VwGH vom 26.11.2008, 2007/08/0082
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Moritz, Dr. Lehofer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde der Mag. A in S, vertreten durch Dr. Christian Kleinszig und Dr. Christian Puswald, Rechtsanwälte in 9300 St. Veit an der Glan, Unterer Platz 11, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom , Zl. 14-SV-3046/3/06, betreffend Vorschreibung von Beiträgen nach dem GSVG (mitbeteiligte Partei:
Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom hat die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt der Beschwerdeführerin gemäß § 27 GSVG die Nachentrichtung von Beiträgen zur Pensionsversicherung vorgeschrieben, und zwar für das Jahr 2001 in Höhe von EUR 713,26 und für das Jahr 2002 in Höhe von EUR 649,20, gesamt somit EUR 1.362,46.
Begründend legte die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt im Wesentlichen dar, die Beschwerdeführerin sei im Jahr 2001 ganzjährig und im Jahr 2002 von Jänner bis November einer unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen, die nach dem ASVG versicherungspflichtig gewesen sei. Zusätzlich habe sie im Jahr 2001 in den Monaten Oktober und November sowie im Jahr 2002 in den Monaten März bis Mai sowie November und Dezember eine nach dem GSVG versicherungspflichtige selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt. In den Zeiten der Mehrfachversicherung (2001 zwei Monate und 2002 vier Monate) sei sie sowohl nach dem ASVG als auch nach dem GSVG beitragspflichtig. Vom Bundesrechenzentrum seien der Einkommensteuerbescheid 2001 vom am und der Einkommensteuerbescheid 2002 vom am "überspielt" worden. Die Vorschreibung der endgültigen Beiträge für das Jahr 2001 habe daher frühestens am zum Fälligkeitstermin erfolgen können, die dreijährige Verjährungsfrist für die Feststellung der Beiträge 2001 habe daher am begonnen und am geendet. Die Frist für die Feststellungsverjährung für die Beiträge für 2002 (frühestmögliche Vorschreibung am , Fälligkeit am ) werde erst am enden. Die Beitragsvorschreibung (Nachbelastung) sei im August 2005 und somit innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist erfolgt. Innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist könnten Vorschreibungen jederzeit berichtigt werden. Der Einkommensteuerbescheid 2001 habe Einkünfte aus Gewerbebetrieb in der Höhe von EUR 7.404,42, jener von 2002 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in der Höhe von EUR 15.706,80 ausgewiesen. Außerdem seien für das Jahr 2002 die in diesem Jahr vorgeschriebenen Beiträge in Höhe von EUR 1.370,42 zu berücksichtigen (Hinzurechnungsbetrag). Die endgültige Beitragsgrundlage betrage gemäß § 25 Abs. 1 und 2 GSVG für das Jahr 2001 monatlich EUR 3.702,21 und für das Jahr 2002 monatlich EUR 3.415,44. Laut Datenabgleich vom mit dem ASVG-Versicherungsträger habe die Summe der ASVG-Beitragsgrundlagen im Jahr 2001 EUR 29.277,27 und im Jahr 2002 EUR 16.296,97 betragen. Die Summe der Beitragsgrundlagen nach dem GSVG und dem ASVG überschreite nicht die Summen der monatlichen Höchstbeitragsgrundlagen für die in den gegenständlichen Kalenderjahren liegenden Beitragsmonate der Pflichtversicherung. Die Bestimmungen über die Differenzvorschreibung seien daher nicht anzuwenden. Es ergebe sich für das Jahr 2001 ein Rückstand von EUR 713,26 und für das Jahr 2002 ein Rückstand von EUR 649,20.
Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid Einspruch. Darin führte sie im Wesentlichen aus, dass der Bescheid der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt vom datiere und am zugestellt worden sei. Die Zustellung sei daher rund zwei Wochen nach Ablauf der Verjährungsfrist erfolgt. Die Festsetzung der Beiträge für das Jahr 2001 sei daher schon deshalb rechtswidrig. Im Übrigen habe sich aus zahlreichen Gesprächen mit Vertretern der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt ein ausdrücklicher, zumindest aber ein schlüssiger Verzicht auf Beiträge ergeben, die über einen Betrag hinaus gingen, den die Beschwerdeführerin vereinbarungsgemäß gezahlt habe; diese Zahlung habe auch zur Einstellung von Exekutionsverfahren geführt.
