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VwGH vom 15.12.2014, 2011/17/0324

VwGH vom 15.12.2014, 2011/17/0324

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2011/17/0325

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Hofrat Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner, Mag. Nussbaumer-Hinterauer und Dr. Leonhartsberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Beschwerde der Stadtgemeinde Oberwart, vertreten durch die Rechtsanwälte Steflitsch OG in 7400 Oberwart, Hauptplatz 14, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberwart vom , Zl. OW-02-04- 108-2, betreffend Vorschreibung eines Nachtragsbeitrages zum Anschlussbeitrag (mitbeteiligte Partei: MR in O), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Burgenland hat der beschwerdeführenden Stadtgemeinde Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom schrieb der Bürgermeister der beschwerdeführenden Stadtgemeinde der mitbeteiligten Partei "gemäß § 8 des Kanalabgabegesetzes LGBl. Nr. 41/1984 idF LGBl. Nr. 37/1990 und 28/2005, in Verbindung mit der Verordnung des Gemeinderates vom " für die "Anschlussgrundfläche" bestehend aus einem näher bezeichneten Grundstück einen Nachtragsbeitrag in der Höhe von EUR 617,58 vor. In der Begründung wurde darauf hingewiesen, dass der Beitragssatz für den Nachtragsbeitrag nach Abrechnung der Kanalisationsanlage vom Gemeinderat am mit EUR 2,40 "verordnet" worden sei.

Mit Bescheid vom wies der Gemeinderat der beschwerdeführenden Stadtgemeinde die dagegen erhobene Berufung als unbegründet ab. In seiner Begründung führte der Gemeinderat u. a. aus, der Beitragssatz könne neu festgesetzt werden, wenn sich aufgrund einer Änderung der Kanalisationsanlage die der letzten Festsetzung des Beitragssatzes zugrundeliegenden Baukosten um mindestens 2 % erhöht hätten. Die Bauabschnitte BA 05 und BA 06 seien fertiggestellt, abgerechnet und kollaudiert worden (Genehmigung der Landesregierung mit Beschlüssen vom bzw. ). Da die Baukosten dadurch um 20,52 % gestiegen seien, seien diese Kosten in die Berechnung des Beitragssatzes einzubeziehen. Die Neufestsetzung des Beitragssatzes und Beschlussfassung der Verordnung betreffend die Einhebung eines Nachtragsbeitrages sei - aufgrund der einschlägigen Bestimmungen des jeweiligen Finanzausgleichsgesetzes idgF - in den Sitzungen des Gemeinderates am , , , , , , und erfolgt. Diese Verordnungen seien ordnungsgemäß kundgemacht und aufsichtsbehördlich zur Kenntnis genommen worden. Der Einwand der Verjährung sei nicht berechtigt, da das Recht, Kanalisationsbeiträge festzusetzen, gemäß § 2 Abs. 7 Burgenländisches Kanalabgabegesetz (in der Folge: Bgld. KAbgG) binnen fünf Jahren verjähre und die Verjährung mit Ablauf des Jahres beginne, in dem der Abgabenanspruch entstanden sei. Hinsichtlich des Nachtragsbeitrages entstehe der Abgabenanspruch gemäß § 8 Abs. 4 Bgld. KAbgG mit der Rechtswirksamkeit der Erhöhung des Beitragssatzes. Die Verjährung werde durch jede zur Geltendmachung des Abgabenanspruches nach außen erkennbare Amtshandlung unterbrochen und beginne mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten sei, neu zu laufen. Ausgehend von der erstmaligen Beschlussfassung des Gemeinderates am und der anschließenden Kundmachung der Verordnung im selben Jahr sei die fünfjährige Verjährungsfrist mit Ablauf des Jahres 2003 in Gang gesetzt worden und wäre demzufolge die Verjährung mit Ablauf des Jahres 2008 eingetreten. Am sei der mitbeteiligten Partei ein Schreiben des Bürgermeisters zugestellt worden, das die Ermittlung der Berechnungsfläche für die Festsetzung des Nachtragsbeitrages betroffen habe. Dabei handle es sich um eine Amtshandlung, durch die die Verjährung am unterbrochen worden sei, sodass sie mit Ablauf des Jahres 2008 neu zu laufen begonnen habe. Weitere verjährungsunterbrechende Amtshandlungen hätten auch in den Folgejahren stattgefunden.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der dagegen erhobenen Vorstellung Folge und hob den Bescheid des Gemeinderates der beschwerdeführenden Stadtgemeinde vom auf. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensganges und der anzuwendenden Rechtsvorschriften aus, mit dem Nachtragsbeitrag würden neu entstandene Kosten für eine Änderung der Kanalisationsanlage (auf die Abgabepflichtigen) umgelegt. Eine mehrmalige Erhebung eines Nachtragsbeitrages sei möglich. Der Abgabenanspruch für den Nachtragsbeitrag entstehe in dem Zeitpunkt, in dem die Abgabenverordnung betreffend den neuen (erhöhten) Anschlussbeitrag in Wirksamkeit trete. Für die Frage der Anwendbarkeit der Verordnung über die Einhebung eines Nachtragsbeitrages sei entscheidend, welche Änderung der Kanalisationsanlage (welcher Bauabschnitt) damit verrechnet werde. Die Gemeindebehörden hätten klar darzulegen, mit welcher Verordnung die Kosten welchen Bauabschnitts umgelegt worden seien. Unterbleibe dies, so habe die Vorstellungsbehörde diesen Verfahrensmangel aufzugreifen, weil die Gemeindebehörden - ausgehend vom Grundsatz der Zeitbezogenheit der Abgaben - zur Anwendbarkeit einer (früheren) Abgabenverordnung hätten kommen können. Im Gegenstandsfall lasse sich aus den vorgelegten Akten schließen, dass die Verordnung vom der Umlegung der Baukosten für die Abschnitte 5 und 6 gedient habe. Der Gemeinderat habe aber in seiner bekämpften Vorschreibung als Entscheidungsgrundlage die Verordnung vom und nicht die Verordnung vom herangezogen. Welche Baukosten mit der Verordnung vom umgelegt worden seien, sei nicht nachvollziehbar. Somit sei der entscheidungsrelevante Sachverhalt unklar geblieben. Eine Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides liege auch darin, dass als Entscheidungsgrundlage die Verordnung vom herangezogen, die Vorschreibung aber mit der Verordnung vom begründet worden sei. Das Rechtsschutzbedürfnis der mitbeteiligten Partei sei hinsichtlich der Entscheidungsgrundlage deshalb gegeben, da das Recht zur Festsetzung des Nachtragsbeitrages auf Grund der Verordnung vom am und auf Grund der Verordnung vom erst am zu laufen begonnen habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift, legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 79 Abs. 11 VwGG idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 122/2013 sind die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Burgenländischen Kanalabgabegesetzes (Bgld. KAbgG), LGBl. Nr. 41/1984, lauten in der Stammfassung:

