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VwGH vom 16.03.2016, Ro 2014/10/0067

VwGH vom 16.03.2016, Ro 2014/10/0067

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Revision des V B in F, vertreten durch Ebner Aichinger Guggenberger Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Sterneckstraße 35, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom , Zl. 21301-RI/992/8-2013, betreffend naturschutzbehördlicher Wiederherstellungsauftrag (mitbeteiligte Partei: Österreichische Bundesforste AG in 5441 Abtenau), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seiner Spruchpunkte I. und II. (Erteilung eines Wiederherstellungsauftrages unter Vorschreibungen) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie im Umfang seines Spruchpunktes III. (Anordnung einer ökologischen Bauaufsicht) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Spruchpunkt I. des im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheides trug die belangte Behörde dem Revisionswerber auf, die auf den Grundstücken Nr. 270/1 und Nr. 23/3 durchgeführten Materialaufschüttungen nach Maßgabe des dem Bescheid zu Grunde liegenden Lageplanes (gelbe Markierung) bis längstens unter Einhaltung der in Spruchpunkt II. detailliert angeführten "Vorschreibungen" zu entfernen und den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen. Mit Spruchpunkt III. des Bescheides wurde der Revisionswerber verpflichtet, für die Durchführung der Wiederherstellungs- und Rekultivierungsmaßnahmen eine ökologische Bauaufsicht namhaft zu machen.

Als Rechtsgrundlagen führte die belangte Behörde die §§ 18, 46 und 47 des Salzburger Naturschutzgesetzes 1999, NSchG, LGBl. Nr. 73/1999 idgF, die §§ 1a und 2 der Fuschlsee-Landschaftsschutzverordnung, LGBl. Nr. 82/2003, sowie § 2 der Allgemeinen Landschaftsschutzverordnung 1995 - ALV, LGBl. Nr. 89/1995 idgF, an.

Begründend führte die belangte Behörde - nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften - aus:

"Von den naturschutzfachlichen Amtssachverständigen, dem wasserbautechnischen als auch dem gewässerschutzfachlichen Amtssachverständigen wurde übereinstimmend festgestellt, dass es zu Aufschüttungen und Uferbefestigungen bei den verfahrensgegenständlichen Grundstücken Nr. 23/3 und 270/1, KG F im Ausmaß von ca. 100 m2 gekommen ist (siehe Ausführungen oben). Dadurch ist es zu erheblichen Veränderungen der Uferbereiche des Fuschlsees gekommen und sind erhebliche Eingriffe in die Ufervegetation (Bestände von Schilf und Binsenstöcken) erfolgt bzw. wurden diese Bestände zur Gänze vernichtet. Es liegen daher bewilligungspflichtige Tatbestände im Sinne des § 2 Z 6 und Z 10 ALV in Verbindung mit § 2 Abs. 1 der Fuschlsee-Landschaftsschutzverordnung vor und wurden diese ohne naturschutzrechtliche Bewilligung durchgeführt."

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom , B 271/2014-4, die Behandlung der gegen diesen Bescheid vom Revisionswerber erhobenen Beschwerde abgelehnt und die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Die in der abgetretenen Beschwerde ausgeführte "Revision" gilt gemäß § 4 VwGbk-ÜG als Übergangsrevision (vgl. den hg. Beschluss vom , Zl. Ro 2014/10/0029). Sie macht Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend.

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg legte die Verwaltungsakten vor. Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird. Die mitbeteiligte Partei erstattete keine Äußerung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Vorauszuschicken ist, dass gemäß § 4 Abs. 5 VwGbk-ÜG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden sind.

2. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Salzburger Naturschutzgesetzes 1999 - Sbg. NSchG, LGBl. Nr. 73/1999 idF LGBl. Nr. 66/2011, lauten (auszugsweise):

" Wiederherstellung

§ 46

(1) Wurden bewilligungspflichtige oder anzeigepflichtige Vorhaben ohne Bewilligung oder unrechtmäßig ausgeführt oder wurden in Bescheiden verfügte Bedingungen, Befristungen oder Auflagen oder auferlegte Ausgleichsmaßnahmen nach § 3a Abs 4 bzw § 51 nicht eingehalten, kann die Behörde unabhängig von einer Bestrafung demjenigen, der das Vorhaben rechtswidrig ausgeführt hat oder ausführen hat lassen, oder dessen Rechtsnachfolger mit Bescheid auftragen, binnen angemessener Frist auf seine Kosten den vorherigen Zustand in einer von ihr als sachgemäß bezeichneten Weise wieder herzustellen bzw. den bescheidmäßigen Zustand herzustellen oder, wenn dies nicht möglich ist, den geschaffenen Zustand in einer Weise abzuändern, dass den Interessen des Naturschutzes möglichst weitgehend Rechnung getragen wird. ..."

...

Bewilligungen und Kenntnisnahmen

§ 50

...

(3) Wenn mit dem bewilligten oder dem gemäß § 46 zu beseitigenden Vorhaben schwerwiegende Eingriffe in die Natur verbunden sind, kann die Naturschutzbehörde in Bewilligungsbescheiden oder Bescheiden nach § 46 auch anordnen, dass der Ansuchensteller oder der zur Wiederherstellung Verpflichtete fachlich geeignete Personen mit der Wahrnehmung der ökologischen Bauaufsicht zu beauftragen hat. Vor der Beauftragung ist das Einvernehmen mit der Behörde herzustellen. ...

Die im Beschwerdefall gleichfalls maßgebliche Fuschlsee-Landschaftsschutzverordnung, LGBl. Nr. 89/1981 idF LGBl. Nr. 83/2003, hat (auszugsweise) folgenden Wortlaut:

" § 1a

Diese Verordnung dient der Erhaltung:

1. des besonderen landschaftsästhetischen Wertes des im § 1 festgelegten Gebietes (markante Lage des Sees in der Fuschlseemulde, bewaldete und felsdurchsetzte Steiluferbereiche, Umrahmung durch den Schober und die Fiblinger-Berge);

2. der besonderen Bedeutung für die Erholungsnutzung als charakteristische, maßgeblich den Landschaftsraum prägende Seenlandschaft.

§ 2

(1) In dem gemäß § 1 festgelegten Landschaftsschutzgebiet findet die Allgemeine Landschaftsschutzverordnung soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, Anwendung.

..."

Die Salzburger Allgemeine Landschaftsschutzverordnung 1995 -

Sbg. ALV, LGBl. Nr. 89/1995 idF LGBl. Nr. 32/2001, hat

(auszugsweise) folgenden Wortlaut:

" Bewilligungspflichtige Maßnahmen

§ 2

Folgende Maßnahmen sind nur mit einer naturschutzbehördlichen

Bewilligung zulässig, wenn im Einzelfall nicht eine der Ausnahmen

des § 3 zutrifft:

...

6. jede Veränderung oberirdischer stehender Gewässer, die größer als 2.000 m2 sind, einschließlich eines 50 m breiten Uferbereiches. ...

...

10. die Beseitigung, Vernichtung oder die sonstige Beeinträchtigung von landschaftsprägenden oder ökologisch bedeutsamen Einzelbäumen, Busch- oder Gehölzgruppen oder Hecken außerhalb des Waldes, die Entnahme von Latschenzweigen innerhalb eines Bereiches von 50m beiderseits von Straßen oder gekennzeichneten Wegen sowie jeder Eingriff in die Bestände von Schilf, Rohrkolben, Großseggen oder Binsen;

..."

3. Der Revisionswerber bestreitet nicht, bewilligungspflichtige Materialaufschüttungen ohne Vorliegen einer Bewilligung gesetzt zu haben. Er bestreitet aber deren von der belangten Behörde angenommenes Ausmaß bzw. den Umfang der mit dem angefochtenen Bescheid angeordneten Wiederherstellungsmaßnahmen.

