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VwGH vom 12.08.2014, Ro 2014/10/0060

VwGH vom 12.08.2014, Ro 2014/10/0060

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Einwendungen des Landes Steiermark, vertreten durch Mag. Leopold Zechner, Rechtsanwalt in 8600 Bruck an der Mur, Mittergasse 6, gegen den Anspruch aus dem Exekutionstitel des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2013/10/0208-5 (Antragsgegner: G S in S, vertreten durch Mag. Christa Schatzl, Rechtsanwalt in 8952 Irding, Aignerstraße 22), zu Recht erkannt:

Spruch

Der vollstreckbare Anspruch des Antragsgegners aus dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2013/10/0208-5, auf Ersatz von Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20, zu dessen Hereinbringung mit dem Beschluss des Bezirksgerichtes Graz-Ost vom , Zl. 238 E 775/14 d, die Fahrnisexekution bewilligt wurde, ist erloschen.

Das Land Steiermark hat den im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erwachsenen Aufwand selbst zu tragen.

Begründung

I.

1. Mit Beschluss vom , Zl. 2013/10/0208-5, stellte der Verwaltungsgerichtshof ein Säumnisbeschwerdeverfahren des Antragsgegners gegen die Steiermärkische Landesregierung (wegen Nachholung des versäumten Bescheides) ein und verpflichtete das Land Steiermark (somit die antragstellende Partei), dem Antragsgegner Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Mit Erkenntnis vom , Zlen. 2013/10/0156 bis 0158, wies der Verwaltungsgerichtshof drei Beschwerden des Antragsgegners gegen Bescheide der Steiermärkischen Landesregierung ab und verpflichtete diesen, der hier antragstellenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.831,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Mit Beschluss vom , Zl. 238 E 775/14 d, bewilligte das Bezirksgericht Graz-Ost dem Antragsgegner die Fahrnisexekution zur Hereinbringung der Forderung von EUR 553,20.

2. Mit Schreiben an die Sachwalterin des Antragsgegners vom erklärte die antragstellende Partei die Aufrechnung ihrer Forderung von EUR 1.831,80 mit der Forderung des Antragsgegners von EUR 553,20.

Der Antragsgegner wendete dagegen in einem Schreiben vom ein, dass eine Aufrechnung der wechselseitigen Forderungen nicht möglich sei, weil es sich "nicht um gleichartige Forderungen" handle: Bezüglich des in Exekution gezogenen Kostenersatzanspruches von EUR 553,20 bestehe gemäß § 19a RAO ein gesetzliches Pfandrecht der Rechtsvertreterin des Antragsgegners, während die Kostenersatzverpflichtung von EUR 1.831,80 ausschließlich den Antragsgegner betreffe.

3. Mit Schreiben vom stellte die antragstellende Partei beim Verwaltungsgerichtshof den gegenständlichen Antrag. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, die Rechtansicht im Schreiben des Antragsgegners vom , dass eine Aufrechnung nicht zulässig sei, weil die Gleichartigkeit von Forderung und Gegenforderung durch § 19a RAO beseitigt werde, sei unzutreffend. Einerseits sei die Aufrechnung gegen einen Kostenersatzanspruch, für den das Pfandrecht gemäß § 19a RAO bereits begründet worden sei, auch dann zulässig, wenn jene Forderung, mit der aufgerechnet werde, älter sei als dieser Kostenersatzanspruch. Selbst wenn die Forderung, mit der aufgerechnet werde, jünger sei als dieser Kostenersatzanspruch, sei die Aufrechnung dennoch wirksam, wenn sich der Rechtsanwalt bis zur Vornahme der Aufrechnung nicht auf § 19a RAO berufen habe.

