VwGH vom 17.02.2010, 2007/08/0136
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des W P in G, vertreten durch Stenitzer Stenitzer Rechtsanwälte OEG in 8430 Leibnitz, Hauptplatz 32-34, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steiermark vom , Zl. LGS600/SfA/0566/2007-He/S, betreffend Rückforderung von Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer hat laut Einkommenssteuerbescheid des Finanzamtes D vom im Jahr 2005 ein Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit sowie aus Gewerbebetrieb (nach Abzug der Sonderausgaben) von insgesamt EUR 13.709,12 erzielt. Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2005 durchgehend selbständig erwerbstätig war.
Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice L (in der Folge: AMS L) vom wurde der Beschwerdeführer verpflichtet, das für den Zeitraum vom 1. Jänner bis zu Unrecht bezogene Arbeitslosengeld in Höhe von EUR 7.688,72 zurückzuzahlen, und dies damit begründet, dass er laut Einkommensteuerbescheid 2005 ein Einkommen über der Geringfügigkeitsgrenze (von EUR 323,46) erzielt habe.
Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung des Beschwerdeführers gab die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom insofern statt, als der Rückforderungsbetrag auf EUR 3.336,88 berichtigt wurde.
In der Begründung dazu wies die belangte Behörde neben Zitierung der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen zunächst darauf hin, dass der Beschwerdeführer in den dem Arbeitsmarktservice übermittelten Erklärungen aus dem Jahr 2005, in denen er sein Bruttoeinkommen bekannt gegeben habe, wiederholt informiert worden sei, dass der Leistungsanspruch endgültig nach Vorlage des Einkommensteuerbescheides für das betreffende Jahr beurteilt werde.
Im Weiteren ermittelte die belangte Behörde auf Grundlage der vom Beschwerdeführer vorgelegten Einkommens- und Umsatzsteuerbescheide für das Jahr 2005 ausgehend von einem Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 EStG vom EUR 13.709,12 abzüglich der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von EUR 7.556,72 ein Jahresbruttoeinkommen für 2005 (gemeint wohl: aus selbständiger Erwerbstätigkeit) von EUR 6.152,40 und ein daraus resultierendes monatliches Bruttoeinkommen von EUR 512,70. Zwar würden 11,1 % des Umsatzes (in der Höhe von EUR 183,14) unter der Geringfügigkeitsgrenze liegen, jedoch überschreite damit das monatliche Bruttoeinkommen (gemeint wohl: aus selbständiger Erwerbstätigkeit) in Höhe von EUR 512,70 eindeutig die aktuelle Geringfügigkeitsgrenze gemäß § 5 Abs. 2 ASVG (von EUR 323,46), sodass der Beschwerdeführer im verfahrensrelevanten Zeitraum nicht als arbeitslos gelte, womit der Rückforderungstatbestand gemäß § 25 Abs. 1 dritter Satz AlVG erfüllt sei. In Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides sei jedoch die ungerechtfertigt empfangene Leistung (von insgesamt EUR 7.688,72) nur bis zur Höhe des erzielten Einkommens rückzufordern. Dieser Betrag von EUR 3.336,88 ergebe sich aus EUR 5.744,57 (Nettoeinkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit 2005) geteilt durch 365 (Tage der selbständigen Erwerbstätigkeit 2005) multipliziert mal 212 (Anzahl der Bezugstage).
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 12 Abs. 1 AlVG ist arbeitslos, wer nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat.
Gemäß § 12 Abs. 3 lit. b AlVG gilt insbesondere nicht als arbeitslos im Sinne der Abs. 1 und 2, wer selbständig erwerbstätig ist.
Als arbeitslos gilt jedoch gemäß § 12 Abs. 6 lit. c AlVG, wer selbständig erwerbstätig ist bzw. selbständig arbeitet und daraus ein Einkommen gemäß § 36a AlVG erzielt oder im Zeitraum der selbständigen Erwerbstätigkeit bzw. der selbständigen Arbeit einen Umsatz gemäß § 36b AlVG erzielt, wenn weder das Einkommen zuzüglich Sozialversicherungsbeiträge, die als Werbungskosten geltend gemacht wurden, noch 11,1 vH des Umsatzes die im § 5 Abs. 2 ASVG angeführten Beträge übersteigt.
