VwGH vom 20.05.2015, Ra 2014/09/0033

VwGH vom 20.05.2015, Ra 2014/09/0033

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler , Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die außerordentliche Revision des Bundesministers für Finanzen in 1010 Wien, Johannesgasse 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom , Zl. LVwG-2014/40/1030-7, betreffend u. a. Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (belangte

Behörde vor dem Landesverwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft

Landeck, mitbeteiligte Partei: K W in T, vertreten durch Dr. Martin Dellasega und Dr. Max Kapferer, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2/2, weitere Partei:

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom wurde der Mitbeteiligte u.a. für schuldig erkannt, er habe es als Verantwortlicher der Firma H.S. (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof) mit Sitz in D-565xx, R., Ostraße, xx (in Deutschland), zu verantworten, "dass anlässlich einer Kontrolle der Finanzpolizei des Finanzamtes L. in Zusammenarbeit mit der Polizeiinspektion N. am um 11:00 Uhr in 65xx P. sowie bei einer Kontrolle der Finanzpolizei I. am in 61xx N. 'F-haus in A.' bekannt wurde, dass nachstehende Personen zu nachstehenden Zeiträumen in 65xx P. Waldgebiet 'K.' bzw. in 65xx N. 'A.' beschäftigt wurden", obwohl für sie keine der in § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) angeführten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen oder Bestätigungen ausgestellt gewesen seien. Der Mitbeteiligte habe durch die Beschäftigung von 33 rumänischen Staatangehörigen in näher angeführten Zeiträumen überwiegend in der zweiten Hälfte des Jahres 2011 Übertretungen gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG in 33 Fällen begangen.

Bei jedem einzelnen Ausländer enthält der Spruch die Angabe, an welchem Ort im Bundesgebiet (N. oder P.) die Beschäftigung erfolgte. Es wurden über den Mitbeteiligten Geldstrafen von jeweils EUR 2.000,-- und Ersatzfreiheitsstrafen von eineinhalb Tagen in 33 Fällen verhängt und ihm Verfahrenskosten auferlegt.

Der dagegen vom Mitbeteiligten erhobenen Beschwerde hat das Landesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis stattgegeben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Mitbeteiligten gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VwGVG eingestellt. Diese Entscheidung begründete das Landesverwaltungsgericht zusammengefasst damit, dass die rumänischen Staatsangehörigen nicht nur unerlaubt beschäftigt worden seien, sondern dass sie sich auch unerlaubt im Bundesgebiet aufgehalten hätten, die Beschäftigung stehe nicht im Einklang mit § 32a AuslBG. Der Mitbeteiligte habe daher den gerichtlich strafbaren Tatbestand des § 28c AuslBG erfüllt. Er könne daher wegen derselben Tat nicht verwaltungsstrafrechtlich belangt werden.

Dagegen richtet sich die Revision des Bundesministers für Finanzen, der seine Revision im Wesentlichen deswegen für zulässig und das angefochtene Erkenntnis für rechtswidrig hält, weil § 28c AuslBG nur auf die Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen ohne Aufenthaltsrecht anzuwenden sei und nicht auch auf die Beschäftigung von EWR-Bürgern, die aufgrund von Übergangsbestimmungen noch dem Regime des AuslBG unterliegen. Eine Strafbarkeit nach § 28c AuslBG sei im vorliegenden Fall nicht gegeben, daher habe das Landesverwaltungsgericht das Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung des § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 AuslBG gegen den Mitbeteiligten nicht einstellen dürfen.

Der Verwaltungsgerichtshof leitete das Vorverfahren ein, der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung, in welcher er sich dem Standpunkt des Verwaltungsgerichts anschloss, die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde schloss sich in ihrer Revisionsbeantwortung der Revision im Wesentlichen an.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden; er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

Zwar wurde die vom revisionsführenden Bundesminister aufgeworfene Rechtsfrage in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs noch nicht beantwortet. Dies allein bewirkt jedoch noch nicht die Zulässigkeit der Revision. Um diese Voraussetzung zu erfüllen, muss die Revision auch von der Lösung einer Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG abhängen. Dies ist nur dann der Fall, wenn über das Ergebnis des Revisionsverfahrens nicht bereits aus einem anderen als dem in der Revision als Zulässigkeitsgrund aufgeworfenem und diesem vorgelagerten Grund zu entscheiden wäre. Der Verwaltungsgerichtshof ist nämlich gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Lösung theoretischer Rechtsfragen befugt, sondern nur von solchen, von deren Lösung der Erfolg der Revision tatsächlich abhängt. Es muss daher zumindest die Möglichkeit bestehen, dass die aufgeworfene, im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Rechtsfrage für die Lösung des Falles von ausschlaggebender Bedeutung ist.

