VwGH vom 14.07.2011, 2009/10/0180
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Lukasser und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde der W GmbH in Graz, vertreten durch Hohenberg Strauss Buchbauer Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Hartenaugasse 6, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom , Zl. FA10A-31We-21/2008-6, betreffend forstbehördlicher Wiederbewaldungsauftrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom wurde der beschwerdeführenden Partei gemäß den §§ 172 Abs. 6 iVm 13 Abs. 7 und 8 ForstG 1975 der Auftrag erteilt, näher beschriebene Grundflächen im Gesamtausmaß von 0,6823 ha in näher beschriebener Art und Weise wieder zu bewalden. Unter Spruchpunkt 4. wurde der beschwerdeführenden Partei hiezu Folgendes vorgeschrieben:
"Eine flächige Entfernung der Naturverjüngung ist untersagt. Der natürlich aufkommende forstliche Bewuchs darf nur im unmittelbaren Bereich der aufgeforsteten Forstpflanzen entfernt werden, ansonsten dürfen zwischen den gesetzten 'Werthölzern' keine Maßnahmen gesetzt werden, die der Naturverjüngung schaden. Die auf der Fläche (flächig) vorhandene und ankommende Naturverjüngung ist auf Dauer zu erhalten. In der ausgehenden Dickung muss eine Stammzahl von mindestens 2.500 ha Pflanzen/ha vorhanden sein, andernfalls ist eine Nachbesserung erforderlich."
Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, die Behörde habe im vorliegenden Fall zu beurteilen, ob die beschwerdeführende Partei mit ihrem Aufforstungsvorhaben eine gesicherte Verjüngung iSd § 13 Abs. 8 ForstG 1975 schaffen könne. Der beigezogene forsttechnische Amtssachverständige habe zu dieser Frage ausgeführt, dass durch die vorgesehene Bepflanzung mit (umgerechnet) 78 Stück aufgeforsteter Pflanzen pro Hektar - selbst bei Anwachsen durch drei Wachstumsperioden - keine den forstwirtschaftlichen Erfordernissen entsprechende Pflanzenzahl erreicht werde. Ohne die gemäß Spruchpunkt 4. vorgesehene Naturverjüngung handle es sich somit nicht um eine dem ForstG 1975 entsprechende Wiederbewaldung. Würde die Bestockung dermaßen niedrig gehalten, könnten sich weder ein Waldinnenklima noch verschiedene Sukzessionsstadien bilden, die Funktionen des Waldes könnten nicht entfaltet werden. Die beschwerdeführende Partei habe zur Stützung ihres gegenteiligen Standpunktes zwar die Vorlage eines forsttechnischen Privatgutachtens angekündigt, ein solches aber trotz zweimaliger Fristerstreckung nicht vorgelegt. Dem dritten Fristerstreckungsansuchen der beschwerdeführenden Partei sei nicht entsprochen worden, weil es nicht angehe, dass eine Partei ein Verfahren dadurch verzögere, dass sie "eine fachliche Extremposition" (78 Pflanzen pro Hektar seien ausreichend) einnehme, diese aber binnen angemessener Frist fachlich nicht vertreten könne.
Gegen diesen Bescheid und zwar ausdrücklich nur gegen die Vorschreibung unter Spruchpunkt 4. richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Forstgesetzes 1975, BGBl. Nr. 440/1975 idF BGBl. I Nr. 55/2007, (ForstG 1975) lauten auszugsweise wie folgt:
"Wiederbewaldung
§ 13. (1) Der Waldeigentümer hat Kahlflächen und Räumden, im Schutzwald nach Maßgabe des § 22 Abs. 3, mit standortstauglichem Vermehrungsgut forstlicher Holzgewächse rechtzeitig wieder zu bewalden.
(2) Die Wiederbewaldung gilt als rechtzeitig, wenn die hiezu erforderlichen Maßnahmen (Saat oder Pflanzung) bis längstens Ende des fünften, dem Entstehen der Kahlfläche oder Räumde nachfolgenden Kalenderjahres ordnungsgemäß durchgeführt wurden.
(3) Die Wiederbewaldung soll durch Naturverjüngung erfolgen, wenn in einem Zeitraum von zehn Jahren eine Naturverjüngung durch Samen, Stock- oder Wurzelausschlag vorhanden ist, die eine volle Bestockung der Wiederbewaldungsfläche erwarten lässt.
...
7) Die Verjüngung (durch Aufforstung erzielte Verjüngung oder Naturverjüngung) ist im Bedarfsfalle so lange nachzubessern, bis sie gesichert ist.
(8) Eine Verjüngung gilt als gesichert, wenn sie durch mindestens drei Wachstumsperioden angewachsen ist, eine nach forstwirtschaftlichen Erfordernissen ausreichende Pflanzenzahl aufweist und keine erkennbare Gefährdung der weiteren Entwicklung vorliegt.
...
Forstaufsicht
§ 172. ...
