VwGH vom 27.04.2011, 2007/08/0021
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer, Dr. Doblinger und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau in Wien, vertreten durch Regner Günther Rechtsanwälte GmbH in 1040 Wien, Rechte Wienzeile 31/7, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen vom , Zl. BMGF-96117/0021- I/10/2006, betreffend aufsichtsbehördliche Maßnahmen gemäß § 448 Abs. 4 ASVG, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Vorstand der beschwerdeführenden Versicherungsanstalt fasste in seiner 8. Sitzung vom den Beschluss, sozial Schutzbedürftigen eine einmalige Unterstützung aus den Mitteln des Unterstützungsfonds der Krankenversicherung zu gewähren, und zwar eine einmalige Geldaushilfe in der Höhe von EUR 100,-- als Energiekostenzuschuss für die Heizperiode 2005/2006 ohne Präjudiz für die Folgejahre.
Nach dem Sitzungsprotokoll sollte diese Geldleistung jenen bei der beschwerdeführenden Versicherungsanstalt im Jänner 2006 pflichtversicherten Personen angewiesen werden, die von einem Pensionsversicherungsträger als Ausgleichszulagenbezieher geführt werden. Diese Leistung sollten auch jene Personen erhalten, die von den ÖBB im Jänner 2006 eine Ergänzungszulage (analog der Höhe und dem Grunde nach der Ausgleichszulage nach dem ASVG) bezogen haben. Auch Personen, die bei der beschwerdeführenden Versicherungsanstalt krankenversichert sind und als Ausgleichszulagenbezieher bei einem anderen Pensionsversicherungsträger geführt werden, sollte der in Rede stehende Energiekostenzuschuss gewährt werden. Insgesamt kämen aus diesem Personenkreis 3.500 Personen in den Genuss der gegenständlichen Geldleistung. Darüber hinaus sollte bei der beschwerdeführenden Versicherungsanstalt im Jänner 2006 pflichtversicherten Personen, deren monatliches Nettoeinkommen (ohne Pflegegeld) im Jänner 2006 für Alleinstehende EUR 793,50 bzw. für Ehepaare EUR 1.214,39 nicht übersteigt, auf Antrag eine einmalige Leistung von EUR 100,-- an Energiekostenzuschuss gewährt werden, wobei auch das Einkommen von im gemeinsamen Haushalt lebenden Angehörigen zur Gänze berücksichtigt werde. Der Zuschuss werde je Haushalt nur einmal bezahlt. Ausgenommen von der Zuschussleistung seien Personen, die dauernd in einem Pflegeheim, Altenheim udgl. untergebracht sind. Unter Berücksichtigung beider Personenkreise sei damit zu rechnen, dass rund 5.000 Personen diesen Zuschuss einmalig erhalten bzw. beantragen würden. Die Finanzierung des daraus resultierenden Gesamtaufwandes von rund EUR 500.000,-- erfolge aus Mitteln des Unterstützungsfonds der Krankenversicherung.
Gegen diesen Beschluss erhob der Beauftragte des Bundesministers für Finanzen in der Sitzung am Einspruch, woraufhin der Obmann des Vorstandes der beschwerdeführenden Versicherungsanstalt die Durchführung dieses Beschlusses vorläufig aufschob. Mit Schreiben vom ersuchte die beschwerdeführende Anstalt die belangte Behörde als Aufsichtsbehörde um bescheidmäßige Entscheidung in dieser Angelegenheit.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde diesen Beschluss vom gemäß § 448 Abs. 4 ASVG im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen aufgehoben und den vom Beauftragten des Bundesministers für Finanzen erhobenen Einspruch "bestätigt".
In ihrer Bescheidbegründung führte die belangte Behörde nach Darlegung des Verwaltungsgeschehens aus wie folgt:
"Die Angelegenheiten des Sozialversicherungswesens fallen gemäß Art. 10 Abs. 1 Z 11 B-VG in die Gesetzgebung und Vollziehung des Bundes.
Die Gesetzgebungs- und Vollzugskompetenz auf dem Gebiet der Sozialhilfe kommt gemäß Art 12 Abs. 1 Z 1 B-VG i. V. m. Art 15 Abs. 6 vorletzter Satz B-VG den Ländern zu.
