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VwGH vom 22.05.2013, 2011/18/0259

VwGH vom 22.05.2013, 2011/18/0259

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Sulzbacher, Mag. Eder, Mag. Feiel und Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS-FRG/42/9757/2011-6, betreffend Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot (mitbeteiligte Partei: S in W; weitere Partei:

Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird im bekämpften Umfang, nämlich soweit gegen den Mitbeteiligten ein bis gültiges Einreiseverbot erlassen wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Mitbeteiligten, einen marokkanischen Staatsangehörigen, eine auf § 52 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) gestützte Rückkehrentscheidung und verband diese mit einem Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 1 und Abs. 3 Z 1 FPG, das sie bis zum befristete.

Begründend führte die belangte Behörde - auf das hier Wesentliche zusammengefasst - aus, dem Mitbeteiligten seien in den Jahren 1994 bis 1997 immer wieder Visa für befristete Aufenthalte in Österreich ausgestellt worden.

Am habe der zu dieser Zeit in Österreich aufhältige Mitbeteiligte einen "Sichtvermerksantrag" eingebracht, den er mit der am mit der österreichischen Staatsbürgerin P geschlossenen Ehe begründet habe. P sei allerdings in der Folge am verstorben.

Am (lt. Verwaltungsakten richtig: ) sei dem - bis dahin in Österreich gebliebenen -

Mitbeteiligten schließlich eine bis gültige Aufenthaltsberechtigung erteilt worden; diese sei in der Folge bis verlängert worden.

Der Mitbeteiligte sei immer wieder straffällig geworden. Er sei im Jahr 1998 rechtskräftig wegen Sachbeschädigung, im Jahr 2001 wegen Einbruchsdiebstahls und versuchten Betruges und im Jahr 2003 wegen versuchten Einbruchsdiebstahls und (der in den Verwaltungsakten erliegenden Urteilskopie zufolge: schweren) Körperverletzung verurteilt worden. Über ihn seien dafür eine bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe von fünf Monaten, eine unbedingte Freiheitsstrafe von sechs Monaten und eine bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe von achtzehn Monaten verhängt worden. Im Jahr 2004 sei er - in Deutschland - wegen des Besitzes von Heroin und Haschisch aufgegriffen und (nach der in den Verwaltungsakten erliegenden Urteilskopie: wegen Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln) nach dem deutschen Betäubungsmittelgesetz rechtskräftig zu achtzehn Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden. Zur letztgenannten Verurteilung habe das (österreichische) Justizministerium mit Schreiben vom erklärt, dass die in Deutschland ergangene Verurteilung einer Verurteilung im Inland im Sinn des § 73 StGB gleichzuhalten und die Tat als Verbrechen nach § 12 StGB iVm § 28 Abs. 1 und Abs. 2 Suchtmittelgesetz zu werten sei.

Des Weiteren seien gegen den Mitbeteiligten in Deutschland eine Ausweisung und ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden.

Im gegenständlichen aufenthaltsbeendenden Verfahren habe der Mitbeteiligte vorgebracht, im Jahr 1994 als Saisonarbeiter in Österreich eingereist zu sein. Er lebe hauptsächlich von seiner Witwerpension. Im Weiteren stellte die belangte Behörde die bisherigen Erwerbstätigkeiten des Mitbeteiligten dar.

In ihrer rechtlichen Beurteilung ging die belangte Behörde - erkennbar - davon aus, dass sich der Mitbeteiligte im Zeitpunkt ihrer Entscheidung nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, weshalb gegen ihn eine Rückkehrentscheidung zu erlassen sei. Zum damit von ihr verbundenen Einreiseverbot führte die belangte Behörde nach Wiedergabe von Vorschriften des Tilgungsgesetzes 1972 (TilgG) aus, es sei aus § 4 TilgG zu folgern, dass sämtliche Verurteilungen des Mitbeteiligten bislang noch nicht getilgt seien. Sohin dürfe im Hinblick auf die gegen ihn ergangenen Verurteilungen gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 FPG ein Einreiseverbot erlassen werden, das höchstens auf die Dauer von zehn Jahren befristet werden dürfe. Die für die Erlassung des Einreiseverbotes gesetzlich geforderte Gefahr sei gegeben, was die belangte Behörde in erster Linie mit dem vom Mitbeteiligten begangenen Handel mit Heroin und mit der deswegen zu einer mehr als einer einjährigen Freiheitsstrafe erfolgten Verurteilung begründete. Des Weiteren nahm sie Bedacht darauf, dass der Mitbeteiligte seit dem Jahr 2000 seine kriminelle Energie immer weiter verstärkt habe, und bezog in die Würdigung auch die persönliche Situation des Mitbeteiligten ein.

