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VwGH 14.06.2012, 2009/10/0161

VwGH 14.06.2012, 2009/10/0161

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
NatSchG Bgld 1990 §5 lita Z1;
VwRallg;
RS 1
Dem Bgld NatSchG 1990 sind keine ausdrücklichen Bestimmungen darüber zu entnehmen, aus welchen Materialien Hochstände und Ansitze auszuführen sind. Die Ausnahmebestimmung in § 5 lit. a Z. 1 legcit, welche sich auf Hochstände und Ansitze bezieht, die "üblicherweise zur rechtmäßigen Ausübung der Jagd erforderlich sind", stellt aber gerade (durch Verwendung des Wortes "üblicherweise") auf die vorherrschenden faktischen Gepflogenheiten der Errichtung solcher Hochstände und Ansitze ab, sodass besondere jagdliche Erfordernisse des konkreten Falles nicht in die Auslegung dieser Ausnahmebestimmung einfließen können.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner sowie die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des JZ in N, vertreten durch die Dax & Partner Rechtsanwälte GmbH in 7540 Güssing, Europastraße 1, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom , Zl. 5-N-B4551/2- 2009, betreffend naturschutzbehördlichen Entfernungsauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 55 Abs. 2 und 3 iVm § 5 lit. a Z. 1 des Burgenländischen Naturschutz- und Landschaftspflegegesetzes (NG 1990) aufgetragen, widerrechtlich errichtete Hochsitze in Form von Metallgerüsten auf näher bezeichneten Grundstücken der KG N. zu entfernen.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Behörde erster Instanz habe mit Hilfe eines jagdfachlichen Sachverständigen abgeklärt, welche Ausgestaltungen Hochstände und Ansitze, die üblicherweise der Jagdausübung dienten (vgl. § 5 lit. a Z. 1 NG 1990), haben sollten. Der Sachverständige habe in seiner "gutachtlichen Stellungnahme" Tatsachen hinsichtlich der gegenständlichen Ausgestaltung der Hochstände erhoben und weiters dargelegt, wie üblicherweise solche Anlagen auszusehen hätten, wobei er eine Bestimmung des Kärntner Jagdgesetzes 2000 als Auslegungshilfe heranziehe. Der Sachverständige habe ausgeführt, dass Stahlrohre, wie sie üblicherweise in der Bauwirtschaft Verwendung fänden, keine üblichen Materialien seien, aus denen Hochstände gefertigt würden.

Soweit der Sachverständige auf diese "Hochsitz-Regelung" der Kärntner jagdrechtlichen Gesetzgebung verweise, der zufolge für die Ausgestaltung nur natürliche Bausubstanzen verwendet werden dürften, so sei das Vorliegen dieser gesetzlichen Bestimmung als Tatsache zu werten, aus welcher Schlussfolgerungen über die übliche Bauweise von Hochständen und Ansitzen im Allgemeinen gezogen würden. Nach Ansicht der belangten Behörde sei in diesen Darlegungen des Sachverständigen keine Unschlüssigkeit zu erkennen.

Auch aus der Zielsetzung des NG 1990, welche im Schutz und der Bewahrung der Natur- und Landschaft vor nachteiligen und nachhaltigen Einflüssen, Störungen oder Beeinträchtigungen liege (vgl. etwa § 1 NG 1990), sei die Intention des Gesetzgebers abzuleiten, dass Einrichtungen mit "naturfernen" Materialien, wie sie Stahlrohre bzw. Konstruktionen in Stahlbauweise darstellten, nicht unter den Ausnahmetatbestand des § 5 lit. a Z. 1 NG 1990 zu subsumieren seien.

Da für die Errichtung der gegenständlichen Hochsitze eine naturschutzbehördliche Bewilligung unbestritten nicht erteilt worden sei, sei der gegenständliche Entfernungsauftrag nach § 55 Abs. 2 NG 1990 zu erteilen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das Burgenländische Naturschutz- und Landschaftspflegegesetz - NG 1990, LGBl. Nr. 27/1991 in der hier maßgeblichen Fassung des LGBl. Nr. 24/2009, hat auszugsweise den folgenden Inhalt:

"§ 1

Zielsetzungen

(1) Dieses Gesetz dient dem Schutze und der Pflege der Natur und Landschaft in allen Erscheinungsformen und erklärt in diesem Zusammenhang die Zielsetzungen der Richtlinie 92/43/EWG und der Richtlinie 79/409/EWG sowie die Verpflichtungen aus völkerrechtlichen Übereinkommen und Konventionen für verbindlich.

