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VwGH vom 04.06.2008, 2007/08/0165

VwGH vom 04.06.2008, 2007/08/0165

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Moritz, Dr. Lehofer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde der Dr. C, vertreten durch Mag. Stephan Meusburger, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Schwindgasse 6, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom , Zl. LGSW/Abt. 3-AlV/05661/2007-79, betreffend Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe gemäß § 49 Abs. 2 AlVG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit der im Leistungsbezug aus der Arbeitslosenversicherung stehenden Beschwerdeführerin wurde vom Arbeitsmarktservice Wien, Regionale Geschäftsstelle Währinger Gürtel (in der Folge AMS Währinger Gürtel), am ein Betreuungsplan vereinbart. Dazu befinden sich im Verwaltungsakt zwei Schreiben des AMS Währinger Gürtel an die Beschwerdeführerin.

Das mit "Betreuungsplan" betitelte Schreiben enthält unter anderem folgende Passage:

"Bisher haben wir folgende/n Termin/e vereinbart:

13:30 Uhr

Die mit Ihnen vereinbarten Kontrolltermine sind gem. § 49 AlVG verbindlich einzuhalten. Wenn Sie diese(n) Termin(e) ohne triftige Gründe nicht einhalten, kann dies den Verlust des Leistungsanspruchs bis zu einer neuerlichen Meldung bewirken. Die Rechtsfolgen wurden mündlich erörtert."

Das mit "Vereinbarung" betitelte zweite Schreiben vom hat folgenden Inhalt:

"Sehr geehrte (Beschwerdeführerin),

Ihr nächster Termin am um 13:30 Uhr findet in der Beratungszone bei Herrn/Frau (...) statt. Die Vereinbarungen des Betreuungsplans vom bleiben weiterhin aufrecht."

In einem am beim AMS eingelangten Schreiben führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, dass sie sich anlässlich ihres Ersttermins beim AMS Währinger Gürtel am 20. (gemeint wohl: 19.) Jänner 2006 ein persönliches Gespräch mit einer Analyse der derzeitigen Situation und der Zielsetzung "Hilfestellung zum Selbständigmachen bzw. adäquate Jobofferte" erwartet habe. Stattdessen habe sie (noch vor dem Kontrolltermin) eine Aufforderung zur Teilnahme an der Schulungsmaßnahme "Kompetenzen sichtbar machen für Frauen über 50" erhalten, welche für sie völlig ungeeignet sei und sie bei der Arbeitssuche behindere. Sie werde diesen Termin (offenbar gemeint: Beginn der Schulungsmaßnahme) daher aus näher dargelegten "triftigen" Gründen nicht wahrnehmen. Sie ersuche um einen Termin für ein Gespräch, um weitere "zwingende" Gründe darlegen zu können.

Den Termin am nahm die Beschwerdeführerin nicht wahr.

Am stellte die Beschwerdeführerin einen neuerlichen Antrag auf Notstandshilfe.

In einer vor dem AMS Währinger Gürtel am aufgenommenen Niederschrift über die Nichteinhaltung einer Kontrollmeldung gab die Beschwerdeführerin im Wesentlichen an, dass ihr Erstkontakt mit dem AMS am gewesen und sie dabei für den wiederbestellt worden sei. Zwischen diesen beiden Terminen sei ihr eine Kurszuweisung mit Kursbeginn geschickt worden. Daraufhin habe sie am "12.1." (gemeint: 2006) einen Brief an das AMS geschrieben, in welchem sie triftige Gründe für die Nichtteilnahme an dem Kurs dargelegt und um einen Gesprächstermin ersucht habe.

Mit Bescheid vom sprach das AMS Währinger Gürtel aus, dass die Beschwerdeführerin für den Zeitraum vom "19. Jänner bis zum " keine Notstandshilfe erhalte. Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin den vorgeschriebenen Kontrollmeldetermin am nicht eingehalten und sich erst wieder am persönlich bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des AMS gemeldet habe.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in welcher sie im Wesentlichen ausführte, dass es sich bei dem Termin am nicht um einen Kontrolltermin gehandelt habe und dass sie nicht über die Rechtsfolgen der Unterlassung einer Kontrollmeldung belehrt worden sei. Im mit "Vereinbarung" betitelten Schreiben vom sei nicht erwähnt worden, dass es sich bei dem Termin am um einen Kontrolltermin handle; es sei auch keine Belehrung über die Versäumungsfolgen erfolgt. Auf Grund des Einladungsschreibens zum Kurs "Kompetenzen sichtbar machen für Frauen über 50", welches einen Hinweis auf die Verbindlichkeit der Zuweisung enthalten habe, sei sie davon ausgegangen, dass sie statt am einen Termin am erhalten habe, welchen sei aus den von ihr schon angeführten triftigen Gründen nicht wahrgenommen habe.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde über diese Berufung der Beschwerdeführerin wie folgt entschieden:

