VwGH vom 24.10.2011, 2009/10/0203
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde der Steiermärkischen Krankenanstalten Gesellschaft m.b.H. in Graz, vertreten durch Dr. Uwe Niernberger und Dr. Angelika Kleewein, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Elisabethstraße 50c, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. FA11A-32.1 - 239/08-5, betreffend Spitalskostenrückersatz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid vom wies die im Devolutionsweg zuständig gewordene belangte Behörde den Antrag der beschwerdeführenden Krankenanstaltengesellschaft auf Rückersatz der durch die stationäre Behandlung der Patientin J vom 30. Juli bis entstandenen und nicht gedeckten Behandlungskosten in Höhe von EUR 3.283,70 ab.
Begründend führte die belangte Behörde aus, die Patientin J habe sich vom 30. Juli bis zur Geburt ihres Kindes stationär im Landeskrankenhaus Hartberg aufgehalten. Die Patientin habe bei der Aufnahme im Krankenhaus angegeben, bei der Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft (SVA) versichert zu sein. Ein Versicherungsanspruch sei aber laut SVA per nicht mehr gegeben gewesen, weil die Patientin mit diesem Zeitpunkt ihre Versicherung beendet habe.
Die Beschwerdeführerin habe am an die Bezirkshauptmannschaft Hartberg, Sozialhilfeverband, einen Antrag auf Spitalskostenrückersatz gestellt. Sie habe darauf hingewiesen, dass auf Grund der durchgeführten Erhebungen laut Beilagen das Vorliegen der finanziellen Hilfsbedürftigkeit schlüssig anzunehmen sei.
Mit Schreiben vom habe die Beschwerdeführerin einen Devolutionsantrag an die Oberbehörde gestellt.
Auf Grund eines in den Verwaltungsakten enthaltenen Schreibens der Patientin vom an das Landeskrankenhaus Hartberg, worin die Patientin ausgeführt habe, dass die SVA für den Krankenhausaufenthalt vom 30. Juli bis die Kostenübernahmeerklärung abgegeben habe, sei seitens der belangten Behörde Kontakt mit der SVA aufgenommen worden. Mit Antwortschreiben vom habe die SVA bekannt gegeben, dass die Patientin in der Zwischenzeit durch eine Beitragsnachzahlung einen Anspruch nach dem GSVG - Krankenversicherung ab bis laufend - hergestellt habe. Dieser nachträglich festgestellte Leistungsanspruch sei am der Beschwerdeführerin bekannt gegeben worden.
Nach Darstellung der Rechtslage führte die belangte Behörde aus, auf Grund der Kontaktaufnahme mit der SVA habe erhoben werden könne, dass im Nachhinein ein Versicherungsanspruch ab bis laufend durch die Beitragsnachzahlung der Patientin habe erwirkt werden können. Sozialhilfe werde nach dem Grundsatz der Subsidiarität geleistet, der besage, dass "Leistungen aus der Sozialhilfe nur ersatzweise zustehen, wenn keine anderen Pflichtleistungen zur Verfügung stehen".
Im Beschwerdefall brauche nicht weiter auf die Voraussetzungen gemäß § 31 Stmk. SHG eingegangen werden.
Zusammenfassend gelange die belangte Behörde zu dem Ergebnis, dass im Beschwerdefall für die Kostenübernahme des Krankenhausaufenthaltes ein Versicherungsanspruch bei der SVA bestehe. Der Antrag auf Spitalskostenrückersatz sei daher abzuweisen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, beantragte die Beschwerdeabweisung und stellte einen Antrag auf Kostenzuspruch für Schriftsatz- und Vorlageaufwand.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 31 Abs. 1 Stmk. SHG hat der Sozialhilfeträger demjenigen, der einem Hilfebedürftigen Hilfe geleistet hat,
Rückersatz zu leisten, wenn:
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a) | eine Gefährdung des Lebensbedarfes (§ 7) gegeben war; |
b) | die Hilfe des Sozialhilfeträgers nicht rechtzeitig gewährt werden konnte; |
c) | der Dritte nicht selbst die Kosten der Hilfe zu tragen hatte. |
Gemäß § 4 Abs. 1 Stmk. SHG ist Voraussetzung der Hilfe u.a., dass der Betroffene (hier: die Patientin) den Lebensbedarf im Sinne des § 7 Stmk. SHG (darunter gemäß § 7 Abs. 1 lit. c auch die Krankenhilfe im Sinne des § 10) für sich nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann und ihn auch nicht von anderen Personen oder Einrichtungen erhält. | |
