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VwGH vom 15.11.2012, 2011/17/0301

VwGH vom 15.11.2012, 2011/17/0301

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler sowie die Hofrätinnen Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. Klaus Kollmann, Dr. Günter Folk, Dr. Werner Stegmüller, Mag. Dietmar Strimitzer und Mag. Rainer Frank, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Reitschulgasse 1, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom , Zl. A8/2-K-211/2008-5, betreffend Vorschreibung eines Kanalisationsbeitrages, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1.1. Dem Beschwerdeführer wurde mit Bescheid vom die Bewilligung zum plan- und beschreibungsgemäßen Abbruch eines eingeschoßigen, voll unterkellerten Einfamilienwohnhauses mit ausgebautem Dachgeschoß, einer angebauten Garage sowie einer straßenseitigen Einfriedung auf einem näher bezeichneten Grundstück erteilt. Unter Punkt 6 der mit diesem Bescheid verbundenen Auflagen wurde angeordnet, dass Kanalgrundleitungen, die stillgelegt werden, an der Einmündung in den öffentlichen Kanal und an den Kanalschächten dicht abzumauern und Putzschächte mit hygienisch einwandfreiem Material aufzufüllen seien.

1.1.2. Mit dem gleichfalls an den Beschwerdeführer gerichteten Bescheid vom wurde diesem die Bewilligung zum plan- und beschreibungsgemäßen Neubau eines zweigeschossigen Mehrfamilienhauses mit vier Wohnungen, Lift, Tiefgarage für acht PKW und einer Müllsammelstelle sowie Errichtung einer Stützmauer und Durchführung von Geländeveränderungen auf dem näher bezeichneten Grundstück erteilt. Mit Bescheid vom wurden dort näher genannte Änderungen hinsichtlich des Bescheides vom bewilligt.

1.2. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Graz schrieb mit Bescheid vom dem Beschwerdeführer einen Kanalisationsbeitrag für die an das öffentliche Kanalnetz angeschlossene, anschlusspflichtige gegenständliche Liegenschaft in der Höhe von insgesamt EUR 20.430,16, gestützt unter anderem auf die §§ 2 und 4 des Kanalabgabengesetzes 1955 (in der Folge: KAbgG) vor. Begründend wurde auf die bereits erwähnten Bescheide vom und vom Bezug genommen. Hinsichtlich des auf Grund dieser Bescheide errichteten Bauwerkes bestehe die Pflicht zum Anschluss an die öffentliche Kanalanlage, wobei die Beitragspflicht mit , der erstmaligen Benützung der Baulichkeit, entstanden sei.

Die Höhe des Kanalisationsbeitrages bestimme sich aus dem Produkt von Einheitssatz und der Bruttogeschoßflächen des Gebäudes, wobei Keller- und Dachgeschoße je zur Hälfte, die übrigen Geschoße zur Gänze berechnet würden. Nebengebäude, oberirdische Garagen und Wirtschaftsgebäude, die keine Wohnung oder Betriebsstätte enthielten, würden nach der Bruttogeschoßfläche des Erdgeschoßes ohne Rücksicht auf die Geschoßanzahl eingerechnet. Bei Tiefgaragen sei der Berechnung die Bruttogeschoßfläche jenes Geschoßes zugrunde zu legen, das die größte Ausdehnung habe. Für Hofflächen, deren Entwässerung durch die Kanalanlage erfolge, dürfe höchstens die Hälfte und für unbebaute Flächen mit künstlicher Entwässerung in die öffentliche Kanalanlage höchstens ein Zehntel des Einheitssatzes in Rechnung gebracht werden. Der Einheitssatz sei mit Beschluss des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom mit EUR 20,70 pro m2 (zuzüglich USt.) festgesetzt worden. Bei der Bruttogeschoßflächenberechnung habe sich für das Kellergeschoß eine Fläche von 465,17 m2, für das Erdgeschoß eine solche von 307,69 m2 und für das Obergeschoß eine solche von 356,96 m2 ergeben; da das Kellergeschoß nur zur Hälfte anrechenbar sei, resultiere daraus eine Gesamtfläche von 897,24 m2.