Dies könnte hier angesichts der im Bescheid der belangten Behörde enthaltenen Angabe eines im Ausland liegenden Sitzes des vom Mitbeteiligten vertretenen Unternehmens der Fall sein. Eine Verwaltungsübertretung ist nämlich regelmäßig als dort begangen anzusehen, wo der Täter gehandelt hat oder, bei Unterlassungsdelikten, hätte handeln sollen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2008/05/0078). Im Fall von Übertretungen gegen § 28 AuslBG ist regelmäßig der Sitz des Unternehmens des Arbeitgebers der Tatort, denn dort wird in der Regel die gegebenenfalls nach dem AuslBG verpönte Beschäftigung eingegangen, bzw. wären von dort aus die allenfalls erforderlichen Beschäftigungsbewilligungen zu beantragen. Wird die tatsächliche Leitung eines Unternehmens an einem anderen Ort als an dem im Firmenbuch eingetragenen Sitz des Unternehmens ausgeübt, so hat dies zur Folge, dass als Ort der Beschäftigung dieser tatsächliche Sitz der Unternehmensleitung und auch dieser Ort als jener Ort, von welchem aus die allenfalls erforderlichen Beschäftigungsbewilligungen hätten beantragt werden müssen, anzunehmen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2008/09/0236).

Es ist bei Übertretungen des AuslBG auch für Fälle, in denen Privatpersonen, welche über keinen Unternehmenssitz im engeren Sinne verfügen, als Arbeitgeber im Sinne des AuslBG belangt werden, als Tatort jener Ort anzusehen, an dem die Beschäftigung eingegangen wurde bzw. der Ort, von dem aus die erforderlichen Bewilligungen zu beantragen gewesen wären (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2013/09/0046, mwN).

Nach dem Spruch des Straferkenntnisses der belangten Behörde wurden dem Mitbeteiligten die Beschäftigung der 33 rumänischen Staatsangehörigen als Verantwortlicher eines Unternehmens mit Sitz in Deutschland zur Last gelegt.

In einem solchen Fall hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 2000/09/0105, Folgendes ausgeführt:

"Unbestritten hat jenes Unternehmen, als dessen Vertretungsbefugter der Erstmitbeteiligte im vorliegenden Fall bestraft wurde, seinen Sitz nämlich im Ausland. Auch ein Betriebssitz im Inland wurde weder festgestellt noch behauptet. Da es auch einer einem Arbeitgeber im Sinne des AuslBG gleichzuhaltenden Person im Sinne des § 2 Abs. 3 AuslBG ermangelte, war ein Arbeitgeber im Inland sohin nicht vorhanden. Ein Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung oder einer anderen für den Arbeitgeber erforderlichen Genehmigung oder Bestätigung wäre daher gemäß § 19 Abs. 3 AuslBG von den Ausländern selbst, nicht aber von der vom Erstmitbeteiligten vertretenen K.R. GenbR. mit Sitz im Ausland und ohne Betriebssitz im Bundesgebiet zu stellen gewesen.

Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber einen Ausländer nur beschäftigen, wenn 'ihm für diesen' eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt. Der K.R. GenbR. mit Sitz im Ausland und ohne Betriebssitz im Bundesgebiet hätte eine solche Bewilligung angesichts des § 19 Abs. 3 AuslBG aber gar nicht erteilt werden können. Daher konnte dem Erstmitbeteiligten aber auch nicht zum Vorwurf gemacht werden, er hätte als vertretungsbefugtes Organ der K.R. GenbR. mit Sitz im Ausland und ohne Betriebssitz im Bundesgebiet für die Einholung von arbeitsmarktbehördlichen Papieren für die Ausländer keine Sorge getragen, ...."

Bei dieser auch für den vorliegenden Fall maßgeblichen Rechtslage hätte das Verwaltungsgericht ausgehend von Feststellungen eines im Ausland liegenden Unternehmenssitzes allenfalls zu dem Ergebnis gelangen können, dass das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Mitbeteiligten einzustellen war, weil die Tat nicht im Inland begangen wurde. Das Verwaltungsgericht hat diesbezüglich allerdings keine Feststellungen getroffen und sich auch nicht mit der Frage des Bestehens eines Unternehmenssitzes oder einer Niederlassung im Inland befasst. Ein solcher wird in der Revision unter Hinweis auf ein gegen den Mitbeteiligten als Arbeitgeber ergangenes Urteil des Landesgerichts Salzburg vom allerdings bejaht.