Auch im Rahmen der Beurteilung nach § 61 FPG gelangte die belangte Behörde zum Ergebnis, dass von der Erlassung der gegenständlichen fremdenpolizeilichen Maßnahme nicht Abstand zu nehmen sei.

Schließlich merkte die belangte Behörde zur von ihr festgelegten Dauer des Einreiseverbotes an, dass dieses mit dem konkreten Datum "" zu befristen sei. Der Gesetzgeber habe durch die Bestimmung des § 53 Abs. 5 FPG zum Ausdruck gebracht, dass "im Falle der Tilgung einer für die Heranziehung der Bestimmung des § 53 Abs. 3 FPG maßgeblichen Verurteilung aus dieser Verurteilung keine weitere, vom jeweiligen Fremden ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung anzunehmen" sei. Nach den Vorschriften des TilgG würden die Verurteilungen am getilgt sein. Dieser Zeitpunkt liege mehr als fünf Jahre nach dem Zeitpunkt der Erlassung des gegenständlichen Bescheides. Es sei daher ab diesem Zeitpunkt nicht mehr vom Vorliegen einer vom Mitbeteiligten ausgehenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit auszugehen. Somit lägen ab diesem Zeitpunkt auch nicht mehr die Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung des Einreiseverbotes vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid von der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (nunmehr: Landespolizeidirektion Wien) erhobene Amtsbeschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde - der Mitbeteiligte hat sich zur Beschwerde nicht geäußert - erwogen:

Zunächst ist festzuhalten, dass sich die Beurteilung des gegenständlichen Falles im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides im Oktober 2011 nach den Bestimmungen des FPG in der Fassung des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2011 (FrÄG 2011, BGBl. I Nr. 38) richtet.

Weiters ist eingangs zum Gegenstand der Beschwerde festzuhalten, dass sich diese ihrem Inhalt nach nicht gegen den Ausspruch der Rückkehrentscheidung wendet, sondern lediglich gegen die Erlassung eines bis befristeten Einreiseverbotes. Der Verwaltungsgerichtshof hat diesbezüglich bereits festgehalten, dass es sich bei der Erlassung einer Rückkehrentscheidung einerseits und einem Einreiseverbot andererseits um trennbare Spruchbestandteile handelt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/18/0029, auf dessen Entscheidungsgründe insoweit gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird). Vor diesem Hintergrund erweist sich die alleinige Anfechtung der Erlassung eines Einreiseverbotes als zulässig. Dabei ist allerdings wiederum zu berücksichtigen, dass es sich bei der von der Amtsbeschwerde bekämpften Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Einreiseverbotes um einen vom Ausspruch des Einreiseverbotes nicht trennbaren Inhalt handelt (vgl. dazu ebenfalls das bereits genannte hg. Erkenntnis vom , mwN).

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Ansicht der belangten Behörde, die Befristung des Einreiseverbotes sei mit dem Ende der nach dem TilgG vorgesehenen Tilgungsfrist betreffend die dem Einreiseverbot zugrunde liegenden strafgerichtlichen Verurteilungen des Mitbeteiligten festzulegen. Sie ist damit im Recht.

§ 53 FPG (samt Überschrift) lautet:

"Einreiseverbot

§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung wird ein Einreiseverbot unter Einem erlassen. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für fünf Jahre zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er ist rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Bundesgebiet mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;

3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;

4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;

5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.