"...

2. Abschnitt

Kanalisationsbeiträge

§ 2

Allgemeines

(1) Die Gemeinden werden ermächtigt, durch Verordnung des Gemeinderates Kanalisationsbeiträge (Erschließungsbeitrag, vorläufiger Anschlußbeitrag, Anschlußbeitrag, Ergänzungsbeitrag, vorläufiger Nachtragsbeitrag, Nachtragsbeitrag) zur Deckung der Errichtungskosten der Kanalisationsanlage nach den Bestimmungen dieses Abschnittes zu erheben. An Kanalisationsbeiträgen darf jedoch jeweils insgesamt nicht mehr erhoben werden, als den von der Gemeinde geleisteten oder voranschlagsmäßig zu leistenden Aufwendungen für die Kanalisationsanlage entspricht.

(2) Den Gemeinden für die Errichtung der Kanalisationsanlage gewährte Zuschüsse, die nicht zurückzuzahlen sind, zählen nicht zu den im Abs. 1 genannten Aufwendungen.

...

(6) Das Beitragsausmaß ergibt sich aus dem mit der Berechnungsfläche vervielfachten Beitragssatz.

(7) Das Recht, die Kanalisationsbeiträge festzusetzen, verjährt binnen fünf Jahren.

...

§ 3

Beitragssatz

(1) Der Beitragssatz ist vom Gemeinderat durch Verordnung festzusetzen. Er darf jenen Betrag nicht überschreiten, der sich aus der Teilung der abgerechneten Errichtungskosten der Kanalisationsanlage (§ 2 Abs. 1 und 2) durch die um 10 v.H. erhöhte Summe aller Berechnungsflächen gemäß § 5 Abs. 2 in der Gemeinde ergibt. Für die Ermittlung der Summe aller Berechnungsflächen in der Gemeinde ist der Zeitpunkt der erstmaligen Beschlußfassung einer Verordnung nach dem 2. Abschnitt dieses Gesetzes maßgebend.

(2) Der Beitragssatz kann neu festgesetzt werden, wenn sich auf Grund einer Änderung der Kanalisationsanlage die der letzten Festsetzung des Beitragssatzes zugrundeliegenden Baukosten um mindestens 2 v.H. erhöht haben.

...

§ 8

Nachtragsbeitrag

(1) Ein Nachtragsbeitrag zum Anschlußbeitrag ist zu erheben, wenn der Beitragssatz gemäß § 3 Abs. 2 neu festgesetzt wird.

(2) Die Höhe des Nachtragsbeitrages ist nach den Bestimmungen der §§ 3 und 5 unter Zugrundelegung des Ausmaßes der Erhöhung des Beitragssatzes zu bemessen.

(3) Auf den Nachtragsbeitrag ist der vorläufige Nachtragsbeitrag in der Höhe des tatsächlich geleisteten Betrages anzurechnen.

