zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 28.06.2016, Ro 2014/10/0037

VwGH vom 28.06.2016, Ro 2014/10/0037

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

Ro 2014/10/0014 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Revision des M N in R, vertreten durch Mag. Johannes Aigner, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Leopoldstraße 3, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , Zl. Va-456-48290/1/27, betreffend Mindestsicherung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1 Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Tiroler Landesregierung vom wurde dem Revisionswerber (u.a.) für den Zeitraum vom bis zum eine monatliche Unterstützung für Miete gemäß § 6 Tiroler Mindestsicherungsgesetz (TMSG) in der Höhe von EUR 276,19 sowie eine monatliche Unterstützung für Stromkosten in der Höhe von EUR 50,84 zuerkannt.

2 Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges und der maßgeblichen Rechtsvorschriften - auf das Wesentliche zusammengefasst - aus, der Revisionswerber sei ledig und wohne mit seiner Mutter im gemeinsamen Haushalt in der Wohnung seiner Mutter. Die Miete hiefür betrage monatlich EUR 276,19. Die Stromkosten beliefen sich auf EUR 131,-- im Monat. Der Revisionswerber sei seit Oktober 2010 arbeitslos und habe kein Einkommen und Vermögen. Die Mutter des Revisionswerbers erhalte monatlich eine Pension in der Höhe von EUR 872,04. Weiters erhalte sie monatlich EUR 50,-- an Unterhalt.

3 Auf Grund der Haushaltsgemeinschaft mit der Mutter sei für den Revisionswerber der Mindestsatz gemäß § 5 Abs. 2 lit. b TMSG für Volljährige im gemeinsamen Haushalt in der Höhe von EUR 447,14 maßgeblich. Soweit der Revisionswerber vorbringe, auf ihn sei der Mindestsatz für Alleinstehende anzuwenden, sei dem nicht zu folgen. Der Annahme des Revisionswerbers, es würde die Erwerbsfähigkeit als Voraussetzung für die Selbsterhaltungsfähigkeit reichen, sei entgegenzuhalten, dass es zum Wiederaufleben der Unterhaltspflicht der Eltern trotz Erwerbsfähigkeit des Kindes kommen könne. Dies sei dann der Fall, wenn die vom Kind erlangte Selbsterhaltungsfähigkeit wegfalle. Der Verlust der Selbsterhaltungsfähigkeit könne durch längerfristige Unmöglichkeit der Berufsausübung, etwa aus Krankheitsgründen oder wegen unverschuldeter Arbeitslosigkeit bei Fehlen einer ausreichenden sozialen Absicherung, eintreten (Verweis auf das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom , 1 Ob 2307/96p).

4 Da der Revisionswerber, der ausgebildeter EDV-Techniker sei, bereits einen nicht unerheblichen Zeitraum keiner Arbeitstätigkeit nachgehe und somit über kein Einkommen verfüge, sei er nicht mehr als selbsterhaltungsfähig anzusehen und lebe die Unterhaltspflicht seiner Mutter wieder auf. Der Revisionswerber sei somit entgegen seiner Ansicht nicht als Alleinstehender im Sinne des TMSG anzusehen.

5 Der Mietaufwand entspreche den Kriterien des TMSG und sei daher zur Gänze zu berücksichtigen. Da die Wohnung mit Strom beheizt werde, könnten auch Stromkosten von EUR 78,60 monatlich berücksichtigt werden. Aufgrund der Pauschalstromabrechnung von Heiz- und Betriebskosten würden 60 % der Stromkosten von EUR 131,--

übernommen; der restliche Anteil finde gemäß § 2 Abs. 7 TMSG im Mindestsatz Deckung. Der gesamte anrechenbare Wohnbedarf sei auf alle haushaltszugehörigen erwachsenen Personen zu gleichen Teilen aufzuteilen. Sohin errechne sich für den gegenständlichen Zweipersonenhaushalt für jedes einzelne Familienmitglied ein Unterkunftsbedarf im Ausmaß von EUR 177,40.