In einer Stellungnahme vom trat die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt den Ausführungen der Beschwerdeführerin entgegen und führte hinsichtlich der Verjährung im Wesentlichen aus, das Recht auf Feststellung der Beiträge für 2001 sei am verjährt, jenes hinsichtlich der Beiträge für 2002 werde am verjähren. Die Vorschreibung (Nachbelastung) der Beiträge für 2001 (und auch 2002) sei jedoch schon im August 2005 erfolgt (Verweis auf eine schriftliche Reaktion des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin vom und die vorangehende Korrespondenz). Die Beiträge seien daher nicht verjährt.
Im Verwaltungsakt findet sich im Zusammenhang mit den Geschehnissen vom Sommer 2005 ein Aktenvermerk der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt vom , wonach die Beschwerdeführerin angerufen und als neue Adresse Sdorf, Bgasse 2, bekannt gegeben habe. Diese Adresse bestehe bereits seit Anfang Juli, der Eintrag im zentralen Melderegister sei jedoch nicht erfolgt. Im Aktenvermerk ist weiters festgehalten, ein Duplikat der Vorschreibung "3. Qu.05" mit Zahlschein sei am zugesandt worden, weiters sei die Beschwerdeführerin über die "EX
2. Qu.2005" informiert worden.
In einem Schreiben der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin vom wird im Wesentlichen dargelegt, die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt habe der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom einen Rückstand von EUR 6.114,40 bekannt gegeben, den die Beschwerdeführerin am bezahlt habe. Dennoch habe die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt auf Grund eines der Beschwerdeführerin bisher nicht zugestellten, daher unbekannten Rückstandsausweises mit eine Exekution beantragt. (Handschriftlich findet sich auf diesem Schreiben nach den Worten "nicht zugestellten" der Vermerk - offensichtlich der SVA - "G T"). Selbst im Falle einer Zustellung des Rückstandsausweises vom wäre die Zahlung vom fristgerecht gewesen, weshalb die Einstellung der Exekution beantragt werde.
Mit Schreiben der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt vom wurde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass die Exekutionskosten in der Höhe von EUR 125,29 ihrem Konto gutgebucht worden seien. Auf Grund der durchgeführten Buchungen ergebe sich am Beitragskonto noch ein Saldo in der Höhe von EUR 292,54. Dieser Betrag sei mit beiliegendem Zahlschein bis einzuzahlen, womit die "Vorschreibung des 3. Quartal 2005" als gegenstandslos zu betrachten sei.
Mit Schreiben vom teilte die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt der Beschwerdeführerin mit, wie sich die Beitragsvorschreibung des vierten Quartals 2005 zusammensetze. Unter anderem findet sich in diesem Schreiben der Posten "Rückstand 3. Qu. 2005 -1483,76 EUR".
Mit Schriftsatz vom teilte die Beschwerdeführerin der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt mit, dass der Kontoauszug für das 4. Quartal vom "offenkundig falsch" sei. Nach der Vorkorrespondenz und umfangreichen Gesprächen und Verhandlungen habe sich ein offener Saldo per von EUR 6.110,41 ergeben, worüber auch ein Rückstandsausweis zugestellt und zu Unrecht Exekution geführt worden sei. Dieser offene Saldo sei vollständig beglichen worden. Demgemäß sei auch die Exekution eingestellt worden. Wäre per noch ein Rückstand offen gewesen, wäre die Exekution nicht eingestellt, sondern eingeschränkt worden. Die genannten Zahlungen, die zur Vollzahlung aller per rückständigen Beträge geführt hätten, ergäben sich auch aus den "Erklärungen" zum Kontoauszug 4/2005 vom auf der rechten Seite oben. Der in diesen "Erklärungen" links oben als "Saldovortrag vom , letzter Vorschreibebetrag" genannte Betrag von EUR 8.302,61 sei offenkundig jener Betrag, der vor den Verhandlungen seitens der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt falsch angesetzt, auf Grund der Verhandlungen korrigiert und mit dem per festgesetzten Saldo vollständig festgelegt worden sei. Die Beschwerdeführerin ersuche daher, dass eine entsprechende Saldovortragskorrektur vorgenommen werde, sodass per jeglicher Rückstand mit "0" festgesetzt werde.
