VwGH vom 28.03.2017, Ra 2014/08/0056

VwGH vom 28.03.2017, Ra 2014/08/0056

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, den Hofrat Dr. Strohmayer, die Hofrätin Dr. Julcher sowie die Hofräte Mag. Berger und Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Gruber, über die Revision des Arbeitsmarktservice Wien, Regionale Geschäftsstelle Hietzinger Kai, als belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom , W121 2009837-1/6E, betreffend Höhe des Weiterbildungsgelds (mitbeteiligte Partei:

Mag. B J in Wien, vertreten durch Dr. Thomas Majoros, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Walfischgasse 12/3), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Begründung

1.1. Die Mitbeteiligte stellte im Jänner 2014 bei der Revisionswerberin den Antrag, ihr ab dem für die Dauer der Inanspruchnahme einer - mit ihrem Dienstgeber für den Zeitraum vom 1. Februar bis zum vereinbarten - Bildungskarenz nach § 11 AVRAG Weiterbildungsgeld zu gewähren.

1.2. Mit Schreiben vom beantragte die Mitbeteiligte die Erlassung eines Feststellungsbescheids, weil für die Bemessung des Weiterbildungsgelds eine nicht repräsentative Beitragsgrundlage aus dem Jahr 1994 herangezogen worden sei.

2.1. Mit Bescheid vom stellte die Revisionswerberin fest, dass das Weiterbildungsgeld ab dem im Ausmaß von täglich EUR 22,94 gebühre. Die Revisionswerberin führte begründend aus, die Mitbeteiligte habe den Anspruch in der ersten Jahreshälfte 2014 geltend gemacht, sodass für die Bemessung des Weiterbildungsgelds das Entgelt des Jahres 2012 aus den beim Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger (im Folgenden nur: Hauptverband) gespeicherten Jahresbeitragsgrundlagen heranzuziehen sei. Beim Hauptverband würden arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigungen für die Zeiträume vom 2. Juli bis zum und vom bis zum aufscheinen, hingegen sei die Mitbeteiligte im Zeitraum vom bis zum in keiner arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigung gestanden. Nach der Gesetzeslage könne daher für die Höhe des Weiterbildungsgelds nur die Bemessungsgrundlage aus 1994 herangezogen werden. Das damalige Bruttoeinkommen habe (umgerechnet) EUR 783,70 monatlich betragen, was bei Aufwertung mit dem Faktor für 1994 EUR 1.062,69 ergebe, ziehe man davon die sozialen Abgaben ab und ermittle 80 %, so ergebe sich ein Betrag von EUR 22,94 täglich, darin enthalten ein Familienzuschlag von EUR 0,97.

2.2. Gegen diesen Bescheid erhob die Mitbeteiligte Beschwerde und brachte vor, die herangezogene Bemessungsgrundlage aus 1994 sei ein Einkommen aus einem Ferialjob als Schülerin gewesen. Jenes Einkommen habe ihre damaligen Lebenshaltungskosten nicht gedeckt und entspreche auch nicht annähernd ihren heutigen Lebenshaltungskosten, habe sie doch in den vergangenen Jahren als selbständige und seit 2013 als angestellte Unternehmensberaterin ein gutes und stabiles Einkommen bezogen. Bei der geringen Höhe des Weiterbildungsgelds müsste sie einen neben der Ausbildung geplanten Lehrgang aufgeben, weil sie die Eigenmittel zum Teil zur Deckung der Unterhaltskosten benötige. Sie ersuche daher, als Bemessungsgrundlage das Einkommen im Jahr 2013 heranzuziehen.

2.3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die Revisionswerberin die Beschwerde als unbegründet ab. Sie führte begründend aus wie im angefochtenen Bescheid und hielt insbesondere fest, die Mitbeteiligte habe das Weiterbildungsgeld in der ersten Jahreshälfte 2014 beantragt, sodass gemäß § 21 Abs. 1 AlVG für die Anspruchsbemessung die beim Hauptverband gespeicherte Jahresbeitragsgrundlage des vorletzten Kalenderjahres (2012) heranzuziehen sei. Die Mitbeteiligte sei jedoch im Zeitraum von 1995 bis 2012 in keiner arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigung gestanden und weise keine Bemessungsgrundlagen auf, sie habe in diesem Zeitraum auch keine Jahresbeitragsgrundlagen durch eine freiwillige Arbeitslosenversicherung für selbständig Erwerbstätige erlangt. Folglich sei wegen Fehlens einer Bemessungsgrundlage aus 2012 auf die nächste davor liegende Bemessungsgrundlage aus 1994 abzustellen gewesen.

