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VwGH vom 11.09.2014, Ra 2014/16/0003

VwGH vom 11.09.2014, Ra 2014/16/0003

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma, die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner und den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Berger, über die Revision der D GmbH in H, vertreten durch die Schrömbges + Partner Partnerschaftsgesellschaft, Rechtsanwälte Steuerberater mbB in Hamburg, Deutschland, (Einvernehmensanwälte:

Dr. Ludwig Beurle, Dr. Rudolf Mitterlehner, Dr. Klaus Oberndorfer, Dr. Paul Oberndorfer, Dr. Albert Laimighofer und Dr. Nicole Fischer in 4020 Linz, Landstraße 9), gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , Zl. RV/4200331/2010, betreffend Eingangsabgaben und Abgabenerhöhung, zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von 1.346,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der revisionswerbenden Gesellschaft mbH (Revisionswerberin), einer Spedition, war vom Zollamt Linz Wels eine Bewilligung vom als zugelassener Empfänger erteilt worden. Weiters war der Revisionswerberin eine Bewilligung dieses Zollamtes vom "zur Teilnahme am Informatikverfahren gemäß § 55 Absatz 2 ZollR-DG sowie der Gestellung und Abfertigung an zugelassenen Warenorten gemäß § 11 Absatz 7 ZollR-DG (e-zoll - Bewilligung)" erteilt worden.

Die im Revisionsfall in Rede stehenden Waren (Nichtgemeinschaftswaren) waren von einer slowenischen Zollstelle im externen gemeinschaftlichen Versandverfahren nach dem NCTS (New Computerized Transit System) am an die Bestimmungsstelle "AT 700.000" angewiesen worden und langten am selben Tag bei der Revisionswerberin ein. Noch am selben Tag gab die Revisionswerberin als direkte Vertreterin des Empfängers in Österreich im Informatikverfahren eine Zollanmeldung zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr ab, worin im Feld "D/J Prüfung durch die Abgangs-/Bestimmungsstelle" der Vermerk "konform" vom aufscheint. Als "Vorpapier" (Feld 40 des Einheitspapieres) sind die Daten des Versandbegleitdokuments vermerkt, mit welchem die Waren zur Revisionswerberin gebracht worden waren.

Mit Bescheid vom teilte das Zollamt Graz der Revisionswerberin mit, dass für sie nach Artikel 203 des Zollkodex entstandene Eingangsabgaben (Zoll und Einfuhrumsatzsteuer) von 811,64 EUR buchmäßig erfasst worden seien. Demzufolge sei weiters eine Abgabenerhöhung gemäß § 108 Abs. 1 ZollR-DG mit einem näher angeführten Betrag zu entrichten. Im Zuge eines durch die slowenische Zollverwaltung eingeleiteten Suchverfahrens sei festgestellt worden, dass auf die Gestellung (Ankunftsanzeige) des T 1 durch den zugelassenen Empfänger vergessen worden sei. Daher sei für die Revisionswerberin gemäß Art. 203 Abs. 1 und Abs. 3 erster Anstrich des Zollkodex iVm § 2 Abs. 1 des Zollrechts-Durchführungsgesetz die Eingangsabgabenschuld entstanden und als Folge dessen sei eine Abgabenerhöhung gemäß § 108 Abs. 1 ZollR-DG zu entrichten.

Mit Schriftsatz vom berief die Revisionswerberin gegen diesen Bescheid. Die in Rede stehenden Waren seien ordnungsgemäß und am zugelassenen Warenort der Revisionswerberin gelagert und unter Inanspruchnahme des Informatikverfahrens verzollt worden.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Zollamt Graz die Berufung ab. Die Revisionswerberin habe die "Ankunftsanzeige" unterlassen, wodurch die Waren aus der zollamtlichen Überwachung entzogen worden seien.

