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VwGH vom 20.10.2014, Ro 2014/12/0014

VwGH vom 20.10.2014, Ro 2014/12/0014

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok, die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kupec, über die Revision der BO in S, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom , Zl. BMF-322500/0160-I/1/2012, betreffend Zurückweisung eines Devolutionsantrages, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Revisionswerberin steht als Amtsdirektorin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Ihre Dienststelle ist (jedenfalls seit 2012) das Finanzamt Salzburg-Stadt. Am bewarb sie sich um eine Funktion im Bereich des Finanzamtes Salzburg-Land, kam jedoch nicht zum Zuge. Nach Anrufung der Bundes-Gleichbehandlungskommission richtete die gewerkschaftlich vertretene Revisionswerberin am einen Antrag gemäß § 18a des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl. Nr. 100/1993 (im Folgenden: B-GlBG), an das Finanzamt Salzburg-Land, welches über eine gemeinsame Einlaufstelle mit dem Finanzamt Salzburg-Stadt verfügte. Der Antrag wurde seitens der Vertreterin der Revisionswerberin eingeschrieben an die Adresse des Finanzamtes Salzburg-Land (ident mit jener des Finanzamtes Salzburg-Stadt) übermittelt.

Mit Devolutionsantrag vom machte die Revisionswerberin den Übergang der Entscheidungspflicht über den genannten Antrag auf die belangte Behörde geltend.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom wies die belangte Behörde den in Rede stehenden Devolutionsantrag zurück.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides ging die belangte Behörde von folgendem Sachverhalt aus:

"Am wurden Sie über die Ablehnung Ihrer Bewerbung informiert.

In der Folge wandten Sie sich an die Gleichbehandlungskommission des Bundes. Die Gleichbehandlungskommission des Bundes stellte in ihrem Gutachten vom fest, dass 'die Nichtberücksichtigung der Bewerbung der Revisionswerberin um die Leitung des Teams KIAB im Finanzamt Salzburg-Land eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts gemäß § 4 Z 5 B-GlBG darstellt.'

Mit vom datierten eingeschriebenen Schreiben an das Finanzamt Salzburg-Land Finanzpolizei Koordination stellten Sie den Antrag auf Schadenersatz gemäß § 18a des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes (B-GlBG). Angemerkt wird, dass auf diesem Schreiben auf Seite 1 keine Unterschrift der Vertretungsberechtigten ersichtlich ist und lediglich formuliert ist: '... vertreten durch: Vollmacht gem. § 10 Abs. 4 AVG...). Auf Seite 2 des gegenständlichen Antrages geben Sie aber bekannt, dass Sie Fr. Dr. X, Sekretär der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, mit Ihrer Vertretung beauftragt haben.

Mit Schreiben vom erhoben Sie (vertreten durch Fr. Dr. X, Sekretär der GÖD) im Zusammenhang mit Ihrem beim Finanzamt Salzburg-Land eingebrachten Antrag auf Gewährung des Schadenersatzes gemäß § 18a Abs. 1 u. Zi. 1 B-GlBG einen Devolutionsantrag (dieser ist gerichtet an das Finanzamt Salzburg-Land Finanzamt Koordination) und beantragten den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung an das Bundesministerium für Finanzen gemäß § 73 Abs. 2 AVG.

Im weiteren Verfahrensverlauf ergab sich, dass - wie die Vorständin des Finanzamtes Salzburg-Land, Fr. HR Dr. Y, in Ihrem Vorlagebericht an das Bundesministerium für Finanzen (Vorlage des gegenständlichen Devolutionsantrages) ausführt - der dem Devolutionsantrag zugrunde liegende Antrag auf Schadenersatz gemäß § 18a B-GlBG vom , nie wissentlich beim Finanzamt Salzburg-Land einlangte. In mehrfachem Telefon- und Mailkontakt mit der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst sei versucht worden, die Zustellung/Nichtzustellung des gegenständlichen Antrages vom zu eruieren. Ergebnis der durchgeführten Erhebungen:

