VwGH vom 22.03.2011, 2011/18/0007
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, den Hofrat Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und die Hofräte Mag. Haunold und Mag. Straßegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde der GM in W, geboren am , vertreten durch Mag. Andreas Duensing, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schmerlingplatz 3, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. E1/398.438/2010, betreffend Ausweisung gemäß § 53 FPG, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin, eine kirgisische Staatsangehörige, gemäß § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) ausgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin sei am illegal nach Österreich gelangt und habe am einen Asylantrag gestellt, der am im Instanzenzug vom Asylgerichtshof rechtskräftig abgewiesen worden sei. Einer gegen diese Entscheidung eingebrachten Beschwerde habe der Verfassungsgerichtshof die aufschiebende Wirkung zuerkannt, die Behandlung der Beschwerde sei jedoch mit Beschluss vom abgelehnt worden.
Am habe die Beschwerdeführerin einen (Erst )Antrag auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt" gemäß § 43 Abs. 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG eingebracht, die belangte Behörde habe sich mit Stellungnahme vom jedoch ausdrücklich gegen die Erteilung eines Aufenthaltstitels ausgesprochen.
Die Beschwerdeführerin habe zwar während ihres Asylverfahrens über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz verfügt, halte sich jedoch seit dem rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens bzw. der Ablehnung ihrer Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Die Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 FPG lägen somit vor.
Im Bundesgebiet bestünden familiäre Bindungen der Beschwerdeführerin zu ihrem Ehemann, der sich jedoch nach einem rechtskräftig negativ abgeschlossenen Asylverfahren ebenfalls unrechtmäßig in Österreich aufhalte. Obwohl mit der vorliegenden Maßnahme ein Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin verbunden sei, sei die Maßnahme zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung - dringend geboten.
Nach der Darstellung privater und familiärer Interessen der Beschwerdeführerin sowie dem Hinweis auf die öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens vertrat die belangte Behörde im Rahmen ihrer gemäß § 66 FPG durchgeführten Interessenabwägung die Auffassung, dass die Auswirkungen der vorliegenden Maßnahme auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin keinesfalls schwerer wögen als die gegenläufigen öffentlichen Interessen und damit die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme.
Angesichts der Tatsache, dass sich die Beschwerdeführerin seit der Ablehnung ihrer im Asylverfahren erhobenen Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, habe sie die Bestimmungen des NAG in gravierender Weise missachtet. Auch der Versuch, ihren Aufenthalt durch einen (Inlands )Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zu legalisieren, könne nicht positiv gewertet werden, weil Aufenthaltstitel gemäß § 21 Abs. 1 NAG nur mehr vom Ausland aus erwirkt werden könnten.
Im Hinblick auf das Fehlen besonders zugunsten der Beschwerdeführerin sprechender Umstände könne ihr weiterer Aufenthalt auch nicht im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens in Kauf genommen werden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die nach der mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom ,
B 1655/10-3, erfolgten Ablehnung ihrer Behandlung und späteren Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof ergänzte Beschwerde mit dem Begehren, den Bescheid aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Nach den unbestrittenen Ausführungen der belangten Behörde wurde der Asylantrag der Beschwerdeführerin im Instanzenzug am rechtskräftig abgewiesen und die Behandlung einer dagegen erhobenen Beschwerde - nach zwischenzeitiger Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung - mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom abgelehnt. Ebenso wenig bestreitet die Beschwerde, dass sich die Beschwerdeführerin seither ohne gültigen Aufenthaltstitel in Österreich aufhält. Gegen die Auffassung der belangten Behörde, dass die Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 FPG vorlägen, bestehen keine Bedenken, zumal die Beschwerdeführerin auch nicht vorbringt, sonst über eine Berechtigung zum Aufenthalt im Bundesgebiet zu verfügen.