Dagegen erhob die Revisionswerberin mit Schriftsatz vom (Administrativ )Beschwerde an den (damaligen) unabhängigen Finanzsenat. Die in Rede stehenden Waren seien am mittags bei der Revisionswerberin eingetroffen. Nachdem am Nachmittag dieses Tages die Vollmacht des Empfängers zur Zollabfertigung eingelangt sei, sei infolge des erhöhten Import- und Exportaufkommens die Erledigung des in Rede stehenden Versandscheines versehentlich übersehen worden und sofort die Einfuhranmeldung im Informatikverfahren abgesetzt worden. Um 14:49 Uhr sei die Freigabe der Waren erfolgt. Die in Rede stehenden Waren seien innerhalb der Gestellungsfrist und auch innerhalb der Amtszeiten des Zollamtes Graz mit dem Antrag auf Überführung in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr ordnungsgemäß verzollt worden. Daher liege kein Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung vor.

Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die (Administrativ )Beschwerde als unbegründet ab und sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

Nach Wiedergabe des Verfahrensganges stellte das Bundesfinanzgericht fest, die Revisionswerberin habe es verabsäumt, das zuständige Zollamt über das Eintreffen der im Versandverfahren befindlichen Waren am zugelassenen Warenort mittels einer sogenannten Ankunftsanzeige zu informieren, und in der Folge auch keinen Entladekommentar abgegeben. Noch am selben Tag sei - ohne die Nachricht "Freigabe von Versand" erhalten zu haben - im Wege des Informatikverfahrens die Abfertigung der Waren zum freien Verkehr erfolgt.

Die Revisionswerberin sei verpflichtet gewesen, die Ankunft der im Versandverfahren beförderten und am zugelassenen Warenort eingetroffenen Waren mittels elektronischer Ankunftsanzeige dem Zollamt Graz mitzuteilen, und habe zum anderen auch die Verpflichtung gehabt, das Ergebnis über die nach der Entladung durchgeführte Kontrolle mitzuteilen. Ergänzend dazu enthalte die der Revisionswerberin erteilte Bewilligung zur Teilnahme am Informatikverfahren den Hinweis, dass für im Versandverfahren befindliche Waren die Zollanmeldung erst nach ordnungsgemäßer Beendigung des Versandverfahrens übermittelt werden dürfe. Als "Beendigung des Versandverfahrens" im Sinne der Bewilligung gelte der Erhalt der Nachricht "Freigabe von Versand (TR 207)". Die Revisionswerberin habe auf Grund der Bewilligung des Status des zugelassenen Empfängers die Verpflichtung zur Mitteilung des Eingangs der Waren durch Ankunftsanzeige gehabt. Erst nach Abgabe der Ankunftsanzeige und nach Übermittlung des Entladevermerks und nach darauffolgendem Erhalt der Meldung "Freigabe vom Versand" habe die Revisionswerberin die Waren in ein anderes Zollverfahren überführen dürfen.

Die Zollbehörde werde durch die Ankunftsanzeige von der Ankunft der Waren beim zugelassenen Empfänger in Kenntnis gesetzt und könne entscheiden, ob sie ihre Kontrollrechte konkret durch eine Kontrolle auch ausübe. Erfolge keine Mitteilung über die Ankunft der Waren und würden diese wie im Revisionsfall in den freien Verkehr übergeführt, werde der Zollbehörde die Möglichkeit der Ausübung der Zollkontrolle genommen. Die Anführung des Versanddokuments als Vorpapier in einem nachfolgenden Zollverfahren ersetze nicht die Ankunftsanzeige und ändere nichts an der Tatsache, dass die Zollbehörde zumindest zeitweise an der Möglichkeit gehindert gewesen sei, die im Zollrecht vorgesehenen Prüfungen durchzuführen.

Den Ausspruch der Unzulässigkeit einer Revision gegen das angefochtene Erkenntnis begründete das Bundesfinanzgericht damit, dass "die Rechtsfolgen aus einer gänzlich unterbliebenen Gestellung eines Versandscheines durch einen zugelassenen Empfänger durch die Rechtsprechung des , hinreichend geklärt" sei. Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2011/16/0191, sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, weil der Sachverhalt nicht identisch sei.

Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in welcher sich die Revisionswerberin im Recht auf "Nichtvorschreibung der Zollschuld nach Art. 203 ZK", auf "Nichtvorschreibung der EUSt nach Art. 203 ZK i.V.m. § 2 ZollR-DG i. V.m. § 26 Abs. 1 UStG" und auf "Nichtvorschreibung der Abgabenerhöhung nach § 108 Abs. 1 ZollR-DG" verletzt erachtet.

Nach Vorlage der Akten des Verfahrens durch das Bundesfinanzgericht reichte das Zollamt Graz eine Revisionsbeantwortung ein, in welcher es die Abweisung der Revision beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß Art. 37 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, ABlEG Nr. L 302 vom , (Zollkodex - ZK) unterliegen Waren, die in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht werden, vom Zeitpunkt des Verbringens an der zollamtlichen Überwachung. Sie können nach dem geltenden Recht Zollkontrollen unterzogen werden und bleiben nach Art. 37 Abs. 2 ZK solange unter zollamtlicher Überwachung, wie es für die Ermittlung ihres zollrechtlichen Status erforderlich ist und, im Fall von Nichtgemeinschaftswaren unbeschadet des Art. 82 Abs. 1, bis sie ihren zollrechtlichen Status wechseln, in eine Freizone oder in ein Freilager verbracht, wieder ausgeführt oder nach Art. 182 vernichtet oder zerstört werden.

Gemäß Art. 91 Abs. 1 ZK können im externen Versandverfahren u. a. Nichtgemeinschaftswaren zwischen zwei innerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft gelegenen Orten befördert werden, ohne dass diese Waren Einfuhrabgaben, anderen Abgaben oder handelspolitischen Maßnahmen unterliegen.

Das externe Versandverfahren endet gemäß Art. 92 Abs. 1 ZK, wenn die in dem Verfahren befindlichen Waren und die erforderlichen Dokumente entsprechend den Bestimmungen des betreffenden Verfahrens am Bestimmungsort der dortigen Zollstelle gestellt werden.

Sobald Nichtgemeinschaftswaren, die in einem Versandverfahren befördert worden sind, am Bestimmungsort im Zollgebiet der Gemeinschaft nach Maßgabe der Vorschriften für das betreffende Versandverfahren gestellt worden sind, finden gemäß Art. 55 ZK die Art. 42 bis 53 ZK Anwendung.

Gemäß Art. 50 ZK haben die gestellten Waren bis zum Erhalt einer zollrechtlichen Bestimmung die Rechtsstellung von Waren in vorübergehender Verwahrung. Die vorübergehend verwahrten Waren dürfen nach Art. 51 Abs. 1 ZK ausschließlich an von den Zollbehörden zugelassenen Orten und unter den von diesen Behörden festgelegten Bedingungen gelagert werden.

Gemäß Art. 79 ZK erhält eine Nichtgemeinschaftsware durch die Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr den zollrechtlichen Status einer Gemeinschaftsware.

Im Revisionsfall ist die Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, ABlEG Nr. L 253 vom , (Zollkodex-Durchführungsverordnung - ZK-DVO) hinsichtlich der hier maßgebenden Bestimmungen in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1192/2008 der Kommission vom , ABlEU Nr. L 329 vom , und der Verordnung (EG) Nr. 414/2009 der Kommission vom , ABlEU Nr. L 125 vom , anzuwenden.

Gemäß Art. 406 Abs. 1 ZK-DVO kann einer Person, die im gemeinschaftlichen Versandverfahren beförderte Waren in ihrem Betrieb oder an einem anderen festgelegten Ort in Empfang nehmen möchte, ohne dass der Bestimmungsstelle die Waren gestellt und das Versandbegleitdokument - Versandbegleitdokument/Sicherheit vorgelegt werden, der Status eines zugelassenen Empfängers bewilligt werden.

