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VwGH vom 15.05.2012, 2011/18/0002

VwGH vom 15.05.2012, 2011/18/0002

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, den Hofrat Mag. Eder, die Hofrätinnen Mag. Merl und Mag. Dr. Maurer-Kober sowie den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde des AA in W, vertreten durch Dr. Georg Uitz, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Doblhoffgasse 5, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. E1/275.820/2010, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen mazedonischen Staatsangehörigen, ein auf § 86 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) gestütztes, auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot.

Begründend führte die belangte Behörde - auf das hier Wesentliche zusammengefasst - aus, der Beschwerdeführer sei mit einem von bis gültigen Visum D in Österreich eingereist und hier seit meldebehördlich erfasst. Ihm sei vom Landeshauptmann von Wien eine bis gültige Aufenthaltsbewilligung "Studierender" erteilt worden. Am habe der Beschwerdeführer einen Antrag auf Verlängerung dieses Aufenthaltstitels eingebracht. Dieser Antrag sei bewilligt und ihm ein weiterer Aufenthaltstitel für den Zweck des Studiums mit Gültigkeit bis erteilt worden.

Am habe der Beschwerdeführer in Wien die österreichische Staatsbürgerin V geheiratet. Auf diese Eheschließung gestützt habe der Beschwerdeführer am beim Landeshauptmann von Wien einen "Zweckänderungsantrag als 'Familienangehöriger' eingebracht".

In der Zeit von bis habe der Beschwerdeführer eine Beschäftigung als Bauarbeiter bei der K Bau GmbH entgegen den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) aufgenommen. Der "Arbeitgeber" des Beschwerdeführers sei deswegen auch nach dem AuslBG rechtskräftig bestraft worden.

Die Behörde erster Instanz habe wegen des Verdachts des Vorliegens einer Aufenthaltsehe Ermittlungen durchgeführt. Im Weiteren legte die belangte Behörde das Ergebnis der Ermittlungen sowie die Inhalte von Vernehmungen dar und gelangte nach beweiswürdigenden Überlegungen zum Ergebnis, der Beschwerdeführer habe die Ehe mit der österreichischen Staatsbürgerin V nur deshalb geschlossen, um sich fremdenrechtliche Vorteile und weitergehende Berechtigungen zu verschaffen. Ein Familienleben zwischen ihm und seiner Ehefrau habe nie stattgefunden. Diesbezüglich stellte die belangte Behörde in ihrer Beweiswürdigung tragend auf Widersprüche in den Aussagen der Ehepartner zum Ablauf des vor der Vernehmung liegenden Wochenendes, auf das Ergebnis der Hauserhebungen, wonach der Beschwerdeführer keiner der befragten Personen im Wohnhaus der angeblichen ehelichen Wohnung bekannt gewesen sei, sowie auf das letztlich am von seiner Ehefrau erfolgte Eingeständnis, dass sie den Beschwerdeführer nur wegen ihrer angespannten finanziellen Situation geheiratet und für die Eheschließung Geld erhalten habe, aber ein eheliches Leben nie geplant oder aufgenommen worden sei, ab. Des Weiteren führte die belangte Behörde noch ins Treffen, dass V wegen des Eingehens der Aufenthaltsehe mit dem Beschwerdeführer von Bezirksgericht Döbling mit Urteil vom nach § 117 Abs. 2 FPG rechtskräftig zu einer Geldstrafe verurteilt worden sei.

In ihren rechtlichen Erwägungen ging die belangte Behörde davon aus, sie habe die Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes auf Grund des § 87 FPG - die Ehe des Beschwerdeführers sei formell noch aufrecht - anhand der in § 86 Abs. 1 FPG genannten Voraussetzungen zu beurteilen. Die dort ausgedrückte Gefährdung liege hier vor. Der Beschwerdeführer habe nämlich im Sinn des § 60 Abs. 2 Z 9 FPG eine Ehe geschlossen und sich für die Erteilung eines Aufenthaltstitels und zwecks Erlangung des Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt auf diese Ehe berufen, aber mit seiner Ehefrau ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK nicht geführt.