2.1. Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen das Ergebnis der von der belangten Behörde gemäß § 66 FPG durchgeführten Interessenabwägung und bringt vor, durch die Ausweisung in ihren aus Art. 8 EMRK abzuleitenden Rechten verletzt zu werden. Sie sei seit vielen Jahren in Österreich niedergelassen, das Asylverfahren habe viele Jahre gedauert. Es bestehe "eine völlige soziale Integration" in Österreich. Im Bundesgebiet verfüge sie über eine Vielzahl von Bekannten und Freunden, während zum Herkunftsland keine Beziehungen mehr bestünden. Sie sei unbescholten und habe die Deutschprüfung im Rahmen der Integrationsvereinbarung auf dem Niveau A2 positiv bestanden.
2.2. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Bei der Prüfung der Zulässigkeit der Ausweisung hat die belangte Behörde den knapp fünfjährigen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet, die familiäre Bindung zu ihrem Ehemann, ihr Vorbringen, in Österreich über eine "Vielzahl von Freunden und Bekannten" und einen "großen Freundeskreis" zu verfügen, ihre Unbescholtenheit und die erwähnten Kenntnisse der deutschen Sprache berücksichtigt.
Die aus der Dauer ihres inländischen Aufenthaltes ableitbare Integration der Beschwerdeführerin wird in ihrem Gewicht jedoch dadurch gemindert, dass ihr Aufenthalt nur auf Grund des von ihr gestellten Asylantrages, der in der Folge abgewiesen wurde, vorläufig erlaubt und seit der - ca. drei Jahre nach der Einreise in Österreich - erfolgten Ablehnung der Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof, somit bereits seit fast zwei Jahren, unrechtmäßig ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/18/0644, mwN).
Ferner fällt die im Bundesgebiet bestehende familiäre Bindung der Beschwerdeführerin zu ihrem Ehemann fallbezogen nicht besonders ins Gewicht, weil dieser sich - unbestritten - nach dem rechtskräftig negativen Abschluss seines Asylverfahrens ebenfalls unrechtmäßig in Österreich aufhält.
Nach den Feststellungen des angefochtenen Bescheides verfüge die Beschwerdeführerin in ihrer Heimat über familiäre Bindungen zu einem Sohn aus erster Ehe und drei Brüdern. Selbst unter Berücksichtigung des diesen Feststellungen entgegnenden Beschwerdevorbringens, wonach im Herkunftsland "keinerlei Beziehungen" mehr bestünden, ist - angesichts der unstrittig perfekten Beherrschung ihrer Muttersprache und des Umstandes, dass die Beschwerdeführerin den größten Teil ihres Lebens in ihrer Heimat verbracht hat - die Ansicht der belangten Behörde, dass es jener möglich sein werde, in ihrer Heimat neue Kontakte zu knüpfen, nicht zu beanstanden.
Den aus den dargestellten Gründen relativierten Interessen der Beschwerdeführerin an einem Verbleib im Bundesgebiet steht die erhebliche Beeinträchtigung des großen öffentlichen Interesses an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, dem aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. erneut das hg. Erkenntnis, Zl. 2008/18/0644), gegenüber. Vor dem Hintergrund dieser Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass die Ausweisung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 FPG zulässig sei, auch dann keinem Einwand, wenn man zu dem geltend gemachten "Freundeskreis" über die im angefochtenen Bescheid namentlich angeführte Person hinaus auch fünf weitere in der Beschwerde genannte Personen zählte.
Zu keinem anderen Ergebnis führt der von der Beschwerdeführerin gemäß § 43 Abs. 2 NAG gestellte Antrag auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt", der gemäß § 44b Abs. 3 NAG kein Aufenthalts- oder Bleiberecht nach diesem Bundesgesetz begründet, der Erlassung und Durchführung fremdenpolizeilicher Maßnahmen nicht entgegensteht und im fremdenpolizeilichen Verfahren keine aufschiebende Wirkung entfaltet.
3. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am
Fundstelle(n):
PAAAE-91359