Der Umstand allein, dass im Spruch der belangten Behörde ein im Ausland liegender Sitz des vom Mitbeteiligten vertretenen Unternehmens genannt wurde, hätte die Einstellung des Verfahrens noch nicht gerechtfertigt; es war vielmehr grundsätzlich nicht nur das Recht, sondern die Pflicht des Verwaltungsgerichts, einen allenfalls fehlerhaften Abspruch der belangten Behörde diesbezüglich richtig zu stellen oder zu ergänzen. Dies gilt allerdings nur dann, wenn innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist rechtzeitig eine alle der Bestrafung zu Grunde liegenden Sachverhaltselemente enthaltende Verfolgungshandlung (wozu auch der Tatort gehört) durch die Behörde gesetzt wurde (vgl. zur insofern auch für die Verwaltungsgerichte vor deren Einführung maßgeblichen Rechtslage das hg. Erkenntnis vom , 2010/09/0194, mwN).

Im vorliegenden Fall wurde - wie aus den Akten des Verwaltungsverfahrens ersichtlich - in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom , zugestellt am , nicht nur ein im Ausland liegender Unternehmenssitz angegeben, sondern auch auf jeden einzelnen Ausländer bezogene Orte der Beschäftigung im Bundesgebiet. Bei dieser Sachlage wäre das Verwaltungsgericht daher zutreffendenfalls befugt gewesen, dies als taugliche Verfolgungshandlung innerhalb der einjährigen Verfolgungsverjährungsfrist auch mit Bezug auf im Inland situierte Tatorte zu werten, entsprechende Feststellungen zu treffen und zutreffendenfalls - in Richtigstellung und Präzisierung des Straferkenntnisses der belangten Behörde - von im Bundesgebiet liegenden Tatorten auszugehen.

Auf gleiche Weise wäre es für das Verwaltungsgericht auch zulässig und gegebenenfalls geboten gewesen, den Spruch des Straferkenntnisses der belangten Behörde dahingehend richtig zu stellen und zu präzisieren, dass der Mitbeteiligte nicht das Bekanntwerden der Beschäftigung der Ausländer ohne die notwendigen arbeitsmarktbehördlichen Papiere, sondern eine solche Beschäftigung selbst zu verantworten habe.

Es besteht daher die Möglichkeit, dass im vorliegenden Fall von im Bundesgebiet gelegenen Tatorten auszugehen ist und dass die Lösung des vorliegenden Rechtsfalles im Ergebnis von der in der Revision geltend gemachten Rechtsfrage abhängt, nämlich von der Beurteilung, ob § 28c AuslBG nur auf die Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen ohne Aufenthaltsrecht anzuwenden ist und nicht auch auf die Beschäftigung von rumänischen Staatsbürgern, die aufgrund von Übergangsbestimmungen noch dem Regime des AuslBG unterliegen.

Zu dieser Frage besteht keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Die Revision ist daher zulässig.

Das Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. Nr. 218/1975 in der Fassung BGBl. I Nr. 25/2011 (AuslBG,§ 28c in Kraft seit ), lautet auszugsweise:

"§ 1. (1) Dieses Bundesgesetz regelt die Beschäftigung von Ausländern (§ 2) im Bundesgebiet.

(2) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind nicht anzuwenden auf

l) Ausländer, die aufgrund eines Rechtsaktes der Europäischen Union Arbeitnehmerfreizügigkeit genießen;

...

§ 2. (1) Als Ausländer im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt, wer nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt.

(2) Als Beschäftigung gilt die Verwendung

a) in einem Arbeitsverhältnis,

b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

c) in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der

Tätigkeiten nach § 3 Abs. 5,


Tabelle in neuem Fenster öffnen
d)
nach den Bestimmungen des § 18 oder
e)
überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.

(3) Den Arbeitgebern gleichzuhalten sind

a) in den Fällen des Abs. 2 lit. b die inländischen Vertragspartner jener Personen, für deren Verwendung eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich ist,

b) in den Fällen des Abs. 2 lit. c und d der Inhaber des Betriebes, in dem der Ausländer beschäftigt wird, sofern nicht lit. d gilt, oder der Veranstalter,

c) in den Fällen des Abs. 2 lit. e auch der Beschäftiger im Sinne des § 3 Abs. 3 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes und

d) der ausländische Dienstleistungserbringer, dem eine

EU-Entsendebestätigung nach Maßgabe des § 18 Abs. 12 auszustellen ist.

