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VwGH vom 19.12.2012, 2009/10/0188

VwGH vom 19.12.2012, 2009/10/0188

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des R B, vertreten durch Dr. Hans-Moritz Pott, Rechtsanwalt in 8940 Liezen, Döllacherstraße 1, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. FA11A-32-1500/2009-3, betreffend Sicherstellung nach § 5 Abs. 4 Stmk. Sozialhilfegesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Gemäß Spruchpunkt I des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Liezen (im Folgenden: BH) vom wurde dem - sich seit in stationärer Heimpflege befindlichen - Beschwerdeführer nach näher angeführten Bestimmungen des Steiermärkischen Sozialhilfegesetzes (Stmk. SHG) Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes in Form der Übernahme der Heimrestkosten ab gewährt.

Spruchpunkt II dieses Bescheides lautet wie folgt:

"Gemäß § 28 Abs. 1 in Verbindung mit den §§ 4, 5 Abs. 4 und 35 Abs. 1 des Stmk. Sozialhilfegesetzes 1997, LGBl. Nr. 29/1998, i. d.g.F, ist der Hilfeempfänger verpflichtet, den Aufwand dem Sozialhilfeträger aus seinen Einkünften und seinem Vermögen zu ersetzen, soweit hiedurch das Ausmaß des Lebensbedarfes nicht unterschritten wird. Laut Auszug des Grundbuches (…), EZ. (…) vom , besitzt Herr R(…) B(…) an der vorerwähnten Liegenschaft den Anteil 1/2. Die im Spruch I ab dem zuerkannte Hilfeleistung ist daher auf dem o.a. Eigentum im Grundbuch sicherzustellen."

Die Begründung zu Spruchpunkt II lautet:

"… Laut Auszug des Grundbuches (…), EZ. … vom besitzt (der Beschwerdeführer) an der vorerwähnten Liegenschaft den Anteil 1/2. Auf Grund des angeführten Sachverhaltes ist die Sicherstellung des Sozialhilfeverbandes Liezen im Grundbuch durchzuführen und war daher, wie im Spruch II angeführt, zu entscheiden."

Gegen Spruchpunkt II dieses Bescheides erhob der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung "hinsichtlich der verfügten Sicherstellung des Ersatzanspruches des Sozialhilfeverbandes Liezen bezüglich der durch die Pflegeheimunterbringung des (Beschwerdeführers) ab entstehenden Sozialhilfeaufwendungen" mit der Maßgabe abgewiesen, dass der Sozialhilfeverband Liezen berechtigt sei, zur Sicherstellung dieses Ersatzanspruches auf dem Hälfteanteil der im erstinstanzlichen Bescheid genannten Liegenschaft eine Höchstbetragshypothek im Ausmaß von EUR 15.000,-- verbüchern zu lassen.

Begründend führte die belangte Behörde - nach Darlegung des Verfahrensganges und der maßgeblichen Rechtsvorschriften - im Wesentlichen aus, dem Sozialhilfeverband Liezen seien durch die Pflegeheimunterbringung des Beschwerdeführers im April 2009 Kosten in der Höhe von EUR 2.747,78 und im Mai 2009 Kosten in der Höhe von EUR 3.565,98 entstanden. Bis zur Zuerkennung der Pension würden weitere Kosten von mindestens EUR 1.100,-- monatlich hinzukommen. Ab der Zuerkennung der Pension werde sich der monatliche Aufwand noch deutlich erhöhen, da die Pension nicht die Höhe der Summe aus der Lohnfortzahlung und dem Krankengeld erreichen werde. Der Berufungswerber verfüge über einen Hälfteanteil an der erwähnten Liegenschaft, auf welcher sich auch ein Wohnhaus befinde, das vor Eintritt der Pflegebedürftigkeit des Beschwerdeführers als Ehewohnung gedient habe. Die Ehegattin des Beschwerdeführers bewohne dieses Wohnhaus nach wie vor, sodass es einer Verwertung zur Abdeckung der Kosten des Pflegebedarfs derzeit entzogen sei. Die Verwertbarkeit des Wohnhauses werde aber voraussichtlich nicht auf Dauer unmöglich sein bzw. würden einer in Zukunft möglichen Verwertung voraussichtlich nicht auf Dauer Härtegründe entgegenstehen. Zur Sicherung des Ersatzanspruches sei daher die Eintragung einer Höchstbetragshypothek im Ausmaß von EUR 15.000,- zu verfügen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Steiermärkischen Sozialhilfegesetz, LGBl. Nr. 29/1998, in der Fassung LGBl. Nr. 119/2008 (Stmk. SHG), lauten (auszugsweise):

