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VwGH vom 29.09.2011, 2011/21/0025

VwGH vom 29.09.2011, 2011/21/0025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde des A.J., vertreten durch Mag. Michael Haiml, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stadiongasse 6-8, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom , Zl. Senat-FR-10-0054, betreffend Zurückweisung einer Schubhaftbeschwerde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, A.J., ein am geborener Staatsangehöriger von Mazedonien, reiste gemäß seinen Angaben am in das Bundesgebiet ein und stellte hier einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid vom wies das Bundesasylamt diesen Antrag gemäß §§ 3 und 8 AsylG 2005 ab und wies den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 nach Mazedonien aus; einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 38 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 die aufschiebende Wirkung aberkannt.

In der Folge verhängte die Bezirkshauptmannschaft Baden, Außenstelle Traiskirchen, über den Beschwerdeführer mit Bescheid vom zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 bzw. zur Sicherung seiner Abschiebung gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) Schubhaft.

Am langte beim Unabhängigen Verwaltungssenat im Land Niederösterreich (der belangten Behörde) eine mit selben Datum datierte Beschwerde ein, die sich nach ihrem Inhalt gegen einen zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 bzw. zur Sicherung der Abschiebung erlassenen und auf § 76 Abs. 2 Z 1 FPG gestützten Schubhaftbescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden, Außenstelle Traiskirchen, vom richtete. Eingebracht wurde diese Beschwerde vom M. Verein in Wien als Vertreter eines "J.A., geb. , StA. Mazedonien". Der auf dem Beschwerdeschriftsatz angeführte Name J. unterscheidet sich vom Namen des nunmehrigen Beschwerdeführers nur durch einen Buchstaben (an dritter Stelle ein "L" statt eines "J".).

Mit dem nunmehr bekämpften, an den M. Verein ergangenen Bescheid vom wies die belangte Behörde "die Beschwerde des M. Vereines" gemäß § 82 Abs. 1 FPG als unzulässig zurück. Der M. Verein habe die dargestellte Beschwerde für eine Person erhoben, die sich nicht in Schubhaft befinde und die fremdenpolizeilich auch nicht erfasst sei. Vielmehr habe die Bezirkshauptmannschaft Baden die Schubhaft über den nunmehrigen Beschwerdeführer verhängt. (Die belangte Behörde bezog sich dabei auf die erwähnte Divergenz beim dritten Buchstaben des Zunamens der auf ihrem Beschwerdeschriftsatz aufscheinenden Person bzw. des Beschwerdeführers.) Da "die genannte Person" (J. mit einem "L" an dritter Stelle) nicht in Schubhaft sei, fehle die Beschwerdelegitimation und sei die Schubhaftbeschwerde daher - gerichtet an den M. Verein - zurückzuweisen.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift seitens der belangten Behörde erwogen:

Zunächst ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer ungeachtet des Umstandes, dass der bekämpfte Bescheid an den M. Verein erging, zur Erhebung der vorliegenden Beschwerde legitimiert ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/06/0215).

Die Beschwerde ist aber auch berechtigt. Der Verwaltungsgerichtshof kann schon nicht nachvollziehen, inwieweit Zweifel daran bestehen konnten, die vom M. Verein namens eines "J." erhobene Schubhaftbeschwerde sei dem Beschwerdeführer zuzurechnen. Abgesehen von einer sich auf einen einzigen Buchstaben beschränkenden Abweichung beim Zunamen trafen nämlich alle individualisierenden Angaben in der Schubhaftbeschwerde, sowohl die Person (Vorname, Geburtsdatum und Staatsangehörigkeit) als auch den Bescheid (Behörde, Datum und Rechtsgrundlage) betreffend, auf den Beschwerdeführer zu. Hinzu kommt noch, dass die der Schubhaftbeschwerde angeschlossene Vollmacht eine Unterschrift aufweist, die erkennbar jenen gleicht, die als Unterschriften des Beschwerdeführers in den Verwaltungsakten aufscheinen. Alles spricht daher für Personenidentität und einen - berichtigungsfähigen - bloßen Schreibfehler bei Abfassung der Schubhaftbeschwerde.

Selbst wenn aber, wie von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift angeführt, ungeachtet der dargestellten Umstände Identitätszweifel bestanden hätten, durfte die Schubhaftbeschwerde nicht zurückgewiesen werden. Vielmehr wäre die belangte Behörde unter dieser Annahme verpflichtet gewesen, sich durch Ermittlungen gemäß § 37 AVG Klarheit darüber zu verschaffen, wer bei ihr als Beschwerdeführer auftritt (vgl. auch dazu - sinngemäß - das schon zitierte Erkenntnis vom ). Daran kann auch der Verweis auf die einwöchige Entscheidungsfrist nach § 83 Abs. 2 Z 2 FPG nichts ändern.

Nach dem Gesagten ist der bekämpfte Zurückweisungsbescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am