Aus dem vorliegenden Postaufgabebogen der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, Rechtsabteilung, ist die Postaufgabe einer Postsendung an das Finanzamt Salzburg ersichtlich (. Lfd. Nr. 1, Empfänger FA Sbg,; eingeschrieben aufgegebene Sendung PosNr. 1 SendungsNr. RO052754559AT)

Aus der durchgeführten Nachschau für Briefsendungen (Sendungs Suche) ist für den SendungsID/Typ RO052754559AT/REKO das am in der Postfiliale 5026 erfolgte Einlangen dieser Briefsendung ersichtlich (Sendungsannahme am ); weiters ist ersichtlich für das Datum : Status: ausgefolgt Postfiliale; Beschreibung: 5026 : POSTABHOLDIENST). Gesamtabgabeschein Nr. 01010083358210 für eingeschriebene Sendungen von der Poststelle Aigen (Postamt 5026) für das Finanzamt Salzburg-Land am : Nr. 2. Sendungs-ID RO052754559AT

Interne Nachforschungen, ob bzw. wer diese eingeschriebene Briefsendungen im Finanzamt Salzburg-Land erhalten habe, blieben lt. dem Vorlagebericht der Vorständin des Finanzamtes Salzburg-Land erfolglos.

Seitens des Bundesministeriums für Finanzen erfolgte im weiteren Verfahrensverlauf mit e-mail vom 11. Sptember 2013 (nach vorhergehender telefonischer Kontaktaufnahme) das Ersuchen an die Vorständin des Finanzamtes Salzburg-Land um Klärung, ob es sich bei dem auf dem gegenständlichen Gesamtabgabeschein befindlichen Namenskürzel des Übernehmers ('Rö') um einen Finanzamtsbediensteten handle.

Diesbezüglich teilte die Vorständin des Finanzamtes Salzburg-Land mit e-mail vom mit, dass betreffend des gegenständlichen Gesamtabgabescheines das Namenskürzel '...' von einem Mitarbeiter der Post sei. Weiters wurde zwecks Erläuterung der damaligen Vorgangsweise mitgeteilt, dass der Postzusteller (...) die Postsendungen im Postamt bei der Übernahme mit der Liste verglich und dies mit seiner Unterschrift bestätigte. Das Behältnis mit diesen Postsendungen wurde dann ins Finanzamt geliefert. Zum damaligen Zeitpunkt sei noch keine Gegenzeichnung durch einen Mitarbeiter des Finanzamtes erfolgt. Mittlerweile sei diese Vorgangsweise dahingehend geändert worden, dass von einem Finanzamtsmitarbeiter die Übernahme bestätigt werde.

Auf Grund eines telefonischen Auskunftsersuchens wurde ho. die Personalabteilung der SZK, Region Mitte, ersucht, beim Vorstand des Finanzamtes Salzburg-Stadt, Hr. HR Dr. S, nachzufragen, ob der dem gegenständlichen Devolutionsantrag zu Grunde liegende Antrag auf Schadenersatz gemäß § 18a B-BGlG vom , beim Finanzamt Salzburg-Stadt eingelangt sei (ho. Anmerkung: das Finanzamt Salzburg-Stadt war zum Zeitpunkt Jänner 2012 (Datum des Antrages auf Schadenersatz gemäß § 18a B-GlBG ist der ) und ist Ihre Dienstbehörde und hat die gleiche Adresse wie das Finanzamt Salzburg-Land; es gibt eine gemeinsame Einlaufstelle des Finanzzentrums Salzburg; vgl. hiezu auch die Ausführungen unten). Mit e-mail vom erklärte der Vorstand des Finanzamtes Salzburg-Stadt, dass beim Finanzamt Salzburg-Stadt kein diesbezüglicher Eingang festzustellen sei."