6) Wenn Waldeigentümer, Einforstungsberechtigte oder andere Personen bei Behandlung des Waldes oder in seinem Gefährdungsbereich (§ 40 Abs. 1) die forstrechtlichen Vorschriften außer Acht lassen, hat die Behörde, unbeschadet der allfälligen Einleitung eines Strafverfahrens, die zur umgehenden Herstellung des den Vorschriften entsprechenden Zustandes möglichen Vorkehrungen einschließlich der erforderlichen Sicherungsmaßnahmen, wie insbesondere
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a) | die rechtzeitige und sachgemäße Wiederbewaldung, |
b) | die Verhinderung und die Abstandnahme von Waldverwüstungen, |
c) | die Räumung des Waldes von Schadhölzern und sonstigen die Walderhaltung gefährdenden Bestandsresten, sowie die Wildbachräumung, |
d) | die Verhinderung und tunlichste Beseitigung der durch die Fällung oder Bringung verursachten Schäden an Waldboden oder Bewuchs oder |
e) | die Einstellung gesetzwidriger Fällungen oder Nebennutzungen, dem Verpflichteten durch Bescheid aufzutragen oder bei Gefahr |
im Verzuge unmittelbar anzuordnen und nötigenfalls gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten durchführen zu lassen. | |
..." | |
Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, die beschwerdeführende Partei sei der Verpflichtung zur rechtzeitigen Wiederbewaldung der in Rede stehenden Flächen nicht nachgekommen. Unter Berücksichtigung des von ihr vorgelegten Wiederbewaldungsprojektes seien ihr daher die Wiederbewaldung vorzuschreiben und gleichzeitig die erforderlichen, das Wiederbewaldungsprojekt ergänzenden Aufträge, u.a. jene des Spruchpunktes 4., zu erteilen gewesen. | |
Die Beschwerde bestreitet weder die Wiederbewaldungspflicht der beschwerdeführenden Partei, noch zieht sie die Rechtmäßigkeit des Wiederbewaldungsauftrages dem Grunde nach in Zweifel. Sie wendet sich vielmehr ausschließlich gegen den unter Spruchpunkt 4. des angefochtenen Bescheides erteilten Auftrag, eine flächige Entfernung der Naturverjüngung zu unterlassen, zwischen den gesetzten Werthölzern keine Maßnahmen zu setzen, die der Naturverjüngung schaden, die vorhandene und ankommende Naturverjüngung auf Dauer zu erhalten und eine Nachbesserung vorzunehmen, wenn in der ausgehenden Dickung eine Stammanzahl von weniger als 2.500 Pflanzen/ha vorhanden ist. In dem von ihr vorgelegten Wiederaufforstungsplan, der von einem allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für das Forstwesen erstellt worden sei, seien jene Maßnahmen vorgesehen, deren Umsetzung für sich allein ausreichend wäre, um eine sachgemäße Wiederbewaldung zu erreichen. Der Vorgabe des § 13 Abs. 8 ForstG 1975, eine gesicherte Verjüngung durch Aufforstung zu erzielen, sei damit Genüge getan. Ein Auftrag, zusätzlich Naturverjüngung entstehen zu lassen, erübrige sich. Ein solcher Auftrag sei nicht erforderlich, um auf den in Rede stehenden Flächen Wald iSd ForstG 1975 entstehen zu lassen. Die im Zeitpunkt der Vollreife der gruppenweise gepflanzten Bäume erreichte Überschirmung sei ausreichend. Im Übrigen sei der beschwerdeführenden Partei nicht ausreichend Gelegenheit geboten worden, dem forsttechnischen Gutachten des Amtssachverständigen durch Vorlage eines privaten Gegengutachtens auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten. Vielmehr sei der angefochtene Bescheid erlassen worden, ohne das Ersuchen der beschwerdeführenden Partei, die Frist für die Vorlage eines Privatgutachtens (neuerlich) zu erstrecken, zu berücksichtigen. Auch habe die belangte Behörde eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den forstfachlichen Darlegungen im Wiederbewaldungsprojekt betreffend die besonderen kleinräumigen Gegebenheiten des vorliegenden Falles und die dadurch bedingte geringere Bestockung unterlassen. | |
Mit diesem Vorbringen zeigt die beschwerdeführende Partei keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit auf: | |
Gemäß § 172 Abs. 6 ForstG 1975 hat die Forstbehörde dem Verpflichteten die zur umgehenden "Herstellung des den Vorschriften entsprechenden Zustandes" möglichen Vorkehrungen vorzuschreiben, wenn - was im vorliegenden Fall unbestritten ist - die hiefür normierten Voraussetzungen erfüllt sind. Bei der Auslegung des Begriffes des "den Vorschriften entsprechenden Zustandes" ist im Zusammenhang mit der Wiederbewaldung insbesondere auf § 13 Abs. 7 und 8 ForstG 1975 Bedacht zu nehmen. Die in diesem Zusammenhang vorzuschreibenden Vorkehrungen haben sich daher am Ziel zu orientieren, eine gesicherte Verjüngung zu erreichen; im Hinblick auf § 13 Abs. 8 ForstG 1975 hat die Behörde dazu die Bestandsbegründung mit einer Pflanzenanzahl vorzuschreiben, die nach forstwirtschaftlichen Erfordernissen zur Hervorbringung einer ausreichenden Pflanzenanzahl nach drei Wachstumsperioden unter Hintanhaltung einer Gefährdung der weiteren Entwicklung geeignet ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/10/0071). | |
