Nr. 8/2014, gilt auch die VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, in ihrer am geltenden Fassung. Die folgenden Zitate des VwGG in dieser Entscheidung beziehen sich auf dessen am in Kraft gestandene Fassung.
Gemäß § 13a Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54 - GehG, eingefügt durch die 15. Gehaltsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 109/1966, sind zu Unrecht empfangene Leistungen (Übergenüsse), soweit sie nicht im guten Glauben empfangen worden sind, dem Bund zu ersetzen.
Dem Revisionswerber ist zwar darin beizupflichten, dass Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung grundsätzlich eine Materie des Privatrechts darstellen. Jedoch ist die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte dann nicht gegeben, wenn der Vermögenszuwachs auf einem öffentlich-rechtlichen Titel beruht. Derartiges ist auch dann anzunehmen, wenn (wie hier) nach Beendigung eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses Zahlungen im Hinblick auf das frühere (noch) als bestehend angenommene Dienstverhältnis geleistet werden (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , KI-23/97, VfSlg. 15.870, und daran anknüpfend das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/12/0213, betreffend einen Fall des Amtsverlustes nach § 27 Abs. 1 StGB).
Nichts anderes kann für die Beendigung des öffentlichrechtlichen Dienstverhältnisses durch die Disziplinarstrafe der Entlassung gelten.
Die Zuständigkeit der Dienstbehörde, die irrtümlich (nämlich ohne Grundlage nach § 6 GehG) überwiesenen Dienstbezüge zurückzufordern, folgt aus der - einen weiten Anwendungsbereich aufweisenden - Regelung des § 13a Abs. 1 GehG, die auch bei Leistungen gilt, die im Hinblick auf ein schon beendetes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis erbracht worden waren. Dann kann aber aus Rückforderungsregeln in den §§ 1431 und 1432 ABGB keine Beschränkung der Kompetenz der Verwaltungsbehörden auf nur konkret rechtsgrundlose Leistungen abgeleitet werden (vgl. in diesem Sinn auch den Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom , 3 Ob 19/05y).
Soweit die Revision in diesem Zusammenhang mit der (denselben Gegenstand zum Inhalt habenden) vor dem Bezirksgericht Innsbruck zu 12 C 415/13y "anhängigen Klage" argumentiert, ist sie darauf zu verweisen, dass insoweit mit rechtskräftigem Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom , 3 R 9/14s, das Verfahren wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges als nichtig aufgehoben und die Klage zurückgewiesen wurde.
Für die Beurteilung der Frage, ob dem Empfänger eines Betrages (eines Übergenusses), dessen Zahlung auf einem Irrtum der auszahlenden Stelle zurückgeht, Gutgläubigkeit zuzubilligen ist, kommt es - wie der Verwaltungsgerichtshof seit einem (noch zur Rechtslage vor Einführung des § 13a in das GehG durch die 15. Gehaltsgesetz-Novelle) von einem verstärkten Senat beschlossenen Erkenntnis vom , Zl. 1278/63, Sammlung 6.736/A, in ständiger Rechtsprechung erkennt - nicht auf das subjektive Wissen des Leistungsempfängers, sondern auf die objektive Erkennbarkeit des Übergenusses (des Irrtums der auszahlenden Stelle) an. Demnach ist Gutgläubigkeit beim Empfang (der in der Revision erwähnte Zeitpunkt des Verbrauchs ist dagegen generell unmaßgeblich) von Übergenüssen schon dann nicht mehr anzunehmen, wenn der Leistungsempfänger - nicht nach seinem subjektiven Wissen, sondern objektiv beurteilt - bei Anwendung eines durchschnittlichen Maßes an Sorgfalt an der Rechtmäßigkeit der ihm ausbezahlten Zahlungen auch nur hätte Zweifel haben müssen. Erfolgt die Leistung deshalb, weil die Anwendung der Norm, auf Grund derer die Leistung erfolgt ist, auf einem Irrtum der auszahlenden Stelle beruht, den der Leistungsempfänger weder erkannt noch veranlasst hat, so ist dieser Irrtum nur dann im genannten Sinn objektiv erkennbar (und damit eine Rückersatzverpflichtung zu bejahen), wenn der Irrtum in der offensichtlich falschen Anwendung einer Norm, deren Auslegung keine Schwierigkeiten bereitet, besteht. Ebenso reicht es für die Rückforderbarkeit nach § 13a Abs. 1 GehG aus, sollte die Behörde schlicht auf die Einstellung des technischen Vorganges der Auszahlung vergessen haben, kommt es doch nach der Judikatur nur darauf an, dass der Irrtum der Behörde - in welcher Form auch immer sich dieser offenbart, sei es als schlichtes Vergessen oder als Ausdruck einer unrichtigen Auslegung oder Subsumtion - im Ergebnis die offensichtlich unrichtige Anwendung einer Norm (deren Auslegung keine Schwierigkeiten bereitet) zur Folge hat (vgl. zum Ganzen etwa das - weitere Bezugszahlungen nach Beendigung eines befristeten Dienstverhältnisses betreffende - hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/12/0278, sowie die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2011/12/0157, und vom , Zl. 2013/12/0200, jeweils mwN aus der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).
Dass dem Revisionswerber nach Beendigung seines öffentlichrechtlichen Dienstverhältnisses keine Bezüge nach dem GehG zustanden, konnte - objektiv gesehen - nicht zweifelhaft sein. Darauf, ob die Behörde ausdrücklich eine Weiterzahlung angeordnet hatte oder aus welchen Gründen die fortlaufenden Zahlungen nicht beendet wurden, kommt es im Hinblick auf diese objektive Erkennbarkeit nicht an (vgl. neuerlich etwa das zitierte hg. Erkenntnis vom ).
Die belangte Behörde hat somit - zusammengefasst - zu Recht ihre Zuständigkeit im Verwaltungsverfahren wahrgenommen und den (der Höhe nach unbestrittenen) Anspruch auf Rückforderung der geleisteten Übergenüsse gemäß § 13a Abs. 1 GehG bejaht.
Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 47 f VwGG.
Wien, am