Für die Frage, ob die Gewährung eines Energie- bzw. Heizkostenzuschusses für sozial Schwache durch die Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau im Sinne des gegenständlichen Beschlusses auch eine Angelegenheit des Sozialversicherungswesens im Sinne des Art 10 Abs. 1 Z 11 B-VG darstellt, sind folgende Überlegungen maßgeblich:
Unter Sozialversicherung ist grundsätzlich (unbeschadet der daneben eingeräumten Möglichkeit einer Selbstversicherung) eine gesetzliche Pflichtversicherung zu verstehen, die die Pflichtversicherten zwecks Ausschaltung oder Minderung der diese Personengruppe treffenden Lebensgefahren zu einer Risikogemeinschaft zusammenschließt. Die Sozialversicherung soll insbesondere wirksamen Schutz für die Folgen von Krankheit, Unfall und Alter bieten. Bei Eintritt eines solchen Risikos soll die Risikogemeinschaft bei der Bewältigung der Situation helfen bzw. zumindest einen gewissen Ausgleich für den eingetretenen Nachteil bieten. Dementsprechend sind die Aufgaben und Leistungen der gesetzlichen Sozialversicherung im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz sowie den Parallelgesetzen definiert. So liegt die Kernaufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung darin, den Versicherten im Krankheitsfall eine ausreichende und zweckmäßige Behandlung zukommen zu lassen. Dem gegenüber ist die Leistungsverpflichtung der Krankenversicherungsträger im Vorsorgebereich eine nur eingeschränkte: aus gesundheitspolitischen Gründen sind zur Erhaltung der Volksgesundheit seit dem Jahr 1974 auch bestimmte Vorsorge(Gesunden)untersuchungen in den Leistungskatalog der Sozialversicherung aufgenommen, die einmal pro Jahr kostenlos von allen in Anspruch genommen werden können. Darüber hinaus können seitens der Krankenversicherungsträger zur Verhütung des Eintritts von Krankheiten als freiwillige Leistungen auch Maßnahmen zur Verhütung des Eintritts von Krankheiten gewährt werden, wie etwa Gesundheitsfürsorge. Die Unfallversicherung trifft Vorsorge für die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, für die erste Hilfeleistung bei Arbeitsunfällen sowie für die Unfallheilbehandlung, die Rehabilitation von Versehrten und die Entschädigung nach Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. Die Pensionsversicherung trifft Vorsorge für die Versicherungsfälle des Alters, der geminderten Arbeitsfähigkeit und des Todes sowie für die Rehabilitation und für Maßnahmen der Gesundheitsvorsorge.
Der Sozialhilfe kommt im Vergleich zum Leistungsumfang der Sozialversicherung eine untergeordnete Rolle zu. Die Sozialhilfe ist zwar Teil des Sozialrechts, fällt aber nicht in den Bereich der Sozialversicherung, zumal es im Einzelfall irrelevant ist, ob ein Pflichtversicherungsverhältnis besteht oder nicht. Die Sozialhilfe ist eine von den einzelnen Bundesländern zu leistende Hilfe, die in einer sozialen Notlage zur Deckung eines konkreten Bedarfs gewährt wird, um den von der sozialen Notlage Betroffenen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. Die Sozialhilfe greift subsidiär ein, insbesondere soweit eine Sicherung durch die Sozialversicherung nicht gegeben ist. In den verschiedenen (neun) Sozialhilfegesetzen der Länder sind als Leistungen u.a. Beihilfen für die Hausratanschaffung bzw. für Beheizung und Beleuchtung angeführt.
Ist die soziale Hilfsbedürftigkeit für die Erbringung von Geldleistungen das alleinige Motiv der Gewährung, so ist eine derartige Maßnahme kompetenzrechtlich dem 'Armenwesen' zuzuordnen. So kann auch die Gewährung eines Energie- bzw. Heizkostenzuschusses für sozial Schwache entsprechend dem für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Beschluss nicht unter das Sozialversicherungswesen gemäß Art. 10 Abs. 1 Z 11 B-VG subsumiert werden, auch wenn darin eine potentielle Maßnahme zur Verhütung des Eintrittes von Krankheiten erblickt werden kann. Die Gewährung des in Rede stehenden Zuschusses zu den Energie-bzw. Heizkosten aus dem Unterstützungsfonds der Krankenversicherung an sozial Schwache durch die Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau ist demnach verfassungsrechtlich nicht zulässig.
Vielmehr fällt die Gewährung eines Energie- bzw. Heizkostenzuschusses an sozial Schutzbedürftige als Angelegenheit der Soziahilfe in die ausschließliche Kompetenz der Länder. In Wahrnehmung dieser bundesstaatlichen Kompetenzverteilung steht es den Ländern frei, für sozial schwache Personen Energie- bzw. Heizkostenzuschüsse zu gewähren.