Bei der Ermittlung der forstwirtschaftlichen Erfordernisse im Einzelfall ist auf die Zielbestimmung des § 1 ForstG 1975 Bedacht zu nehmen. Es entspricht daher die Vorschreibung von Vorkehrungen dem Gesetz, wenn diese dem Ziel zugeordnet sind, den Waldboden als solchen und dessen Produktionskraft zu erhalten, die Wirkungen des Waldes iSd § 6 Abs. 2 ForstG 1975 nachhaltig zu sichern und eine nachhaltige Waldbewirtschaftung sicherzustellen. Auf welche Weise und mit welchen Maßnahmen dieses Ziel im Einzelfall anzustreben ist, hat die Forstbehörde bei der Vorschreibung von Wiederbewaldungsmaßnahmen in einer auf die Gegebenheiten des Standortes Bedacht nehmenden, im Allgemeinen auf sachverständiger Grundlage getroffenen Prognoseentscheidung festzulegen (vgl. nochmals das zitierte hg. Erkenntnis vom ). | |
Im vorliegenden Fall hat der von der belangten Behörde beigezogene forsttechnische Amtssachverständige ausgeführt, bei Wiederbewaldung mit Laubholz würden mindestens 2.500 Pflanzen/ha benötigt. Bei der pflanzensparendsten Variante einer angepassten Wertholzzucht - nach dem Wiederbewaldungsprojekt der beschwerdeführenden Partei habe die Wiederbewaldung das Ziel, Wertholz zu gewinnen - würden aus näher dargelegten Gründen mindestens 4.900 Pflanzen/ha benötigt, bei Wertholzpflanzungen in herkömmlichen Reihenverbänden rund 5000 bis 8000 Stück herrschender Pflanzen/ha. Die Wirkungen des Waldes könnten langfristig nur bei regelmäßig aufeinander folgenden Sukzessionsstadien erhalten werden, welche dem jeweiligen Stadium entsprechende Stammzahlen aufweisen; das Verjüngungsstadium der in Rede stehenden Fläche benötigte zumindest 2.500 Pflanzen/ha. Demgegenüber seien im vorliegenden Fall ohne die vorgeschriebene Erhaltung der Naturverjüngung lediglich 78 Bäume/ha vorhanden, was selbst in einem Endbestand (auch zur Wertholzzucht) wesentlich zu gering sei. Im ausgehenden Dickungsstadium müssten nach forstwirtschaftlichen Erfordernissen zumindest 2.500 Stück Pflanzen/ha (Naturverjüngung und Aufforstung) vorhanden sein. Andernfalls sei eine Nachbesserung erforderlich. Durch die wesentlich zu geringe Stammzahl der Aufforstung sei die Wiederbewaldung untrennbar mit der Naturverjüngung verbunden. Andernfalls könnten sich weder ein Waldinnenklima noch verschiedene Sukzessionsstadien bilden; die sich daraus erst ergebenden Funktionen des Waldes könnten nicht entfaltet werden. | |
Diesen nicht als unschlüssig zu erkennenden Ausführungen ist die beschwerdeführende Partei weder konkret, noch auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Vielmehr hat sie nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten die Vorlage eines forsttechnischen Privatgutachtens binnen festgesetzter Frist lediglich angekündigt und in der Folge mehrere Fristerstreckungsanträge gestellt. Auch der vorliegenden Beschwerde wurde kein Gutachten angeschlossen. | |
Soweit die beschwerdeführende Partei jedoch auf die Ausführungen im Wiederbewaldungsprojekt verweist und rügt, dass diese nicht zum Gegenstand einer inhaltlichen Auseinandersetzung gemacht worden seien, übersieht sie, dass sich der forsttechnische Amtssachverständige damit auseinander gesetzt und dargelegt hat, dass dem Argument der "Wertholzzucht" mit derart weit auseinander gepflanzten Bäumen nur dann gefolgt werden könne, wenn ausreichend Naturverjüngung bestehen bleibe; dem ist die beschwerdeführende Partei - wie dargelegt - weder konkret, noch auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. | |
Wenn die belangte Behörde daher auf der Grundlage des Amtssachverständigengutachtens zur Auffassung gelangte, es bedürfe zur rechtzeitigen und sachgemäßen Wiederbewaldung der in Rede stehenden Fläche der Vorschreibungen unter Punkt 4. des angefochtenen Bescheides, so ist das nicht rechtswidrig. | |
Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen. | |
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. | |
Wien, am |
Fundstelle(n):
XAAAE-91634