6 Das Gesamteinkommen der Mutter des Revisionswerbers betrage EUR 922,04. Die Höhe der Unterhaltsverpflichtung der Mutter betrage sohin EUR 202,85 (22 % der Bemessungsgrundlage von EUR 922,04). Die Mutter des Revisionswerbers sei daher verpflichtet, zumindest einen Betrag von EUR 202,85 an den Revisionswerber zu leisten.

7 Es sei aber weiters auszuführen, dass der Revisionswerber und seine Mutter nicht nur im gemeinsamen Haushalt lebten und "keine Unterhaltsrückstände oder Unterhaltsverstöße der Mutter bekannt" seien, sondern "auch das Verhältnis zwischen Mutter und (Revisionswerber) äußert angenehm zu sein scheint (gemeinsames Auftreten sowohl vor der Erstbehörde als auch vor der Berufungsbehörde)". Gegenteiliges sei von der Behörde im gesamten Verfahren nicht behauptet worden. Aus diesem Grund sei davon auszugehen, dass der Revisionswerber die "errechnete Unterhaltsleistung und sogar weitere, über diesen Betrag hinausgehende Zahlungen zu seiner Unterstützung erhalten" habe. Tatsächlich seien "also regelmäßig mehr Zahlungen" an den Revisionswerber geflossen, als die "nach der Prozentsatzmethode errechnete Unterhaltszahlung in der Höhe von EUR 202,85". Es sei vielmehr davon auszugehen, dass "das gesamte Einkommen der Mutter" des Revisionswerbers, das deren Bedarf an Lebensunterhalt in der Höhe von EUR 447,12 und deren Anteil an Mietkosten in der Höhe von EUR 177,40 übersteige, gemäß § 18 Abs. 2 TMSG in die Haushaltsgemeinschaft einzurechnen sei.

8 Für den Revisionswerber und seine Mutter ergebe sich ein mindestsicherungsrechtlicher Bedarf in der Höhe von EUR 1.249,07 (Lebensunterhalt für den Revisionswerber und dessen Mutter je EUR 447,14; Miete inkl. Betriebskosten EUR 276,19; Stromkosten EUR 78,60). Ziehe man davon das Einkommen der Mutter im Betrag von EUR 922,04 ab, ergebe sich ein mindestsicherungsrechtlicher Bedarf des Revisionswerbers in der Höhe von EUR 327,03. Sohin stünden dem Revisionswerber als Hilfe zur Sicherung des Wohnbedarfes ein Betrag in der Höhe von EUR 276,19 sowie ein Betrag in der Höhe von EUR 50,84 zur Unterstützung für die Stromkosten zu.

9 Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Übergangsrevision (§ 4 Abs. 1 erster Satz Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz - VwGbk-ÜG).

10 Das Landesverwaltungsgericht Tirol legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, verzichtete jedoch auf die Erstattung einer Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

11 Vorauszuschicken ist, dass gemäß § 4 Abs. 5 VwGbk-ÜG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG sinngemäß weiter anzuwenden sind.

12 Das Tiroler Mindestsicherungsgesetz, LGBl. Nr. 99/2010 idF LGBl. Nr. 110/2011 (TMSG), hat (auszugsweise) folgenden Wortlaut:

" § 1

Ziel, Grundsätze

...

(4) Leistungen der Mindestsicherung sind so weit zu gewähren, als der jeweilige Bedarf nicht durch den Einsatz eigener Mittel und Kräfte sowie durch Leistungen Dritter gedeckt werden kann. Dabei sind auch Hilfeleistungen, die nach anderen landesrechtlichen oder nach bundesrechtlichen oder ausländischen Vorschriften in Anspruch genommen werden können, zu berücksichtigen.

...

§ 2

Begriffsbestimmungen

...

(4) Alleinstehend ist, wer mit keinen unterhaltsberechtigten oder unterhaltsverpflichteten Angehörigen und mit keinem Lebensgefährten im gemeinsamen Haushalt lebt.