In einem Aktenvermerk der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt vom ist festgehalten, dass der Brief vom insofern falsch sei, als dort ein Saldovortag (Rückstand 3. Quartal 2005) angegeben worden sei, anstelle eines offenen Saldos auf Grund des Abgleiches in der Mehrfachversicherung.
Mit Schreiben vom teilte die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt der Beschwerdeführerin mit, auf ihrem Beitragskonto hafte derzeit tatsächlich ein Saldo in Höhe von EUR 2.887,35 aus, der am fällig sei. Es sei richtig, dass mit den im August 2005 geleisteten Zahlungen das Konto zum damaligen Zeitpunkt ausgeglichen gewesen sei. Zwischenzeitig sei aber einerseits der endgültige Einkommensteuerbescheid 2004 vom Bundesrechenzentrum übermittelt worden, zum anderen sei auch der endgültige Abgleich der Mehrfachversicherungsbeiträge in der Pensionsversicherung für 2001 und 2002 mit einer Nachbelastung von EUR 1.362,46 erfolgt. Die endgültige Abrechnung der Mehrfachversicherung in der Krankenversicherung werde erst im kommenden Jahr erfolgen.
Mit Schreiben vom verwies die Beschwerdeführerin hinsichtlich der Nachbelastungen für die Jahre 2001 und 2002 darauf, dass die Beträge ausdrücklich "vergleichsweise" bereinigt worden seien.
In der Folge erging der bereits eingangs wiedergegebene Bescheid vom .
Im Rahmen des Einspruchsverfahrens erstattete die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt am eine Stellungnahme, in der sie im Wesentlichen darlegte, dass in der Anlage eine Gleichschrift des Kontoauszuges für das 3. Quartal 2005 vom übermittelt werde (Anmerkung: diese Gleichschrift befindet sich nicht bei den Verwaltungsakten). Aus diesem Kontoauszug, den die Beschwerdeführerin unstrittig vor Ende der Verjährungsfrist erhalten habe, sei nicht nur ein Totalsaldo von EUR -8.302,61 ersichtlich, sondern aus Seite 3 des Kontoauszuges gehe detailliert die Nachbelastung der Pensionsversicherungsbeiträge für die Monate Oktober und November 2001 in Höhe von EUR 713,26 und von März bis Mai und November 2002 in Höhe von EUR 649,20 samt den Beitragsgrundlagen und Beitragssätzen hervor. Das Vorbringen, die Beschwerdeführerin hätte erst durch den mit Einspruch bekämpften Bescheid Kenntnis von der Nachbelastung für 2001 und 2002 erlangt, entspreche nicht der Wahrheit. Ein vergleichsweiser Verzicht werde von der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt in Abrede gestellt. Auf Grund technischer Probleme sei es erst Anfang Juli 2005 möglich gewesen, mit dem ASVG-Versicherungsträger einen Datenabgleich durchzuführen und die "definitiven ASVG-Zeiten" der Beschwerdeführerin in Erfahrung zu bringen.
Mit Schreiben vom legte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen dar, dass ihr der Kontoauszug für das 3. Quartal (gemeint offenbar: 2005) zugegangen sei. Dieser habe aber nur aus einem einzigen Blatt bestanden. Die von der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt zitierte Seite 3 des Kontoauszuges, die detaillierte Nachbelastungen der Pensionsversicherungsbeiträge enthalten haben solle, sei nicht angeschlossen gewesen. Die bloße Übersendung eines nicht nachvollziehbaren Kontoauszuges könne keine Fälligkeit und vor allem keine ordnungsgemäße Inkenntnissetzung von der Höhe des Rückstandes bewirken. Technische Probleme im Bereich der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt könnten nicht zu Lasten der Beschwerdeführerin gehen. Es sei außerdem ein entsprechender Vergleich abgeschlossen worden.