Die belangte Behörde vertrat die Auffassung, auf Grund der vorliegenden Beweisergebnisse sei das Einlangen des Antrages der Revisionswerberin in der gemeinsamen Einlaufstelle des Finanzamtes Salzburg-Stadt und des Finanzamtes Salzburg-Land nicht erwiesen. Unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/12/0060, gelangte sie zum Ergebnis, dass der von der Revisionswerberin erbrachte Nachweis der eingeschriebenen Aufgabe ihres Antrages keinesfalls prima facie auch dessen Einlangen bei der gemeinsamen Einlaufstelle der vorzitierten Finanzämter beweise. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom , Zl. 2013/12/0097, ausgeführt habe, sei ein Antrag nach § 18a B-GlBG nach der im Jahr 2012 in Kraft gestandenen Rechtslage bei der für den Anspruchswerber zuständigen Dienstbehörde, vorliegendenfalls also beim Finanzamt Salzburg-Stadt einzubringen gewesen. Dafür, dass der fälschlicherweise an das Finanzamt Salzburg-Land adressierte Antrag beim Finanzamt Salzburg-Stadt eingelangt wäre, bestünden überhaupt keine Hinweise. Mangels des Nachweises eines Einlangens des Antrages bei der für seine Behandlung zuständigen Dienstbehörde (dem Finanzamt Salzburg-Stadt) liege auch keine Säumnis dieser Behörde vor, weshalb sich der Devolutionsantrag als unzulässig erweise.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Revision vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die Revisionswerberin macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

Das in das Verfahren eingetretene Bundesverwaltungsgericht legte die Akten des Verwaltungsverfahrens unter Abstandnahme von der Erstattung einer Gegenschrift vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der angefochtene Bescheid wurde der Revisionswerberin am zugestellt. Aus dem Grunde des § 4 Abs. 1 erster Satz Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG), BGBl. I Nr. 33/2013, war gegen diesen Bescheid die vorliegende, am erhobene Revision zulässig. Für die Behandlung einer solchen Revision gelten mit hier nicht relevanten Ausnahmen die mit Ablauf des in Kraft gestandenen Bestimmungen des VwGG. Dies gilt - gemäß § 3 Z. 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF der Verordnung BGBl. II Nr. 8/2014 - auch für die VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Die folgenden Zitate des VwGG in dieser Entscheidung beziehen sich auf dessen mit Ablauf des in Kraft gestandene Fassung.

§ 73 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51 (im Folgenden: AVG), in der in den Jahren 2012 und 2013 in Kraft gestandenen Fassung dieser Bestimmung nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 65/2002, lautete:

"4. Abschnitt: Entscheidungspflicht

§ 73. (1) Die Behörden sind verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Sofern sich in verbundenen Verfahren (§ 39 Abs. 2a) aus den anzuwendenden Rechtsvorschriften unterschiedliche Entscheidungsfristen ergeben, ist die zuletzt ablaufende maßgeblich.

(2) Wird der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen, so geht auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen den Bescheid Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat erhoben werden könnte, auf diesen über (Devolutionsantrag). Der Devolutionsantrag ist bei der Oberbehörde (beim unabhängigen Verwaltungssenat) einzubringen. Er ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

(3) Für die Oberbehörde (den unabhängigen Verwaltungssenat) beginnt die Entscheidungsfrist mit dem Tag des Einlangens des Devolutionsantrages zu laufen."

Gemäß § 20 Abs. 3 dritter Satz B-GlBG in seiner im Jahr 2012 in Kraft gestandenen Fassung waren Ansprüche von Beamtinnen gegenüber dem Bund nach § 18a leg. cit. binnen sechs Monaten mit Antrag bei der für sie zuständigen Dienstbehörde geltend zu machen.

Wie die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zutreffend erkannten, wäre der Antrag der Revisionswerberin auf Schadenersatz gemäß § 18a B-GlBG im Jahr 2012 bei deren Dienstbehörde, also beim Finanzamt Salzburg-Stadt, einzubringen gewesen, auch wenn die von der Revisionswerberin angestrebte Funktion im Bereich des Finanzamtes Salzburg-Land angesiedelt war (vgl. hiezu den hg. Beschluss vom , Zl. 2013/12/0097).