2.4. Die Mitbeteiligte beantragte die Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

3.1. Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss hob das Verwaltungsgericht den Bescheid vom auf und verwies die Sache gemäß § 28 Abs. 3 Satz 2 VwGVG an die Revisionswerberin zurück.

Das Verwaltungsgericht führte in der Begründung aus, nach § 21 Abs. 1 AlVG sei als Bemessungsgrundlage für das Arbeitslosengeld bzw. hier das Weiterbildungsgeld bei Geltendmachung bis 30. Juni das Entgelt des vorletzten Kalenderjahres aus den beim Hauptverband gespeicherten Jahresbeitragsgrundlagen heranzuziehen. Liege die entsprechende Jahresbeitragsgrundlage nicht vor, so sei auf die letzte davor liegende beim Hauptverband gespeicherte Jahresbeitragsgrundlage abzustellen. Eine Festsetzung gemäß § 21 Abs. 2 AlVG nach dem Entgelt der letzten sechs Kalendermonate könne diesfalls nicht stattfinden. Sei bei Geltendmachung bis 30. Juni zwar die Jahresbeitragsgrundlage des vorletzten Kalenderjahres nicht vorhanden, wohl aber bereits jene des letzten Jahres, so sei diese Beitragsgrundlage heranzuziehen (Hinweis ua. auf das hg. Erkenntnis vom , 97/08/0474). Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung, ob Beitragsgrundlagen aus dem letzten Kalenderjahr vorlägen, sei der erste Tag der Arbeitslosigkeit als frühestmöglicher Zeitpunkt der wirksamen Geltendmachung des Anspruchs.

Vorliegend sei das Weiterbildungsgeld in der ersten Jahreshälfte 2014 geltend gemacht worden, sodass als Jahresbeitragsgrundlage des "zuletzt vorliegenden Kalenderjahres" auch die Jahresbeitragsgrundlage des der Antragstellung unmittelbar vorangehenden Kalenderjahres (2013) in Betracht komme. Die Revisionswerberin habe Ermittlungen verabsäumt, ob zum maßgeblichen Zeitpunkt am eine solche Jahresbeitragsgrundlage bereits vorgelegen sei. Das Verwaltungsgericht habe dazu in Erfahrung gebracht, dass die Beitragsgrundlagenmeldung durch die Gebietskrankenkasse schon am erfolgt sei und ab dem nächsten Tag abrufbar gewesen sei. Folglich sei am die Jahresbeitragsgrundlage aus 2013 beim Hauptverband bereits abrufbar gewesen und wäre diese für die Berechnung des Weiterbildungsgelds heranzuziehen gewesen. Die Revisionswerberin werde im fortgesetzten Verfahren insbesondere zu ermitteln haben, welche Beitragsgrundlage aus dem Jahr 2013 beim Hauptverband am vorgelegen sei und diese Beitragsgrundlage bei der Berechnung des Weiterbildungsgelds heranzuziehen haben.

3.2. Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 und Abs. 9 B-VG nicht zulässig sei.

4.1. Gegen diesen Beschluss wendet sich die Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts. Die Revisionswerberin bringt zur Zulässigkeit der Anfechtung im Wesentlichen vor, das Verwaltungsgericht habe sich bei der Anwendung des § 21 Abs. 1 AlVG auf Rechtsprechung gestützt, die zur Rechtslage vor der Novelle BGBl. I Nr. 148/1998 ergangen sei und nicht mehr heranzuziehen sei; zudem fehle Rechtsprechung zur derzeitigen Fassung des § 21 Abs. 1 AlVG.

4.2. Die Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte die Nichtzulassung, hilfsweise die Abweisung der Revision.

5. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Revision ist zulässig, weil sich das Verwaltungsgericht auf Rechtsprechung gestützt hat, die zu einer früheren Rechtslage ergangen ist, und weil es damit von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur geltenden Rechtslage abgewichen ist. Die Revision ist aus dem Grund auch berechtigt.

6. Vorliegend ist allein die Frage strittig, auf Grund welcher beim Hauptverband gespeicherten Jahresbeitragsgrundlagen die Bemessung des der Mitbeteiligten zuerkannten Weiterbildungsgelds zu erfolgen hat. Zentrale Bestimmung für die Beurteilung dieser Rechtsfrage ist der die Bemessung des Arbeitslosengelds - in dessen Höhe grundsätzlich auch das Weiterbildungsgeld gebührt (vgl. § 26 Abs. 1 AlVG) - regelnde § 21 AlVG, vor allem dessen Abs. 1.

7.1. § 21 Abs. 1 AlVG in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201/1996, neu gefasst und lautete zunächst (auszugsweise) wie folgt:

"(1) Der Grundbetrag des Arbeitslosengeldes wird nach Lohnklassen bemessen. Für die Festsetzung der Lohnklasse ist bei Geltendmachung bis 30. Juni das Entgelt des vorletzten Kalenderjahres aus den beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger gespeicherten Jahresbeitragsgrundlagen heranzuziehen. Bei Geltendmachung nach dem 30. Juni ist das Entgelt des letzten Kalenderjahres heranzuziehen. Liegen keine Jahresbeitragsgrundlagen des letzten bzw. vorletzten Jahres vor, so sind jeweils die Jahresbeitragsgrundlagen des zuletzt vorliegenden Kalenderjahres heranzuziehen. (...)"

7.2. In den Gesetzesmaterialien (ErläutRV 72 BlgNR 20. GP 235 f) wurde zu dieser Bestimmung ausgeführt, dass das Arbeitslosengeld auf Grundlage der beim Hauptverband vorliegenden Jahresbeitragsgrundlagen berechnet werden solle. Als Stichtag sei der 1. Juli gewählt worden, da spätestens zu diesem Zeitpunkt die Jahresbeitragsgrundlagen beim Hauptverband vorlägen. Werde das Arbeitslosengeld im zweiten Halbjahr geltend gemacht, so seien die Beitragsgrundlagen des Vorjahres heranzuziehen (bei Geltendmachung im Herbst 1996 also die Jahresbeitragsgrundlage aus 1995), liege die Geltendmachung im ersten Halbjahr, so seien die Jahresbeitragsgrundlagen des vorletzten Jahres heranzuziehen (bei Geltendmachung im Frühjahr 1997 also die Jahresbeitragsgrundlagen aus 1995). Lägen die Jahresbeitragsgrundlagen nicht vor, so seien "die jeweils zuletzt vorliegenden Jahresbeitragsgrundlagen heranzuziehen".

7.3. Der Verwaltungsgerichtshof hat zur dargestellten Rechtslage vertreten, dass bei einer Antragstellung im ersten Halbjahr und bei Nichtvorliegen der primär heranzuziehenden Jahresbeitragsgrundlagen aus dem vorletzten Kalenderjahr nicht auf davor (also zeitlich vor dem vorletzten Kalenderjahr) liegende Jahresbeitragsgrundlagen zurückzugreifen sei, sondern dass als Jahresbeitragsgrundlagen "des zuletzt vorliegenden Kalenderjahres" schon nach der Wortbedeutung dieser Wendung auch jene aus dem der Antragstellung unmittelbar vorangehenden (letzten) Kalenderjahr - sofern diese beim Hauptverband bereits vorliegen, wofür der erste Tag der Arbeitslosigkeit als frühestmöglicher Zeitpunkt der wirksamen Geltendmachung des Anspruchs maßgebend sei - in Betracht kämen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , 97/08/0474, vom , 97/08/0539, und vom , 98/08/0245).