Die Revision macht geltend, dass der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt nicht festgestellt worden sei. Insbesondere habe die belangte Behörde keine Feststellungen getroffen, welche Materialaufschüttungen vom Revisionswerber durchgeführt worden seien. Bei Durchführung eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens wäre die belangte Behörde zu dem Ergebnis gekommen, dass es im Bereich der verfahrensgegenständlichen Seeparzelle nie eine Bucht oder einen Schilfgürtel gegeben habe und nur eine ca. 10 m2 große Fläche von den vom Revisionswerber gesetzten Ufersicherungsarbeiten betroffen gewesen sei. Zum Beweis dafür habe der Revisionswerber bereits im Verwaltungsverfahren die Einvernahme von - näher genannten - Zeugen verlangt, was die belangte Behörde ohne Begründung unterlassen habe.

Bereits dieses Vorbringen führt die Revision zum Erfolg:

4.1. Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Dies erfordert in einem ersten Schritt die eindeutige, eine Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichende und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugängliche konkrete Feststellung des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalts (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/10/0258, mwN).

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid unter "Sachverhalt" lediglich den Verfahrensverlauf - durch Wiedergabe von Anzeigen, Aktenvermerken, Ausführungen der Amtssachverständigen, Berufungsausführungen etc. - dargestellt, jedoch keine (selbständigen) Feststellungen über Art und Ausmaß der vom Revisionswerber durchgeführten Aufschüttungsmaßnahmen getroffen.

Sie hat bereits insofern die Begründungspflicht nach den erwähnten Grundsätzen verletzt.

4.2. Hinzu kommt, dass sich entgegen den oben dargestellten (zusammenfassenden) Ausführungen der belangten Behörde in keiner der - in den Verwaltungsakten erliegenden und im angefochtenen Bescheid wiedergegeben - Stellungnahmen der Amtssachverständigen eine konkrete Angabe über das (ungefähre) Flächenausmaß der vom Revisionswerber verursachten Aufschüttung findet. Die Annahme der belangten Behörde, dass die Amtssachverständigen "übereinstimmend" vom Revisionswerber verursachte Aufschüttungen und Uferbefestigungen im Ausmaß von ca. 100 m2 "festgestellt" hätten, erweist sich sohin als aktenwidrig.

4.3. Mit dem im Verwaltungsverfahren vom Revisionswerber erstatteten Vorbringen, wonach die von ihm gesetzten Maßnahmen lediglich 10 m2 umfassten, hat sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht auseinandergesetzt.

Zu dem vom Revisionswerber in diesem Zusammenhang verlangten Zeugenbeweis ist darauf zu verweisen, dass die Behörde Beweisanträgen grundsätzlich zu entsprechen hat, wenn die Aufnahme des darin begehrten Beweises im Interesse der Wahrheitsfindung notwendig erscheint. Dementsprechend dürfen Beweisanträge nur dann abgelehnt werden, wenn die Beweistatsachen als wahr unterstellt werden, es auf sie nicht ankommt oder das Beweismittel an sich ungeeignet ist, über den Gegenstand der Beweisaufnahme einen Beweis zu liefern und damit zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts beizutragen (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom , Zl. 2012/08/0250).

Im Revisionsfall hat die belangte Behörde nicht begründet, warum sie dem Antrag auf Einvernahme der vom Revisionswerber namhaft gemachten Zeugen nicht entsprochen hat. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Zeugeneinvernahme für die Klärung des Sachverhalts - nämlich zur exakten Festlegung des Ausmaßes der Wiederherstellung - ungeeignet oder nicht notwendig war.

4.4. Aus den erwähnten Gründen hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid im Umfang seiner Spruchpunkte I. und II. mit relevanten Verfahrensmängeln behaftet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben war.

5. Schon infolge der Aufhebung des mit Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides erteilten Wiederherstellungsauftrages erweist sich die daran anknüpfende Anordnung der Beauftragung einer geeigneten Person mit der ökologischen Bauaufsicht als inhaltlich rechtswidrig.

Der angefochtene Bescheid war daher im Umfang seines Spruchpunktes III. gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

6. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der (auf "Altfälle" gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. I Nr. 8/2014, weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
AAAAE-91244