Bei der Interessenabwägung nach § 66 FPG sei zu berücksichtigen, dass sich der Beschwerdeführer seit Jänner 2007 im Bundesgebiet aufhalte. Es sei auch seine bisherige Erwerbstätigkeit zu "beachten". Das Bestehen familiärer Bindungen im Inland - abgesehen zur "Aufenthaltsehegattin" - sei nicht behauptet worden. Es liege zwar "ein gewisser Eingriff" in das Privat- bzw. Familienleben des Beschwerdeführers vor. Eine aus dem bisherigen Aufenthalt allfällig ableitbare Integration in Österreich werde in ihrer Relevanz aber gemindert, weil der Beschwerdeführer seinen Aufenthalt durch Eingehen einer Aufenthaltsehe habe verlängern und auf diese Weise auch den Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt habe erlangen wollen. Die "allfällige Anwesenheit diverser Cousins" im Bundesgebiet möge gegeben sein, sie könne die Interessen des Beschwerdeführers am weiteren Aufenthalt in Österreich aber nicht verstärken. Den Zugang zum Arbeitsmarkt habe der Beschwerdeführer allein durch fremdenrechtlich verpöntes Verhalten erschlichen. Insofern sei auch die vom Beschwerdeführer ausgeübte Erwerbstätigkeit zu relativieren. Das Vorliegen einer Ausbildung oder Weiterbildung im Inland sei nicht einmal behauptet worden. Durch das vom Beschwerdeführer gesetzte Fehlverhalten seien fremdenrechtliche Bestimmungen massiv und nachhaltig beeinträchtigt worden. Da der Beschwerdeführer erst im Jahr 2007 nach Österreich gekommen sei, bestünden "naturgemäß" Bindungen zur Heimat, zumal er dort den Großteil seines Lebens verbracht habe. Die mit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbundene Pflicht zur Ausreise habe der Beschwerdeführer im öffentlichen Interesse hinzunehmen. Durch das rechtsmissbräuchliche Eingehen der Ehe und die Berufung darauf im Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels habe er das maßgebliche öffentliche Interesse an der Wahrung der öffentlichen Ordnung durch geordnete Besorgung des Fremdenwesens erheblich beeinträchtigt. Eine Gewichtung der widerstreitenden Interessen ergebe ein klares Überwiegen der öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom , B 1427/10-4, ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die - im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzte - Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer die Annahme der belangten Behörde, es läge eine Aufenthaltsehe vor und das Fehlverhalten des Beschwerdeführers rechtfertige die Annahme einer Gefährdung im Sinn des § 86 Abs. 1 FPG, nicht substantiiert bestreitet. Die Beschwerde richtet sich ihrem Inhalt zufolge gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Interessenabwägung nach § 66 FPG. Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang aber auch darauf verweist, es sei von der Staatsanwaltschaft kein Antrag nach § 28 Abs. 1 EheG gestellt worden und es sei nicht ausreichend gewürdigt worden, dass eine tatsächliche Ehe- und Lebensgemeinschaft im Sinne des Art. 8 EMRK vorhanden gewesen sei, "diese sich jedoch auseinandergelebt" hätte, und derart auch die Annahme der belangten Behörde, es liege eine Aufenthaltsehe vor, in Zweifel zieht, zeigt der Beschwerdeführer mit diesen bloß kursorischen Hinweisen keine Rechtswidrigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde auf. Diese stellt sich als schlüssig und nachvollziehbar dar. Nähere Gründe, wonach die behördliche Beweiswürdigung nicht den gesetzlichen Anforderungen entspreche, werden vom Beschwerdeführer in keiner Weise dargetan.

Hinsichtlich der von der belangten Behörde nach § 66 FPG vorgenommenen Interessenabwägung vermisst der Beschwerdeführer die Bedachtnahme auf seinen langjährigen Aufenthalt und den Umstand, dass er zu seinem Heimatland keine Kontakte mehr habe. Anders als der Beschwerdeführer meint, hat die belangte Behörde die für seine Integration in Österreich sprechenden Umstände in ihre Abwägung zur Gänze und auch in ausreichendem Maß einbezogen. Angesichts des Fehlverhaltens des Beschwerdeführers kann ihrer Beurteilung, die öffentlichen Interessen überwögen seine persönlichen Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet, nicht als rechtswidrig erkannt werden. Dem Beschwerdeführer wurde vorerst ein Aufenthaltstitel für den Zweck der Absolvierung eines Studiums erteilt. Bereits etwa ein Jahr nach seiner Einreise schloss der Beschwerdeführer die hier gegenständliche Aufenthaltsehe, um weitergehende, ihm ansonsten nicht zustehende fremdenrechtliche Berechtigungen sowie den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erlangen. In nicht zu beanstandender Weise ging die belangte Behörde aber auch davon aus, der Beschwerdeführer halte sich noch nicht so lange außerhalb seines Heimatlandes auf, dass es ihm unmöglich oder unzumutbar sei, sich dort wieder zu integrieren. Daran ändern auch die - im Übrigen völlig unsubstantiiert gebliebenen - Behauptungen in der Beschwerde, er habe keine Kontakte zur Heimat mehr, nichts. Dass sich der Beschwerdeführer in seinem Heimatland - mit den Worten der Beschwerde - "eine neue Lebensgrundlage aufbauen" müsse, hat er im öffentlichen Interesse hinzunehmen. Das Ergebnis der behördlichen Interessenabwägung nach § 66 FPG begegnet sohin keinen Bedenken.

Soweit der Beschwerdeführer der belangten Behörde Ermittlungsmängel vorwirft, legt er in keiner Weise dar, welche Feststellungen sie nach allfälligen ergänzenden Ermittlungen hätte treffen können und weshalb diese geeignet gewesen wären, zu einem anderen Ergebnis zu kommen. Insoweit wird schon die Relevanz des behaupteten Verfahrensfehlers nicht näher dargelegt. Wenn der Beschwerdeführer aber auch noch geltend macht, diese Ermittlungen wären durch seine Vernehmung vorzunehmen gewesen, ist dem zu entgegnen, dass im fremdenrechtlichen Administrativverfahren vor der Sicherheitsdirektion ein Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung oder auf mündliche Anhörung vor der Behörde nicht besteht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/21/0176, mwN).

Sohin erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am