8.1. Mit der Novelle BGBl. I Nr. 148/1998 wurde der § 21 Abs. 1 AlVG mit Wirksamkeit ab dahingehend abgeändert, dass der vierte Satz der oben wiedergegebenen Regelung durch folgende Bestimmung ersetzt wurde:

"Liegen die nach den vorstehenden Sätzen heranzuziehenden Jahresbeitragsgrundlagen nicht vor, so sind jeweils die letzten vorliegenden Jahresbeitragsgrundlagen eines vorhergehenden Jahres heranzuziehen."

8.2. In den Materialien (AB 1304 BlgNR 20. GP 4) wurde zu der Gesetzesänderung ausgeführt, es solle - um Zufälligkeiten bei der Heranziehung der Jahresbeitragsgrundlagen, die sich nach der Auslegung des Verwaltungsgerichtshofs ergäben - klargestellt werden, dass bei Nichtvorliegen der grundsätzlich maßgeblichen Jahresbeitragsgrundlagen stets die letzte vorliegende Jahresbeitragsgrundlage eines davor liegenden Zeitraums heranzuziehen sei.

8.3. Der Verwaltungsgerichtshof hat auf Grund dieser geänderten Rechtslage in der Folge - unter Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung - vertreten, dass bei einer Antragstellung im ersten Halbjahr und bei Nichtvorliegen von Jahresbeitragsgrundlagen aus dem vorletzten Kalenderjahr auf die davor (also zeitlich vor dem vorletzten Kalenderjahr) liegenden Jahresbeitragsgrundlagen, und nicht (mehr) auf Beitragsgrundlagen aus dem der Antragstellung unmittelbar vorangehenden (letzten) Kalenderjahr zurückzugreifen ist (vgl. in dem Sinn die hg. Erkenntnisse vom , 2007/08/0101, und vom , 2007/08/0077).

9.1. § 21 Abs. 1 AlVG in der hier zeitraumbezogen maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 138/2013 lautet (auszugsweise) wie folgt:

"(1) Für die Festsetzung des Grundbetrages des Arbeitslosengeldes ist bei Geltendmachung bis 30. Juni das Entgelt des vorletzten Kalenderjahres aus den beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger gespeicherten Jahresbeitragsgrundlagen aus arbeitslosenversicherungspflichtigem Entgelt, mangels solcher aus anderen für Zwecke der Sozialversicherung gespeicherten Jahresbeitragsgrundlagen heranzuziehen. Bei Geltendmachung nach dem 30. Juni ist das Entgelt des letzten Kalenderjahres heranzuziehen. Liegen die nach den vorstehenden Sätzen heranzuziehenden Jahresbeitragsgrundlagen nicht vor, so sind jeweils die letzten vorliegenden Jahresbeitragsgrundlagen eines vorhergehenden Jahres heranzuziehen. (...)"

9.2. Der dritte Satz dieser Bestimmung entspricht somit weiterhin der durch die Novelle BGBl. I Nr. 148/1998 geänderten Regelung (vgl. bereits Punkt 8.1.).

Was die Auslegung dieser Regelung betrifft, so sind schon nach der Wortbedeutung in Verbindung mit den grammatikalischen Regeln bei Nichtvorliegen der nach den ersten beiden Sätzen des § 21 Abs. 1 AlVG primär heranzuziehenden Jahresbeitragsgrundlagen (nämlich bei Geltendmachung bis 30. Juni jener des vorletzten Kalenderjahres, bei Geltendmachung nach dem 30. Juni jener des letzten Kalenderjahres) "jeweils" (also in beiden genannten Anwendungsfällen) die letzten vorliegenden Jahresbeitragsgrundlagen "eines vorhergehenden Jahres" (mithin eines früheren Jahres, das dem primär maßgeblichen vorletzten oder letzten Jahr zeitlich vorangeht) heranzuziehen.