Gemäß Art. 406 Abs. 2 ZK-DVO hat der Hauptverpflichtete seine Pflicht nach Art. 96 Abs. 1 des Zollkodex erfüllt und das Versandverfahren gilt als beendet, sobald die Waren zusammen mit dem Versandbegleitdokument - Versandbegleitdokument/Sicherheit, das die Sendung begleitet hat, dem zugelassenen Empfänger innerhalb der vorgeschriebenen Frist unverändert in seinem Betrieb oder an dem in der Bewilligung näher bestimmten Ort übergeben und die zur Nämlichkeitssicherung getroffenen Maßnahmen beachtet worden sind.

Gemäß Art. 408 Abs. 1 Buchstabe (Bst.) a ZK-DVO muss der zugelassene Empfänger für die in seinem Betrieb oder an den in der Bewilligung näher bezeichneten Orten eingetroffenen Waren die Bestimmungsstelle mit der "Ankunftsanzeige" unverzüglich über das Eintreffen der Waren und alle Ereignisse während der Beförderung unterrichten und gemäß Art. 408 Abs. 1 Bst. b ZK-DVO muss der zugelassene Empfänger die Nachricht "Entladeerlaubnis" abwarten, bevor er die Entladung vornimmt.

Gemäß Art. 201 Abs. 1 Bst. a ZK entsteht eine Einfuhrzollschuld, wenn eine einfuhrabgabenpflichtige Ware in den zollrechtlichen freien Verkehr übergeführt wird, und zwar nach Art. 201 Abs. 2 ZK in dem Zeitpunkt, in dem die betreffende Zollanmeldung angenommen wird.

Voraussetzung für das Entstehen einer Zollschuld nach Art. 201 Abs. 1 Bst. a ZK ist, dass der in dieser Bestimmung normierte Tatbestand erfüllt wird, eine Ware sohin in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt wird, wozu die Überlassung der Ware erforderlich ist (vgl. das (D. Wandel GmbH), Rn 41).

Gemäß Art. 203 Abs. 1 ZK entsteht eine Einfuhrzollschuld, wenn eine einfuhrabgabenpflichtige Ware der zollamtlichen Überwachung entzogen wird, und zwar gemäß Art. 203 Abs. 2 ZK in dem Zeitpunkt, in dem die Ware der zollamtlichen Überwachung entzogen wird.

Der Begriff der Entziehung aus der zollamtlichen Überwachung ist so zu verstehen, dass er jede Handlung oder Unterlassung umfasst, die dazu führt, dass die zuständige Zollbehörde auch nur zeitweise am Zugang zu einer unter zollamtlicher Überwachung stehenden Ware und der Durchführung der in Art. 37 Abs. 1 ZK vorgesehenen Prüfungen gehindert war (vgl. etwa die (Militzer Münch GmbH), Rn 26, und vom in der Rs. C-480/12 (X BV), Rn 34).

Da die Zollunion einer doppelten Belastung ein und derselben Ware durch Entstehung einer doppelten Zollschuld entgegensteht, ist sicherzustellen, dass die Zollbehörden für Waren, für die auf Grund eines früheren Tatbestands bereits eine Zollschuld entstanden ist, keine zweite Zollschuld entstehen lassen (vgl. das (Döhler Neuenkirchen GmbH), Rn 46 und 47).

Für die am festgelegten Warenort angekommenen Waren galt im Revisionsfall mit der Übernahme durch den zugelassenen Empfänger, durch die Revisionswerberin, das Versandverfahren als beendet (Art. 406 Abs. 2 ZK-DVO); die Waren befanden sich dann in vorübergehender Verwahrung (Art. 55 iVm Art. 50 ZK) und unterlagen gemäß Art. 37 ZK auch noch weiterhin der zollamtlichen Überwachung.

In diesem Stadium traf die Revisionswerberin die Pflicht nach Art. 408 Abs. 1 Bst. a ZK-DVO, die Bestimmungsstelle unverzüglich mit der Ankunftsanzeige über das Eintreffen der Waren zu unterrichten.