Die gegenständliche Liegenschaft sei an einen ehemaligen Widmungskanal angeschlossen gewesen. "Widmungskanäle" seien im Geltungsbereich der Grazer Bauordnung 1881 definitionsgemäß Kanäle gewesen, die nicht auf Kosten der Stadt Graz errichtet worden seien; diese Kanäle seien unter Inanspruchnahme privater Mittel errichtet und dann als "öffentliche Kanäle" in das Eigentum der Stadt Graz - und damit auch in die Wartungs- und Erhaltungspflicht derselben - übernommen worden. Die gesetzlich vorgesehene Gegenleistung für die Übernahme (den Erwerb) des Kanals durch die Stadt sei darin gelegen gewesen, dass für an diesen Kanal angeschlossene Bauten keine Kanalanschlussgebühr (heute kein Kanalisationsbeitrag) zu leisten gewesen sei.

Für an Widmungskanäle angeschlossene Bauten sei daher im Geltungsbereich der Grazer Bauordnung 1881 keine Kanalanschlussgebühr vorgeschrieben worden.

Nach dem ersatzlosen Entfall des § 3 des KAbgG mit habe die Behörde die Rechtsauffassung vertreten, dass die Begünstigungsbestimmung des § 3 KAbgG mit dem Entfall dieser Vorschrift nicht mehr anwendbar sei; der Landesgesetzgeber habe für nach dem verwirklichte Sachverhalte eine neue Rechtslage geschaffen.

Für Liegenschaften, die an ehemaligen Widmungskanälen angeschlossen gewesen seien, seien daher Kanalisationsbeiträge vorzuschreiben, weil der auf die Grazer Bauordnung 1881 gestützten Befreiung von der Verpflichtung zur Vorschreibung von Kanalisationsbeiträgen im Geltungsbereich des KAbgG 1955 keine Wirkung (mehr) zukomme. Auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen und der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes komme im gegenständlichen Fall auch die Anrechnungsbestimmung für die Wiedererrichtung von Bauwerken oder auch Teilen davon nicht zum Tragen.

1.3. In seiner dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, er fechte die erstinstanzliche Entscheidung insoferne an, als der Berechnung des ergänzenden Kanalisationsbeitrages nicht die neu verbaute Fläche und die neu errichteten Geschoße zugrunde gelegt, sondern die Gesamtfläche zur Ermittlung des Kanalisationsbeitrages herangezogen worden sei. Zutreffend gehe die Behörde davon aus, dass die Gegenleistung für die Übernahme des Widmungskanals - diesbezüglich sei jedoch ein Zeitpunkt nicht festgestellt worden - darin bestanden habe, dass für an diesen Kanal angeschlossene Bauten keine Kanalanschlussgebühr zu leisten gewesen sei. Damit habe auch der Kanalisationsbeitrag für den seinerzeitigen Bestand als entrichtet zu gelten; durch Übergabe des Widmungskanals in das öffentliche Gut sei für den "Altbestand" der Kanalisationsbeitrag bezahlt worden.

Aber selbst dann, wenn diese Ansicht nicht geteilt werden sollte, stünde einer Vorschreibung des Kanalisationsbeitrages für den Altbestand die inzwischen eingetretene Verjährung entgegen:

Der Abgabenanspruch für den Altbestand sei nämlich jedenfalls nach ersatzlosem Entfall des § 3 KAbgG mit entstanden; zum damaligen Zeitpunkt sei der Altbestand bewohnt gewesen. Nachdem der Kanalisationsbeitrag erstmals mit der Benutzung der anschlusspflichtigen Liegenschaft entstehe, sei somit der Anspruch längst verjährt.

Weiters werde vorgebracht, dass der Beschwerdeführer nicht Abgabepflichtiger sei, da er weder Eigentümer der Liegenschaft noch Bauwerkeigentümer sei.