(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht."

Gemäß § 53 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für fünf Jahre zu erlassen. Bei der Berücksichtigung der Dauer des Einreiseverbotes hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

§ 53 Abs. 3 FPG legt fest, dass das Einreiseverbot in den Fällen der Z 1 bis 4 für die Dauer von höchstens zehn Jahren befristet und in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet erlassen werden darf, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

Die belangte Behörde geht zwar zutreffend davon aus, dass im gegenständlichen Fall die Verurteilungen des Mitbeteiligten den Tatbestand des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG erfüllten und demgemäß ein für die Dauer von höchstens zehn Jahren gültiges Einreiseverbot erlassen werden durfte. Allerdings steht ihre Ansicht, dass sich aus § 53 Abs. 5 FPG ergebe, die Dauer des Einreiseverbotes dürfe den Zeitpunkt der Tilgung strafgerichtlicher Verurteilungen nach dem TilgG nicht überschreiten, nicht mit dem Gesetz im Einklang.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass eine dem § 53 Abs. 5 FPG vergleichbare Vorschrift das FPG bereits in seiner Fassung vor dem FrÄG 2011 enthielt (vgl. den vormaligen § 60 Abs. 3 FPG). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum früher geltenden § 63 FPG (idF vor dem FrÄG 2011), der die Festlegung der Gültigkeitsdauer eines Aufenthaltsverbotes regelte, war ein Aufenthaltsverbot für jenen Zeitraum zu erlassen, nach dessen Ablauf vorhersehbarerweise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein wird, und auf unbestimmte Zeit (unbefristet) zu erlassen, wenn ein Wegfall des Grundes für seine Verhängung nicht vorhergesehen werden kann. Die Verhängung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, das auch über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren aufrechterhalten werden kann, stellte gegenüber der Verhängung eines - auf höchstens zehn Jahre - befristeten Aufenthaltsverbotes die schwerwiegendere Beeinträchtigung der persönlichen Interessen des Fremden dar. Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes war gemäß § 63 Abs. 2 FPG auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Als maßgebliche Umstände im Sinn dieser Bestimmung kamen - abgesehen vom gesetzten Fehlverhalten und der daraus resultierenden Gefährdung öffentlicher Interessen - auch die privaten und familiären Interessen im Sinne des § 66 FPG (idF vor dem FrÄG 2011) in Betracht (vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/18/0191).

Nach dem nunmehr geltenden § 53 Abs. 2 zweiter Satz FPG ist - wie schon erwähnt - bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes von der Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. In diesem Sinn sind auch die bei einem auf § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 FPG gegründeten Einreiseverbot die dort genannten Umstände als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant sind, zu berücksichtigen.

Vor dem Hintergrund dieser dem § 63 FPG in der Fassung vor dem FrÄG 2011 inhaltlich gleichgelagerten Bestimmungen ist kein Grund zu sehen, weshalb die zum früheren § 63 FPG ergangene hg. Rechtsprechung auf die nunmehr geltende Rechtslage nach dem FrÄG 2011 nicht übertragbar wäre. Vielmehr hat der Verwaltungsgerichthof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2011/21/0237, ausgeführt, dass - abgesehen von der Bewertung des bisherigen Verhaltens des Drittstaatsangehörigen - bei der Entscheidung über die Länge des Einreiseverbotes im Sinn der bisherigen Judikatur zum früher geltenden § 63 FPG darauf abzustellen ist, wie lange die von ihm ausgehende Gefährdung zu prognostizieren ist; außerdem ist auch auf die privaten und familiären Interessen des Drittstaatsangehörigen Bedacht zu nehmen.

