VwGH vom 23.09.2014, Ro 2014/11/0074

VwGH vom 23.09.2014, Ro 2014/11/0074

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Schick und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Revision des J B in W, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS-FSG/49/9438/2013-3, betreffend Erteilung einer Lenkberechtigung (weitere Partei: Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Wien vom erging gegenüber dem Revisionswerber nachfolgender Bescheid:

"Die Landespolizeidirektion Wien - Verkehrsamt - entzieht Ihnen gemäß § 24 Absatz 1 Zif. 1 Führerscheingesetz 1997 die für die Klasse(n) AM und B erteilte Lenkberechtigung.

Gemäß § 25 Absatz 2 Führerscheingesetz 1997 wird verfügt, dass Ihnen die Lenkberechtigung für die Klasse(n) AM und B für die Dauer der gesundheitlichen Nichteignung,

gerechnet ab dem vorgesehenen Wiederaufleben der Lenkberechtigung,

das ist somit nach Absolvierung der Nachschulung, entzogen wird.


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Führerschein ausgestellt von:
BPD Wien
am:
Zahl:
562440/84
Klasse(n)
B

Einer eventuellen Berufung wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 64 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 aberkannt."

Über die dagegen vom Revisionswerber erhobene Berufung entschied die belangte Behörde wie folgt:

"Gemäß § 66 Abs. 4 AVG wird der Berufung insofern Folge gegeben, als dem Berufungswerber eine Lenkberechtigung für die Klassen AM und B auf ein Jahr befristet, gerechnet ab Zustellung dieses Berufungsbescheides, zu erteilen ist.

Als Auflage wird die Beibringung aktueller Laboruntersuchungsbefunde über Leberparameter (CDT, GammaGT und MCV) alle drei Monate, beginnend drei Monate ab Zustellung dieses Berufungsbescheides, vorgeschrieben."

Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung dieser Beschwerde mit Beschluss vom , B 6/2014-4, abgelehnt und mit Beschluss vom , B 6/2014-6, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

Der Verwaltungsgerichtshof forderte den Revisionswerber zur Ergänzung der Revision auf.

In seinem an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten ergänzenden Revisionsschriftsatz führt der Revisionswerber aus, der angefochtene Bescheid widerspreche der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Befristung der Lenkberechtigung und Vorschreibung von Auflagen. Weiter wird in der Revision u.a. vorgebracht, die belangte Behörde habe gegen die Verhandlungspflicht (Hinweis auf Art. 47 Abs. 2 GRC) verstoßen.

Das Verwaltungsgericht Wien legte die Verwaltungsakten vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Revision erwogen:

1. Soweit das Verwaltungsgericht Wien im Schriftsatz vom davon ausgeht, die gegenständliche Revision hätte gemäß § 25a Abs. 5 und § 26 Abs. 4 VwGG (in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2013) beim Verwaltungsgericht eingebracht werden müssen, so ist es darauf hinzuweisen, dass die zuletzt genannten Bestimmungen des VwGG in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem die - gegen einen Bescheid - erhobene Beschwerde gemäß Art. 144 B-VG vom Verfassungsgerichtshof nach dem an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten wurde, nicht zur Anwendung gelangen. Vielmehr ist auf einen solchen Fall § 4 VwGbk-ÜG sinngemäß anzuwenden, sodass die abgetretene Beschwerde als Revision gilt und gemäß § 4 Abs. 5 VwGbk-ÜG die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung anzuwenden sind (vgl. den hg. Beschluss vom , Zl. Ro 2014/10/0029, sowie daran anknüpfend etwa den Beschluss vom , Zlen. Ro 2014/04/0052, 0053). Daher hat der Revisionswerber nach der Abtretung seiner Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof an den Verwaltungsgerichtshof die Revisionsergänzung zu Recht beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht (§ 24 Abs. 1 VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung).

2. Der angefochtene Bescheid, mit welchem dem Beschwerdeführer eine befristete Lenkberechtigung unter einer Auflage erteilt hat, erweist sich schon deshalb als rechtswidrig, weil mit dieser Entscheidung die "Sache" iSd § 66 Abs. 4 AVG überschritten wurde:

Wie dargestellt, war Gegenstand des erstinstanzlichen Bescheides die Entziehung der Lenkberechtigung des Revisionswerbers für die Dauer der gesundheitlichen Nichteignung. Die Berufungsbehörde war daher nur berechtigt, über die Entziehung der Lenkberechtigung des Revisionswerbers abzusprechen.

Indem die Berufungsbehörde im angefochtenen Bescheid über die Erteilung einer Lenkberechtigung, wenn auch unter Vorschreibung einer Auflage und einer Befristung, abgesprochen hat (anders kann der angefochtene Bescheid nicht gedeutet werden), hat sie die Sache des Berufungsverfahrens überschritten und den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Bei diesem Ergebnis bedarf es keiner Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Voraussetzungen für die Befristung der erteilten Lenkberechtigung bzw. für die Vorschreibung der Auflage im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides erfüllt waren (vgl. zur Einschränkung einer Lenkberechtigung aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom , Zl. 2010/11/0067, mwN).

Der angefochtene Bescheid war nach dem Gesagten gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Die Kostentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am