...

(6) Im gemeinsamen Haushalt mit anderen Personen lebt, wer mit diesen bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung teilt.

(7) Die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes umfasst den regelmäßig wiederkehrenden Aufwand für Nahrung, Bekleidung, Körper- und Gesundheitspflege, Benützung von Verkehrsmitteln, Reinigung, Kleinhausrat und Strom sowie für andere persönliche Bedürfnisse, die eine angemessene soziale und kulturelle Teilhabe ermöglichen.

(8) Die Hilfe zur Sicherung des Wohnbedarfes umfasst den für die Gewährleistung einer bedarfsgerechten Wohnsituation tatsächlich regelmäßig wiederkehrenden Aufwand für Miete, Betriebskosten, Heizkosten und Abgaben.

...

Grundleistungen

§ 5

Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes

(1) Die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes besteht in der Gewährung pauschalierter, monatlicher Geldleistungen (Mindestsätze).

(2) Der Mindestsatz beträgt für


Tabelle in neuem Fenster öffnen
a)
Alleinstehende und Alleinerzieher 75 v. H.,
b)
Volljährige, die nicht unter lit. a fallen 56,25 v. H.,
c)
Minderjährige, für die ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht 24,75 v. H.
des Ausgangsbetrages nach § 9 Abs. 1.
...
§ 6
Hilfe zur Sicherung des Wohnbedarfes

(1) Die Hilfe zur Sicherung des Wohnbedarfes besteht in der Übernahme der tatsächlich nachgewiesenen Mietkosten, Betriebskosten, Heizkosten und Abgaben für eine Wohnung, sofern diese die ortsüblichen Mietkosten, Betriebskosten, Heizkosten und Abgaben für eine Wohnung mit einer haushaltsbezogenen Höchstnutzfläche nach Abs. 2 nicht übersteigen.

...

§ 9

Ausgangsbetrag

(1) Der Ausgangsbetrag für die Bemessung der Mindestsätze nach § 5 beträgt für das Kalenderjahr 2010 744,01 Euro.

(2) Die Landesregierung hat für jedes folgende Kalenderjahr unter Bedachtnahme auf die Erhöhung des Ausgleichszulagenrichtsatzes nach § 293 Abs. 1 ASVG durch Verordnung einen Anpassungsfaktor festzusetzen (Anpassungsverordnung). Der Ausgangsbetrag für die Bemessung der Mindestsätze nach § 5 für dieses Kalenderjahr ergibt sich jeweils durch Multiplikation des Ausgangsbetrages für das vorangegangene Kalenderjahr mit dem Anpassungsfaktor. Die sich aus dem Ausgangsbetrag ergebenden Mindestsätze sind als Anlage zur Verordnung kundzumachen.

(3) Verordnungen nach Abs. 2 können rückwirkend, in einem solchen Fall jedoch frühestens mit dem 1. Jänner jenes Kalenderjahres, für das die Anpassung erfolgt, in Kraft gesetzt werden.

...

§ 16

Einsatz der Arbeitskraft

(1) Vor der Gewährung von Mindestsicherung ist der arbeitsfähige Hilfesuchende verpflichtet, die Bereitschaft zum Einsatz seiner Arbeitskraft zu zeigen oder sich um eine ihm zumutbare Erwerbstätigkeit zu bemühen.

(2) Dabei ist hinsichtlich der Arbeitsfähigkeit und der Zumutbarkeit einer Beschäftigung von denselben Kriterien wie bei der Notstandshilfe oder, sofern ein solches bezogen wird, wie beim Arbeitslosengeld auszugehen.

...

§ 17

Verfolgung von Ansprüchen gegenüber Dritten

(1) Vor der Gewährung von Mindestsicherung hat der Hilfesuchende öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Ansprüche auf bedarfsdeckende oder bedarfsmindernde Leistungen gegen Dritte zu verfolgen, soweit dies nicht offensichtlich aussichtslos oder unzumutbar ist.