Es werden insbesondere geschützt:

a) die Vielfalt, Eigenart, Schönheit und der Erholungswert der Natur und Landschaft,

b) das ungestörte Wirkungsgefüge des Lebenshaushaltes der Natur (Ablauf natürlicher Prozesse und Entwicklungen) und

c) der Artenreichtum der heimischen Tier- und Pflanzenwelt (Artenschutz) und deren natürliche Lebensräume sowie Lebensgrundlagen (Biotopschutz).

(2) Dieses Gesetz dient darüberhinaus der notwendigen und verantwortungsbewussten Anpassung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung an die vorhandenen unvermehrbaren natürlichen Erscheinungsformen.

(…)

§ 5

Bewilligungspflichtige Vorhaben zum Schutze der freien

Natur und Landschaft

Folgende Vorhaben bedürfen auf Flächen, die im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde nicht als Wohn-, Dorf-, Geschäfts-, Industrie- und Betriebsgebiete, gemischte Baugebiete oder als Verkehrsflächen (§§ 14 Abs. 3 lit. a bis f, 15 Burgenländisches Raumplanungsgesetz, LGBl. Nr. 18/1969) ausgewiesen sind, einer Bewilligung:

a) die Errichtung und Erweiterung von

1. Gebäuden und anderen hochbaulichen Anlagen mit Ausnahme mobiler Folientunnel für Zwecke der pflanzlichen Produktion im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes, Baustelleneinrichtungen für eine bestimmte Zeit, Anlagen im Rahmen einer Veranstaltung für längstens 2 Wochen, Einrichtungen zur Wartung oder Kontrolle behördlich genehmigter Anlagen, Hochständen und Ansitzen, die üblicherweise zur rechtmäßigen Ausübung der Jagd erforderlich sind, künstlerisch wertvollen Skulpturen, historischen Denkmalen und Kapellen;

(…)

§ 55

Gefahr im Verzug und Wiederherstellung

(…)

(2) Wurden Maßnahmen, die nach diesem Gesetz oder einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnung verboten oder bewilligungspflichtig sind, entgegen dem Verbot, ohne Bewilligung wesentlich abweichend von der Bewilligung oder entgegen einer Verfügung nach Abs. 1 ausgeführt oder ist eine Bewilligung nach § 53 Abs. 1 lit. c erloschen, ist die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes von der Behörde binnen angemessener festzusetzender Frist aufzutragen. Ist die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes nicht möglich oder zweckmäßig oder würde dies den Zielsetzungen dieses Gesetzes widersprechen, können entsprechende Maßnahmen zur Herbeiführung eines den Interessen des Schutzes und der Pflege der Natur und Landschaft möglichst weitgehend Rechnung tragenden Zustandes vorgeschrieben werden.

(3) Die Wiederherstellung oder sonstige nach Abs. 2 zu setzende Maßnahmen obliegen in den Fällen, in denen Maßnahmen abweichend von einer Bewilligung ausgeführt werden, der Antragstellerin oder dem Antragsteller sowie deren oder dessen Rechtsnachfolgerin oder Rechtsnachfolger; im Übrigen jener Person, welche die Maßnahmen veranlasst oder gesetzt hat. Die Grundeigentümerin oder der Grundeigentümer und sonstige Berechtigte haben die Durchführung der Maßnahmen zu dulden.

(…)"

Dem angefochtenen Bescheid liegt die auf sachverständiger Grundlage gewonnene Auffassung zugrunde, die Ausnahmebestimmung des § 5 lit. a Z. 1 NG 1990 betreffend Hochstände und Ansitze, "die üblicherweise zur rechtmäßigen Ausübung der Jagd erforderlich sind", umfasse nicht Hochstände, die - wie im vorliegenden Fall - aus Stahlrohren gefertigt seien.