Gemäß § 24 Abs. 2 AlVG ist, wenn sich die Zuerkennung oder die Bemessung des Arbeitslosengeldes als gesetzlich nicht begründet herausstellt, die Zuerkennung zu widerrufen oder die Bemessung rückwirkend zu berichtigen.
Nach § 25 Abs. 1 AlVG ist bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Der Leistungsempfänger ist auch dann zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich ohne dessen Verschulden auf Grund eines nachträglich vorgelegten Einkommensteuer- oder Umsatzsteuerbescheides ergibt, dass die Leistung nicht oder nicht in diesem Umfang gebührte; in diesem Fall darf jedoch der Rückforderungsbetrag das erzielte Einkommen nicht übersteigen.
Eine Verpflichtung zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen einschließlich der Aberkennung des Anspruches auf Arbeitslosengeld gemäß Abs. 2 oder eine Verfügung zur Nachzahlung ist für Zeiträume unzulässig, die länger als fünf Jahre, gerechnet ab Kenntnis des maßgeblichen Sachverhaltes durch die regionale Geschäftsstelle, zurückliegen (§ 25 Abs. 6 leg. cit.).
§ 36a AlVG in der Fassung BGBl. I Nr. 128/2003 hat
auszugsweise folgenden Wortlaut:
"Einkommen
§ 36a. (1) Bei der Feststellung des Einkommens für die Beurteilung des Vorliegens von Arbeitslosigkeit (§ 12 Abs. 6 lit. a bis e), des Anspruchs auf Familienzuschlag (§ 20 Abs. 2 und 5) und für die Anrechnung auf die Notstandshilfe ist nach den folgenden Absätzen vorzugehen.
(2) Einkommen im Sinne dieses Bundesgesetzes ist das Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400, in der jeweils geltenden Fassung, zuzüglich den Hinzurechnungen gemäß Abs. 3 und dem Pauschalierungsausgleich gemäß Abs. 4. Einkommensteile, die mit dem festen Satz des § 67 des Einkommenssteuergesetzes 1988 zu versteuern sind, bleiben außer Betracht. Die Winterfeiertagsvergütung gemäß § 13j Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, BGBl. Nr. 414/1972, in der jeweils geltenden Fassung, bleibt außer Betracht. Bezüge aus einer gesetzlichen Unfallversorgung sowie aus einer Unfallversorgung der Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen sind nur zur Hälfte zu berücksichtigen.
...
(5) Das Einkommen ist wie folgt nachzuweisen:
1. bei Personen, die zur Einkommensteuer veranlagt werden, durch die Vorlage des Einkommensteuerbescheides für das Kalenderjahr, in dem die Leistung nach diesem Bundesgesetz bezogen wird, und bis zum Vorliegen dieses Bescheides auf Grund einer jeweils monatlich im nachhinein abzugebenden Erklärung des selbständig Erwerbstätigen und geeigneter Nachweise;
...
(7) Als monatliches Einkommen gilt bei durchgehender selbständiger Erwerbstätigkeit ein Zwölftel des sich ergebenden Jahreseinkommens, bei nur vorübergehender selbständiger Erwerbstätigkeit das anteilsmäßige Einkommen in den Monaten, in denen selbständige Erwerbstätigkeit vorlag. Bis zum Vorliegen des Einkommensteuerbescheides für das betreffende Kalenderjahr ist das Einkommen in einem bestimmten Kalendermonat jeweils durch Zusammenrechnung des für diesen Kalendermonat nachgewiesenen Einkommens mit den für frühere Kalendermonate desselben Kalenderjahres nachgewiesenen Einkommen geteilt durch die Anzahl der Monate im Kalenderjahr, für die eine Einkommenserklärung vorliegt, zu ermitteln."