Es werde daher beantragt, der Berufung insoweit Folge zu geben, als der Kanalisationsbeitrag als Ergänzungsbeitrag insoweit festzusetzen sei, als der Ermittlung nur die neu verbaute Fläche und die neu errichteten Geschoße zugrunde gelegt würden (der "Altbestand" sei daher abzuziehen).

1.4. Der Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom keine Folge gegeben. Auf Grund der eingebrachten Berufung sei ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durchgeführt und dabei festgestellt worden, dass mit Bescheid vom die Errichtung eines Einfamilienwohnhauses auf der gegenständlichen Liegenschaft bewilligt worden sei; für das ausgeführte Bauvorhaben sei am die Benützungsbewilligung erteilt worden. Mit Bescheid vom sei (unter anderem) dem seinerzeitigen Eigentümer der Liegenschaft die Baubewilligung für die Errichtung eines Widmungskanals und mit Bescheid vom die Benützungsbewilligung des errichteten Widmungskanals erteilt worden.

Der gegenständliche Widmungskanal sei mit Wirkung vom in das Eigentum der Stadtgemeinde Graz übergegangen.

Rechtlich ging die Behörde in ihrer Berufungsvorentscheidung - unter Zugrundelegung des weiteren, hier bereits geschilderten Sachverhaltes - davon aus, dass in verfassungskonformer Interpretation des § 2 Abs. 3 KAbgG die Privilegierung einer Wiedererrichtung im bisherigen Ausmaß davon abhängig sei, dass für die in Rede stehende Baulichkeit schon einmal ein Kanalisationsbeitrag geleistet worden ist (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/17/0125). Danach könnten nur jene Abbruchflächen bei der Vorschreibung von Kanalisationsbeiträgen berücksichtigt werden, wenn für diese bereits einmal nachweislich Kanalanschlussgebühren bzw. Kanalisationsbeiträge vorgeschrieben und entrichtet worden seien. Darunter fielen - wie der Verfassungsgerichtshof ausgeführt habe - auch Beiträge, die nicht entrichtet worden seien, weil sie "verjährt" seien.

Für das Grazer Stadtgebiet sei bis für die Kanalanschlusspflicht und für die Vorschreibung der Einschlauchungsgebühren bzw. Kanalanschlussgebühren die Bauordnung der Landeshauptstadt Graz 1881 maßgeblich gewesen. Nach deren § 47e Abs. 3 sei die Entrichtung der Kanalanschlussgebühr für solche neue Bauwerke entfallen, für deren Hausentwässerung Straßenkanäle in Anspruch genommen würden, die bei der Anschlussstelle nicht ausschließlich auf Kosten der Stadtgemeinde zur Herstellung gelangt seien (Widmungskanäle). Erst mit der Steiermärkischen Kanalabgabengesetz-Novelle 1971, LGBl. 40/1971, sei die Anwendung des KAbgG auf die Landeshauptstadt Graz ausgedehnt und mit die Bestimmungen der Grazer Bauordnung diesbezüglich außer Kraft gesetzt worden. Zu diesem Zeitpunkt habe das KAbgG eine Bestimmung, nämlich § 3 betreffend Befreiungen enthalten, wonach von der Entrichtung des Kanalisationsbeitrages jene Liegenschaften ausgenommen worden seien, für welche bereits vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ein Kanalisationsbeitrag (Einschlauchgebühr, Anschlussgebühr) an die Gemeinde geleistet worden sei. Sonstige Leistungen des Abgabepflichtigen zur Kanalherstellung seien in den Kanalisationsbeitrag einzurechnen gewesen.

Mit der Änderung des KAbgG durch die Kanalabgabengesetz-Novelle 1988, LGBl. 80, sei mit Wirksamkeit vom die Befreiungsbestimmung des § 3 KAbgG ersatzlos aufgehoben worden. Durch den ersatzlosen Entfall des § 3 KAbgG habe der Steiermärkische Landesgesetzgeber für die nach dem verwirklichten Sachverhalte eine neue Rechtslage geschaffen. Diese Ansicht sei durch den Verwaltungsgerichtshof und den Verfassungsgerichtshof - wie näher ausgeführt wird - bestätigt worden. Daraus folge, dass für Liegenschaften, die an ehemalige Widmungskanälen angeschlossen gewesen seien, Kanalisationsbeiträge vorzuschreiben seien, weil den auf die Grazer Bauordnung 1881 gestützten Befreiungen von der Verpflichtung zur Vorschreibung von Kanalisationsbeiträgen im Geltungsbereich des KAbgG keine Wirkung mehr zukomme.

