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VwGH 16.02.2011, 2007/08/0089

VwGH 16.02.2011, 2007/08/0089

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
RS 1
Da der Anspruch auf Arbeitslosengeld unter anderem das Vorliegen von Arbeitslosigkeit voraussetzt (§ 7 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 iVm § 12 AlVG), kommt eine Geltendmachung des Arbeitslosengeldanspruchs gemäß § 46 AlVG vor Eintritt der Arbeitslosigkeit nicht in Betracht.
Normen
AHG 1949 §1;
AlVG 1977 §17 Abs3 idF 2007/I/104;
AlVG 1977 §17 Abs4;
AlVG 1977 §46 idF 2004/I/077;
VwRallg;
RS 2
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt § 46 AlVG eine umfassende Regelung der Rechtsfolgen fehlerhafter oder unterlassener fristgerechter Antragstellungen dar. Diese abschließende Normierung lässt es - selbst im Falle des Fehlens eines Verschuldens des Arbeitslosen - nicht zu, die Folgen einer (irrtümlich) unterlassenen rechtzeitigen Antragstellung nachträglich zu sanieren, zumal selbst ein Arbeitsloser, der auf Grund einer von einem Organ des Arbeitsmarktservice schuldhaft erteilten unrichtigen Auskunft einen Schaden erleidet, auf die Geltendmachung allfälliger Amtshaftungsansprüche verwiesen ist (vgl. in diesem Zusammenhang die der zuständigen Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice eingeräumte Ermächtigungsbefugnis nach dem durch die Novelle BGBl. I Nr. 104/2007, RV 298 BlgNR 23. GP, 12, eingefügten § 17 Abs. 3 (jetzt: Abs. 4) AlVG, auf deren Ausübung jedoch kein Rechtsanspruch besteht) und die Fiktion einer dem Gesetz entsprechenden Antragstellung keine gesetzliche Grundlage findet (vgl. zB das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/08/0245 mwN).
Normen
RS 3
Die Behörde hat ein Anbringen, das (nicht formgerecht) auf Erlangung von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung gerichtet ist, jedenfalls als ein auch nach den Bestimmungen des AlVG zulässiges Ansuchen um Ausgabe eines Antragsformulars dadurch zu erledigen, dass sie dem Antragsteller ein solches Formular aushändigt und damit das Verfahren nach § 46 AlVG in Gang setzt (Hinweis: E , 2002/08/0041); auch dies setzt voraus, dass eine Geltendmachung des Anspruchs bereits möglich ist (was hier mangels Arbeitslosigkeit nicht der Fall war).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer, Dr. Doblinger und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der R N in Wien, vertreten durch Dr. Hans Schwarz, Rechtsanwalt in 1100 Wien, Favoritenstraße 108/3, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom , Zl. LGSW/Abt. 3- AlV/05661/2006-9921, betreffend Zuerkennung von Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice P vom wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführerin Arbeitslosengeld ab dem gebühre, da der Anspruch an diesem Tag persönlich geltend gemacht worden sei.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führte die Beschwerdeführerin aus, dass sie am nach längerer beruflicher Tätigkeit in der Schweiz nach Österreich gereist sei und sofort am nächsten Tag, dem , beim Arbeitsmarktservice (bei der Mitarbeiterin T.) vorgesprochen und sich arbeitslos gemeldet habe. Die Mitarbeiterin des Arbeitsmarktservice habe der Beschwerdeführerin jedoch nicht das bundeseinheitliche Antragsformular, sondern ein leeres Formular "E 301 CH" ausgehändigt. Der Beschwerdeführerin sei mitgeteilt worden, dass sie dieses Formular zum zuständigen Arbeitsamt in der Schweiz schicken und nach dessen Retournierung beim Arbeitsmarktservice in Österreich vorlegen solle. Diese Vorlage sei am erfolgt. Die Beschwerdeführerin habe bis dahin mehrmals mit dem in der Arbeitslosenkasse Graubünden in der Schweiz zuständigen Referenten telefoniert, weil die Ausstellung so lange gedauert habe. Als Beweis dafür, dass die Beschwerdeführerin an dem Tag, an dem sie das erste Mal beim Arbeitsmarktservice vorgesprochen habe, nämlich am , das Formular eingeschrieben in die Schweiz geschickt habe, lege sie den Aufgabeschein mit dem Poststempel vom vor. Die Mutter der Beschwerdeführerin helfe ihr bei behördlichen Angelegenheiten und könne bezeugen, dass sie am erstmals beim Arbeitsmarktservice vorgesprochen habe, um Arbeitslosengeld zu beantragen. Deshalb werde die Einvernahme der Mutter der Beschwerdeführerin als Zeugin beantragt.

