VwGH vom 14.07.2011, 2009/10/0177

VwGH vom 14.07.2011, 2009/10/0177

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner sowie die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Lukasser und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des C M in Wien, vertreten durch die Freimüller/Noll/Obereder/Pilz Partner Rechtsanwälte GmbH in 1080 Wien, Alser Straße 21, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom , Zl. BMWF-54.013/0018-I/8a/2008, betreffend Zurückzahlung von Studienbeihilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid sprach der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung - gestützt auf §§ 31 Abs. 4, 49 Abs. 3 und 51 Abs. 1 Z. 3 Studienförderungsgesetz 1992 (StudFG) - aus, dass der Anspruch des Beschwerdeführers auf Studienbeihilfe während des Kalenderjahres 2006 im Ausmaß von EUR 1.018,-- geruht habe, und verpflichtete den Beschwerdeführer, die ausbezahlte Studienbeihilfe in diesem Ausmaß zurückzuzahlen.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, aufgrund eines Antrages vom sei dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom Studienbeihilfe für die Monate Jänner und Februar 2006 in der Höhe von EUR 179,-- je Monat und mit Bescheid vom Studienbeihilfe für die Monate März bis Dezember 2006 in der Höhe von EUR 171,-- je Monat bewilligt und ausbezahlt worden.

Laut Einkommensteuerbescheid 2006 habe der Beschwerdeführer im Jahr 2006 Einkommen in der Höhe von EUR 6.829,12 bezogen. Bei entsprechender Neuberechnung ergebe sich eine Differenz der Studienbeihilfe für die Monate Jänner und Februar 2006 in der Höhe von EUR 84,-- und für die Monate März bis Dezember 2006 in der Höhe von EUR 85,--. Insgesamt errechne sich somit für das Jahr 2006 ein Differenzbetrag in der Höhe von EUR 1.018,--, welcher mit Bescheid der Studienbeihilfenbehörde vom zurückgefordert worden sei.

Der Beschwerdeführer habe vorgebracht, die Zuverdienstgrenze sei auf EUR 7.195,-- anzuheben, weil er Einkünfte aus einem freien Dienstvertrag bezogen habe. Diese Erwerbsart werde gegenüber "normalen" Dienstverhältnissen gröblich benachteiligend behandelt. Eine steuerrechtliche Abschreibung der Betriebsmittel sei bei freien Dienstverträgen nicht möglich. Der Gesetzgeber habe die Ungleichbehandlung von gleichartigen Erwerbsarten erkannt und deshalb mit die Studienförderungsreform beschlossen, die eine Vereinheitlichung der Zuverdienstgrenze vorsehe. Der freie Dienstvertrag stehe einem Dienstverhältnis näher als einer selbständigen Tätigkeit. Aus diesen Gründen sei den freien Dienstnehmern der Freibetrag gemäß § 32 Abs. 4 Z. 2 StudFG zuzuerkennen, weil sonst eine "verfassungsrechtlich nicht gewollte Ungleichbehandlung gleicher Tätigkeiten" vorläge.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde - unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der angewendeten Bestimmungen -

im Wesentlichen aus, die Rechtslage habe sich in Bezug auf die Zuverdienstgrenze von Einkünften Studierender tatsächlich mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 47/2008 geändert, durch das die Zuverdienstgrenze vereinheitlicht auf EUR 8.000,-- angehoben worden sei. Für Einkünfte im Kalenderjahr 2006 sei jedoch die bis geltende Rechtslage anzuwenden, die eine Unterscheidung in der Einkunftsart zwischen den selbständigen und nichtselbständigen Einkünften treffe. Die Anwendung von günstigeren Gesetzesbestimmungen auf Sachverhalte, die vor In-Kraft-Treten der geänderten Rechtslage lägen, sei nur dann möglich, wenn dies gesetzlich durch eine Übergangsbestimmung vorgesehen sei. Eine solche Übergangsbestimmung existiere allerdings hier nicht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die von der belangten Behörde herangezogenen Bestimmungen des StudFG in der Fassung des BGBl. I Nr. 20/2006 lauten wie folgt:

"Zumutbare Unterhalts- und Eigenleistungen

§ 31. (…)

(4) Die zumutbare Eigenleistung des Studierenden umfasst den 5 814 Euro übersteigenden Betrag seiner Bemessungsgrundlage. Bei Berechnung der Studienbeihilfe ist hinsichtlich der zumutbaren Eigenleistung vorerst von den Angaben des Studierenden gemäß § 12 Abs. 3 auszugehen. Nach Vorliegen sämtlicher Nachweise über das Jahreseinkommen ist eine abschließende Berechnung durchzuführen. Die Differenz der ausbezahlten Studienbeihilfe zu einer sich dabei ergebenden höheren Studienbeihilfe ist von der Studienbeihilfenbehörde an den Studierenden auszubezahlen.