4. In seiner Stellungnahme dazu bestreitet der Antragsgegner weiterhin, dass die Voraussetzungen für eine Aufrechnung gegeben seien. Er bringt dazu im Wesentlichen vor, dass - wenngleich "im Beschwerdeverfahren Zl. 2013/10/0156 bis 0158" keine ausdrückliche Berufung auf § 19a RAO erfolgt sei - aufgrund der Verzeichnung der Kosten für den Schriftsatzaufwand die Berufung auf das Kostenersatzpfandrecht "impliziert" sei. Die Ausführungen der antragstellenden Partei zum Zeitpunkt des Entstehens des Kostenanspruches seien schon deswegen nicht zielführend, weil beide Kostenentscheidungen am selben Tag gefällt worden seien. Das Pfandrecht des Rechtsanwaltes nach § 19a RAO entstehe zugleich mit dem Zuspruch der Kostenforderung, unabhängig von einem sachenrechtlichen Modus und vom Verlangen des Anwalts nach Zahlung an ihn gemäß § 19a Abs. 4 RAO.

5. In seiner Replik darauf bringt die antragstellende Partei im Wesentlichen vor, der Antragsgegner habe sich erstmals im Schreiben vom auf das Pfandrecht gemäß § 19a RAO berufen bzw. sei erstmals aus diesem Schreiben zumindest implizit ableitbar, dass die Rechtsanwältin des Antragsgegners eine Zahlung an sich selbst begehrt habe.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen der Rechtsanwaltsordnung (RAO) lauten:

"§. 19a.

(1) Wenn eine Partei in einem Verfahren vor einem Gerichte, einer anderen öffentlichen Behörde oder einem Schiedsgerichte Kosten zugesprochen oder vergleichsweise zugesagt werden, hat der Rechtsanwalt, der die Partei zuletzt vertreten hat, wegen seines und seiner Vorgänger Anspruches auf Ersatz der Barauslagen und auf Entlohnung für die Vertretung in diesem Verfahren ein Pfandrecht an der Kostenersatzforderung der Partei.

(2) Wenn die Partei zuletzt durch mehrere Anwälte vertreten war, steht dieses Pfandrecht dem zuerst genannten Anwalt zu.

(3) Gehen nicht die ganzen Kosten vom Kostenschuldner ein, so hat der letzte Anwalt den eingegangenen Betrag unter sich und die früheren Anwälte nach Maßgabe der ihm und den anderen Anwälten gebührenden Kostenbeträge aufzuteilen.

(4) Die zum Kostenersatz verpflichtete Partei kann die Kosten jederzeit an den pfandberechtigten Anwalt und, solange dieser die Bezahlung an ihn nicht gefordert hat, auch an die Partei wirksam bezahlen."

Die hier maßgeblichen Bestimmungen der Exekutionsordnung (EO)

lauten:

"Executionstitel.

§. 1.

Executionstitel im Sinne des gegenwärtigen Gesetzes sind die

nachfolgenden im Geltungsgebiete dieses Gesetzes errichteten Acte

und Urkunden:

(...)

12. Bescheide der Verwaltungsbehörden sowie Erkenntnisse und Beschlüsse der Verwaltungsgerichte, des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes, soweit sie nach den dafür geltenden Vorschriften vollstreckbar sind und die Exekution durch gesetzliche Bestimmungen den ordentlichen Gerichten überwiesen ist;

(...)

14. Entscheidungen der in Z 10 und 12 genannten Verwaltungsbehörden und Gerichte, mit denen Geldstrafen, Geldbußen oder der Ersatz der Kosten eines Verfahrens auferlegt wird, soweit sie nach den dafür geltenden Vorschriften vollstreckbar sind und die Exekution durch gesetzliche Bestimmungen den ordentlichen Gerichten überwiesen ist;

(...)

Einwendungen gegen den Anspruch.

§. 35.

(1) Gegen den Anspruch, zu dessen Gunsten Execution bewilligt wurde, können im Zuge des Executionsverfahrens nur insofern Einwendungen erhoben werden, als diese auf den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Thatsachen beruhen, die erst nach Entstehung des diesem Verfahren zugrunde liegenden Executionstitels eingetreten sind. Falls jedoch dieser Executionstitel in einer gerichtlichen Entscheidung besteht, ist der Zeitpunkt maßgebend, bis zu welchem der Verpflichtete von den bezüglichen Thatsachen im vorausgegangenen gerichtlichen Verfahren wirksam Gebrauch machen konnte.