Dazu kommt - unabhängig vom Grund für die Zuwendung aus dem Unterstützungsfonds - noch Folgendes:
Gemäß § 84 Abs. 6 ASVG bzw. § 28 Abs. 2 B-KUVG können die Mittel des Unterstützungsfonds in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen, insbesondere in Berücksichtigung der Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse des zu Unterstützenden nach Maßgabe der hiefür vom Vorstand erlassenen Richtlinien verwendet werden.
Der Unterstützungsfonds stellt somit seiner Konstruktion nach ein Instrument zur Gewährung einer Hilfestellung im Einzelfall dar. Eine Leistung aus dem Unterstützungsfonds ist nach der zitierten Bestimmung also dann angezeigt, wenn sich - abseits von allgemeinen Regeln - Umstände nennen lassen, die eine darüber hinaus gehende Schutzwürdigkeit im Zusammenhang mit den Aufgaben der gesetzlichen Sozialversicherung indizieren. Dabei ist auf den Einzelfall und alle seine Aspekte (insbesondere aber - wie § 84 Abs. 6 ASVG bzw. § 28 Abs. 2 B-KUVG festhält - auf die Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse) Bedacht zu nehmen. Die Berücksichtigung des Ausgleichszulagenbezuges (somit der Einkommensverhältnisse) allein erscheint dabei nicht ausreichend. Zielt der Beschlussinhalt wie im gegenständlichen Fall also darauf ab, dass allgemein in den Fällen, in denen der Ausgleichszulagenrichtsatz (oder auch ein in Anlehnung an diesen prozentuell erhöhter Betrag) unterschritten wird, jedenfalls eine Zuwendung aus Mitteln des Unterstützungsfonds erfolgen soll, sofern diese nur beantragt wird, geht diese Intention schon auf Grund der Allgemeinheit der Anordnung über die Aufgaben des Unterstützungsfonds hinaus."
Nach anschließender Zitierung der §§ 116 und 156 ASVG kam die belangte Behörde zum Ergebnis, dass die Gewährung eines Energie- bzw. Heizkostenzuschusses für sozial Schwache nicht unter die Aufgaben der Sozialversicherung subsumiert werden könne. Ebenso stehe diese Maßnahme mit den Vollzugsaufgaben der gesetzlichen Sozialversicherung in keinem Zusammenhang, womit die Verwendung der Mittel der Sozialversicherung für die Gewährung des in Rede stehenden Zuschusses gemäß § 81 Abs. 1 ASVG bzw. § 27 Abs. 1 B-KUVG unzulässig sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die den Abschnitt VI des ASVG ("Aufsicht des Bundes") einleitenden §§ 448 und 449 ASVG in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 131/2006 lauten auszugsweise:
"Aufsichtsbehörden
§ 448. (1) Die Versicherungsträger und der Hauptverband samt ihren Anstalten und Einrichtungen unterliegen der Aufsicht des Bundes. Die Aufsicht über den Hauptverband, die Pensionsversicherungsanstalt und die Pensionsinstitute ist vom Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz, die Aufsicht über die sonstigen Versicherungsträger ist von der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen als oberste Aufsichtsbehörde auszuüben. In Angelegenheiten, die in den Wirkungsbereich beider Bundesminister oder ausschließlich in den Wirkungsbereich des jeweils anderen Bundesministers fallen, ist von dem Bundesminister, der die oberste Aufsicht ausübt, das Einvernehmen mit dem anderen Bundesminister herzustellen.
(1a) Der Aufsicht des Bundes unterliegen auch die im Rahmen von Finanzierungs- und Betreibermodellen nach § 81 Abs. 2 errichteten (gegründeten) Vereine, Fonds oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung bzw. Vereine, Fonds oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung, an denen der Hauptverband oder mindestens ein Versicherungsträger im Rahmen eines solchen Finanzierungs- und Betreibermodells beteiligt ist. Dies gilt jedenfalls so lange, als die Beteiligung des Hauptverbandes bzw. der Versicherungsträger ein Ausmaß von mindestens 50% umfasst oder die Gesellschafts- oder Stimmrechtsanteile mindestens 50% betragen. Im Fall einer Minderheitsbeteiligung des Hauptverbandes bzw. der Versicherungsträger sind die Aufsichtsrechte des Bundes in geeigneter Weise sicherzustellen.
(2) Die unmittelbare Handhabung der Aufsicht über die einzelnen Versicherungsträger obliegt, wenn sich der Sprengel des Versicherungsträgers nicht über mehr als ein Land erstreckt, bei Trägern der Krankenversicherung nur, wenn sie nicht mehr als 400 000 Versicherte aufweisen, dem nach dem Sprengel des Versicherungsträgers zuständigen Landeshauptmann. Gegenüber den sonstigen Versicherungsträgern und gegenüber dem Hauptverband ist der nach Abs. 1 mit der obersten Aufsicht betraute Bundesminister auch zur unmittelbaren Ausübung der Aufsicht berufen.