Die Beschwerdeführerin sei der Meinung gewesen, mit ihrer Vorsprache am Arbeitslosengeld beantragt zu haben. Dies hätte die zuständige Mitarbeiterin beim Arbeitsmarktservice erkennen und der Beschwerdeführerin das für die Beantragung des Arbeitslosengeldes bundeseinheitliche Antragsformular aushändigen müssen. Die Beschwerdeführerin hätte zudem über die Notwendigkeit der Abgabe des ausgefüllten Antragsformulars und über die Rechtsfolgen einer Nichtabgabe aufgeklärt werden müssen. Die Mitarbeiterin des Arbeitsmarktservice habe die Beschwerdeführerin aber in dem subjektiven Glauben gelassen, den Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt zu haben.

Dass die Beschwerdeführerin noch bis zum bei ihrem letzten Arbeitgeber gemeldet gewesen sei, habe sich für sie erst aus dem (von den Schweizer Behörden retournierten) Formular E 301 CH ergeben. Das Arbeitslosengeld sei der Beschwerdeführerin daher ab dem zuzusprechen.

Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens, in dem unter anderem von der Mitarbeiterin T. des Arbeitsmarktservice eine Stellungnahme eingeholt und die Mutter der Beschwerdeführerin als Zeugin vernommen wurde, wies die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom die Berufung ab.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides stellte die belangte Behörde fest, dass sich bezüglich der von der Beschwerdeführerin behaupteten Vorsprache am kein Eintrag in der EDV des Arbeitsmarktservice finde. Das Formular E 301 CH könne nicht vom österreichischen Arbeitsmarktservice ausgegeben worden sein, da die Kurzbuchstaben neben dem Aufdruck E 301 die Buchstabenkennzahl des ausgebenden Landes seien. Das vorliegende Formular sei daher in der Schweiz ausgegeben worden; wäre es in Österreich ausgegeben worden, hätte es den Zusatz "A" neben der Bezeichnung "E 301" enthalten. In einer Stellungnahme vom habe die Beschwerdeführerin nunmehr angegeben, dass ihr gar nicht das Formular "E 301 CH" ausgegeben worden sei, sondern lediglich ein leerer Arbeitsbescheinigungsvordruck, der von der Beschwerdeführerin in die Schweiz geschickt worden sei und nach wie vor beim dort zuständigen Arbeitsamt im Akt aufliege.

Aus der vorgelegten Arbeitgeberbescheinigung sei ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin ihr letztes Dienstverhältnis am zum gekündigt habe. Es sei für die belangte Behörde daher nicht nachvollziehbar, warum die Beschwerdeführerin am angenommen habe, arbeitslos zu sein. Die Beschwerdeführerin selbst habe angegeben, bei der Kündigung nicht über die Fristen Bescheid gewusst zu haben und daher ab arbeitslos gewesen zu sein.

Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass für die Geltendmachung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld das bundeseinheitlich aufgelegte Antragsformular zu verwenden sei. Der Anspruch gelte erst dann als geltend gemacht, wenn das Antragsformular innerhalb der von der regionalen Geschäftsstelle festgesetzten Frist bei der regionalen Geschäftsstelle abgegeben werde. Habe der Arbeitslose die von der regionalen Geschäftsstelle festgesetzte Frist zur Abgabe des Antrags ohne triftigen Grund versäumt, sei der Anspruch erst ab dem Tag zu beurteilen, an dem der Antrag bei der regionalen Geschäftsstelle abgegeben worden sei.