Mit Schreiben vom führte die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt im Wesentlichen aus, ihre Vorschreibungen bestünden immer aus dem Kontoauszug (Blatt bzw. Seite 1 der Vorschreibung) und den Erklärungen zum Kontoauszug und würden zentral in Wien technisch automatisch erstellt, kuvertiert und expediert. Die Versendung des Kontoauszuges allein sei nicht vorgesehen und technisch gar nicht möglich. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie habe nur Seite 1 der Vorschreibung, also nur den Kontoauszug erhalten, sei völlig unglaubwürdig und als Schutzbehauptung zu werten und werde bestritten. Im Übrigen gehe aus dem der Beschwerdeführerin - von ihr im derzeitigen Zeitpunkt offenbar noch unbestritten - zugekommenen Kontoauszug schon hervor, dass eine offene Schuld aus den Vorquartalen bestehe, und darüber sei vor dem Ablauf der Verjährungsfrist mehrmals mit ihr bzw. ihrem Rechtsvertreter telefoniert und korrespondiert worden (Verweis auf den Beitragsakt, zum Beispiel das Schreiben des Vertreters der Beschwerdeführerin vom ). Ein Verzicht käme im Übrigen nicht in Frage.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde dem Einspruch der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge gegeben und der Bescheid der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt vom vollinhaltlich bestätigt. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und von Rechtsvorschriften legte die belangte Behörde im Wesentlichen dar, dass die Beschwerdeführerin seitens der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt am aus Anlass einer Stundung der Versicherungsbeiträge davon in Kenntnis gesetzt worden sei, dass die endgültige Beitragshöhe erst festgestellt werden könne, sobald der dem jeweiligen Beitragsjahr entsprechende Einkommensteuerbescheid vorliege. Die Beschwerdeführerin sei mit diesem Schreiben auch auf die Möglichkeit einer Beitragsnachbelastung hingewiesen worden. Die Versicherungsträger seien nicht ermächtigt, auf Beiträge zu verzichten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine, allerdings inhaltlich nicht näher ausgeführte, Gegenschrift erstattet mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.
Die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt hat von der Erstattung einer Gegenschrift ausdrücklich Abstand genommen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Soweit die Beschwerdeführerin auf einen vergleichsweisen Verzicht von Beiträgen hinweist, ist festzuhalten, dass dafür keine Rechtsgrundlage besteht. Es gibt - auf dem Boden des Rechtsstaatsprinzips (Art. 18 Abs. 1 B-VG) - keine Rechtsnorm, mit welcher der Gesetzgeber es den Versicherungsträgern freigestellt hat, in Einzelvereinbarungen mit Pflichtversicherten zu deren Vorteil, aber auch zum Nachteil der übrigen Versicherten und der Allgemeinheit mit rechtlich verbindlicher Wirkung auf einen Teil der gesetzlichen Beiträge zu verzichten (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/08/0071, mwN). Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen geht daher ins Leere.
Hinsichtlich der Frage der Verjährung ist zunächst zu bemerken, dass die Fälligkeit von Beiträgen grundsätzlich (das heißt, sofern gesetzlich nichts anderes bestimmt ist) nach jener Rechtslage zu ermitteln ist, die in dem Zeitraum in Geltung stand, für den die Beiträge zu entrichten sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/08/0080, mwN).