Soweit die Berufung "Verjährung" geltend mache, sei darauf hinzuweisen, dass durch die Neuregelung im Jahr 1988 ein neuer Abgabentatbestand geschaffen worden sei. In einem solchen Fall stehe eine Verjährung der Abgabe der Vorschreibung infolge Verwirklichung jenes Sachverhaltes, der nach der neuen Fassung des Gesetzes die Abgabepflicht auslöse, nicht entgegen. Infolge der ersatzlosen Aufhebung der Befreiungsbestimmung des § 3 KAbgG durch die Novelle 1988 sei es ermöglicht worden, für jene Liegenschaften, welche an Widmungskanälen angeschlossen gewesen seien, bei einem die Abgabepflicht auslösenden Tatbestand - nämlich die erstmalige Benützung eines neu ausgeführten Bauvorhabens - einen Kanalisationsbeitrag vorzuschreiben.

Im Beschwerdefall sei durch den gänzlichen Abbruch eines Gebäudes mit der erstmaligen Benützung des errichteten neuen Gebäudes der Tatbestand betreffend die Vorschreibung eines Kanalisationsbeitrages ausgelöst worden.

Im Beschwerdefall sei somit ein Altbestand zur Gänze abgebrochen und an dessen Stelle ein Gebäude neu errichtet worden; es sei keine Bestandsfläche verblieben, die bei der Vorschreibung eines Ergänzungsbeitrages hätte berücksichtigt werden können. Diesbezüglich gehe die Forderung des Beschwerdeführers hinsichtlich der Berechnung eines "Ergänzungsbeitrages" ins Leere.

Soweit der Beschwerdeführer in seiner Berufung darauf verweise, dass er nicht Eigentümer der anschlusspflichtigen Liegenschaft sei, sei ihm entgegen zu halten, dass er im Zeitpunkt des Entstehens der Abgabenschuld sehr wohl Eigentümer der anschlusspflichtigen Liegenschaft gewesen sei. Dies ergebe sich daraus, dass er zu diesem Zeitpunkt der grundbücherliche Eigentümer der Liegenschaft war. Er habe die gegenständliche Liegenschaft mit Kaufvertrag vom erworben, wobei die "grundbücherliche Erfassung" im Jahr 2005 erfolgt sei. Der Beschwerdeführer habe mit den Kaufverträgen vom - noch vor der Errichtung des Wohngebäudes - die Liegenschaft weiterveräußert, wobei die Gesamtliegenschaft auf Wohnungseigentumsanteile aufgeteilt worden sei. Die gegenständlichen diesbezüglichen Kaufverträge seien mit Anfang des Jahres 2008 beim zuständigen Grundbuchsgericht eingereicht und mit Beschluss vom verbüchert worden. Darüber hinaus sei noch darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer mit Schreiben vom der Abgabenbehörde mitgeteilt habe, dass er der Errichter des gegenständlichen Bauwerkes auf der Liegenschaft und auch zur Entrichtung des Kanalisationsbeitrages verpflichtet sei. Festzuhalten sei, dass mit Wirksamkeit vom der hierzu in Betracht kommende Abgabentatbestand erstmalig verwirklicht worden sei.