"§ 5

Einsatz der eigenen Mittel

(1) Hilfe ist nur so weit zu gewähren, als das Einkommen und das verwertbare Vermögen des Hilfeempfängers nicht ausreichen, um den Lebensbedarf zu sichern.

(2) Das Einkommen und das verwertbare Vermögen des Hilfeempfängers dürfen so weit nicht berücksichtigt werden, als dies mit der Aufgabe der Sozialhilfe unvereinbar ist. Besondere soziale Härten für den Hilfeempfänger und die mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Angehörigen sind auszuschließen.

(3) Zum verwertbaren Vermögen gehören nicht jene Sachen, die zur persönlichen Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit oder zur Befriedigung allgemein anerkannter kultureller Bedürfnisse dienen.

(4) Hat der Hilfeempfänger Vermögen, dessen Verwertung ihm vorerst nicht möglich oder zumutbar ist, kann im Zuerkennungsbescheid oder in einem getrennten Verfahren die Sicherstellung des Ersatzanspruches verfügt werden.

5. Abschnitt

Ersatz für Aufwendungen der Sozialhilfe

§ 28

Ersatzpflichtige

Zum Ersatz des Aufwandes gegenüber dem Sozialhilfeträger sind

verpflichtet:

1. der Hilfeempfänger aus seinem Vermögen, soweit hiedurch das Ausmaß des Lebensbedarfes (§ 7) nicht unterschritten wird;

§ 29

Grenzen der Einbringung

(1) Die zwangsweise Einbringung von Ersatzansprüchen hat nur soweit zu erfolgen, als hiedurch der Lebensbedarf des Ersatzpflichtigen und seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht gefährdet wird.

(2) …

(3) Ersatzansprüche verjähren, wenn seit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Hilfe geleistet worden ist, drei Jahre verstrichen sind. Der Ersatzanspruch nach § 28 Z. 1 verjährt, wenn seit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Hilfe geleistet worden ist, mehr als drei Jahre verstrichen sind. Ersatzansprüche, die in dieser Zeit nicht oder nicht zur Gänze geltend gemacht werden konnten, erlöschen in diesem Ausmaß.

(4) Ersatzansprüche, die gemäß § 5 Abs. 4 sichergestellt wurden, unterliegen nicht der Verjährung.

§ 30

Härtefälle

(1) Von der Festsetzung des Aufwandersatzes gemäß § 28 ist insoweit abzusehen, als die Heranziehung für den Ersatzpflichtigen oder seinen unterhaltsberechtigten Angehörigen eine erhebliche Härte bedeuten oder den Zielen des Gesetzes widersprechen würde.

(2) Eine erhebliche Härte bedeutet insbesondere:

§ 34

Verfahren bei Geltendmachung von Ersatzansprüchen

(1) Die Sozialhilfeträger können über Ersatzansprüche mit den Ersatzpflichtigen Vergleiche abschließen. …

(2) Kommt ein Vergleich im Sinne des Abs. 1 nicht zustande, so hat auf Antrag die nach § 35 zuständige Behörde zu entscheiden.

6. Abschnitt

Zuständigkeit

§ 35

Behörden

(1) Behörde erster Instanz ist die Bezirksverwaltungsbehörde. Über Berufungen gegen Bescheide der Bezirksverwaltungsbehörde betreffend den Ersatz für Aufwendungen der Sozialhilfe (5. Abschnitt mit Ausnahme der Rückersatzansprüche Dritter für Hilfeleistungen) entscheidet der Unabhängige Verwaltungssenat. Über sonstige Berufungen entscheidet die Landesregierung.