...

§ 3. (1) Ein Arbeitgeber darf, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine 'Rot-Weiß-Rot - Karte plus' oder einen Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt-EG' oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

...

§ 18. (1) Ausländer, die von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt werden, bedürfen, soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt ist, einer Beschäftigungsbewilligung. Dauern diese Arbeiten nicht länger als sechs Monate, bedürfen Ausländer einer Entsendebewilligung, welche längstens für die Dauer von vier Monaten erteilt werden darf.

...

(4) Dauert die im Abs. 1 genannte Beschäftigung länger als vier Monate, so ist eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich. Der Antrag auf Erteilung der Beschäftigungsbewilligung ist jedenfalls noch vor Ablauf des vierten Monates nach Aufnahme der Arbeitsleistung vom Inhaber des Betriebes, in dem der Ausländer beschäftigt wird, bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice einzubringen. Im Falle der Ablehnung der Beschäftigungsbewilligung ist die Beschäftigung spätestens zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung zu beenden.

...

§ 19. (1) Der Antrag auf Ausstellung einer Sicherungsbescheinigung bzw. Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung ist unbeschadet der Abs. 2 und 3 und des § 18 vom Arbeitgeber bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice einzubringen, in deren Sprengel der in Aussicht genommene Beschäftigungsort liegt, bei wechselndem Beschäftigungsort bei der nach dem Sitz des Betriebes zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice.

...

(3) Ist kein Arbeitgeber im Bundesgebiet vorhanden, ist der Antrag nach Abs. 1 für den Fall, dass eine Person im Sinne des § 2 Abs. 3 vorhanden ist, von dieser, in allen anderen Fällen vom Ausländer zu beantragen. Der Antrag ist bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice einzubringen, in deren Sprengel die Arbeitsleistungen bzw. Beschäftigungen erbracht werden.

...

§ 28. (1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen

1. wer,

a) entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine 'Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt' (§ 8 Abs. 2 Z 3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt-EG' (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde, oder

b) entgegen dem § 18 die Arbeitsleistungen eines Ausländers, der von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt wird, in Anspruch nimmt, ohne dass für den Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung oder Anzeigebestätigung erteilt wurde, oder

...

bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1 000 Euro bis zu 10 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2 000 Euro bis zu 20 000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2 000 Euro bis zu 20 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4 000 Euro bis zu 50 000 Euro;

...

§ 28c. (1) Wer entgegen § 3 Abs. 1 gleichzeitig eine größere Zahl von Ausländern ohne Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet oder einen minderjährigen Ausländer ohne Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet beschäftigt, ist vom Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren ist zu bestrafen,

wer entgegen § 3 Abs. 1

1. einen Ausländer ohne Aufenthaltsrecht im

Bundesgebiet unter besonders ausbeuterischen Arbeitsbedingungen,

2. einen Ausländer ohne Aufenthaltsrecht im

Bundesgebiet, von dem er weiß, dass er ein Opfer von

Menschenhandel (§ 104a StGB) ist, unter Nutzung seiner unter Zwang

erbrachten Arbeiten oder Leistungen oder

3. eine größere Zahl von Ausländern ohne

Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet länger als einen Monat beschäftigt.

(2) Der unerlaubt beschäftigte Ausländer ist nicht als Beitragstäter (§ 12 dritter Fall des Strafgesetzbuches - StGB, BGBl. Nr. 60/1974) zu bestrafen.

(3) Die Abs. 1 und 2 sind nicht anzuwenden, sofern die Tat nach anderen Bestimmungen mit gleicher oder strengerer Strafe bedroht ist.

...

Übergangsbestimmungen zur EU-Erweiterung

§ 32a. (1) Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die am aufgrund des Vertrages über den Beitritt der Republik Bulgarien und Rumäniens zur Europäischen Union (Beitrittsvertrag von Luxemburg), Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 157 vom , Seite 11, der Europäischen Union beigetreten sind, genießen keine Arbeitnehmerfreizügigkeit im Sinne des § 1 Abs. 2 lit. l, es sei denn, sie sind Angehörige eines gemeinschaftsrechtlich aufenthaltsberechtigten Staatsangehörigen eines anderen EWR-Mitgliedstaates gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 bis 3 NAG.