1.5. Über Vorlageantrag des Beschwerdeführers wies die belangte Behörde mit ihrem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid die Berufung als unbegründet ab. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens sowie des Parteivorbringens verwies die belangte Behörde hinsichtlich des maßgeblichen Sachverhaltes auf die Darstellung in der Berufungsvorentscheidung. In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, hinsichtlich der sogenannten "Widmungskanäle" sei - gestützt auf die gesetzlichen Befreiungsbestimmungen der Grazer Bauordnung sowie des KAbgG in der Fassung vor der Novelle LGBl. 80/1988 - keine Kanalanschlussgebühr (kein Kanalisationsbeitrag) vorgeschrieben worden. Nach dem ersatzlosen Entfall des § 3 KAbgG mit habe der Landesgesetzgeber für nach dem verwirklichte Sachverhalte eine neue Rechtslage geschaffen. Dies bedeute für den Beschwerdefall, dass die nunmehrige Vorschreibung des Kanalisationsbeitrages in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Bestimmungen erfolgt sei, weil es im Zuge der Errichtung des Gebäudes in den Jahren 1961 bis 1964 auf Grund der damaligen Rechtslage nicht möglich gewesen sei, einen Kanalisationsbeitrag vorzuschreiben. Der Abgabenanspruch für die verfahrensgegenständliche Vorschreibung sei mit der erstmaligen Benützung des neu errichteten Wohnhauses, also mit , entstanden. Durch das Vorliegen dieses neuen Abgabentatbestandes sei daher auch keine Verjährung eingetreten.

Wenn der Beschwerdeführer vorbringe, dass die Behörde schon im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Aufhebung des § 3 KAbgG den Kanalisationsbeitrag vorzuschreiben gehabt hätte, sei ihm zu erwidern, dass auch nach dem die Voraussetzungen für die Vorschreibung eines Kanalisationsbeitrages nicht vorgelegen seien; weder habe es sich um die Neulegung öffentlicher Kanäle noch um die Anpassung der Kanalanlage an den Stand der Technik gehandelt. Auch die Bestimmung, wonach die Beitragspflicht mit der erstmaligen Benützung der Baulichkeit oder ihrer Teile entstehe, sei nicht anwendbar gewesen; zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle habe die gegenständliche Baulichkeit bereits rund 25 Jahre bestanden und sei in Benützung gestanden, weshalb es mangels einer Tatbestandsvoraussetzung auch zu keiner Vorschreibung eines Kanalisationsbeitrages habe kommen können. Auch die Voraussetzungen für die Vorschreibung eines ergänzenden Kanalisationsbeitrages seien nicht vorgelegen. Erst nach Fertigstellung des neu errichteten Gebäudekomplexes im Jahr 2007 sei der Abgabenanspruch entstanden. Es habe deshalb auch kein nicht entstandener Abgabenanspruch vor dem Jahr 2007 verjähren können.

Hinsichtlich des Vorbringens, der Beschwerdeführer sei nicht Eigentümer der gegenständlichen Liegenschaft, es hätte ihm somit der Kanalisationsbeitrag nicht vorgeschrieben werden dürfen, verwies die belangte Behörde auf die diesbezüglichen Feststellungen und Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung.

1.6. Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet kostenpflichtig abzuweisen.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. § 1 Kanalabgabengesetz, LGBl. Nr. 71/1955 (KAbgG), ermächtigt die Gemeinden des Landes Steiermark, eine einmalige Abgabe zur Deckung der Kosten der Errichtung und Erweiterung der öffentlichen Kanalanlage (Kanalisationsbeitrag) zu erheben.

Mit der Kanalabgabengesetz-Novelle 1971, LGBl. 40/1971, wurde die Anwendung dieses Gesetzes auf die Landeshauptstadt Graz ausgedehnt.

Zu diesem Zeitpunkt enthielt das Kanalabgabengesetz 1955

einen § 3, welcher wie folgt lautete:

"Befreiungen.

§ 3.

Von der Entrichtung des Kanalisationsbeitrages sind jene Liegenschaften ausgenommen, für welche bereits vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ein Kanalisationsbeitrag (Einschlauchungsgebühr, Anschlussgebühr) an die Gemeinde geleistet worden ist. Sonstige Leistungen des Abgabepflichtigen zur Kanalherstellung sind in den Kanalisationsbeitrag einzurechnen."

Durch die Kanalabgabengesetz-Novelle 1988, LGBl. Nr. 80/1988, wurde die Bestimmung des § 3 zur Gänze gestrichen.

