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VwGH vom 14.10.2011, 2009/09/0256

VwGH vom 14.10.2011, 2009/09/0256

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde des Z T in B, vertreten durch Dr. Heribert Kirchmayer, Rechtsanwalt in 2410 Hainburg, Wiener Straße 3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom , Zl. Senat-BL-07- 2022, betreffend Bestrafung nach dem AuslBG (weitere Parteien:

Bundesministerin für Finanzen, Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe am in L. als Arbeitgeber entgegen § 3 AuslBG drei namentlich genannte ungarische Staatsangehörige beschäftigt, obwohl für diese keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen erteilt gewesen seien. Er werde deswegen gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG mit einer Geldstrafe in Höhe von je EUR 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen von je 36 Stunden) bestraft.

Der Beschwerdeführer sei Eigentümer eines Einfamilienhauses in L. Für die an diesem Haus am geplanten Verputzarbeiten habe ein Cousin kurzfristig krankheitsbedingt als Helfer abgesagt. Auch ein Nachbar sei an diesem Tag auf Grund eines Auslandsaufenthaltes nicht zur Verfügung gestanden. Daraufhin habe sich ein Arbeitskollege der Ehefrau des Beschwerdeführers, L C., bereit erklärt, bei den anstehenden Arbeiten zu helfen. Dieser sei im Besitz eines Befreiungsscheins gewesen und habe die drei genannten ungarischen Staatsangehörigen als Arbeiter für den am "organisiert". Diese seien nicht im Besitz der erforderlichen arbeitsmarktbehördlichen Bewilligungen gewesen.

Die Tätigkeit als Bauhilfsarbeiter bilde typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses. Gefälligkeitsdienste, wie sie vom Beschwerdeführer behauptet worden seien, würden lediglich dann nicht unter den Begriff der bewilligungspflichtigen Beschäftigung iSd § 2 Abs. 2 AuslBG fallen, wenn sie nicht nur kurzfristig, freiwillig und unentgeltlich, sondern auch auf Grund spezifischer Bindungen zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger erbracht würden. Es wäre Sache des Beschwerdeführers gewesen, entsprechende konkrete Behauptungen aufzustellen und Beweise anzubieten. Der Umstand, dass es sich bei den Arbeitern um Bekannte des damaligen Arbeitskollegen seiner Ehefrau gehandelt habe, stelle kein solches Naheverhältnis dar. Es widerspreche der Lebenserfahrung, dass drei dem Beschwerdeführer bzw. seiner Ehefrau völlig fremde Personen, die an seinem Haus mehrere Stunden Arbeitsleistungen erbrächten, dafür nicht auch eine entsprechende Gegenleistung erwarten würden. Detaillierte Feststellungen zur Entgeltlichkeit würden sich erübrigen, weil ein Anspruch auf das Entgelt ausreiche, um vom Vorliegen einer Beschäftigung der drei Ausländer ausgehen zu können. Im Übrigen legte die belangte Behörde ihre Strafzumessungsgründe dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend und unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten (wie dies bei den gegenständlichen Bauhilfsarbeiten der Fall ist), dann ist die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden können, die einer solchen Deutung ohne näher Untersuchung entgegenstehen. Die Behörde ist in einem solchen Fall nicht gehalten, Ermittlungen und weitwendige Überlegungen zu der Frage anzustellen, ob der verwendete Ausländer in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht, da dies - wenn anders lautende konkrete Behauptungen samt Beweisanbote nicht vorliegen - unter den gegebenen Umständen angenommen werden konnte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/09/0058).

Der Beschwerdeführer macht geltend, dass es sich bei den Bauhilfsarbeiten um "Gefälligkeitsdienste" gehandelt habe, die nicht unter den § 2 Abs. 2 AuslBG fallen würden. Er habe vorgebracht, dass L C. seine Hilfe angeboten und Freunde mitgebracht habe. "Dass es hier natürlich kein Naheverhältnis zwischen allen anwesenden Personen gibt, ist aber auch im Bereich des Logischen."