…"

2. Beschwerdevorbringen:

a) Die Beschwerde bestreitet - wie bereits im Berufungsverfahren - die (sachliche) Zuständigkeit der belangten Behörde mit dem Argument, die BH habe im Spruchpunkt II ihres Bescheides darüber abgesprochen, dass der Beschwerdeführer zum Ersatz der Aufwendungen gegenüber dem Sozialhilfeträger verpflichtet sei; weiters sei entschieden worden, dass der Rückersatzanspruch auf dem Liegenschaftsanteil sichergestellt werde. Es liege daher ein erstinstanzlicher Bescheid betreffend den Ersatz für Aufwendungen der Sozialhilfe nach dem 5. Abschnitt des Stmk. SHG vor, weshalb gemäß § 35 leg. cit. nicht die Landesregierung, sondern der Unabhängige Verwaltungssenat als Berufungsbehörde zuständig sei.

b) Die belangte Behörde habe es - entgegen dem diesbezüglichen Antrag in der Berufung - unterlassen, die Ehefrau des Beschwerdeführers als Zeugin zum Beweis dafür einzuvernehmen, dass für den Beschwerdeführer und seine Ehefrau eine besondere soziale Härte "im Sinne des § 5 Abs. 2 und 4 Stmk. SHG" vorliege, wenn der (Hälfte )Anteil am ehelichen Wohnhaus letztlich belastet und verwertet werde. Bei ordnungsgemäßer Sachverhaltsermittlung hätte von einer Rückersatzverpflichtung und der Sicherstellung abgesehen werden müssen.

Schließlich habe die belangte Behörde ihrer Annahme, die Verwertbarkeit des Hälfteanteils an der erwähnten Liegenschaft sei voraussichtlich nicht auf Dauer unmöglich bzw. würden einer zukünftig möglichen Verwertung nicht auf Dauer Härtegründe entgegen stehen, keine näheren Feststellungen zu Grunde gelegt.

3. Mit diesem Vorbringen wird keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit aufgezeigt.

Zu a): Unter Berücksichtigung der oberwähnten Begründung zu Spruchpunkt II des erstinstanzlichen Bescheides unterliegt es keinem Zweifel, dass lediglich der zweite Satz dieses Spruchpunktes geeignet ist, normative Wirkung zu entfalten. Der erste Satz enthält demgegenüber einen bloß allgemeinen Hinweis auf den in § 28 Abs. 1 Stmk SHG geregelten Ersatz für Aufwendungen der Sozialhilfe, begründet aber keine konkrete Rückersatzpflicht für den Beschwerdeführer; dies erhellt sowohl aus dem Umstand, dass ein Rückersatzausmaß der Höhe nach nicht bestimmt ist, als auch aus der Formulierung "… ist der Hilfeempfänger (und nicht: '… wird Herr R… B… ') verpflichtet …".

Beim erstinstanzlichen Bescheid handelt es sich daher - im Sinne des § 5 Abs. 4 Stmk. SHG - um einen Zuerkennungsbescheid (Spruchpunkt I), in dem auch die Sicherstellung des Ersatzanspruches verfügt (Spruchpunkt II) wurde; hingegen wurde nicht über eine Verpflichtung des Beschwerdeführers zum Aufwandersatz gegenüber dem Sozialhilfeträger nach den Bestimmungen des 5. Abschnitts (§§ 28 ff) Stmk. SHG abgesprochen.

Auch aus dem Spruch und der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt sich zweifelsfrei, dass für die belangte Behörde allein die Frage der Sicherstellung des Ersatzanspruches verfahrens- bzw. entscheidungsgegenständlich war.

Zur Entscheidung über die Berufung war daher gemäß § 35 Abs. 1 letzter Satz Stmk. SHG die belangte Behörde zuständig.

Zu b): Im Beschwerdefall war von der belangten Behörde lediglich zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 5 Abs. 4 Stmk. SHG erfüllt waren, um die Sicherstellung des Ersatzanspruches verfügen zu können. Die Zulässigkeit der Sicherstellung war daher im vorliegenden Zusammenhang allein davon abhängig, dass der Beschwerdeführer Vermögen hatte, dessen Verwertung ihm vorerst nicht möglich oder zumutbar war.

