VwGH vom 26.09.2011, 2009/10/0185
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde der Umweltanwältin des Landes Steiermark in 8010 Graz, Stempfergasse 7, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. FA13C-55St- 33/2009-1, betreffend naturschutzrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: Kleinkraftwerk S GmbH in S, vertreten durch Eisenberger Herzog, Rechtsanwalts GmbH in 8010 Graz, Hilmgasse 10), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Ein Kostenzuspruch findet nicht statt.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom wurde der mitbeteiligten Partei die naturschutzrechtliche Bewilligung für die Errichtung einer näher beschriebenen Kleinwasserkraftanlage am Strickerbach unter Vorschreibung von Auflagen erteilt.
Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, den vorgelegten Projektunterlagen, insbesondere dem ökologischen Einreichprojekt, aber auch dem von der mitbeteiligten Partei vorgelegten Privatgutachten sei - im Gegensatz zu dem von der Erstbehörde eingeholten Amtsgutachten - nachvollziehbar zu entnehmen, dass einer Verwirklichung des im Landschaftsschutzgebietes Nr. 11 sowie im Naturpark "Sölktäler" geplanten Kraftwerkes kein Versagungstatbestand gemäß § 2 Abs. 1 Steiermärkisches Naturschutzgesetz 1976 entgegenstehe. Die Berufungsbehörde sei daher - den Darlegungen im ökologischen Einreichprojekt sowie im vorgelegten Privatgutachten folgend - zur Auffassung gelangt, dass weder durch die baulichen Anlagen der Wasserfassung und der Zufahrtsstraße, noch durch die Errichtung der Druckrohrleitung, noch durch die vorgesehene Wasserentnahme eine Verunstaltung des Landschaftsbildes oder eine wesentliche Beeinträchtigung des ökologischen Gleichgewichts im betroffenen Gewässerbereich bewirkt werde.
Obwohl nachhaltige Auswirkungen im Sinne des § 2 Abs. 1 des Steiermärkischen Naturschutzgesetzes 1976 somit nicht zu erwarten seien, wäre eine Bewilligung selbst bei Vorliegen solcher Auswirkungen zu erteilen, weil am Projekt der mitbeteiligten Partei besondere volks- und regionalwirtschaftliche Interessen bestünden, die jene des Landschaftsschutzes überwögen, zumal eine Veränderung, die mit dem Schutzzweck des Landschaftsschutzgebietes in deutlichem Widerspruch stehe, nicht zu erwarten sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die von der Umweltanwältin des Landes Steiermark gemäß § 6 Abs. 2 des Gesetzes über Einrichtungen zum Schutz der Umwelt, LGBl. Nr. 78/1988, erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.
Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift und beantragte, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Soweit dem angefochtenen Bescheid die Auffassung zugrunde liegt, die Bewilligungsvoraussetzungen seien erfüllt, weil das Vorhaben der mitbeteiligten Partei keinen Eingriff in das ökologische Gleichgewicht der Natur, in den Landschaftscharakter oder in die Wohlfahrtsfunktion darstelle, durch den die Natur geschädigt, das Landschaftsbild verunstaltet oder der Naturgenuss gestört wird, gleicht der vorliegende Beschwerdefall jenem, der mit hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/10/0141, entschieden wurde. Aus den dort genannten Gründen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, erweist sich auch der vorliegende Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Dieser Verfahrensmangel ist auch wesentlich, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde bei seiner Vermeidung zu einem im Ergebnis anders lautenden Bescheid gelangt wäre. Daran ändert der Umstand, dass die belangte Behörde angenommen hat, selbst bei nachhaltigen Auswirkungen iSd. § 2 Abs. 1 Stmk NSchG sei das Kraftwerksprojekt zu bewilligen, weil daran besondere volkswirtschaftliche und regionalwirtschaftliche Interessen bestünden, nichts. Die nach § 6 Abs. 7 Steiermärkisches Naturschutzgesetz 1976 vorzunehmende Interessenabwägung setzt nämlich voraus, dass auf Grund eines mängelfreien Verfahrens das Gewicht der zu erwartenden Beeinträchtigung so weit feststeht, dass eine Abwägung mit volks- bzw. regionalwirtschaftlichen Interessen möglich ist (vgl. dazu z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/10/0003, uva.). Gerade das ist hier aber nicht der Fall.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG.
Wien, am
Fundstelle(n):
BAAAE-91637