Vor der Kanalabgabengesetz-Novelle 1971 war im Bereiche der Landeshauptstadt Graz § 47e der Grazer Bauordnung 1881, LGuVBl. Nr. 20/1881 in der Fassung LGBl. Nr. 61/1936, anzuwenden, welcher lautete (auszugsweise):

"(1) Die Stadtgemeinde Graz hebt für die Inanspruchnahme der Straßenkanäle für Zwecke der Hausentwässerung, beziehungsweise der Ableitung der menschlichen festen und flüssigen Abscheidungen Gebühren ein, und zwar:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
a)
Kanalanschlussgebühren, die nur einmal, und
b)
Kanalbenützungsgebühren, die als jährlich wiederkehrende Leistungen zu entrichten sind.

(2) Die Kanalanschlussgebühren sind bei der Errichtung von neuen Bauwerken auf bisher unverbauter Grundfläche oder von neuen Bauwerken anstelle abgetragener Bauwerke, sowie bei der Herstellung von Zu- und Aufbauten, endlich dann zu entrichten, wenn bei bestehenden, noch nicht an einen Straßenkanal angeschlossenen Bauwerken die Hausentwässerung (allenfalls die Schwemmkanalisierung) unmittelbar oder mittelbar an den Straßenkanal angeschlossen wird. Für einen Zu- oder Aufbau ist die Gebühr auch dann zu entrichten, wenn von diesem Zu- oder Aufbau keine besondere Einschlauchung in den Straßenkanal hergestellt wird.

(3) Die Entrichtung der Kanalanschlussgebühr entfällt für solche neue Bauwerke, Zu- und Aufbauten, für deren Hausentwässerung (allenfalls Schwemmkanalisierung) Straßenkanäle in Anspruch genommen werden, die bei der Anschlussstelle nicht ausschließlich auf Kosten der Stadtgemeinde zur Herstellung gelangten (Widmungskanäle).

(4) …"

Im Beschwerdefall ist nach Ansicht der belangten Behörde der Anspruch der Landeshauptstadt Graz auf Erhebung eines Kanalisationsbeitrages gemäß § 2 Abs. 3 KAbgG mit der erstmaligen Benützung des Bauwerkes am entstanden. Zu diesem Zeitpunkt stand das Kanalabgabengesetz in der Fassung durch die Novelle LGBl. Nr. 81/2005 in Kraft. § 2 leg. cit. umschrieb den Gegenstand der Abgabe wie folgt:

"§ 2.

(1) Der Kanalisationsbeitrag ist einmalig für alle Liegenschaften im Gemeindegebiete zu leisten, für welche eine gesetzliche Anschlusspflicht an das bereits bestehende öffentliche Kanalnetz besteht, ohne Rücksicht darauf, ob sie an das Kanalnetz tatsächlich angeschlossen sind oder nicht.

(2) Bei Neulegung öffentlicher Kanäle …

(3) Bei anschlusspflichtigen Neubauten und bei Zu- und Umbauten in anschlusspflichtigen Baulichkeiten nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes entsteht die Beitragspflicht mit der erstmaligen Benützung der Baulichkeit oder ihrer Teile. Bei Wiedererrichtung einer zerstörten, abgetragenen oder beschädigten Baulichkeit ist der Kanalisationsbeitrag nur insoweit zu leisten, als das wiedererrichtete Bauwerk die Ausmaße des früheren überschreitet.

(4) …"

Das Ausmaß des Kanalisationsbeitrages regelt näher § 4 leg. cit.:

"§ 4.

(1) Die Höhe des Kanalisationsbeitrages bestimmt sich aus dem Produkt von Einheitssatz und der Bruttogeschoßflächen eines Gebäudes.

(2) …

(3) …

(4) Bei Zu- und Umbauten von Baulichkeiten ist der ergänzende Kanalisationsbeitrag (Ergänzungsbeitrag) entsprechend der neu gewonnenen Bruttogeschoßfläche zu berechnen.