(3) Der Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz kann bestimmte Bedienstete seines Bundesministeriums mit der Aufsicht über den Hauptverband, die Pensionsversicherungsanstalt und die Pensionsinstitute betrauen, die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen bestimmte Bedienstete ihres Bundesministeriums mit der Aufsicht über alle sonstigen Versicherungsträger; der Landeshauptmann kann bestimmte Bedienstete der unmittelbaren Aufsichtsbehörde mit der Aufsicht über die Versicherungsträger betrauen, die seiner unmittelbaren Aufsicht unterstehen; der Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz kann zu den Sitzungen der Verwaltungskörper des im § 427 Abs. 1 Z 3 genannten Versicherungsträgers, die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen zu den Sitzungen der Verwaltungskörper des Hauptverbandes einen Vertreter zur Wahrung der Interessen in Angelegenheiten, die in den Wirkungsbereich des jeweiligen Bundesministers fallen, entsenden; der Bundesminister für Finanzen kann zu den Sitzungen der Verwaltungskörper der im § 427 Abs. 1 Z 2 und 3 genannten Versicherungsträger und des Hauptverbandes einen Vertreter zur Wahrung der finanziellen Interessen des Bundes entsenden. Den mit der Ausübung der Aufsicht bzw. mit der Wahrung der finanziellen Interessen des Bundes betrauten Bediensteten (deren Stellvertretern) sind Aufwandsentschädigungen zu gewähren, deren Höhe 60 vH der niedrigsten Funktionsgebühr (§ 420 Abs. 5) des Vorsitzenden (des Stellvertreters des Vorsitzenden) der Kontrollversammlung des beaufsichtigten Versicherungsträgers (100% bzw. 50% der niedrigsten Funktionsgebühr eines Mitgliedes des Verbandsvorstandes des Hauptverbandes) entspricht. Bei mehrfacher Aufsichtstätigkeit gebührt nur eine, und zwar die jeweils höhere Aufwandsentschädigung.
(4) Der Vertreter des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz, der Vertreter der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen sowie der Vertreter des Landeshauptmannes können gegen Beschlüsse eines Verwaltungskörpers, die gegen eine Rechtsvorschrift verstoßen, der Vertreter des Bundesministers für Finanzen gegen Beschlüsse, welche die finanziellen Interessen des Bundes berühren, Einspruch mit aufschiebender Wirkung erheben. Der Vorsitzende hat die Durchführung des Beschlusses, gegen den Einspruch erhoben wurde, vorläufig aufzuschieben und die Entscheidung der Aufsichtsbehörde einzuholen. Die Aufsichtsbehörde hat die Entscheidung bei einem Einspruch in Angelegenheiten, die in den Wirkungsbereich beider Bundesminister oder ausschließlich in den Wirkungsbereich des jeweils anderen Bundesministers fallen, im Einvernehmen mit dem anderen Bundesminister zu treffen. Bei einem Einspruch des Vertreters des Bundesministers für Finanzen hat die Aufsichtsbehörde die Entscheidung im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen sowie in Angelegenheiten, die in den Wirkungsbereich beider Bundesminister oder ausschließlich in den Wirkungsbereich des jeweils anderen Bundesministers fallen, im Einvernehmen mit dem anderen Bundesminister zu treffen.
(5) Wo in sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften von der 'Aufsichtsbehörde' die Rede ist, ist hierunter die jeweilige unmittelbare Aufsichtsbehörde zu verstehen. Die oberste Aufsichtsbehörde ist jederzeit berechtigt, eine Aufgabe, die der jeweiligen unmittelbaren Aufsichtsbehörde zukommt, an sich zu ziehen.
Aufgaben der Aufsicht
§ 449. (1) Die Aufsichtsbehörden haben die Gebarung der Versicherungsträger (des Hauptverbandes) zu überwachen und darauf hinzuwirken, daß im Zuge dieser Gebarung nicht gegen Rechtsvorschriften verstoßen wird. Sie können ihre Aufsicht auf Fragen der Zweckmäßigkeit erstrecken; sie sollen sich in diesem Falle auf wichtige Fragen beschränken und in das Eigenleben und die Selbstverantwortung der Versicherungsträger (des Hauptverbandes) nicht unnötig eingreifen. Die Aufsichtsbehörden können in Ausübung des Aufsichtsrechtes Beschlüsse der Verwaltungskörper aufheben."