"Über Ihre Berufung vom gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Währeinger Gürtel vom betreffend Unterlassung einer Kontrollmeldung, aufgrund welcher Sie gemäß § 49 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (BGBl. Nr. 609/1977 - AlVG) in geltender Fassung für die Zeit vom bis , richtig: , keine Notstandshilfe erhalten, hat die Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien durch den gemäß § 56 Abs. 3 und 4 in Verbindung mit § 58 AlVG zuständigen Ausschuss mit Beschluss entschieden:

Ihrer Berufung wird keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt."

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass anlässlich des Termins am vom AMS Währinger Gürtel ein Betreuungsplan mit der Beschwerdeführerin erstellt worden sei, in welchem als nächster Vorsprachetermin der , 13.30 Uhr, festgehalten worden sei. Dazu sei im Betreuungsplan auch eine Information, dass Kontrolltermine einzuhalten seien, und eine Belehrung über die Rechtsfolgen einer Nichteinhaltung des Termins enthalten gewesen. Am sei der Beschwerdeführerin ein Einladungsschreiben zur Schulungsmaßnahme "Kompetenzen sichtbar machen für Frauen über 50" mit Beginn zugesendet worden. Zur Einwendung der Beschwerdeführerin, sie habe gemeint, der Termin am habe den Termin am ersetzt, sei festzuhalten, die Beschwerdeführerin habe, da sie den Termin am nicht wahrgenommen habe, keinesfalls davon ausgehen können, dass damit auch der Termin am nicht einzuhalten sei. Gerade weil sie die Schulungsmaßnahme nicht besucht habe, habe der Beschwerdeführerin bewusst sein müssen, dass die weitere Betreuung durch das Arbeitsmarktservice im Rahmen eines persönlichen Gesprächs abzuklären sei. Eine persönliche Vorsprache beim AMS sei erst am erfolgt. Es sei der Beschwerdeführerin also für eine Kontrollmeldung im Sinne des Gesetzes vorgeschrieben worden, eine Terminverschiebung sei nicht erfolgt. Es läge auch kein triftiger Grund für das Terminversäumnis vor, da die Beschwerdeführerin einzig den Umstand vorgebracht habe, dass sie rechtsunkundig sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtwidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 49 AlVG lautet:

"Kontrollmeldungen

§ 49. (1) Zur Sicherung des Anspruches auf den Bezug von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe hat sich der Arbeitslose wöchentlich mindestens einmal bei der nach seinem Wohnort zuständigen regionalen Geschäftsstelle unter Vorweisung der Meldekarte persönlich zu melden. Je nach der Situation auf dem Arbeitsmarkt kann die regionale Geschäftsstelle die Einhaltung von Kontrollmeldungen gänzlich nachsehen, die Zahl der einzuhaltenden Kontrollmeldungen herabsetzen oder öftere Kontrollmeldungen vorschreiben. Die regionale Geschäftsstelle kann auch öftere Kontrollmeldungen vorschreiben, wenn der begründete Verdacht besteht, daß das Arbeitslosengeld bzw. die Notstandshilfe nicht gebührt. Die näheren Bestimmungen über die Kontrollmeldungen trifft die Landesgeschäftsstelle. Die Landesgeschäftsstelle kann auch andere Stellen als Meldestellen bezeichnen.

(2) Ein Arbeitsloser, der trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine Kontrollmeldung unterläßt, ohne sich mit triftigen Gründen zu entschuldigen, verliert vom Tage der versäumten Kontrollmeldung an bis zur Geltendmachung des Fortbezuges den Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe. Liegen zwischen dem Tag der versäumten Kontrollmeldung und der Geltendmachung mehr als 62 Tage, so erhält er für den übersteigenden Zeitraum kein Arbeitslosengeld bzw. keine Notstandshilfe. Der Zeitraum des Anspruchsverlustes verkürzt sich um die Tage einer arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigung, die er in diesem Zeitraum ausgeübt hat. Ist die Frage strittig, ob ein triftiger Grund für die Unterlassung der Kontrollmeldung vorliegt, so ist der Regionalbeirat anzuhören."

Die Versagung des Anspruches auf Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung hängt im Sinne des § 49 Abs. 2 AlVG von der wirksamen Vorschreibung einer Kontrollmeldung und diese wieder zumindest von der Möglichkeit einer Kenntnisnahme einerseits von dieser Vorschreibung, andererseits von der Belehrung über die mit der Nichteinhaltung des Kontrolltermins verbundenen Rechtsfolgen durch den Arbeitslosen ab (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/08/0061).