(5) …"

2.2. Strittig ist im verwaltungsgerichtlichen Verfahren weder der oben dargestellte Sachverhalt (der Beschwerdeführer rügt vor dem Verwaltungsgerichtshof unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften auch nur die - der rechtlichen Beurteilung zuzurechnende - Unterlassung von seinem Rechtsstandpunkt Rechnung tragenden Feststellungen) noch die Bemessungsgrundlage und die Höhe des von den Abgabenbehörden ermittelten Kanalisationsbeitrages, unter Zugrundelegung der von diesen vertretenen Rechtsansicht. Strittig ist allein - wie sich bereits aus der Berufung des Beschwerdeführers ergibt - die Frage der Anrechnung des "Altbestandes" auf die nunmehrige Vorschreibung.

Der Beschwerdeführer vertritt hiezu - zusammengefasst - im Verwaltungsverfahren und vor dem Verwaltungsgerichtshof die Ansicht, durch die Errichtung des "Widmungskanales" sei für den "Altbestand" bereits ein Kanalisationsbeitrag geleistet worden, sodass nunmehr der Beitrag nur insoweit zu entrichten wäre, als das wiedererrichtete Bauwerk die Ausmaße des früheren überschreite.

Zu diesem Ergebnis komme man auch - so der Standpunkt des Beschwerdeführers weiter -, wenn man mit den Abgabenbehörden davon ausgehe, dass durch die Streichung des § 3 KAbgG ein neuer Abgabentatbestand geschaffen worden wäre; diesfalls hätte mit die gegenständliche Abgabe (erstmals) für den "Altbestand" vorgeschrieben werden können. Dies sei aber nicht geschehen, sodass die verjährte Abgabe nicht (mehr) Gegenstand der vorliegenden Vorschreibung sein könne.

2.3. Zunächst ist darauf zu verweisen, dass die Anrechnungsbestimmung des § 4 Abs. 4 KAbgG ihrem Wortlaut nach nur bei Zu- und Umbauten von Baulichkeiten zur Anwendung kommt. Im Beschwerdefall wurde jedoch der bestehende "Altbestand" abgebrochen und an dessen Stelle ein Neubau errichtet. Damit käme nur die Anrechnungsbestimmung des § 2 Abs. 3 letzter Satz KAbgG in Betracht, wonach bei Wiedererrichtung einer abgetragenen Baulichkeit der Kanalisationsbeitrag nur insoweit zu leisten ist, als das wiedererrichtete Bauwerk die Ausmaße des früheren überschreitet. Eine eigene Definition der "Wiedererrichtung" enthält das KAbgG nicht. Der Verwaltungsgerichtshof hat - insbesondere bei der Interpretation baurechtlicher Vorschriften - unter "Wiedererrichtung" den Wiederaufbau des bestandenen Gebäudes verstanden, wobei das anstelle des alten Gebäudes wieder aufgebaute Gebäude nicht eine exakte Kopie des früheren zu sein habe, jedoch weitgehende Ähnlichkeit vorliegen müsse (vgl. nur die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2012/17/0016, und vom , Zl. 2011/17/0240, mwN).

Im hier zu beurteilenden Beschwerdefall wurde entsprechend dem Bescheid vom ein eingeschoßiges, voll unterkellertes Einfamilienwohnhaus mit ausgebautem Dachgeschoß, einer angebauten Garage sowie einer straßenseitigen Einfriedung abgebrochen und an dessen Stelle ein zweigeschoßiges Mehrfamilienhaus mit vier Wohnungen, Lift, Tiefgarage für acht PKW und eine Müllsammelstelle errichtet. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes kann dabei nicht (mehr) von einer "Wiedererrichtung" im Sinne des dargelegten Begriffsverständnisses ausgegangen werden. Eine Anrechnung nach der vorgenannten Bestimmung des § 2 Abs. 3 letzter Satz KAbgG - wie vom Beschwerdeführer angestrebt - erscheint daher nicht möglich.