Nach der bisherigen Rechtsprechung war allerdings für diese Prognose - trotz des früher geltenden § 60 Abs. 3 FPG sowie der entsprechenden Vorgängerregelungen - das Datum der Tilgung der Verurteilungen eines Drittstaatsangehörigen nicht als ausschlaggebend anzusehen (vgl. zum Fremdengesetz 1992 die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 94/18/0150, und vom , Zl. 93/18/0581; zum Fremdengesetz 1997 das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/18/0018; und zum FPG idF vor dem FrÄG 2011 in diesem Sinn die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2009/18/0405, und vom , Zl. 2011/23/0250). Dass dies auch für die nunmehr geltende Rechtslage zutrifft, ergibt sich nicht zuletzt auch schon aus den dargestellten Bestimmungen des § 53 FPG, die das (bisherige) Verhalten des Drittstaatsangehörigen auch für die Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes in den Mittelpunkt der Betrachtungen rücken. Das steht der Annahme eines zwingenden Wegfalls der maßgeblichen Gefährdung mit der - ex lege eintretenden - Tilgung der dem Einreiseverbot zugrunde liegenden strafgerichtlichen Verurteilungen entgegen.

Im gegebenen Zusammenhang ist allerdings zur Vermeidung von Missverständnissen noch darauf hinzuweisen, dass das Ausschöpfen der vorgesehenen Höchstfristen nicht regelmäßig schon dann erfolgen darf, wenn einer der Fälle des § 53 Abs. 2 Z 1 bis 8 bzw. des Abs. 3 Z 1 bis 8 FPG vorliegt. Eine einzelfallbezogene Bemessung ist vielmehr unabdingbar (vgl. auch dazu nochmals das schon angeführte Erkenntnis vom ).

Die beschwerdeführende Sicherheitsdirektion macht auch geltend, dass sich die von der belangten Behörde gewählte Art der Festlegung der Dauer des Einreiseverbotes mit einem konkreten Datum als rechtswidrig darstelle. Auch darin ist ihr im vorliegenden Fall beizupflichten.

Gemäß § 53 Abs. 4 FPG beginnt die Frist des Einreiseverbotes (ebenso wie im Fall der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nach § 63 Abs. 3 zweiter Satz FPG) mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen (anderes gilt allerdings im Fall der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nach § 67 FPG, in dem die Frist für die Gültigkeit des Aufenthaltsverbotes mit Eintritt der Durchsetzbarkeit zu laufen beginnt, vgl. § 67 Abs. 4 FPG).

Daraus ergibt sich, dass - worauf die Beschwerdeführerin zu Recht hinweist - der Gesetzgeber in den Fällen des § 53 FPG die nach Erlassung des Einreiseverbotes vom Fremden bis zu seiner Ausreise noch in Österreich verbrachte Zeit nicht in die Gültigkeitsdauer des Einreiseverbotes eingerechnet wissen wollte. Vor diesem Hintergrund hat der Verwaltungsgerichtshof im bereits genannten Erkenntnis vom ausgeführt, dass die Gefährdungsprognose auf den Tag der (hypothetischen) Ausreise des Drittstaatsangehörigen bezogen werden muss. Wenngleich die Erläuterungen zum FrÄG 2011 (1078 BlgNR 24. GP) zur damit neu eingeführten Bestimmung des § 53 Abs. 4 FPG nichts enthalten, geht doch aus dem Inhalt dieser Norm deutlich der Gedanke hervor, dass die Effektivität des Einreiseverbotes bezogen auf seine Dauer nicht dadurch eingeschränkt werden soll, dass der Drittstaatsangehörige durch einen Verbleib in Österreich die mit dem Einreiseverbot verbundene Frist des Verbotes einer Rückkehr nach Österreich zu verkürzen oder gar hintanzuhalten trachten könnte. Auf dem Boden dieser Rechtslage verbietet sich aber dann die Annahme, die Dauer des Einreiseverbotes nach § 53 FPG dürfe, wenn der Zeitpunkt der Ausreise nicht feststeht - wie hier im Fall des im Entscheidungszeitpunkt im Bundesgebiet aufhältigen Mitbeteiligten - mit einem von vornherein feststehenden Datum als Endtermin festgelegt werden.

Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid - soweit ein Einreiseverbot erlassen wurde - wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am