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VwGH vom 20.10.2014, Ro 2014/12/0001

VwGH vom 20.10.2014, Ro 2014/12/0001

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

Ro 2014/12/0027 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kupec, über die Beschwerde des F K in W, vertreten durch Mag. Helmut Hohl, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Kegelgasse 1/46, gegen den Bescheid des beim Vorstand der Österreichischen Post Aktiengesellschaft eingerichteten Personalamt vom , Zl. PM/PR-0090- 091957-2013-A01, betreffend Zurückweisung einer Berufung i. A. besoldungsrechtliche Angelegenheiten, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der am geborene Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund, ist der Österreichischen Post Aktiengesellschaft gemäß § 17 des Poststrukturgesetzes zur Dienstleistung zugewiesen und steht im Bereich des Personalamtes Wien in Verwendung.

Mit Bescheid vom war sein Vorrückungsstichtag mit festgesetzt worden.

In seinem formularmäßigen "Antrag auf Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages" vom beantragte er gemäß § 113 Abs. 10 GehG die Neufestsetzung seines Vorrückungsstichtages und seiner daraus resultierenden besoldungsrechtlichen Stellung sowie allenfalls die Nachzahlung von Bezügen aus diesem Anlass; sein

18. Geburtstag sei mehr als drei Jahre nach dem 30. Juni des Jahres, in dem er sein neuntes Schuljahr abgeschlossen habe, gelegen.

Mit Bescheid vom ermittelte das Personalamt Wien den Vorrückungsstichtag gemäß §§ 12 und 113 GehG durch zusätzliche Voransetzung von Zeiten "laut Beilage" mit Wirkung vom mit dem . Nach der kurzen Begründung und der Rechtsmittelbelehrung schließt dieser Bescheid mit dem Hinweis, die Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages bewirke keine Änderung der besoldungsrechtlichen Stellung des Beschwerdeführers.

In seiner Berufung vom focht der Beschwerdeführer diesen Bescheid "lediglich im Hinweis, dass (ihm) keine besoldungsrechtliche Besserstellung zukommt, wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften, Rechtswidrigkeit des Inhalts und unrichtiger rechtlicher Beurteilung" an. Er beantragte, die belangte Behörde "möge

1) den angefochtenen Bescheid aufheben und/oder aussprechen, dass (ihm) aufgrund des neu ermittelten Vorrückungsstichtages () eine besoldungsrechtliche Besserstellung zukommt, nämlich um genau zwei Gehaltsstufen und (ihm) die Nachzahlung der Bezüge zu gewähren ist; in eventu

2) den angefochtenen Bescheid aufheben und zur Verfahrensergänzung und zur neuerlichen Entscheidung zurückverweisen; in eventu

3) eine Berufungsverhandlung anzuberaumen und/oder selbständig die Verfahrensergänzung vorzunehmen."

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gegen den Bescheid des Personalamtes Wien vom hinsichtlich der Ermittlung des Vorrückungsstichtages als unzulässig zurück. Begründend führte sie nach Darstellung des Verfahrensganges in rechtlicher Hinsicht aus:

"Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) ist - sofern die Gesetze nicht anderes anordnen - 'Sache' des Berufungsverfahrens der Gegenstand des Verfahrens in der Vorinstanz, d.h. jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs des angefochtenen Bescheides der Unterinstanz gebildet hat ...

Die Grenzen der Sache, über welche die Berufungsbehörde abzusprechen hat, bestimmen sich nicht nach der Angelegenheit, die vor der untergeordneten Instanz in Verhandlung war, sondern nach dem Gegenstand, der durch den Spruch des Bescheides entschieden wurde ..., d.h. die Berufungsbehörde darf sachlich nicht über mehr absprechen, als Gegenstand der Entscheidung der unteren Instanz war ...

Sind Anträge der Partei im angefochtenen Bescheid nicht oder nur zum Teil erledigt worden, ist die Berufungsbehörde nicht befugt, über die nicht behandelten Anträge bzw. die unerledigten Teile abzusprechen, da sie nicht zur 'Sache', d.h. zum Inhalt des

Spruchs des bekämpften Bescheides, gehören ... Ebenso wenig darf

die Berufungsbehörde ein zusätzliches Begehren zum Gegenstand ihrer Entscheidung machen, das über den in erster Instanz gestellten und entschiedenen Antrag hinausgeht ...