(…)

Ruhen des Anspruches

§ 49. (…)

(3) Der Anspruch auf Studienbeihilfe ruht während eines Kalenderjahres in dem Ausmaß, in dem die Bemessungsgrundlage des Studierenden 5 814 Euro übersteigt. Einkünfte des Studierenden in Monaten, für die keine Studienbeihilfe ausbezahlt wird, bleiben dabei außer Betracht.

(…)

§ 51. (1) Studierende haben zurückzuzahlen:

(…)

3. Studienbeihilfenbeträge, die nach dem Eintritt eines gesetzlichen Erlöschensgrundes oder während des Ruhens des Anspruches ausbezahlt wurden;"

Die Beschwerde bringt im Wesentlichen vor, die belangte Behörde lege dem angefochtenen Bescheid die Vorschriften des Studienförderungsgesetzes 1992 in der Fassung des BGBl. I Nr. 20/2006 zugrunde und nicht die zum Entscheidungszeitpunkt geltende Fassung des zitierten Gesetzes. Das Fehlen einer entsprechenden Übergangsbestimmung in der Novelle BGBl. I Nr. 47/2008 sei angesichts der "klaren Intention" des Gesetzgebers nur als planwidrige Regelungslücke anzusehen. Bei Berücksichtigung dieser Intention hätten die Vorschriften des BGBl. I Nr. 47/2008 von der belangten Behörde so ausgelegt werden müssen, dass die neue Rechtslage analog auf alle zum bereits anhängigen Verfahren anzuwenden sei, "um die planwidrige Regelungslücke zu schließen". Bei einer solchen Anwendung des Gesetzes ergäbe sich keine dem Beschwerdeführer zumutbare Eigenleistung im Kalenderjahr 2006 und daher auch keine Rückzahlungsverpflichtung.

Mit diesem Vorbringen gelingt es der Beschwerde allerdings nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Rechtsmittelbehörde im Allgemeinen das im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides geltende Recht anzuwenden. Eine andere Betrachtungsweise ist unter anderem dann geboten, wenn darüber abzusprechen ist, was an einem bestimmten Stichtag oder in einem konkreten Zeitraum rechtens war. So kann sich aus dem Regelungsgegenstand der Norm, um deren Anwendung es geht, implizit ergeben, dass auf einen bestimmten Zeitpunkt oder einen bestimmten Zeitraum abgestellt wird.

Der Gerichthof hat bereits ausgesprochen, dass es sich bei den Ansprüchen auf Studienbeihilfe nach den Bestimmungen des StudFG um zeitraumbezogene Ansprüche handelt (vgl. die Erkenntnisse vom , Zl. 91/12/0077, und vom , 94/12/0360, jeweils mwN).

Nach diesen Grundsätzen war für die Frage, ob der Beschwerdeführer verpflichtet ist, Beträge, die ihm im Jahr 2006 bewilligt und ausbezahlt wurden, zurückzuzahlen, daher nicht die im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltende Rechtslage maßgebend, sondern, weil in dieser Hinsicht eine zeitraumbezogene Beurteilung vorzunehmen ist (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/12/0009), die - von der belangten Behörde angewendete - im Jahr 2006 geltende Rechtslage.

Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht liegt auch keine "planwidrige Regelungslücke" in Hinblick auf mangelnde Übergangsbestimmungen des Gesetzes BGBl. I Nr. 47/2008 vor; so ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien sogar die eindeutige Absicht des Gesetzgebers, die mit der Novelle verbundene Anhebung der Studienbeihilfen erst mit Wintersemester 2008/09 in Kraft treten zu lassen (s. 405 BlgNR XXIII. GP, 11).

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am