(2) Diese Einwendungen sind, unbeschadet eines allfälligen Recurses gegen die Executionsbewilligung, im Wege der Klage bei dem Gerichte geltend zu machen, bei dem die Bewilligung der Execution in erster Instanz beantragt wurde. (...) Einwendungen gegen einen Anspruch, der sich auf einen der im §. 1 Z 10 und 12 bis 14 angeführten Executionstitel stützt, sind bei jener Behörde anzubringen, von welcher der Executionstitel ausgegangen ist.

(3) Alle Einwendungen, die der Verpflichtete zur Zeit der Erhebung der Klage oder zur Zeit des Einschreitens bei einer der im vorigen Absatze bezeichneten Behörden vorzubringen imstande war, müssen bei sonstigem Ausschlusse gleichzeitig geltend gemacht werden.

(4) Wenn den Einwendungen rechtskräftig stattgegeben wird, ist die Execution einzustellen."

2. Die Parteien des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof stimmen darin überein, dass die gegenseitigen Kostenforderungen am gleichen Tag und somit zeitgleich entstanden sind. Der Antragsgegner wendet sich allerdings gegen die Wirksamkeit der von der antragstellenden Partei erklärten Aufrechnung und verweist dazu auf das gesetzliche Pfandrecht nach § 19a RAO.

3. Damit gelingt es dem Antragsgegner allerdings nicht, ein Aufrechnungshindernis darzulegen:

3.1. § 19a RAO gibt dem Rechtsanwalt wegen seines erworbenen Anspruchs auf Ersatz der Barauslagen und auf Entlohnung für die Vertretung in einem Verfahren vor einem Gericht, einer anderen öffentlichen Behörde oder einem Schiedsgericht ein Pfandrecht an der Kostenersatzforderung, die seiner Partei zugesprochen oder vergleichsweise zugesagt worden ist (vgl. dazu die Rechtsprechungshinweise bei Feil/Wennig , Anwaltsrecht7, § 19a RAO Rz 1).

Gegenüber dem Drittschuldner - also dem Kostenersatzverpflichteten - wird das Pfandrecht allerdings gemäß § 19a Abs. 4 RAO erst wirksam, wenn der pfandberechtigte Anwalt Zahlung an sich verlangt. Bis zu diesem Zeitpunkt wirkt nicht nur die Leistung an den Gläubiger, sondern auch die Aufrechnung diesem gegenüber schuldbefreiend (vgl. Dullinger in Rummel , ABGB3 II/1, Rz 28 zu § 1440, mit Nachweisen aus der Rechtsprechung).

Das anwaltliche Pfandrecht nach § 19a RAO erfährt somit durch die Möglichkeit des Kostenschuldners, den Kostenersatzanspruch durch Aufrechnung mit einer Gegenforderung zu befriedigen, eine erhebliche Einschränkung (vgl. auch dazu Feil/Wennig , aaO, Rz 5, mwN).

3.2. Im vorliegenden Fall behauptet der Antragsgegner gar nicht, dass seine Rechtsanwältin vor der Aufrechnungserklärung der antragstellenden Partei Zahlung an sie selber gefordert hätte, sondern gesteht in seiner Stellungnahme zum verfahrenseinleitenden Antrag sogar zu, dass "keine ausdrückliche Berufung auf § 19a RAO" erfolgt sei.

Die Verzeichnung von Kosten im verwaltungsgerichtlichen Verfahren stellt einen der Partei zuzurechnenden Antrag auf Zuerkennung von Aufwandersatz (vgl. § 59 VwGG) dar, nicht aber ein Begehren des vertretenden Rechtsanwaltes nach Zahlung an diesen selbst iSd § 19a Abs. 4 RAO.

Der Kostenersatzanspruch des Antragsgegners ist somit durch Aufrechnung erloschen.


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4.
Dem Antrag war daher stattzugeben.
5.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 58 Abs. 1 VwGG (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/10/0202).
Wien, am

Fundstelle(n):
NAAAE-91231

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