(2) Mindestsicherung ist unbeschadet der Verpflichtung nach Abs. 1 als Vorausleistung zu gewähren, wenn der Hilfesuchende bis zur tatsächlichen Durchsetzung seiner Ansprüche anspruchsberechtigt im Sinn dieses Gesetzes ist. Die unmittelbar erforderliche Bedarfsdeckung ist jedenfalls zu gewährleisten.

§ 18

Ausmaß der Mindestsicherung

(1) Das Ausmaß der Leistungen der Mindestsicherung ist im Einzelfall unter Berücksichtigung des Einsatzes der eigenen Mittel und der Bereitschaft des Hilfesuchenden zum Einsatz seiner Arbeitskraft sowie der bedarfsdeckenden oder bedarfsmindernden Leistungen Dritter zu bestimmen.

(2) Zu den bedarfsdeckenden oder bedarfsmindernden Leistungen Dritter zählt neben den Leistungen, auf die der Hilfesuchende einen Anspruch nach § 17 Abs. 1 hat, auch das Einkommen der mit ihm in Lebensgemeinschaft lebenden Person oder der mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden und ihm gegenüber unterhaltsverpflichteten Personen, soweit dieses den Mindestsatz nach § 5 Abs. 2 lit. b zuzüglich des auf diese Person entfallenden Wohnkostenanteiles übersteigt. Von diesem Einkommen sind allfällige Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Dritten in Abzug zu bringen.

(3) Hat der Hilfesuchende auf eine bedarfsdeckende oder bedarfsmindernde Leistung keinen Anspruch nach § 17 Abs. 1, so ist diese bei der Bestimmung des Ausmaßes der Mindestsicherung nur zu berücksichtigen, soweit sie

a) regelmäßig in einem Ausmaß erbracht wird, das wesentlich zur Deckung der Grundbedürfnisse des Hilfesuchenden beiträgt, oder

b) in einem Ausmaß erbracht wird, das wesentlich zur Bewältigung außergewöhnlicher Schwierigkeiten des Hilfesuchenden beiträgt.

§ 19

Kürzung von Leistungen

(1) Die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach § 5 kann gekürzt werden, wenn der Mindestsicherungsbezieher

...

d) trotz schriftlicher Ermahnung keine Bereitschaft zum Einsatz seiner Arbeitskraft zeigt oder sich nicht um eine ihm zumutbare Beschäftigung bemüht,

...

Die Kürzung ist der Höhe nach mit 50 v. H. des jeweiligen Mindestsatzes nach § 5 begrenzt; sie darf nur stufenweise vorgenommen werden."

13 Die Revision macht u.a. geltend, die belangte Behörde verkenne, dass der Revisionswerber, der mit seiner Mutter im gemeinsamen Haushalt lebe, gegenüber dieser weder unterhaltsberechtigt noch unterhaltsverpflichtet sei. Die Mutter erbringe für den Revisionswerber keine regelmäßigen Leistungen und leiste an diesen keine Zahlungen. Der 1971 geborene Revisionswerber verfüge über eine Berufsausbildung als EDV-Techniker und sei daher grundsätzlich in der Lage, ein seinen Bedürfnissen entsprechendes Einkommen zu erzielen. Er sei daher selbsterhaltungsfähig im Sinn der zivilrechtlichen Bestimmungen, sodass kein Unterhaltsanspruch des Revisionswerbers gegenüber seiner Mutter bestehe. Diese habe aufgrund ihres eigenen Einkommens auch keinen Unterhaltsanspruch gegenüber dem Revisionswerber. Die belangte Behörde hätte daher zufolge der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 4 TMSG den Mindestsatz für Alleinstehende gemäß § 5 Abs. 2 lit. a TMSG heranziehen müssen.