Diese Interpretation wird auch durch die Materialien zur Novelle BGBl. I Nr. 148/1998 (vgl. schon Punkt 8.2.) bestätigt. Nach dem dort zum Ausdruck gebrachten (und im Gesetzeswortlaut Deckung findenden) Willen des Gesetzgebers soll eine Auslegung geboten sein, der zufolge bei einer Geltendmachung im ersten Halbjahr und bei Nichtvorliegen von Jahresbeitragsgrundlagen im vorletzten Kalenderjahr auf die vorangehenden (also zeitlich vor dem vorletzten Kalenderjahr liegenden) Jahresbeitragsgrundlagen zurückzugreifen ist. Dadurch sollte - nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers - auch eine Abkehr von der damaligen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. Punkt 7.3.) bewirkt werden, weil diese von "Zufälligkeiten" (nämlich davon, ob im jeweiligen Einzelfall die Beitragsgrundlagen aus dem der Antragstellung unmittelbar vorangehenden Kalenderjahr beim Hauptverband bereits gespeichert waren oder nicht) abhängig war.

9.3. Der aufgezeigten Auslegung steht auch § 21 Abs. 2 AlVG nicht entgegen, wonach - wenn noch keine Jahresbeitragsgrundlagen vorliegen - für die Bemessung des Arbeitslosengelds das Entgelt der letzten sechs Kalendermonate vor der Geltendmachung heranzuziehen ist. Diese Bestimmung sagt nämlich nichts darüber aus, ob bei Vorliegen von Jahresbeitragsgrundlagen aus zwei oder mehr Kalenderjahren auf frühere oder spätere Jahresbeitragsgrundlagen zurückzugreifen ist. Es ist daraus lediglich abzuleiten, dass bei einer Antragstellung im ersten Halbjahr in einem Fall, in dem Jahresbeitragsgrundlagen bloß aus dem Jahr vor der Antragstellung und ein Entgelt aus dem Jahr der Antragstellung selbst vorliegen, die (dann einzigen) Jahresbeitragsgrundlagen aus dem vor der Antragstellung liegenden Kalenderjahr heranzuziehen sind (vgl. in dem Sinn auch das hg. Erkenntnis vom , 2004/08/0216).

9.4. Der oben dargelegten Interpretation stehen ferner die - von der Mitbeteiligten in der Revisionsbeantwortung eingewendeten - objektiv-teleologischen Überlegungen, wonach das Weiterbildungsgeld möglichst dem zuletzt erzielten Erwerbseinkommen entsprechen solle, um die für den Zeitraum der Weiterbildung bezweckte finanzielle Absicherung zu gewährleisten, nicht entgegen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist auch im öffentlichen Recht nach der grundlegenden Auslegungsregel des § 6 ABGB vorzugehen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 98/06/0240). Demnach darf aber einem Gesetz in der Anwendung kein anderer Verstand beigelegt werden, als welcher aus der eigentümlichen Bedeutung der Worte in ihrem Zusammenhang und der klaren Absicht des Gesetzgebers hervorleuchtet (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2011/08/0090). Wurde - wie zur hier gegenständlichen Rechtsfrage - ein Auslegungsergebnis auf Grund des eindeutigen Gesetzeswortlauts und des klaren Willens des Gesetzgebers gewonnen, so hat eine teleologische Interpretation zurückzutreten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 89/03/0194).

10. Die dargestellte Rechtslage und die dazu bereits ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hat das Verwaltungsgericht verkannt, indem es auf die - seit der Änderung der Rechtslage durch die Novelle BGBl. I Nr. 148/1998 als überholt zu erachtende - gegenteilige ältere Judikatur abgestellt hat. Richtiger Weise hätte das Verwaltungsgericht auf Grund der Geltendmachung des Anspruchs im Jänner 2014 und des Nichtvorliegens von Jahresbeitragsgrundlagen aus dem vorletzten Kalenderjahr (2012) die Jahresbeitragsgrundlagen aus einem zeitlich davor (also vor dem vorletzten Jahr) liegenden Kalenderjahr - nach den getroffenen Feststellungen aus dem Jahr 1994 - heranziehen müssen, und hätte nicht auf andere Beitragsgrundlagen aus dem der Antragstellung unmittelbar vorangehenden (letzten) Kalenderjahr (2013) zurückgreifen dürfen.

11. Das Verwaltungsgericht hat daher den angefochtenen Beschluss mit Rechtswidrigkeit seines Inhalts belastet. Die bekämpfte Entscheidung war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am

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Schlagworte:
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2

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