Die Mitarbeiterin T. des Arbeitsmarktservice habe in ihrer Stellungnahme vor der belangten Behörde angegeben, sie sei seitens des Arbeitsmarktservice und ihres unmittelbaren Vorgesetzten dazu angehalten, jede Vorsprache zum Zweck der Geltendmachung eines Anspruchs nach dem AlVG elektronisch zu dokumentieren und sowohl eine elektronische "Antragsausgabe", als auch eine Antragsausgabe in Papierform vorzunehmen; dies stelle ein Standardverfahren dar. Die Beschwerdeführerin sei der Mitarbeiterin des Arbeitsmarktservice aufgrund des hohen Kundenaufkommens namentlich nicht in Erinnerung, es könne jedoch ausgeschlossen werden, dass bei einer Vorsprache keinerlei Eintragungen vorgenommen würden. Ein leeres Arbeitsbescheinigungsformular lasse nicht auf eine Vorsprache schließen, ein solches könne jederzeit in der Geschäftsstelle ausgefolgt wie auch im Internet heruntergeladen werden.

Die Mutter der Beschwerdeführerin habe bei ihrer Vernehmung angegeben, gemeinsam mit der Beschwerdeführerin am zum Arbeitsmarktservice P gegangen zu sein. Die Beschwerdeführerin sei in das Zimmer von T. gegangen, ihre Mutter habe am Gang gewartet. Die Beschwerdeführerin habe ein Formular erhalten, das sie in die Schweiz habe schicken sollen, um ihre Arbeitszeiten bestätigen zu lassen. Es sei der Beschwerdeführerin gesagt worden, sie solle wieder vorsprechen, wenn sie die Unterlagen aus der Schweiz hätte.

Beweiswürdigend führte die belangte Behörde aus, dass es sich beim Vorbringen der Beschwerdeführerin um Schutzbehauptungen handle. Ihre Angaben erschienen unglaubwürdig und seien widersprüchlich. Bei der Vorsprache eines Arbeitslosen nach Beendigung des Dienstverhältnisses handle es sich um einen Standardfall, der täglich vorkomme. Es erscheine äußerst unglaubwürdig, dass diesbezüglich keine Eintragungen in der EDV vorgenommen würden, insbesondere da eine langjährige Mitarbeiterin des Arbeitsmarktservice den Fall betraut habe. Wenn jemand nach einem Dienstverhältnis im Ausland vorspreche, werde auch kein Arbeitsbescheinigungsformular ausgegeben, da die Beschäftigungszeiten vom Arbeitsmarktservice beim Versicherungsträger im Ausland mittels der jeweiligen Formulare erfragt würden. Die Angaben der Beschwerdeführerin seien widersprüchlich bzw. falsch, da sie zuerst angeführt habe, ein Formular "E 301 CH" erhalten zu haben, das aber nicht in Österreich ausgegeben werde. Da daher von keiner Vorsprache am ausgegangen werden könne, sei der Anspruch erst ab erfolgreich geltend gemacht worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. § 17 Abs. 1 AlVG in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 77/2004 lautet (auszugsweise):

"(1) Das Arbeitslosengeld gebührt ab dem Eintritt der Arbeitslosigkeit, wenn die Arbeitslosmeldung bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice unverzüglich nach der Kenntnis der Kündigung oder sonstigen Auflösung oder Nichtverlängerung des Arbeitsverhältnisses oder von der Beendigung der Beschäftigung und die Geltendmachung des Anspruches auf Arbeitslosengeld binnen einer Woche nach dem Eintritt der Arbeitslosigkeit erfolgt, sämtliche Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld erfüllt sind und der Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht gemäß § 16 ruht. Die Frist zur Geltendmachung verlängert sich um Zeiträume, während denen der Anspruch auf Arbeitslosengeld gemäß § 16 Abs. 1 ruht, ausgenommen bei Auslandsaufenthalt gemäß lit. g. Bei späterer Meldung gebührt das Arbeitslosengeld frühestens ab dem Tag der Geltendmachung. (…)"