14 Mit diesem Vorbringen wird - im Ergebnis - eine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit aufgezeigt:

15 Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zum Unterhaltsanspruch des Kindes gegenüber einem Elternteil nach § 140 ABGB (aF) bzw. dem am in Kraft getretenen inhaltsgleichen § 231 ABGB idF BGBl. I Nr. 15/2013 entfällt die elterliche Unterhaltspflicht grundsätzlich mit Erreichung der Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes. Selbsterhaltungsfähigkeit bedeutet die Fähigkeit zur eigenen angemessenen Bedarfsdeckung auch außerhalb des elterlichen Haushalts. Selbsterhaltungsfähig ist ein Kind somit dann, wenn es die zur Deckung seines Unterhalts erforderlichen Mittel selbst erwirbt oder aufgrund zumutbarer Beschäftigung zu erwerben imstande ist. Eine einmal eingetretene Selbsterhaltungsfähigkeit kann unabhängig vom jeweiligen Alter des Kindes aus den unterschiedlichsten Gründen - etwa infolge längerfristiger Unmöglichkeit der Berufsausübung wegen Krankheit, unverschuldeter Arbeitslosigkeit oder ähnlichen Gründen bei Fehlen ausreichender sozialer Absicherung - auch wieder wegfallen, wenn der Unterhaltsberechtigte außerstande ist, die Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhalts zur Gänze oder auch nur teilweise durch eigene Erwerbstätigkeit zu verdienen. Dies hat zur Folge, dass die Unterhaltspflicht der Eltern wiederauflebt. Eine bloße Einkommensminderung hat aber noch nicht den Verlust der einmal eingetretenen Selbsterhaltungsfähigkeit und das Wiederaufleben der Unterhaltspflicht zur Folge. Das grundsätzlich selbsterhaltungsfähige erwachsene Kind verliert im Falle der (unverschuldeten) Arbeitslosigkeit seine Selbsterhaltungsfähigkeit somit nur dann, wenn es aufgrund fehlender sozialer Absicherung nicht mehr in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Die soziale Absicherung des erwachsenen Kindes ist im Falle einer Langzeitarbeitslosigkeit jedenfalls dann gegeben, wenn es Arbeitslosengeld bezieht. Aber auch durch den Bezug der Notstandshilfe ist das selbsterhaltungsfähige erwachsene Kind sozial abgesichert, dient doch die Notstandshilfe dazu, dem in Notlage befindlichen Arbeitslosen die Befriedigung seiner notwendigen Lebensbedürfnisse zu ermöglichen (vgl. zum Ganzen etwa das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom , 9 ObA 15/16w, mwN).

16 Dem angefochtenen Bescheid sind Feststellungen, die die Beurteilung der belangten Behörde, der Revisionswerber sei nicht mehr als selbsterhaltungsfähig anzusehen, tragen könnten, nicht zu entnehmen. Der bloße Umstand, dass der 1971 geborene Revisionswerber, obwohl EDV-Techniker, seit Oktober 2010 arbeitslos ist, besagt noch nicht, dass es ihm (längerfristig) unmöglich (gewesen) wäre, einer Arbeit nachzugehen. Da das grundsätzlich selbsterhaltungsfähige erwachsene Kind seine Selbsterhaltungsfähigkeit nur im Falle der unverschuldeten Arbeitslosigkeit verliert, bedarf es einer Beurteilung unter diesem Aspekt. Dem angefochtenen Bescheid fehlen aber Feststellungen über Umstände, aus denen klar ersichtlich wird, dass der Revisionswerber aus nicht von ihm zu vertretenden Gründen nicht im Stande ist, die zur Deckung seines Unterhaltes erforderlichen Mittel selbst zu erwerben.