Die in § 36a Abs. 5 Z. 1 AlVG enthaltene Anordnung, dass das Einkommen durch die Vorlage des Einkommensteuerbescheides nachzuweisen ist, bedeutet eine zwecks Erleichterung des praktischen Vollzuges angeordnete Bindung der Behörden der Arbeitsmarktverwaltung an das Einkommensteuerrecht, wobei das im Einkommensteuerbescheid ausgewiesene Einkommen insoweit heranzuziehen ist, als es aus Einkünften aus selbständiger Tätigkeit, d.h. aus den Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 Z. 2 und 3 EStG 1988 resultiert (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/08/0171, mwN).
Zunächst ist im vorliegenden Zusammenhang festzuhalten, dass bei der Ermittlung des gemäß § 12 Abs. 6 lit. c AlVG maßgeblichen Monatseinkommens auch das Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit aus Zeiten ohne Leistungsbezug aus der Arbeitslosenversicherung, die auf Grund des § 36a AlVG maßgebend sind, einzubeziehen ist. Als Zeitraum der selbständigen Erwerbstätigkeit ist der gesamte Zeitraum anzusehen, während dessen eine selbständige Erwerbstätigkeit durch das Anbieten insbesondere von Dienstleistungen gegen Entgelt ausgeübt wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/08/0069).
In der vorliegenden Beschwerde bringt der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass im Zeitraum des Bezuges von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung (vom 1. Jänner bis ) sein jeweiliges monatliches Einkommen nach den von ihm vorgelegten Erklärungen die Geringfügigkeitsgrenze (von EUR 323,46) nicht überschritten habe. Er vermeint, dass die belangte Behörde in unrichtiger Anwendung des § 36a Abs. 5 Z. 1 AlVG unzulässigerweise aus dem Jahreseinkommen des Beschwerdeführers ein "völlig fiktives" Durchschnittseinkommen auch für jene Monate errechnet habe, in denen der Beschwerdeführer Arbeitslosengeld bezogen habe, und dass deshalb die Rückforderung unzulässig sei.
Dabei verkennt der Beschwerdeführer, dass - wie im vorliegenden Fall einer unbestrittenen durchgehenden selbständigen Erwerbstätigkeit während eines Kalenderjahres - bei der Prüfung, ob die Geringfügigkeitsgrenze gemäß § 5 Abs. 2 ASVG überschritten worden sei, nach den zuvor wiedergegebenen eindeutigen gesetzlichen Bestimmungen (§ 36a Abs. 5 Z. 1 iVm Abs. 7 AlVG) als monatliches Einkommen ein Zwölftel des sich aus dem Einkommenssteuerbescheid ergebenden Jahreseinkommens heranzuziehen ist.
Damit geht auch der weitere Einwand einer unrichtigen Tatsachenfeststellung infolge unrichtiger Beweiswürdigung hinsichtlich des von der belangten Behörde nachvollziehbar aus diesem Nettoeinkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit im Jahr 2005 ermittelten täglichen Nettoeinkommens von EUR 15,74 ins Leere.
Soweit sich der Beschwerdeführer darüber hinaus auf eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung des AMS L beruft, wonach zwar während der Bezugsdauer an Arbeitslosengeld die Geringfügigkeitsgrenze nicht überschritten werden dürfe, aber sein Einkommen nach Ende der Bezugsdauer dafür unerheblich sei, kann er mit diesem Vorbringen der Beschwerde ebenso wenig zum Erfolg verhelfen, da daraus allenfalls amtshaftungsrechtliche Ansprüche entstehen könnten.
Dem im Weiteren erhobenen Verjährungseinwand ist zu entgegnen, dass die in § 25 Abs. 6 AlVG normierte Frist von fünf Jahren, gerechnet ab Kenntnis des maßgeblichen Sachverhaltes durch die regionale Geschäftsstelle, nicht überschritten wurde.
Die belangte Behörde ist somit zu Recht vom Vorliegen des Rückforderungstatbestandes gemäß § 25 Abs. 1 dritter Satz AlVG ausgegangen. Gegen die Rechtmäßigkeit der Berechnung, die vom Beschwerdeführer mit Ausnahme der Heranziehung des Jahreseinkommens unbekämpft blieb, bestehen keine Bedenken.
Die Beschwerde war daher als unbegründet gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am