Bei einer für zwei oder mehrere Behörden gemeinsamen Einbringungs-(Einlauf )Stelle schadet eine falsche Adressierung nicht. Diesfalls hat das rechtzeitige Einbringen eines Schriftstückes bei dieser Einlaufstelle rechtens zur Folge, dass es für jede Behörde als rechtzeitig eingebracht anzusehen ist, deren gemeinsame Einbringungsstelle diese Einlaufstelle ist. Die unrichtige Adressierung gereicht einem Einschreiter sohin dann nicht zum Nachteil, wenn beide Behörden dieselbe Einbringungsstelle haben (vgl. die bei Hauer/Leukauf , Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 in E. 4a bis c zu § 13 Abs. 1 AVG wiedergegebene hg. Rechtsprechung).

Vor diesem Hintergrund ist daher für die Auslösung der Entscheidungspflicht des hier zuständigen Finanzamtes Salzburg-Stadt ausschließlich maßgeblich, ob das Einlangen des Antrages der Revisionswerberin bei der gemeinsamen Einlaufstelle des Finanzamtes Salzburg-Stadt und des Finanzamtes Salzburg-Land erwiesen ist.

Die Revisionswerberin steht in diesem Zusammenhang primär auf dem Standpunkt, auf Grund der Ergebnisse des Beweisverfahrens hätte das Einlangen ihres Antrages bei dieser Einlaufstelle als erwiesen angenommen werden müssen. Die von der belangten Behörde vertretene gegenteilige Auffassung sei unbegründet. Schließlich habe die Revisionswerberin nicht nur die (eingeschriebene) Übergabe der Sendung an die Post bewiesen, sondern "durch das Beweismittel der abgezeichneten Liste des Postzustellers auch das Einlangen in der Einlaufstelle, somit bei der Behörde".

Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass nach den - nicht substanziiert bestrittenen - Feststellungen der belangten Behörde der Zusteller seine Unterschrift auf der in Rede stehenden Liste (schon) bei Übernahme der für die Finanzämter bestimmten Sendungen im Postamt (nach einem Vergleich derselben mit der Liste) geleistet hat. Sodann wurden diese Schriftstücke von ihm in einem "Behältnis" zum Finanzamt gebracht, wo dessen Inhalt (ohne weitere Überprüfungen oder Gegenzeichnungen) in der Einlaufstelle übergeben wurde.

Beweisen heißt, der Behörde eine solche Überzeugung zu vermitteln, dass diese eine rechtserhebliche Tatsache feststellen kann. Dabei darf die Behörde eine Tatsache nur dann als erwiesen annehmen, wenn sie davon überzeugt ist, dass die betreffende Feststellung dem wahren Sachverhalt auch wirklich entspricht; "beweisen" heißt mit anderen Worten ein behördliches Urteil über die Gewissheit des Vorliegens einer entscheidungsrelevanten Tatsache herbeizuführen (vgl. die bei Walter/Thienel , Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I2, E. 1 und 2 zu § 45 AVG, wiedergegebene Judikatur).

Dies vorausgesetzt vermag der Verwaltungsgerichtshof aber der belangten Behörde nicht entgegenzutreten, wenn sie vor dem Hintergrund der hier bei der Zustellung gepflogenen Vorgangsweise nicht zur Überzeugung des Einlangens des Antrages in der gemeinsamen Einlaufstelle gelangt ist, erweist sich doch schon ein Fehler des Postzustellers beim Vergleich der Liste mit den am Postamt übernommenen Sendungen ebenso wenig als ausgeschlossen wie ein Verlust von Sendungen aus dem nicht näher beschriebenen "Behältnis" im Zuge ihres Transportes vom Postamt zur gemeinsamen Einlaufstelle der Finanzämter.

Subsidiär vertritt die Revisionswerberin die Auffassung, sie habe vorliegendenfalls zumindest die Voraussetzungen für eine Umkehr der Beweislast betreffend das Einlangen des in Rede stehenden Antrages bei der gemeinsamen Einlaufstelle erbracht. Die belangte Behörde verkenne insoweit die Aussagen des hg. Beschlusses vom , Zl. 2010/12/0060, bzw. die in diesem Beschluss übernommene Rechtsansicht des Obersten Gerichtshofes in dessen Beschluss vom , Zl. 3 Ob 69/10h. Diese Entscheidungen beruhten nämlich darauf, dass der Absender als beweispflichtige Verfahrenspartei die Beweismöglichkeiten nicht ausgeschöpft habe, insbesondere die Zusatzleistung "TuT für Einschreiben" nicht genützt habe. In concreto bestehe keine solche Unterlassung der Revisionswerberin und es fehle "überhaupt keine denkbare Möglichkeit für weitere Beweisführungsbemühungen".