Spricht die Berufungsbehörde über eine Angelegenheit in der Sache ab, die nicht Gegenstand des unterinstanzlichen Bescheides gewesen ist, leidet der Berufungsbescheid an Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der Rechtsmittelbehörde, weil eine derartige Entscheidung nicht in ihre funktionelle Kompetenz fällt ...

Überdies würde die Sachentscheidung das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht der Partei auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzen ...

Die Angelegenheit, die beim Personalamt Wien in Verhandlung stand, war die Absprache über den neu ermittelten Vorrückungsstichtag. Den ermittelten Vorrückungsstichtag haben Sie jedoch nicht, in Ihrer Berufung bekämpft. Ihre Berufung hinsichtlich der Nichtbehandlung Ihrer Anträge auf Feststellung der Verbesserung Ihrer besoldungsrechtlichen Stellung und Nachzahlung von Bezügen war daher aus den oben angeführten Gründen wegen Unzulässigkeit zurückzuweisen."

In der gegen diesen Bescheid am eingebrachten Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Entscheidung über die Nachzahlung seines Gehaltes und besoldungsrechtlicher Besserstellung sowie Vorrückung um zwei Gehaltsstufen verletzt; er beantragt, den angefochtenen Bescheid - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof - wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift abgesehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG sind auf das mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängige Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf dieses Tages geltenden Bestimmungen des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 weiter anzuwenden.

Das Personalamt Wien hatte mit seinem Bescheid vom spruchgemäß ausschließlich über die Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages des Beschwerdeführers abgesprochen. Der abschließende "Hinweis" in diesem Bescheid bildete keinen Bestandteil seines Spruchs im Sinn des § 1 Abs. 1 DVG iVm. § 59 Abs. 1 AVG, sodass ihm keine normative Bedeutung zukam und dieser Bescheid keine normative Aussage über die besoldungsrechtlichen Ansprüche des Beschwerdeführers traf.

Damit gleicht der Beschwerdefall in den für seine Entscheidung wesentlichen Gesichtspunkten - sowohl hinsichtlich des Sachverhaltes als auch hinsichtlich der zu beantwortenden Frage der "Sache" des Berufungsverfahrens - jenem, der dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/12/0040 (mwN), zugrunde lag. Aus den dort genannten Gründen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, war auch die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Anzumerken bleibt freilich, dass sich eine Trennung der beiden in § 113 Abs. 10 GehG vorgesehenen Anträge bzw. Entscheidungen in erster Instanz - jedenfalls rückblickend im Hinblick auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2012/12/0007, sowie auf die dem hg. Vorlagebeschluss vom , Zl. EU 2013/0005, zu Grunde liegenden Rechtsfragen - als höchst unzweckmäßig erweist. Auch ist mit den vorstehenden Ausführungen keine Aussage über die Frage der Rechtmäßigkeit des Vorgehens der erstinstanzlichen Behörde in Ansehung der Vornahme eines abgesonderten Abspruches über den Vorrückungsstichtag verbunden. Eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der diesbezüglichen Vorgangsweise der erstinstanzlichen Behörde hätte der Beschwerdeführer aber nur erzielen können, indem er die isolierte Vornahme der Festsetzung des Vorrückungsstichtages (mit einem Berufungsantrag in Richtung ihrer Aufhebung unter Erteilung eines Auftrages an die erstinstanzliche Behörde darüber gemeinsam mit der besoldungsrechtlichen Stellung zu entscheiden) angefochten hätte (vgl. das zitierte Erkenntnis vom ).

Gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG konnte von einer Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof aus folgenden Erwägungen abgesehen werden:

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat etwa in seiner Entscheidung vom , Speil v. Austria , Nr. 62057/98, unter Hinweis auf seine Vorjudikatur das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung dann als mit der EMRK als vereinbar erachtet, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen. Solche besonderen Umstände erblickte er darin, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht geeignet war, irgend eine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte.

Diese Konstellation liegt auch im Beschwerdefall vor, war doch lediglich anhand des Inhaltes der Bescheide der Dienstbehörden sowie der Berufung des Beschwerdeführers die Rechtsfrage zu beantworten, ob diese Berufung innerhalb der "Sache" des Berufungsverfahrens erhoben worden war oder nicht.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung in Verbindung mit § 3 Z. 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, angefügt durch die Änderung dieser Verordnung durch die Verordnung BGBl. II Nr. 8/2014, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

Fundstelle(n):
ZAAAE-91574