Damit zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit auf. Als Gefälligkeitsdienste können kurzfristige, freiwillige und unentgeltliche Dienste anerkannt werden, die vom Leistenden auf Grund spezifischer Bindungen zwischen ihm und dem Leistungsberechtigten erbracht werden. Der Beschwerdeführer hat keinerlei familiäre, freundschaftliche oder nachbarschaftliche Bindungen zu den auf seiner Baustelle tätigen ungarischen Staatsangehörigen geltend gemacht. Er hat auch nicht vorgebracht, mit den ungarischen Arbeitnehmern besondere und nach der Lebenserfahrung nachvollziehbare Vereinbarungen über das Entgelt getroffen zu haben, sondern lediglich darauf verwiesen, L C. habe dafür sorgen wollen, dass die ungarischen Staatsangehörigen "gratis helfen".

Im Zweifel (in Ermangelung einer Vereinbarung) gilt ein angemessenes Entgelt für die Dienste als bedungen (§ 1152 ABGB). Ob der Beschwerdeführer ein den verwendeten Ausländern demnach zustehendes Entgelt (vgl. auch § 29 AuslBG) tatsächlich geleistet hat oder nicht, braucht nicht untersucht zu werden. Eine Nichtzahlung bedeutet jedenfalls nicht, dass die verwendeten Arbeitskräfte unentgeltlich verwendet bzw. nicht iSd § 2 Abs. 2 AuslBG beschäftigt worden seien. Im Übrigen wäre es auch im Falle einer Zurverfügungstellung von Arbeitskräften durch L C. unerheblich, ob der Beschäftiger (Beschwerdeführer) mit dem Verleiher (L C.) Unentgeltlichkeit der Überlassung vereinbart hätte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/09/0197, mwN). Die vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang geltend gemachten Verfahrensmängel wegen unerledigter Beweisanträge liegen nicht vor, weil die von ihm genannten Beweisthemen (soweit es sich nicht um einen Beweis nicht zugängliche rechtliche Subsumtionen handelt) für das vorliegende Verfahren unerheblich sind.

Der Beschwerdeführer bringt schließlich vor, er habe die Berufung am eingebracht. Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig, weil er erst nach der im § 51 Abs. 7 VStG normierten Frist erlassen worden sei.

Dem ist entgegenzuhalten, dass der Verfassungsgerichtshof mit dem Erkenntnis vom , G 86, 87/08-15, die Wortfolge ", in dem nur dem Beschuldigten das Recht der Berufung zusteht," im § 51 Abs. 7 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991, BGBl. Nr. 52/1991 idF BGBl. I Nr. 158/1998, als verfassungswidrig aufgehoben hat. Gleichzeitig hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Aufhebung mit Ablauf des in Kraft tritt, sowie des Weiteren, dass die genannte Wortfolge auf die am beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Verfahren, denen ein Bescheid zu Grunde liegt, der nach Ablauf der 15- monatigen Frist des § 51 Abs. 7 VStG erlassen wurde (mit Ausnahme von Privatanklagesachen), nicht mehr anzuwenden ist.

Durch Einbringung der gegenständlichen Beschwerde am beim Verwaltungsgerichtshof ist diese seit diesem Zeitpunkt beim Gerichtshof anhängig. Der Beschwerdefall ist daher kein Anlassfall im Sinne des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom , G 86, 87/08. Ebenso folgt daraus, dass im Beschwerdefall noch auf Grund der alten Rechtslage zu entscheiden ist; eine neuerliche Anfechtung der erwähnten Wortfolge des § 51 Abs. 7 VStG 1991 ist nicht zulässig (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/09/0059, mwN).

Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Anforderung des Art. 6 EMRK wurde im gegenständlichen Fall durch die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, einem Tribunal im Sinne der EMRK, Genüge getan.

Wien, am