Dem ist zu erwidern, dass der Oberste Gerichtshof in dem vorzitierten Beschluss, welchem der Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom folgte, Folgendes ausgesprochen hat:

"Unter Hinweis auf deutsche Lehre und Rechtsprechung sprach der Oberste Gerichtshof zu 7 Ob 24/09v (= ecolex 2009/215 (zustimmend Friedl); ebenfalls zustimmend Ertl in ecolex 2010,

332) - unter Abkehr von bisheriger Rechtsprechung - aus, dass es sich verbiete, den Nachweis der Aufgabe eines Schreibens (im Anlassfall: Qualifiziertes Mahnschreiben gemäß § 39 VersVG) bei Einschreiben 'auf erste Sicht' als für den Nachweis des Zugangs an den Versicherungsnehmer ausreichend anzusehen.

Nach allgemeinen Grundsätzen hat jede Partei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Tatsachen zu beweisen (RIS-Justiz RS0037797). Eine Verschiebung der Beweislast kommt nur dann in Betracht, wenn ein allgemein, also für jedermann auf gleiche Weise bestehender Beweisnotstand vorliegt und wenn objektiv typische, also auf allgemein gültigen Erfahrungssätzen beruhende Geschehensabläufe für den Anspruchswerber sprechen (RIS-Justiz RS0039895). Auch wenn man davon ausgeht, dass nach allgemein gültigen Erfahrungssätzen eingeschrieben aufgegebene Briefsendungen typischerweise auch zugestellt werden, kann - jedenfalls solange eine Möglichkeit besteht, die Zustellung der Briefsendung durch das 'TuT-System' oder mittels Rückscheinzustellung zu beweisen - von einem Beweisnotstand im Sinn der Rechtsprechung zum prima facie-Beweis nicht gesprochen werden.

Nach dem derzeit noch in Geltung stehenden § 2 Z 9 PostG 1997 können 'Einschreiben' (entgeltpflichtige Sonderbehandlung einer Postsendung, die durch den Dienstanbieter pauschal gegen Verlust, Entwendung oder Beschädigung versichert wird und bei der dem Absender, gegebenenfalls auf sein Verlangen, eine Bestätigung über die Entgegennahme der Sendung und ihre Aushändigung an den Empfänger erteilt wird) in Verbindung mit den von der Österreichischen Post AG erlassenen 'AGB Briefdienst Inland' durch Inanspruchnahme der weiteren entgeltpflichtigen Zusatzleistung 'TuT für Einschreiben' vom Absender anhand der Aufgabenummer hinsichtlich ihres Sendestatus verfolgt werden. Überdies kann der Absender die weitere entgeltpflichtige Zusatzleistung 'Eigenhändig' oder 'Rückschein' wählen. Dadurch wird der Absender in die Lage versetzt, eine Bestätigung über die Abgabe der Sendung vorzuweisen. Es spricht nichts dagegen, einen Absender, der sich einer Übersendungsart bedient, die es ihm ermöglicht, sich per Nachforschungsauftrag ein objektives Beweismittel für den Zugang seiner Erklärung zu verschaffen, nicht auch zu verpflichten, diese Möglichkeit zu nutzen (Wukoschitz, Bringt die Post allen was?, ecolex 2005, 106).

Für den Anlassfall muss daher davon ausgegangen werden, dass allein die Tatsache der eingeschriebenen Aufgabe des Kündigungsschreibens noch keine Beweislastverschiebung zu Lasten des Beklagten bewirkt. ..."