Zur Bekämpfung dieser behördlichen Auffassung wendet sich die Beschwerde u.a. gegen die im Verwaltungsverfahren eingeholte "gutachtliche Stellungnahme" eines jagdfachlichen Amtssachverständigen und bringt dazu im Wesentlichen vor, dabei handle es sich keinesfalls um ein "den Bestimmungen des AVG entsprechendes Gutachten", weil dieser Stellungnahme eine Befundung der Hochsitze in der Natur gar nicht zu entnehmen sei.

Damit wird allerdings eine Mangelhaftigkeit des jagdfachlichen Gutachtens nicht aufgezeigt, legt doch der Amtssachverständige darin in nachvollziehbarer Weise (nämlich durch Verweis auf den Gegenstandsakt) dar, auf welche Grundlagen er sich bei der Befunderstellung gestützt hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/03/0223).

In ihrem weiteren Vorbringen zur Entkräftung des Gutachtens behauptet die Beschwerde im Wesentlichen, der Sachverständige habe lediglich die Bestimmung des § 68 Abs. 1 Z. 25 Kärntner Jagdgesetz 2000 (ein Verbot, für die Errichtung u.a. von Hochständen oder Hochsitzen - ausgenommen jeweils für die Abdeckung und allfällige Fensterverglasungen - andere als natürliche, der Umgebung angepasste Baustoffe zu verwenden) herangezogen; diese Ausführungen des Sachverständigen entbehrten jeder Grundlage und seien eine dessen Fachgebiet überschreitende und damit unzulässige Mutmaßung. In diesem Zusammenhang beruft sich die Beschwerde auch auf lexikalische Definitionen der Begriffe "Hochstände" bzw. "Ansitze" sowie auf konkrete Angebote im Internet.

Mit diesem Vorbringen tritt allerdings die Beschwerde dem jagdfachlichen Gutachten, das im Übrigen auch auf faktischen Feststellungen zu Jagdeinrichtungen im gegenständlichen Revier sowie in anderen Revieren und auf Informationen aus Fachpublikationen beruht, nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen. Es begegnet somit keinen Bedenken des Gerichtshofes, wenn die belangte Behörde dem angefochtenen Bescheid das jagdfachliche Gutachten zugrunde gelegt hat.

Im Übrigen weist die Beschwerde in ihrer Rechtsrüge zwar zu Recht darauf hin, dass den einschlägigen landesgesetzlichen Regelungen (neben dem NG 1990 auch dem Burgenländischen Jagdgesetz 2004) keine ausdrücklichen Bestimmungen darüber zu entnehmen sind, aus welchen Materialien Hochstände und Ansitze auszuführen seien. Die hier maßgebliche Ausnahmebestimmung in § 5 lit. a Z. 1 NG 1990, welche sich auf Hochstände und Ansitze bezieht, die "üblicherweise zur rechtmäßigen Ausübung der Jagd erforderlich sind", stellt aber gerade (durch Verwendung des Wortes "üblicherweise") auf die vorherrschenden faktischen Gepflogenheiten der Errichtung solcher Hochstände und Ansitze ab; diese hat die belangte Behörde zulässigerweise unter Heranziehung eines Sachverständigen erhoben.

In der Verfahrensrüge macht die Beschwerde geltend, die belangte Behörde habe keine Ermittlungen dazu durchgeführt, dass im vorliegenden Fall die Jagd auf Schwarzwild über eine derart große Fläche nur mit einem entsprechend hohen Hochstand in verwindungssteifer und starrer Konstruktion und unter entsprechenden statischen Voraussetzungen möglich sei.

Der damit behauptete Verfahrensmangel liegt allerdings nicht vor:

Zum einen hat der Beschwerdeführer ein derartiges konkretes Vorbringen im Verwaltungsverfahren gar nicht erstattet (§ 41 Abs. 1 erster Satz VwGG). Zum anderen bezieht sich die hier interessierende Ausnahmebestimmung lediglich auf Hochstände und Ansitze, die "üblicherweise" zur rechtmäßigen Ausübung der Jagd erforderlich sind, sodass besondere jagdliche Erfordernisse des konkreten Falles nicht in die Auslegung dieser Ausnahmebestimmung einfließen können.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
NatSchG Bgld 1990 §5 lita Z1;
VwRallg;
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut
des Gesetzes VwRallg3/2/1
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2012:2009100161.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
MAAAE-91587