(2) EU-Bürger gemäß Abs. 1 haben unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt, wenn sie

1. am Tag des Beitritts oder nach dem Beitritt rechtmäßig im Bundesgebiet beschäftigt sind und ununterbrochen mindestens zwölf Monate zum Arbeitsmarkt zugelassen waren oder

2. die Voraussetzungen für einen Befreiungsschein (§ 15) erfüllen oder

3. seit fünf Jahren im Bundesgebiet dauernd niedergelassen sind und über ein regelmäßiges Einkommen aus erlaubter Erwerbstätigkeit verfügen.

..."

§ 51 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) , BGBl. I Nr. 100/2005, idF BGBl. I 38/2011, lautet:

"§ 51. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind;
2.
für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder
3.
als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen."
Anhang VII Liste nach Artikel 23 der Beitrittsakte:
Übergangsbestimmungen, Rumänien 1. Freizügigkeit zum Vertrag über den Beitritt der Republik Bulgarien und Rumäniens zur Europäischen Union (Beitrittsvertrag von Luxemburg), Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 157/311 vom (Anhang VII Punkt 1 Aufnahmeprotokoll) lautet auszugsweise:
"1.
Hinsichtlich der Freizügigkeit von Arbeitnehmern und der Dienstleistungsfreiheit mit vorübergehender Entsendung von Arbeitskräften im Sinne des Artikels 1 der Richtlinie 96/71/EG gelten Artikel 39 und Artikel 49 Absatz 1 des EG-Vertrags zwischen Rumänien einerseits und den derzeitigen Mitgliedstaaten andererseits in vollem Umfang nur vorbehaltlich der Übergangsbestimmungen der Nummern 2 bis 14.
2.
Abweichend von den Artikeln 1 bis 6 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und bis zum Ende eines Zeitraums von zwei Jahren nach dem Tag des Beitritts werden die derzeitigen Mitgliedstaaten nationale oder sich aus bilateralen Abkommen ergebende Maßnahmen anwenden, um den Zugang rumänischer Staatsangehöriger zu ihren Arbeitsmärkten zu regeln. Die derzeitigen Mitgliedstaaten können solche Maßnahmen bis zum Ende eines Zeitraums von fünf Jahren nach dem Tag des Beitritts weiter anwenden.
Rumänische Staatsangehörige, die am Tag des Beitritts rechtmäßig in einem derzeitigen Mitgliedstaat arbeiten und für einen ununterbrochenen Zeitraum von 12 Monaten oder länger zum Arbeitsmarkt dieses Mitgliedstaats zugelassen waren, haben Zugang zum Arbeitsmarkt dieses Mitgliedstaats, aber nicht zum Arbeitsmarkt anderer Mitgliedstaaten, die nationale Maßnahmen anwenden.
Rumänische Staatsangehörige, die nach dem Beitritt für einen ununterbrochenen Zeitraum von 12 Monaten oder länger zum Arbeitsmarkt eines derzeitigen Mitgliedstaats zugelassen waren, genießen dieselben Rechte.
Die in den Unterabsätzen 2 und 3 genannten rumänischen Staatsangehörigen verlieren die dort gewährten Rechte, wenn sie den Arbeitsmarkt des betreffenden derzeitigen Mitgliedstaats freiwillig verlassen.
Rumänischen Staatsangehörigen, die am Tag des Beitritts oder während eines Zeitraums, in dem nationale Maßnahmen angewandt werden, rechtmäßig in einem derzeitigen Mitgliedstaat arbeiten und weniger als 12 Monate zum Arbeitsmarkt dieses Mitgliedstaats zugelassen waren, werden diese Rechte nicht gewährt.
3.
Vor Ende eines Zeitraums von zwei Jahren nach dem Tag des Beitritts wird der Rat die Funktionsweise der Übergangsregelungen nach Nummer 2 anhand eines Berichts der Kommission überprüfen.
Bei Abschluss dieser Überprüfung und spätestens am Ende eines Zeitraums von zwei Jahren nach dem Beitritt teilen die derzeitigen Mitgliedstaaten der Kommission mit, ob sie weiterhin nationale oder sich aus bilateralen Vereinbarungen ergebende Maßnahmen anwenden, oder ob sie künftig die Artikel 1 bis 6 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 anwenden möchten. Erfolgt keine derartige Mitteilung, so gelten die Artikel 1 bis 6 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68.
...
14.