2.4. Zu prüfen bleibt freilich noch, ob nicht der in § 2 Abs. 1 erster Satz KAbgG zum Ausdruck gebrachte Einmaligkeitsgrundsatz zu einem anderen Ergebnis führen würde. Ausschlaggebend ist dabei die Frage, ob von der gegenständlichen Liegenschaft bereits ein Kanalisationsbeitrag eingehoben wurde bzw. eingehoben hätte werden können.

Der Beschwerdeführer vertritt in diesem Zusammenhang zunächst die Ansicht, dass die Errichtung des "Widmungskanals" als ein derartiger Beitrag anzusehen wäre.

Nach dem Wortlaut des § 47e Abs. 3 Grazer Bauordnung 1881 sollte die Entrichtung der Kanalanschlussgebühr für solche neuen Bauwerke entfallen, für deren Hausentwässerung Straßenkanäle in Anspruch genommen werden, die bei der Anschlussstelle nicht ausschließlich auf Kosten der Stadtgemeinde zur Herstellung gelangten (Widmungskanäle).

Schon aus dem Wortlaut dieser Bestimmung (arg. "entfällt") folgt, dass - bei Vorliegen eines "Widmungskanals" - eine Kanalanschlussgebühr nicht zu entrichten war und daher auch nicht vorgeschrieben werden konnte. Maßgebend war nach der Formulierung dieser Bestimmung weiters nur das Vorliegen eines "Widmungskanals", nicht jedoch, dass der Abgabepflichtige diesen hergestellt hätte.

Derartige Leistungen des Abgabepflichtigen zur Kanalherstellung wurden (erst) durch § 3 letzter Satz KAbgG berücksichtigt, der deren Einrechnung in den Kanalisationsbeitrag anordnete.

Durch den Entfall des § 3 KAbgG kam es in der Folge - in verfassungsrechtlich zulässiger Weise (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/17/0088, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des VfGH) - zur Nichtberücksichtigung von Eigenleistungen bei der (seinerzeitigen) Kanalerrichtung im Falle der nunmehrigen Erfüllung des Abgabentatbestandes. Der Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragseinhebung wurde auf die Anrechnungsvorschriften des § 2 Abs. 3 letzter Satz sowie des § 4 Abs. 4 KAbgG eingeschränkt.

Die Berücksichtigung des erwähnten Grundsatzes führt daher im Beschwerdefall auch zu keinem für den Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis.

2.5. Soweit der Beschwerdeführer auf eine Verjährung infolge der Schaffung eines neuen Abgabentatbestandes durch Aufhebung der Bestimmung des § 3 KAbgG verweist, ging die belangte Behörde zutreffend davon aus, dass vor den hier gegenständlichen Baumaßnahmen (Abbruch des "Altbestandes" und Neubau des der Vorschreibung zugrunde liegenden Objektes) kein Sachverhalt gesetzt wurde, der einen hier in Betracht kommenden gesetzlichen Abgabentatbestand ausgelöst hätte. Der bloße Entfall von Befreiungsbestimmungen bzw. Anrechnungsvorschriften allein bewirkt noch nicht das Vorliegen eines gesetzlichen Abgabentatbestandes.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher der Ansicht der belangten Behörde, der für die gegenständliche Vorschreibung maßgebliche Tatbestand sei erst mit verwirklicht worden, nicht entgegenzutreten.

Soweit der Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof schließlich nochmals darauf zurückkommt, er sei nicht Eigentümer der Liegenschaft und daher auch nicht Abgabenschuldner (gewesen), legt er nicht konkret dar, zu welchem anderen Zeitpunkt der erstmaligen Benützung die Abgabenbehörden hätten gelangen können. Zu dem hier relevanten Zeitpunkt () war der Beschwerdeführer jedenfalls (grundbücherlicher) Eigentümer der gegenständlichen Liegenschaft.

2.6. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolge dessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.7. Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtslage nicht erwarten lässt. Die Durchführung der mündlichen Verhandlung war auch nicht unter dem Aspekt des Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, erforderlich, weil die vorliegende Beschwerdesache nicht "civil rights" betrifft (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/17/0033, zum KAbgG).

2.8. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am