Das Bundesfinanzgericht steht auf dem Standpunkt, die in Rede stehenden Waren seien der zollamtlichen Überwachung dadurch entzogen worden und die Zollschuld sei nach Art. 203 ZK dadurch entstanden, dass die Revisionswerberin unterlassen habe, die Ankunftsanzeige der Bestimmungsstelle zu übermitteln. Dies sei erfolgt, bevor die Ware in den zollrechtlichen freien Verkehr übergeführt worden sei. Das Bundesfinanzgericht stützt sich dabei auf das hg. Erkenntnis vom , 2006/16/0142, und sieht die Frage der Rechtsfolgen aus einer gänzlich unterbliebenen Gestellung eines Versandscheines dadurch geklärt.

Die Revisionswerberin begründet die Zulässigkeit ihrer Revision damit, dass das hg. Erkenntnis vom , 2006/16/0142, auf den Revisionsfall unanwendbar sei, vielmehr die Anwendung des hg. Erkenntnis vom , 2011/16/0191, zwingend geboten sei. Das Bundesfinanzgericht weiche damit von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Der mit hg. Erkenntnis vom entschiedene Fall sei in entscheidungserheblicher Hinsicht mit dem Vorliegenden ident, weil ebenfalls Ware zu einem zugelassenen Empfänger verbracht worden sei, die ohne Ankunftsanzeige noch am gleichen Tag in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt worden sei. Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , auf welches sich das Bundesfinanzgericht stütze, sei zur Wiederausfuhr einer Nichtgemeinschaftsware ergangen und habe mit dem vorliegenden Sachverhalts nichts zu tun.

Die außerordentliche Revision ist zulässig.

Das vom Bundesfinanzgericht für sich in Anspruch genommene hg. Erkenntnis vom erging zu einem sich im November 2004 ereignenden Sachverhalt. Demgegenüber hat sich die Rechtslage für den im vorliegenden Revisionsfall zu beurteilenden Sachverhalt, der sich im März 2010 ereignet hat, durch die erwähnte Verordnung (EG) Nr. 1192/2008 der Kommission geändert. Insbesondere waren nach Art. 407 Abs. 1 Bst. b ZK-DVO in der in jenem Fall für das Jahr 2004 anzuwendenden Fassung in der Bewilligung u.a. die Frist und die sonstigen Einzelheiten der Anzeige des Eingangs der Waren durch den zugelassenen Empfänger bei der Bestimmungsstelle festzulegen, weshalb die damals maßgebliche Bewilligung eine Frist von 60 min vorschrieb. Demgegenüber enthält Art. 407 ZK-DVO in der im vorliegenden Revisionsfall maßgebenden Fassung eine solche Bestimmung nicht, sondern normiert Art. 408 Abs. 1 Bst. a ZK-DVO in der im vorliegenden Revisionsfall maßgebenden Fassung, dass der zugelassene Empfänger für die in seinem Betrieb oder an dem in der Bewilligung näher bezeichneten Ort eingetroffenen Waren die Bestimmungsstelle mit der "Ankunftsanzeige" unverzüglich über das Eintreffen der Waren und alle Ereignisse während der Beförderung zu unterrichten hat.

Vor allem aber unterscheidet sich der jenem Erkenntnis vom zugrundeliegende Sachverhalt wesentlich von dem im vorliegenden Revisionsfall zu beurteilenden. Jenem Erkenntnis vom lag der Sacherhalt zugrunde, dass für die im externen gemeinschaftlichen Versandverfahren am beim zugelassenen Empfänger eingetroffene Ware (Bier) keine Ankunftsanzeige abgegeben wurde, das in einem Tankfahrzeug eingelangte Bier dann dennoch in Dosen abgefüllt und am wiederausgeführt wurde und Nichtgemeinschaftsware geblieben ist. Weiters ist in der damals zugrundeliegenden Bewilligung für den Status des zugelassenen Empfängers eine Frist von 60 Minuten für die Mitteilung des Eingangs der Waren durch Ankunftsanzeige festgesetzt gewesen, welche verstrichen gewesen ist.