Die Anwendung der Nummern 2 bis 5 und 7 bis 12 darf nicht zu Bedingungen für den Zugang rumänischer Staatsangehöriger zu den Arbeitsmärkten der derzeitigen Mitgliedstaaten führen, die restriktiver sind, als die zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Beitrittsvertrags geltenden Bedingungen.
Ungeachtet der Anwendung der Bestimmungen unter den Nummern 1 bis 13 räumen die derzeitigen Mitgliedstaaten während der Dauer der Anwendung nationaler oder sich aus bilateralen Vereinbarungen ergebender Maßnahmen Arbeitnehmern, die Staatsangehörige eines Mitgliedstaats sind, beim Zugang zu ihren Arbeitsmärkten Vorrang vor Arbeitnehmern ein, die Staatsangehörige eines Drittstaats sind.
Rumänische Wanderarbeitnehmer und ihre Familien, die rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat ihren Wohnsitz haben und dort arbeiten, oder Wanderarbeitnehmer aus anderen Mitgliedstaaten und ihre Familien, die rechtmäßig in Rumänien ihren Wohnsitz haben und dort arbeiten, dürfen nicht restriktiver behandelt werden als dieselben Personen aus Drittstaaten, die in diesem Mitgliedstaat bzw. Rumänien ihren Wohnsitz haben und dort arbeiten. Darüber hinaus dürfen Wanderarbeitnehmer aus Drittländern, die in Rumänien ihren Wohnsitz haben und dort arbeiten, gemäß dem Grundsatz der Gemeinschaftspräferenz nicht günstiger behandelt werden als rumänische Staatsangehörige."
Der Bundesminister für Finanzen hält das angefochtene Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Tirol deswegen für rechtswidrig, weil § 28c AuslBG nur auf die Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen ohne Aufenthaltsrecht anzuwenden sei und nicht auch auf die Beschäftigung von aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern, die aufgrund von Übergangsbestimmungen noch dem Regime des AuslBG unterliegen. Eine Strafbarkeit nach § 28c AuslBG sei im vorliegenden Fall nicht gegeben, daher hätte das Landesverwaltungsgericht das Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung des § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 AuslBG gegen den Mitbeteiligten nicht einstellen dürfen.
Die gerichtliche Strafbestimmung des § 28c AuslBG sei geschaffen worden, um die Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen ("Sanktionenrichtlinie") umzusetzen. Diese Richtlinie ziele nur darauf ab, die rechtswidrige Einwanderung zu bekämpfen und die Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen ohne rechtmäßigen Aufenthalt zu verbieten. Rumänische Staatsangehörige seien keine Drittstaatsangehörigen im Sinne des Art. 2 der Sanktionenrichtlinie. Zwischen einem Drittstaatsangehörigen ohne Aufenthaltsrecht und einem EWR-Bürger, dem grundsätzlich Niederlassungsfreiheit zukomme, müsse unterschieden werden. § 28c Abs. 1 AuslBG komme daher selbst bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 51 Z 1 NAG auf rumänische Staatsbürger nicht zur Anwendung. Einige der verfahrensgegenständlichen Rumänen wiesen eine kürzere Beschäftigungsdauer als drei Monate auf. Das Landesverwaltungsgericht hätte zumindest den Aufenthalt von diesen vor dem Hintergrund des Art. 7 Abs. 1 lit. a der Richtlinie 2004/38/EG (gestützt auf Art. 39 EGV) sowie auf § 51 Z 1 NAG nicht als rechtswidrig im Sinne des § 28c Abs. 1 AuslBG werten dürfen.
Mit diesen Argumenten zeigt der Bundesminister für Finanzen jedenfalls zutreffend auf, dass das Landesverwaltungsgericht selbst bei seiner Annahme einer am Wortlaut des § 28c Abs. 1 AuslBG orientierten grundsätzlichen Anwendbarkeit dieser Bestimmung auf die Beschäftigung von rumänischen Staatsangehörigen nicht ohne nähere Beurteilung des aufenthaltsrechtlichen Status jedes einzelnen davon ausgehen hätte dürfen, dass hier der Tatbestand einer Beschäftigung einer größeren Zahl von Ausländern ohne Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet gemäß § 28c Abs. 1 AuslBG erfüllt war.