Aus dem Betreuungsplan vom geht hervor, dass der Beschwerdeführerin der Termin am als Kontrolltermin vorgeschrieben wurde. Das Schreiben enthält darüber hinaus eine Belehrung über die Säumnisfolgen sowie den Hinweis, dass die Rechtsfolgen auch mündlich erörtert wurden. Die Beschwerdeführerin nahm im gesamten Verfahren immer nur darauf Bezug, dass das mit "Vereinbarung" betitelte Schreiben vom keinen Hinweis auf die Eigenschaft als Kontrolltermin oder eine Belehrung enthielt. Sie bestritt jedoch nicht, dass sie den Betreuungsplan erhalten hat, auf den im Übrigen in der "Vereinbarung" ausdrücklich Bezug genommen wurde. Es kann der belangten Behörde somit nicht entgegengetreten werden, wenn sie annahm, dass der Beschwerdeführerin ein Kontrolltermin am wirksam vorgeschrieben und eine Belehrung über die Folgen eines Terminversäumnisses erteilt worden war.

Allein aus der zeitlichen Nähe des Beginns der Schulungsmaßnahme am und des zugewiesenen Kontrolltermins am durfte die Beschwerdeführerin nicht schließen, dass der Termin am jenen am ersetzen sollte. So sie dennoch Zweifel hatte, ob der Termin am noch einzuhalten war, wäre es an ihr gelegen, beim AMS Währinger Gürtel dahingehend rückzufragen, dies umso mehr, als sie die Maßnahme nicht besuchte und diese daher einer Vorsprache beim AMS nicht entgegenstehen konnte.

Die Beschwerdeführerin bestritt nur, dass sie einen gültig zugewiesenen Kontrolltermin versäumt hat, konnte für die Versäumung dieses Termins aber keinen triftigen Grund vorbringen. Die von ihr gegen die Zuweisung der Schulungsmaßnahme vorgebrachten Gründe (etwa dass diese für sie ungeeignet sei) stellen jedenfalls keine triftigen Gründe für die Nichteinhaltung des Kontrolltermins am dar. Dass davon auch die Beschwerdeführerin ausgegangen ist, zeigt der Umstand, dass sie in einem mit der schriftlichen Ablehnung der Maßnahme um einen Vorsprachetermin ersuchte. Erst am machte sie den Fortbezug der Notstandshilfe wirksam geltend. Der belangten Behörde kann somit nicht entgegengetreten werden, wenn sie annahm, dass die Voraussetzungen für den Verlust der Notstandshilfe gemäß § 49 Abs. 2 AlVG vorlagen.

Der angefochtene Bescheid war jedoch im Rahmen des vorgebrachten Beschwerdepunktes aus folgenden Gründen wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben:

Wenn die Behörde erster Instanz wie im vorliegenden Fall hinsichtlich eines bestimmten Zeitraumes einen Verlust der Notstandshilfe ausspricht, so steht es der Berufungsbehörde zwar im Rahmen der von ihr gemäß § 66 Abs. 4 AVG zu entscheidenden Sache zu, den Zeitraum gegebenenfalls zu ändern. Dies entbindet sie aber nicht davon, einen eindeutig bestimmbaren Bescheid über die Dauer des Zeitraumes zu erlassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/08/0022).

Im vorliegenden Fall wurde in der Begründung des in Beschwerde gezogenen Bescheides genau dargelegt, warum ein Verlust der Notstandshilfe nicht - wie im erstinstanzlichen Bescheid - bis zum , sondern bis zum auszusprechen war. Dem Spruch des in Beschwerde gezogenen Bescheides kann aber nicht entnommen werden, dass die belangte Behörde tatsächlich eine diesbezügliche Änderung vorgenommen hat. Die Entscheidung lautet lediglich dahin, dass der Berufung keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt wird. Es lässt sich aus dem Spruch nicht entnehmen, ob damit die erstinstanzliche Festsetzung des Verlustes der Notstandshilfe bis oder das im Vorspruch im Zusammenhang mit der deklarativen Darstellung des Gegenstandes des erstinstanzlichen Bescheides (daher nicht normativ) als "richtig" bezeichnete Ende des Verlustes der Notstandshilfe mit in Rechtskraft erwachsen sollte, zumal der angefochtene Bescheid (dessen ungeachtet) keine Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides ausspricht. Der Spruch des angefochtenen Bescheides verstößt daher gegen das Deutlichkeitsgebot des § 59 Abs. 1 AVG.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am