§ 35 GSVG in der Fassung BGBl. I Nr. 106/1999 hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
"Fälligkeit und Einzahlung der Beiträge; Verzugszinsen
§ 35. (1) Die Beiträge sind, sofern im folgenden nichts anderes bestimmt wird, mit dem Ablauf des Kalendermonates fällig, für den sie zu leisten sind. Der Beitragsschuldner hat auf seine Gefahr und Kosten die Beiträge an den Versicherungsträger unaufgefordert einzuzahlen. Sie bilden mit den Beiträgen zur Unfallversicherung eine einheitliche Schuld. Soweit der Versicherungsträger Beiträge für die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (§ 250) einhebt, wird er auch dann als deren Vertreter tätig, wenn er alle Beitragsforderungen in einem Betrag geltend macht. Dies gilt auch für die Einhebung von Verzugszinsen, sonstigen Nebengebühren (§ 37 Abs. 2), Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren sowie im Verfahren vor Gerichten und Verwaltungsbehörden. Teilzahlungen werden anteilsmäßig und bei Beitragsrückständen auf den jeweils ältesten Rückstand angerechnet.
(2) Werden die Beiträge durch den Versicherungsträger für die Beitragsmonate eines Kalendervierteljahres gemeinsam vorgeschrieben, so sind diese Beiträge mit dem Ablauf des zweiten Monates des betreffenden Kalendervierteljahres fällig. Werden Beiträge auf Grund einer nachträglichen Feststellung der Einkünfte des Versicherten durch die Finanzbehörden vorgeschrieben, so sind sie mit dem Letzten des zweiten Monates des Kalendervierteljahres fällig, in dem die Vorschreibung erfolgt.
(3) Ergibt die Feststellung der endgültigen Beitragsgrundlage gemäß § 25 Abs. 6 eine Beitragsschuld des Versicherten, so ist diese in vier gleichen Teilbeträgen jeweils am Letzten des zweiten Monates der Kalendervierteljahre, die der Beitragsfeststellung folgen, abzustatten. Das gleiche gilt für den Ausgleichsbeitrag gemäß § 27 Abs. 8 mit der Maßgabe, daß anstelle der Beitragsfeststellung die Kundmachung der Verordnung tritt. Solche Beiträge sind jedenfalls mit dem Ablauf des Kalendermonates fällig, das dem Ende der Pflichtversicherung folgt. Auf Antrag des Versicherten kann, soweit dies nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen gerechtfertigt erscheint, die Beitragsschuld gestundet bzw. deren Abstattung in Raten bewilligt werden. Eine Stundung der Beitragsschuld ist bis zum Ablauf von zwei Jahren nach Fälligkeit zulässig. Die Abstattung in Raten hat innerhalb von zwei Jahren zu erfolgen."
§ 40 GSVG in der Fassung BGBl. Nr. 677/1991 lautet wie folgt:
"Verjährung der Beiträge
§ 40. (1) Das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen verjährt binnen drei Jahren vom Tag der Fälligkeit der Beiträge. Diese Verjährungsfrist der Feststellung verlängert sich jedoch auf fünf Jahre, wenn der Versicherte die Erstattung einer Anmeldung bzw. Änderungsmeldung oder Angaben über das Versicherungsverhältnis bzw. über die Grundlagen für die Berechnung der Beiträge unterlassen oder unrichtige Angaben über das Versicherungsverhältnis bzw. über die Grundlagen für die Berechnung der Beiträge gemacht hat, die er bei gehöriger Sorgfalt als unrichtig hätte erkennen müssen. Die Verjährung des Feststellungsrechtes wird durch jede zum Zwecke der Feststellung getroffene Maßnahme in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem der Zahlungspflichtige hievon in Kenntnis gesetzt wird. Die Verjährung ist gehemmt, solange ein Verfahren in Verwaltungssachen bzw. vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes über das Bestehen der Pflichtversicherung oder die Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen anhängig ist.
(2) Das Recht auf Einforderung festgestellter Beitragsschulden verjährt binnen zwei Jahren nach Verständigung des Zahlungspflichtigen vom Ergebnis der Feststellung. Die Verjährung wird durch jede zum Zwecke der Hereinbringung getroffene Maßnahme, wie zum Beispiel durch Zustellung einer an den Zahlungspflichtigen gerichteten Zahlungsaufforderung (Mahnung), unterbrochen; sie wird durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung gehemmt. Bezüglich der Unterbrechung oder Hemmung der Verjährung im Falle des Konkurses oder Ausgleiches des Beitragsschuldners gelten die einschlägigen Vorschriften der Konkursordnung und der Ausgleichsordnung.