Die belangte Behörde begründet die Abweisung des Antrages der Beschwerdeführerin damit, dass die Kosten des Krankenhausaufenthaltes der Patientin durch einen - nachträglich entstandenen - Anspruch der Patientin gegenüber der SVA gedeckt seien. Sozialhilfe werde aber nur "nach dem Grundsatz der Subsidiarität" gewährt. Es werde "die Frage, ob der Dritte nicht selbst die Kosten der Hilfe zu tragen gehabt hätte, verneint". | |
Die Beschwerde hält dagegen, zwischen den Sozialversicherungsträgern und den Ländern bestehe auf der Grundlage des Art. 15a B-VG seit 1997 ein Pauschalfinanzierungsübereinkommen für alle Leistungen der Fondskrankenanstalten, die an anspruchsberechtigte sozialversicherte Patienten erbracht würden (Vereinbarung über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens, Stmk. Gesundheitsfondsgesetz 2006). Leistungen würden somit nicht nach vereinbarten Leistungssätzen von den Sozialversicherungsträgern abgegolten, sondern es erfolge seitens der Sozialversicherungsträger die Einzahlung von Pauschalbeträgen an den Landesgesundheitsfonds. Die Verteilung der Pauschalbeträge an die Fondskrankenanstalten aus dem Fonds erfolge nach dem Modell der leistungsorientierten Krankenanstaltenfinanzierung. Die Abrechnung der stationären Leistungen erfolge demnach auf Basis eines an den Gesundheitsfonds zu übermittelnden Datensatzes nach einem Punktesystem. Im Weiteren wird ausgeführt, dass eine Abrechnung des Krankenhausaufenthaltes der Patientin mit dem Gesundheitsfonds bzw. Krankenversicherungsträger für die Beschwerdeführerin nach der geltenden Rechtslage wegen Verfristung nicht mehr möglich sei. | |
Die Hilfsbedürftigkeit werde nur durch eine tatsächliche Leistung ausgeschlossen, nicht bereits dadurch, dass ein Anspruch auf eine solche Leistung bestanden hätte. | |
Im Zeitpunkt der Hilfeleistung sei Hilfsbedürftigkeit der Patientin vorgelegen. Später eintretende Umstände, die einer Gewährung von Sozialhilfeleistungen entgegenstehen könnten, dürften nicht dazu führen, den Dritten um seinen Anspruch zu bringen. | |
Damit zeigt die Beschwerde eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. | |
Dem angefochtenen Bescheid liegt offenbar die Auffassung zu Grunde, es fehle an der in § 31 Abs. 1 lit. a Stmk. SHG normierten Voraussetzung des Ersatzanspruches, nämlich an der Gefährdung des Lebensbedarfes des Hilfebedürftigen, weil die Patientin "nachträglich" (nach Abschluss der Spitalsbehandlung, während des Berufungsverfahrens) durch Nachentrichtung von Beiträgen einen Anspruch aus der gesetzlichen Krankenversicherung erworben habe. Damit hat die Behörde - der keine Anhaltspunkte vorlagen, dass ansonsten im Hinblick auf das Vorhandensein eigener Mittel im Zeitraum der Spitalsbehandlung keine Gefährdung des Lebensbedarfes gegeben gewesen wäre - verkannt, dass die beschwerdeführende Krankenanstalt durch die Übernahme der Spitalsbehandlung einer Person, bei der im Zeitraum der Behandlung mangels eigener Mittel eine Gefährdung des Lebensbedarfes gegeben war (bei Zutreffen der weiteren Voraussetzungen) einen Ersatzanspruch nach § 31 Abs. 1 Stmk. SHG erworben hatte. Dass, wie die belangte Behörde darlegt, "nun im nachhinein ein Versicherungsanspruch ab bis laufend durch die Beitragsnachzahlungen der Patientin erwirkt werden konnte", berührt den einmal erworbenen Ersatzanspruch des Krankenanstaltenträgers nicht. Auch wenn mit dem "nachträglichen" Entstehen eines solchen Anspruchs der Patientin ein Anspruch des Krankenanstaltenträgers gegenüber dem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung einherginge (vgl. § 148 ASVG iVm § 97 GSVG,§ 27b KAKuG, § 44 Abs. 1 KALG), hätte dieser den bereits entstandenen Anspruch des Krankenanstaltenträgers gegenüber dem Träger der Sozialhilfe nicht berührt. Vielmehr begründen für solche Fälle die §§ 185 Abs. 1, § 186 Abs. 1 und 2 GSVG einen Ersatzanspruch des Trägers der Sozialhilfe gegenüber dem Träger der gesetzlichen Sozialversicherung. Dieser Anspruch kann jedoch dem ersatzberechtigten Krankenanstaltenträger in einem Fall wie dem vorliegenden nicht entgegen gehalten werden. | |
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. | |
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. | |
Wien, am |