VwGH vom 25.11.2015, Ro 2014/10/0093
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Revision des A M in Wien, vertreten durch Edward W. Daigneault, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom , Zl. VGW- 141/010/21783/2014, betreffend Mindestsicherung (belangte Behörde: Magistrat der Stadt Wien), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird in seinem Spruchpunkt A) I. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Wien hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Spruchpunkt A) I. des Erkenntnisses vom hat das Verwaltungsgericht Wien den Mindestsicherungsantrag des Revisionswerbers vom gemäß § 5 Wiener Mindestsicherungsgesetz - WMG, LGBl. Nr. 38/2010, abgewiesen.
Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass der Revisionswerber, ein ägyptischer Staatsangehöriger, seit dem Jahr 2008 in Österreich lebe. Er habe zunächst einen Asylantrag gestellt. Am habe er die damals bereits seit mehreren Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältige slowakische Staatsangehörige Adriana P. geheiratet. Bereits am habe er sich an der Adresse von Adriana P. mit Hauptwohnsitz polizeilich gemeldet. Er sei im Besitz einer Aufenthaltskarte für Angehörige eines EWR-Bürgers mit einer Gültigkeitsdauer von bis . Mit Wirkung vom sei die Ehe des Revisionswerbers mit Adriana P. rechtskräftig geschieden worden. Am sei er aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen.
Zur Beurteilung, ob ein Anspruch auf bedarfsorientierte Mindestsicherung bestehe, sei zu prüfen gewesen, ob - neben einem rechtmäßigen Aufenthalt - einer der in § 5 Abs. 2 WMG angeführten Gleichstellungstatbestände verwirklicht sei. Sachverhaltsbezogen sei zu prüfen gewesen, ob der Revisionswerber ein Familienangehöriger einer in § 5 Abs. 2 Z. 2 WMG genannten Unionsbürgerin sei. Für die Auslegung des Begriffs "Familienangehörige" könne auf die Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (Unionsbürgerrichtlinie), zurückgegriffen werden. Da die Ehe des Revisionswerbers mit der Unionsbürgerin geschieden sei, sei er nicht als Familienangehöriger gemäß Art. 2 Z. 2 lit. a der Unionsbürgerrichtlinie anzusehen. Er verfüge auch über keinen der in § 5 Abs. 2 Z. 3 WMG genannten Aufenthaltstitel.
Da der Revisionswerber somit österreichischen Staatsbürgern nicht gleichgestellt sei, habe er keinen Anspruch auf Mindestsicherung.
Mit Spruchpunkt A) II. hat das Verwaltungsgericht ausgesprochen, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen Spruchpunkt A) I. gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei. Dies wurde damit begründet, dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage fehle, ob eine Gleichstellung mit österreichischen Staatsangehörigen gemäß § 5 Abs. 2 Z. 3 WMG auch dann gegeben sei, wenn beim Drittstaatsangehörigen allenfalls die Voraussetzungen für ein Recht auf Daueraufenthalt vorlägen, ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-Familienangehöriger" gemäß § 48 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG, BGBl. I Nr. 100/2005, jedoch nicht erteilt worden sei.
Über die ihrem gesamten Inhalt nach nur gegen Spruchpunkt A) I. des angefochtenen Erkenntnisses gerichtete ordentliche Revision hat der Verwaltungsgerichtshof nach Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Der vorliegende Revisionsfall gleicht in allen für die Entscheidung maßgeblichen Punkten jenem, der mit Erkenntnis vom , Zl. Ro 2014/10/0083, entschieden wurde. Aus den dort genannten Entscheidungsgründen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, erweist sich auch das vorliegend angefochtene Erkenntnis in seinem Spruchpunkt A) I. als inhaltlich rechtswidrig. In diesem Umfang war das angefochtene Erkenntnis daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.
Von der vom Revisionswerber beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013.
Wien, am
Fundstelle(n):
PAAAE-91278