(3) Sind fällige Beiträge durch eine grundbücherliche Eintragung gesichert, so kann innerhalb von 30 Jahren nach erfolgter Eintragung gegen die Geltendmachung des dadurch erworbenen Pfandrechtes die seither eingetretene Verjährung des Rechtes auf Einforderung der Beiträge nicht geltend gemacht werden."
Eine Vorlage von Steuerbescheiden durch die Versicherten im ist Gesetz nicht mehr vorgesehen, da die entsprechenden Daten direkt von den Abgabenbehörden an die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt übermittelt werden (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/08/0080, mit näherer Begründung). Auch weitere Daten hinsichtlich der Beitragsgrundlagen nach dem ASVG müssen von dem Versicherten nicht übermittelt werden. Es ist daher zutreffend, im vorliegenden Fall mangels Meldepflichtverletzung der Beschwerdeführerin von der dreijährigen Verjährungsfrist auszugehen (vgl. auch dazu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom ).
Die Feststellungsverjährung wird durch jede zum Zweck der Feststellung der Beiträge getroffene Maßnahme in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem der Zahlungspflichtige hievon in Kenntnis gesetzt wird.
Unter einer die Feststellungsverjährung unterbrechenden Maßnahme ist jede nach außen hin in Erscheinung tretende und dem Schuldner zur Kenntnis gebrachte Tätigkeit des zuständigen Versicherungsträgers zu verstehen, die der rechtswirksamen Feststellung der Beiträge dient. Entsprechend dem Regelungszweck des § 40 Abs. 1 GSVG, nach dem immer dann (aber nur dann) eine Verjährung des Rechtes auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung eintreten soll, wenn gegenüber dem Schuldner innerhalb der gesetzten Fristen keine auf die Verpflichtung zur Zahlung gerichtete Maßnahme gesetzt wird, sind aber auch andere objektiv dem Feststellungsziel dienende Aktivitäten des Sozialversicherungsträgers, wie z.B. die Übersendung von Kontoauszügen über Rückstände an bestimmten Beiträgen durch den Versicherungsträger, als Maßnahmen im Sinne des § 40 Abs. 1 GSVG zu werten (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/08/0041, mwN).
Während sich hinsichtlich der Beiträge für die gegenständlichen Monate aus dem Jahr 2002 ausgehend von § 35 Abs. 2 GSVG in Verbindung mit § 40 Abs. 1 GSVG ergibt, dass sie im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt noch nicht verjährt gewesen sind, kommt es hinsichtlich der Beiträge für die Monate Oktober und November 2001 darauf an, ob eine entsprechende Maßnahme im Sinne der zitierten hg. Rechtsprechung vor dem gesetzt worden ist. Der angefochtene Bescheid enthält diesbezüglich keinerlei nähere Begründung.
Vor dem Hintergrund, dass im vorliegenden Fall zwischen den Verfahrensbeteiligten im Streit steht, ob sich die der Beschwerdeführerin allenfalls zugegangenen Schriftstücke auf die gegenständliche Forderung bezogen haben, die nach der Aktenlage bereits als bereinigt erachtet wurde, hätte die belangte Behörde präzise feststellen müssen, auf welche Forderungen und welche Zeiträume sich Maßnahmen im Sinne des § 40 Abs. 1 GSVG bezogen haben. Auf dieser Grundlage wird die belangte Behörde sodann festzustellen haben, ob die Verjährung unterbrechende Maßnahmen rechtzeitig gesetzt worden sind.
Im Hinblick auf die Unteilbarkeit des Spruches des in Beschwerde gezogenen Bescheides war dieser aus den dargestellten Gründen zur Gänze gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Mehrbegehren war im Hinblick auf die sachliche Abgabenfreiheit (§ 46 GSVG) abzuweisen.
Wien, am