§ 46 Abs. 1 AlVG in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 77/2004 lautet (auszugsweise):

"(1) Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ist bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle persönlich geltend zu machen. Für die Geltendmachung des Anspruches ist das bundeseinheitliche Antragsformular zu verwenden. Das Arbeitsmarktservice hat neben einem schriftlichen auch ein elektronisches Antragsformular zur Verfügung zu stellen. Der Anspruch gilt erst dann als geltend gemacht, wenn die arbeitslose Person bei der regionalen Geschäftsstelle persönlich vorgesprochen und das ausgefüllte Antragsformular abgegeben hat. (…)"

2. Die Beschwerde macht im Wesentlichen Fehler im Ermittlungsverfahren vor der belangten Behörde geltend. Der entscheidungserhebliche Sachverhalt sei von der belangten Behörde nicht mängelfrei festgestellt worden. Die belangte Behörde habe auf Grund der Angaben der Mitarbeiterin des Arbeitsmarktservice unzulässiger Weise vom "Sollen" auf das "Sein" geschlossen. Es könne aber nicht ausgeschlossen werden, dass Mitarbeitern des Arbeitsmarktservice Fehler unterliefen. Die Beweiswürdigung der belangten Behörde sei nicht schlüssig, da nicht begründet werde, warum die Aussagen der Beschwerdeführerin bloße Schutzbehauptungen darstellen würden; zudem werde auf die Aussagen der als Zeugin vernommenen Mutter der Beschwerdeführerin explizit überhaupt nicht eingegangen. Die von der belangten Behörde angenommene Widersprüchlichkeit betreffend das am an die Beschwerdeführerin ausgehändigte Formular wäre bei Durchführung eines korrekten Ermittlungsverfahrens aufzulösen gewesen. Die Beschwerdeführerin habe am bei ihrer Vorsprache beim Arbeitsmarktservice ein Formular erhalten, das sie in die Schweiz geschickt habe; sie habe am - nach Urgenz - ein Formular zurückgeschickt bekommen, das sie dem Arbeitsmarktservice vorgelegt habe; sie habe annehmen können, dass es sich dabei um das von ihr zuvor übermittelte Formular gehandelt habe. Wäre die belangte Behörde dem Beweisantrag der Beschwerdeführerin auf Einholung einer Stellungnahme des zuständigen Mitarbeiters der Arbeitslosenkasse Graubünden einzuholen, gefolgt, hätte dieser bestätigen können, dass die Beschwerdeführerin ihm ein - am eingelangtes - Arbeitsbescheinigungsformular übermittelt und anschließend mehrfach telefonisch urgiert habe und dass er das "Schweizer E 301" Anfang Juli an die Anschrift der Beschwerdeführerin in Österreich übersandt habe.

Der angefochtene Bescheid sei zudem auch inhaltlich rechtswidrig. Habe die Beschwerdeführerin nämlich bereits am bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vorgesprochen und unzweifelhaft einen Antrag auf Arbeitslosengeld stellen wollen, bestehe ein Leistungsanspruch bereits ab dem ersten Tag ihrer Arbeitslosigkeit (), auch wenn bei der Vorsprache ein Antragsformular nicht ausgehändigt worden sei.

3. Zu diesem Vorbringen ist zunächst festzuhalten, dass auch nach dem Beschwerdevorbringen das Dienstverhältnis der Beschwerdeführerin am - somit mehr als drei Wochen nach der von ihr behaupteten Vorsprache in der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice - geendet hat. Die Beschwerdeführerin bestreitet auch nicht, dass ihr das bundeseinheitliche Formular für die Geltendmachung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld erst anlässlich ihrer Vorsprache bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice am ausgehändigt wurde; eine frühere (weitere) Vorsprache zur Geltendmachung des Anspruchs - abgesehen von der Vorsprache am  - wird von der Beschwerdeführerin nicht behauptet.