Zwar dürfte der Wortlaut des § 28c Abs. 1 AuslBG angesichts des § 2 Abs. 1 leg. cit. und § 32a Abs. 1 AuslBG bis zum grundsätzlich auch die Beschäftigung einer größeren Zahl von rumänischen Staatsangehörigen ohne eine Bewilligung oder Bestätigung im Sinne des § 3 Abs. 1 leg. cit umfassen, soferne diese kein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet besaßen. Mit Blick auf § 51 Z 1 NAG (vgl. dazu und zum Aufenthaltsrecht von bulgarischen Staatsangehörigen in der Übergangsphase, welches gleich dem Aufenthaltsrecht von rumänischen Staatsangehörigen geregelt war, das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/18/0335) und auf die Zulässigkeit von Einschränkungen des in Art. 20 Abs. 2 lit. a und in Art. 21 Abs. 1 AEUV (vgl. ehemals Art. 17 und 18 EGV) sowie Art. 45 Abs. 1 GRC primärrechtlich garantierten Rechts jeder Unionsbürgerin und jedes Unionsbürgers, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, konnte auch nicht ohne Weiteres gesagt werden, rumänische Staatsangehörige wären zum Zeitpunkt der dem Mitbeteiligten vorgeworfenen Beschäftigung jedenfalls im Sinne des § 28c Abs. 1 AuslBG zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt gewesen.
Allerdings geht aus den Erläuterungen der Regierungsvorlage zu § 28c AuslBG klar hervor, dass mit dieser Bestimmung die Sanktionenrichtlinie 2009/EG/52 umgesetzt werden sollte, die darauf abzielt, die illegale Einwanderung von Drittstaatsangehörigen zu bekämpfen und strengere Sanktionen gegen die Arbeitgeber von Drittstaatsangehörigen ohne rechtmäßigen Aufenthalt zu schaffen (vgl. 1077 BlgNR 24, GP, 1, 14f). Weder der Sanktionenrichtlinie, den dieser vorangestellten Erwägungsgründen noch auch den Gesetzesmaterialien zu § 28c AuslBG kann ein Hinweis darauf entnommen werden, dass mit dieser Bestimmung auch die Beschäftigung von rumänischen Staatsangehörigen oder anderen EWR-Bürgern, auch wenn sie nicht zum Aufenthalt berechtigt sein sollten, unter Strafe gestellt werden sollte. Dies spricht für die vom Bundesminister für Finanzen vertretene Auffassung, dass die Strafbestimmung des § 28c AuslBG eng auszulegen ist und die Beschäftigung von EWR-Bürgern daher nicht unter den Tatbestand des § 28c Abs. 1 AuslBG subsumiert werden kann.
§ 28c Abs. 1 AuslBG dürfte auf die Beschäftigung von rumänischen Staatsangehörigen auch deswegen nicht anzuwenden sein, weil mit dieser Strafbestimmung eine Bedingung für den Zugang rumänischer Staatsangehöriger zum österreichischen Arbeitsmarkt eingeführt wurde, die restriktiver ist, als die zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Beitrittsvertrags geltenden Bedingungen. Die Bestimmung dürfte der Stillhalteklausel des Punkt 1 Nr. 14 des Anhangs VII Punkt 1 des Aufnahmeprotokolls Rumänien widersprechen (vgl. dazu, dass es sich hier um eine Stillhalteklausel handelt, das , RdNr. 33, zur gleichen Bestimmung in Anhang VI Punkt 1 des Aufnahmeprotokolls).
Österreich hat durch die Bestimmung des § 32a AuslBG von der in Nummer 2. und 3. der in Anhang VII Punkt 1 des Aufnahmeprotokolls normierten Befugnis Gebrauch gemacht, wonach eine unselbständige Tätigkeit von Rumänen in Österreich grundsätzlich den Bestimmungen des AuslBG unterliegt. Die Stillhalteklausel des Punktes 1. der Nummer 14 des Anhangs VII Punkt 1 des Aufnahmeprotokolls ist daher anzuwenden.
Der Vertrag über den Beitritt der Republik Rumäniens zur Europäischen Union wurde am unterzeichnet (vgl. Amtsblatt der Europäischen Union L 157/18 vom ). § 28c AuslBG ist am 1. Juli 2911 in Kraft getreten (vgl. § 34 Abs. 38 AuslBG). Vor diesem Zeitpunkt bestand kein gerichtlich strafbarer Tatbestand, mit welchem die Beschäftigten einer größeren Zahl von rumänischen Staatsangehörigen ohne Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet mit einer Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagsätzen bedroht war (vgl. 1077 BlgNR 2, GP, 15).