(4) Der Abgabenanspruch entsteht mit der Rechtswirksamkeit der Erhöhung des Beitragssatzes."

Nach § 1 der Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Oberwart vom über die Einhebung eines Nachtragsbeitrages nach dem Kanalabgabegesetz für den Ortsteil Oberwart wird für jene Grundstücke, für die eine rechtskräftige Anschlussverpflichtung oder Anschlussbewilligung vorliegt, auf Grund der Erhöhung der Baukosten der Kanalisationsanlage ein Nachtragsbeitrag erhoben.

Gemäß § 2 dieser Verordnung betrug der bisherige Beitragssatz für den Anschlussbeitrag EUR 9,32 und der neue Beitragssatz EUR 11,72. Der Unterschied zwischen dem bisherigen und nunmehrigen Beitragssatz in der Höhe von EUR 2,40 (einschließlich gesetzliche Umsatzsteuer) ist gemäß dieser Bestimmung der Bemessung des Nachtragsbeitrages zugrunde zu legen.

Die Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Oberwart vom über die Einhebung eines Nachtragsbeitrages nach dem Kanalabgabegesetz für den Ortsteil Oberwart entspricht im Wesentlichen wörtlich der genannten Verordnung vom , wobei allerdings die dort genannten Beträge jeweils ohne Umsatzsteuer ausgewiesen werden. Bei Hinzurechnung der gesetzlichen Umsatzsteuer (10 %) ergeben sich Beträge, die der Höhe nach jenen in der Verordnung vom genannten entsprechen.

Die belangte Behörde begründete ihre aufhebende Entscheidung im Wesentlichen damit, dass der entscheidungsrelevante Sachverhalt unklar geblieben sei, weil der Gemeinderat als Entscheidungsgrundlage die Verordnung vom und nicht die Verordnung vom herangezogen habe. Es sei nicht nachvollziehbar, welche Baukosten mit der Verordnung vom umgelegt worden seien.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass sich die Pflicht der Abgabenbehörde zur Begründung ihrer Bescheide nicht auf die Darlegung der für den Verordnungsgeber bei Erlassung der Verordnung bestimmend gewesenen Faktoren erstreckt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/17/0200, mwN). Die Abgabenbehörden waren daher nicht verpflichtet, näher zu begründen, aufgrund welcher baulicher Maßnahmen der Nachtragsbeitrag vorzuschreiben war.

Der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides, der durch die Abweisung der Berufung zum Inhalt der Berufungsentscheidung wurde, führt neben § 8 Bgld. KAbgG lediglich die Verordnung des Gemeinderates vom an, nicht aber die für die Umlegung der betreffenden Baukosten erstmals erlassene Verordnung vom . Auch dies führt nicht zur Rechtswidrigkeit des Berufungsbescheides. Ein Abgabenbescheid hat gemäß § 198 Abs. 2 Satz 1 BAO nämlich im Spruch nur die Art und Höhe der Abgaben, den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit und die Grundlagen der Abgabenfestsetzung (Bemessungsgrundlagen) zu enthalten. Wenn die Abgabenbehörde - wie im Beschwerdefall - die Rechtsgrundlage, auf die sich die Abgabenvorschreibung stützt, anführt, so stellt dies keinen Teil des Spruches, sondern vielmehr ein Begründungselement dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/16/0187, mwN).

Im Beschwerdefall ergibt sich aus der Begründung des Berufungsbescheides, dass sich die Vorschreibung des Nachtragsbeitrages auf die Verordnung vom stützte, mit der die betreffenden Baukosten erstmals umgelegt wurden. Der Inkrafttretenszeitpunkt dieser Verordnung war auch für die Berechnung der fünfjährigen Verjährungsfrist gemäß § 2 Abs. 7 Bgld. KAbgG maßgeblich. Aus der Begründung des Berufungsbescheides ergibt sich weiters, dass der Gemeinderat der beschwerdeführenden Stadtgemeinde davon ausging, Verordnungen zur Festsetzung des Beitragssatzes bzw. des Nachtragsbeitrages seien jeweils nur für ein Jahr gültig und müssten aufgrund des Finanzausgleichsgesetzes jedes Jahr (gegebenenfalls auch inhaltsgleich) neu erlassen werden. Ausgehend von dieser Auffassung hat der Gemeinderat in der Folge jährlich Verordnungen über den Beitragssatz neu erlassen, wobei die Höhe des Beitragssatzes für den Nachtragsbeitrag in den Jahren 2003 bis 2007 unverändert mit EUR 2,40 brutto festgesetzt wurde. Daraus folgt aber, dass durch die Anführung der Verordnung des Gemeinderates vom in Rechte der mitbeteiligten Partei nicht eingegriffen werden konnte.

Da die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage den vermeintlichen Begründungsmangel zum Anlass für ihre aufhebende Entscheidung nahm, erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG aF in Verbindung mit § 3 Z 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am