Bei dieser Sachlage kann aber dahingestellt bleiben, ob die von der Beschwerdeführerin gerügten Verfahrensmängel im Hinblick auf die Feststellung der von ihr behaupteten Vorsprache bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice am tatsächlich vorliegen. Selbst wenn man nämlich dem Beschwerdevorbringen folgt, hätte die Vorsprache der Beschwerdeführerin mehr als drei Wochen vor Eintritt ihrer Arbeitslosigkeit zwar als "Arbeitslosmeldung" im Sinne des § 17 Abs. 1 erster Satz AlVG angesehen werden können. Diese hätte jedoch nur dann zur Gewährung von Arbeitslosengeld ab dem ersten Tag der Arbeitslosigkeit führen können, wenn (zusätzlich) der Anspruch auf Arbeitslosengeld binnen einer Woche nach dem Eintritt der Arbeitslosigkeit geltend gemacht worden wäre. Da der Anspruch auf Arbeitslosengeld unter anderem das Vorliegen von Arbeitslosigkeit voraussetzt (§ 7 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 iVm § 12 AlVG), kommt eine Geltendmachung des Arbeitslosengeldanspruchs gemäß § 46 AlVG vor Eintritt der Arbeitslosigkeit nicht in Betracht.

Die Beschwerde erweist sich daher schon aus diesem Grunde als nicht berechtigt. Soweit das Beschwerdevorbringen im Übrigen auch dahin zu verstehen ist, dass die rechtzeitige Antragstellung aufgrund einer mangelhaften Information durch die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice unterblieben sei, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach § 46 AlVG eine umfassende Regelung der Rechtsfolgen fehlerhafter oder unterlassener fristgerechter Antragstellungen darstellt. Diese abschließende Normierung lässt es - selbst im Falle des Fehlens eines Verschuldens des Arbeitslosen - nicht zu, die Folgen einer (irrtümlich) unterlassenen rechtzeitigen Antragstellung nachträglich zu sanieren, zumal selbst ein Arbeitsloser der auf Grund einer von einem Organ des Arbeitsmarktservice schuldhaft erteilten unrichtigen Auskunft einen Schaden erleidet, auf die Geltendmachung allfälliger Amtshaftungsansprüche verwiesen ist (vgl. in diesem Zusammenhang die der zuständigen Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice eingeräumte Ermächtigungsbefugnis nach dem durch die Novelle BGBl. I Nr. 104/2007, RV 298 BlgNR 23. GP, 12, eingefügten § 17 Abs. 3 (jetzt: Abs. 4) AlVG, auf deren Ausübung jedoch ebenfalls kein Rechtsanspruch besteht) und die Fiktion einer dem Gesetz entsprechenden Antragstellung keine gesetzliche Grundlage findet (vgl. zB das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/08/0245 mwN). Daran vermag auch der Hinweis der Beschwerdeführerin auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/08/0041, nichts zu ändern: In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Behörde ein Anbringen, das (nicht formgerecht) auf Erlangung von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung gerichtet ist, jedenfalls als ein auch nach den Bestimmungen des AlVG zulässiges Ansuchen um Ausgabe eines Antragsformulars dadurch zu erledigen hat, dass sie dem Antragsteller ein solches Formular aushändigt und damit das Verfahren nach § 46 AlVG in Gang setzt; auch dies setzt freilich voraus, dass eine Geltendmachung des Anspruchs bereits möglich ist, was im Beschwerdefall - zum Zeitpunkt der behaupteten ersten Vorsprache der Beschwerdeführerin - mangels Arbeitslosigkeit nicht der Fall war.

4. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht
Anfechtungsrecht VwRallg9/2
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2011:2007080089.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
LAAAE-91411