Zwar könnte man meinen, dass die Verschlimmerung einer nur für den Beschäftiger geltenden Strafdrohung nicht als restriktivere Bedingung für den Zugang zum Arbeitsmarkt für rumänische Arbeitskräfte selbst zu werten wäre, weil eine solche Bestimmung keine für sie selbst unmittelbar wirksame Regelung ihres bereits vor dem Beitritt Rumäniens eingeschränkten Zugangs zum Arbeitsmarkt darstellt. Dabei würde man aber übersehen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH auch mittelbare Diskriminierungen als Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit gelten. So hat der EuGH etwa die Vorenthaltung des Aufenthaltsrechts für ledige Partner von Unionsbürgern im Unterschied zu ledigen Partnern von eigenen Staatsangehörigen (Urteil vom , in der Rechtssache 59/85, Niederlande gegen Ann Florence Reed, RandNr. 30), die Abzugsfähigkeit von Beiträgen zu Kranken- und Invaliditäts- oder Alters- und Todesfallversicherungen nur wenn diese in Belgien gezahlt werden (Urteil vom , C-204/90, Hanns-Martin Bachmann gegen Belgien, RandNr. 35), die staatliche Studienfinanzierung für Kinder von Arbeitnehmern nur wenn es sich um Kinder inländischer Arbeitnehmer handelt (Urteil vom , C-3/90, M.J.E. Bernioni gegen Minister van Onderwijs en Wetenschappen, RandNr. 29), oder die Anwendung von durch Sportverbände aufgestellten Regeln, nach denen ein Berufsfußballspieler, der Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates ist, bei Ablauf des Vertrages, der ihn an einen Verein bindet, nur dann von einem anderen Verein eines anderen Mitgliedstaates beschäftigt werden kann, wenn dieser dem bisherigen Verein eine Transfer- Ausbildungs- oder Förderungsentschädigung gezahlt hat (Urteil vom , C-415/93, Jean-Marc Bosman gegen Royal club liegois SA, RandZlen 68 ff und Tenor 1), als Beschränkungen bzw. Diskriminierung bezüglich der Freizügigkeit der Arbeitnehmer im Sinne des Art. 45 AEUV (damals Art. 48 EWG-Vertrag) gewertet (vgl. zum Ganzen auch Forsthoff, Zu Art. 45 AEUV, in Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, 2010, Rzlen 240 ff; Kreuschitz, Zu Art. 45 AEUV in: van der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 7. Auflage 2015, 1658, Rzlen 19ff).
Auf ebensolche Weise wäre daher die Einführung einer neuartigen vom Strafgericht zu verhängenden Strafe für den Beschäftiger als die Schaffung einer Bedingung für den Zugang rumänischer Staatsangehöriger zum österreichischen Arbeitsmarkt zu werten, die restriktiver ist, als jene, die zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Beitrittsvertrages mit Rumänien bestand. Diese neuartige Strafdrohung soll für besonders schwere Formen der illegalen Ausländerbeschäftigung gelten und hat die aus den Gesetzesmaterialen hervorgehende Zielsetzung, die rechtswidrige Einwanderung zu bekämpfen (1077 BlgNR 24. GP, S 3 und 14). Es ist daher nicht zweifelhaft, dass damit eine neuartige und strengere Beschränkung des Zugangs zum Arbeitsmarkt für die betroffenen Arbeitskräfte geschaffen werden sollte. Es handelt sich bei § 28c Abs. 1 AuslBG daher um eine Maßnahme, die nach der Stillhalteklausel des Punktes 1 Nr. 14 des Anhangs VII Punkt 1 des Aufnahmeprotokolls Rumänien auf rumänische Staatsangehörige keine Anwendung finden dürfte.
Dies ergibt sich aus dem Vorrang des Unionsrechts, wonach Gerichte und Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten nationales Recht unangewendet lassen müssen, das unmittelbar anwendbarem Unionsrecht entgegensteht (zur Verdrängungswirkung von Unionsrecht vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , 96/09/0088, und vom , 2008/09/0275, VwSlg 17615 A, ). Aus demselben Grund wird im fortzusetzenden Verfahren gegebenenfalls bei der Bestrafung wegen Beschäftigung von rumänischen Staatsangehörigen keine strengere Strafe als eine vor dem angedrohte (vgl. § 28 Abs. 1 Z 1 AuslBG in der Fassung BGBl. I Nr. 28/2004) anzuwenden sein.
Nach dem Gesagten war das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Wien, am