Demgegenüber weist die in den vorgelegten Akten enthaltene Bewilligung der Revisionswerberin für den Status des zugelassenen Empfängers - entsprechend den im Revisionsfall maßgebenden Zeitpunkt des geltenden Bestimmungen der Art. 407 und 408 ZK-DVO - keine ausdrückliche Frist auf. Im vorliegenden Revisionsfall wurde die Ware am selben Tag unverändert zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr angemeldet und sodann vom Zollamt freigegeben.

Die dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes zugrundeliegende Rechtsfrage, ob schon allein durch das Unterlassen der Ankunftsanzeige im Sinn des Art. 408 Abs. 1 Bst. a ZK-DVO eine Ware der zollamtlichen Überwachung entzogen wird, wurde durch das erwähnte hg. Erkenntnis vom , auf welches sich das Bundesfinanzgericht stützt, nicht beantwortet.

Die Revision ist auch begründet.

Der EuGH hat im erwähnten Urteil vom in der Rs. C-480/12 (X BV) im Zusammenhang mit einem Versandverfahren, bei welchem eine Ware 17 Tage nach Ablauf der Gestellungsfrist gestellt und in das Zollverfahren der aktiven Veredelung mit Zurückvergütung überführt worden war und die betreffende Zollstelle nach Annahme dieser Anmeldung festgestellt hatte, dass das vorangegangene Zollverfahren, also das externe gemeinschaftliche Versandverfahren, nicht ordnungsgemäß abgeschlossen worden war (Rn 24), die Aussage getroffen, aus dem Umstand, dass die Ware der Bestimmungszollstelle um 17 Tage verspätet gestellt wurde, stehe fest, dass diese Ware nicht ohne Abfertigung in den Wirtschaftskreislauf gelangt ist und es folglich - vorbehaltlich einer Überprüfung durch das vorliegende Gericht - dem Anschein nach ausgeschlossen ist, dass Art. 203 des Zollkodex auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahren Anwendung findet (Rn 37).

Wurde im vorliegenden Revisionsfall aber die Ankunftsanzeige der am mittags am zugelassenen Warenort bei der Revisionswerberin eingetroffenen Waren unterlassen und am Nachmittag desselben Tages die Anmeldung zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr abgegeben und vom Zollamt die Freigabe der Waren in den zollrechtlichen freien Verkehr verfügt, kann vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des EuGH, solange sich die Waren unverändert am zugelassenen Warenort befanden, auch durch die vom Bundesfinanzgericht erwähnte Abladung der Waren vor der in der Bewilligung vorgesehenen Entladefreigabe noch kein Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung im Sinne des Art. 203 ZK gesehen werden.

Der vom Zollamt Graz in der Revisionsbeantwortung hervorgehobene Unterschied zwischen den Sachverhalten des vorliegenden Revisionsfalles und jenem dem hg. Erkenntnis vom zugrundeliegenden ist jedoch nicht ausschlaggebend.

Ob das Übermitteln der Ankunftsanzeige an die Bestimmungsstelle nämlich versucht wurde, aber aus technischen Gründen gescheitert und deshalb unterblieben ist, oder ob die Ankunftsanzeige vergessen wurde, ist bei der Beurteilung, ob dem Zollamt die Möglichkeit zu Zollkontrollen genommen wurde, unerheblich. Die Frage eines subjektiv dem zugelassenen Empfänger vorwerfbaren Verhaltens hat auf die objektive Möglichkeit des Zollamtes, Zollkontrollen durchführen zu können, keinen unmittelbaren Einfluss (vgl. das erwähnte (Wandel), Rn 48, und Witte, Zollkodex6, Art. 203, Rz 3a).

Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013.

Wien, am