17 Der angefochtene Bescheid war daher schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

18 Für das fortgesetzte Verfahren ist auf Folgendes hinzuweisen:

19 Wäre nach dem oben Gesagten davon auszugehen, dass der Revisionswerber seine Selbsterhaltungsfähigkeit nicht verloren hat, so träfe zwar seine Ansicht, es sei zufolge der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 4 TMSG der Mindestsatz für Alleinstehende gemäß § 5 Abs. 2 lit. a TMSG heranzuziehen, grundsätzlich zu; gleichzeitig wäre allerdings § 16 Abs. 1 TMSG in den Blick zu nehmen, wonach der arbeitsfähige Hilfesuchende vor der Gewährung von Mindestsicherung verpflichtet ist, die Bereitschaft zum Einsatz seiner Arbeitskraft zu zeigen oder sich um eine ihm zumutbare Erwerbstätigkeit zu bemühen. Zeigt der Mindestsicherungsbezieher trotz schriftlicher Ermahnung keine Bereitschaft zum Einsatz seiner Arbeitskraft oder bemüht er sich nicht um eine ihm zumutbare Beschäftigung, so käme gemäß § 19 Abs. 1 lit. d TMSG eine Kürzung der Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Betracht.

20 Wäre hingegen vom Verlust der Selbsterhaltungsfähigkeit auszugehen, so setzt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Anrechnung eines Unterhaltsanspruches auf die auszuzahlende Mindestsicherungsleistung voraus, dass die Unterhaltsforderung liquide oder doch rasch liquidierbar ist, wobei es entscheidend ist, ob der Hilfesuchende die erforderliche Leistung auf Grund seines Anspruches so rechtzeitig erhalten kann, dass er in seinem Bedarf nicht gefährdet wird. Andernfalls ist die Mindestsicherungsleistung bis zur tatsächlichen Durchsetzung des Anspruches des Hilfesuchenden gemäß § 17 Abs. 2 TMSG als Vorausleistung zu gewähren, wobei die unmittelbar erforderliche Bedarfsdeckung jedenfalls zu gewähren ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. Ro 2014/10/0004, mwN).

21 Weiters zählt gemäß § 18 Abs. 2 TMSG zu den bedarfsmindernden Leistungen Dritter - "neben den Leistungen, auf die der Hilfesuchende einen Anspruch nach § 17 Abs. 1 hat" - auch das Einkommen von (gegenüber dem Hilfesuchenden) unterhaltspflichtigen Haushaltsangehörigen, soweit es die für diese Person zu berechnende Mindestsicherungsleistung übersteigt. Daraus folgt, dass das den eigenen Mindestsicherungsanspruch übersteigende Einkommen eines unterhaltspflichtigen Haushaltsangehörigen auf den Mindestsicherungsanspruch des Unterhaltsberechtigten auch insoweit anzurechnen ist, als es den Unterhaltsanspruch gemäß § 140 ABGB übersteigt. Diese Anrechnung setzt aber gemäß § 18 Abs. 3 lit. a TMSG voraus, dass die den Rechtsanspruch übersteigende Unterhaltsleistung tatsächlich regelmäßig erbracht wird (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse je vom , Zl. 2013/10/0125 und Zl. 2013/10/0172, vom , Zl. 2012/10/0203, und vom , Zl. 2011/10/0201).

22 Davon ausgehend wären daher nachvollziehbare Feststellungen zu derartigen tatsächlichen Leistungen zu treffen. Bloße Mutmaßungen ohne jegliche sachverhaltsmäßige Grundlage - Ermittlungen zu tatsächlichen Zahlungen der Mutter an den Revisionswerber, etwa durch deren Befragung, wurden dem vorgelegten Verwaltungsakt zufolge nicht durchgeführt, ein aus Unterhaltszahlungen bzw. darüber hinausgehenden Zahlungen resultierendes Einkommen wurde vom Revisionswerber weder im Antrag noch im weiteren Verfahren behauptet - vermögen die Annahme tatsächlicher Zahlungen in einer dem Gesetz entsprechenden Weise allerdings nicht zu begründen.

23 Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die die §§ 47 VwGG in Verbindung mit der (auf "Übergangsfälle" gemäß § 4 iVm § 3 Z. 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Das die Eingabegebühr gemäß § 24 Abs. 3 VwGG betreffende Mehrbegehren war abzuweisen, weil dem Revisionswerber insoweit Verfahrenshilfe gewährt worden ist.

Wien, am