Wie sich aus der Begründung dieses Beschlusses ergibt, setzt eine Verschiebung der Beweislast nicht bloß voraus, dass der beweispflichtigen Partei "keine Unterlassung" nachzuweisen ist; sie kommt vielmehr nur dann in Betracht, wenn ein allgemein, also für jedermann auf gleiche Weise bestehender Beweisnotstand vorliegt und (darüber hinaus) objektiv typische, also auf allgemein gültigen Erfahrungssätzen beruhende Geschehensabläufe für den Anspruchswerber sprechen.

In dem dem hg. Beschluss vom zugrunde liegenden Fall scheiterte der Beweis des Einlangens einer Eingabe bei der Behörde daran, dass die Post die entsprechenden Zustellnachweise nur drei Monate lang aufbewahrt hatte. Vorliegendenfalls scheiterte der Nachweis des Einlangens des Antrages der Revisionswerberin - wie oben ausgeführt - daran, dass seitens der Post keine Übernahmebestätigung der in Rede stehenden Sendung durch einen Beamten der gemeinsamen Einlaufstelle abverlangt wurde. Die Feststellungen der belangten Behörde und auch das Vorbringen der Revisionswerberin lassen es offen, ob die hier von der Post gewählte Vorgangsweise den für die eingeschriebene Sendung vorgesehenen Beförderungsbedingungen entsprochen hat oder nicht. Diese Frage vermag hier freilich dahingestellt bleiben:

Bejahendenfalls hätte sich die Rechtsvertreterin der Revisionswerberin eben einer Übermittlungsform bedient, die es ihr nicht ermöglicht, sich per Nachforschungsauftrag ein objektives Beweismittel für den Zugang ihres Antrages im Verständnis der zitierten Judikatur zu verschaffen, wiewohl - wie die Möglichkeit einer Zustellung des Antrages unter Inanspruchnahme der entgeltpflichtigen Zusatzleistung "Rückschein" zeigt - eine solche zur Verfügung gestanden wäre.

Verneinendenfalls (also wenn die Post rechtens eine Übernahmebestätigung durch einen Beamten der Einlaufstelle des Finanzamtes einzuholen gehabt hätte) wäre der (Vertreterin der) Revisionswerberin zwar keine individuelle Unterlassung vorzuwerfen, dennoch könnte aber nicht von einem "allgemeinen, also für jedermann auf gleiche Weise bestehenden Beweisnotstand" ausgegangen werden, weil der Beweisnotstand diesfalls eben auf ein Fehlverhalten von Organen der Post zurückzuführen gewesen wäre. Da diese Organe aber in Ansehung des Risikos für das Einlangen des Antrages der Sphäre der Revisionswerberin zuzurechnen waren, rechtfertigte ein solches Fehlverhalten keinesfalls eine Überwälzung der Beweislast auf den Empfänger. Dies folgt - vor dem Hintergrund der Nähe zum Beweis - auch daraus, dass es der (Vertreterin der) Revisionswerberin gegebenenfalls auch möglich gewesen wäre, im Zuge eines Nachforschungsauftrages zu überprüfen, ob der Post ein Nachweis der Übernahme der in Rede stehenden Sendung durch einen Beamten des Finanzamtes vorliegt. Oder - anders gewendet: Hätte die (Vertreterin der) Revisionswerberin vor Ablauf der Sechsmonatsfrist des § 20 Abs. 3 dritter Satz B-GlBG diejenigen Nachforschungen angestellt, die später die belangte Behörde veranlasste, hätte sie auch Kenntnis vom Fehlen eines Nachweises für das Einlangen ihres Antrages bei der gemeinsamen Einlaufstelle erlangt und sodann eine rechtzeitige Antragstellung veranlassen können.

Vor diesem Hintergrund erscheint es durchaus sachgerecht, eine Verschiebung der Beweislast erst bei Vorliegen einer durch einen Vertreter des Empfängers (hier der gemeinsamen Einlaufstelle der Finanzämter) unterfertigten Übernahmebestätigung der Sendung eintreten zu lassen.

Aus diesen Erwägungen war die Revision gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet auf die §§ 47 ff VwGG.

Wien, am