Dass es sich beim Hälfteanteil der Liegenschaft mit Haus um Vermögen des Beschwerdeführers handelt, liegt auf der Hand und wurde weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde bestritten. Ebenso unstrittig ist, dass das gegenständliche Haus im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides von der Ehefrau des Beschwerdeführers bewohnt wurde. Davon ausgehend ist die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen, dass die Verwertung des Vermögens vorerst nicht zumutbar ist.

Die Sicherstellung ist nach § 5 Abs. 4 Stmk. SHG keine Bedingung für die Gewährung der Hilfeleistung (vgl. demgegenüber etwa § 8 Abs. 4 Sbg. SHG und die dazu ergangenen hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2000/11/0115, vom , Zl. 2003/10/0013, und vom , Zl. 2010/10/0217, sowie § 15 Abs. 2 NÖ SHG (aF) und das dazu ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/10/0286); die Zulässigkeit der Sicherstellung hängt auch nicht davon ab, dass damit für den Hilfeempfänger oder seine Angehörige keine besonderen sozialen Härten verbunden wären (vgl. demgegenüber § 8 Abs. 4 Salzburger Sozialhilfegesetz und die dazu ergangenen erwähnten hg. Erkenntnisse ) bzw. dass "Härtegründe" auf Dauer ausgeschlossen werden können.

Besondere soziale Härten sind nach Maßgabe des § 5 Abs. 2 iVm Abs. 1 Stmk. SHG lediglich im Rahmen der Gewährung der Hilfe insofern von Bedeutung, als sie bei der Frage der Zulässigkeit der Heranziehung des Einkommens und des verwertbaren Vermögens zu berücksichtigen sind. Im Übrigen ist das Vorliegen von "Härtefällen" gemäß § 30 Stmk. SHG bei der - im Beschwerdefall eben nicht erfolgten - Festsetzung des Aufwandersatzes nach § 28 leg. cit. zu prüfen.

§ 5 Abs. 4 Stmk. SHG bietet daher der Sozialhilfebehörde die Möglichkeit, Sozialhilfekosten (grundbücherlich) sicherzustellen, wenn der Hilfeempfänger über vorläufig nicht verwertbares Vermögen verfügt. Mit einem zulässigerweise auf diese Bestimmung gestützten Bescheid wird daher insoweit nur die Grundlage für eine Verbücherung eines Pfandrechtes geschaffen; eine Verpflichtung zum Ersatz derjenigen Sozialhilfekosten, die Grundlage des Sicherstellungsbescheides sind, wird damit nicht auferlegt. Soll der Hilfeempfänger zum Ersatz herangezogen werden, ist dies nur nach Maßgabe der §§ 28 ff Stmk. SHG möglich. Erst ein derartiger Bescheid bildet somit (sieht man von allfälligen zivilrechtlichen Rechtsbehelfen des Pfandgläubigers zur Geltendmachung allein der Pfandhaftung ab) die Grundlage einer möglichen Exekutionsführung in das verwertbare Vermögen des Hilfeempfängers. Im dargestellten Sinn bildet der angefochtene Bescheid somit die Grundlage (nur) einer grundbücherlichen Sicherstellung (mit der Wirkung des in § 29 Abs. 4 Stmk SHG vorgesehenen Verjährungsausschlusses) der anfallenden Sozialhilfekosten, dies im Übrigen unbeschadet der Frage, ob ein solcher Bescheid alle Voraussetzungen erfüllt, um die Einverleibung eines Pfandrechts (etwa im Grund des § 33 Abs. 1 lit. d Grundbuchsgesetz 1955 oder im Wege des § 350 Exekutionsordnung) bewirken zu können (vgl. zu all dem das jüngst zum NÖ SHG ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/10/0098).

Den von der Beschwerde geltend gemachten Verfahrensmängeln kommt nach dem Gesagten daher keine Relevanz zu.

4. Die behaupteten Rechtswidrigkeiten liegen somit nicht vor; die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am