§ 449 Abs. 2 bis 4 ASVG regeln bestimmte - im Beschwerdefall nicht in Rede stehende - Kontrollbefugnisse der Aufsichtsbehörde.
2. Die beschwerdeführende Partei wendet sich zunächst gegen die von der belangten Behörde im Zuge der Aufhebung des verfahrensgegenständlichen Beschlusses ausgesprochene "Bestätigung" des Einspruches des Bundesministers für Finanzen und macht dazu im Wesentlichen geltend, dass durch den Beschluss keine finanziellen Interessen des Bundes berührt würden.
Darauf kommt es aber bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochenen Aufhebung des Beschlusses nicht an, da durch die in § 448 Abs. 4 ASVG vorgesehene Einspruchsmöglichkeit mit den darin erwähnten Folgen "als Sofortmaßnahme" lediglich die unmittelbare Umsetzung des Beschlusses bis zur Entscheidung der Aufsichtsbehörde aufgeschoben wird. Zur Rechtfertigung des Einspruches wird dieser zwar an näher umschriebene Voraussetzungen geknüpft (und zwar für den Vertreter des Bundesministers für Finanzen, dass durch den Beschluss finanzielle Interessen des Bundes berührt werden), die gesetzlichen Bestimmungen sehen jedoch für die Aufsichtsbehörde keine näheren inhaltlichen Einschränkungen bei deren anschließender Prüfung oder gar eine Bindung an allenfalls vorgebrachte Einspruchsgründe vor. Die Aufsichtsbehörde hat somit diesfalls wie auch in allen anderen - losgelöst von allfälligen Einsprüchen nach § 448 Abs. 4 ASVG bestehenden - Fällen nach den in § 449 Abs. 1 leg. cit. festgelegten Kriterien zu prüfen, ob durch die beabsichtigte Maßnahme des Versicherungsträgers "gegen Rechtsvorschriften verstoßen wird".
Die beschwerdeführende Partei kann daher durch die von der belangten Behörde - wenn auch überschießend - ausgesprochene "Bestätigung" des Einspruchs nicht beschwert sein, da sich die Rechtswirkungen des erhobenen Einspruchs darin erschöpfen, die Durchführung des Beschlusses vorläufig bis zur Entscheidung der Aufsichtsbehörde aufzuschieben; diese Rechtswirkungen sind aber mit Erlassung des angefochtenen Bescheides weggefallen.
Auch mit ihren weiteren Beschwerdeausführungen zur bekämpften Aufhebung des Beschlusses vom vermag die beschwerdeführende Partei keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen:
Gemäß § 81 Abs. 1 ASVG (gleichlautend in § 27 Abs. 1 B-KUVG) dürfen die Mittel der Sozialversicherung nur für die gesetzlich vorgeschriebenen oder zulässigen Zwecke verwendet werden. Zu den zulässigen Zwecken gehören im Rahmen der Zuständigkeit der Versicherungsträger (des Hauptverbandes) auch die Aufklärung, Information und sonstige Formen der Öffentlichkeitsarbeit sowie die Mitgliedschaft zu gemeinnützigen Einrichtungen, die der Forschung nach den wirksamsten Methoden und Mitteln zur Erfüllung der Aufgaben der Sozialversicherung dienen.
Nach § 84 Abs. 1 ASVG können die Versicherungsträger einen Unterstützungsfonds anlegen. Nach Abs. 6 dieser Bestimmung können die Mittel des Unterstützungsfonds in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen, insbesondere in Berücksichtigung der Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse des zu Unterstützenden, für Unterstützungen nach Maßgabe der hiefür vom Vorstand zu erlassenden Richtlinien verwendet werden.
In den vorgelegten "Richtlinien für die Gewährung von Unterstützungen aus dem Unterstützungsfonds der Krankenversicherung gemäß § 86 Abs. 6 ASVG" der beschwerdeführenden Anstalt wird in § 3 ("Anträge") festgelegt, dass Unterstützungen nur über Antrag gewährt werden (Abs. 1); den Anträgen hat der Antragsteller Rechnungen, Zahlungsbelege oder Kostenvoranschläge beizulegen (Abs. 2). § 6 der Richtlinie ("Art und Ausmaß der Unterstützungen") lautet in dessen Abs. 3:
"(3) Leistungen kommen für die Antragsteller bzw. seine anspruchsberechtigten Angehörigen insbesondere in Frage:
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- | Ausgaben der ärztlichen Hilfe und gleichgestellte Leistungen |
- | Ausgaben für Heilmittel |
- | Aufwendungen für Heilbehelfe und Hilfsmittel |
- | Aufwendungen für Zahnersatz, Zahnbehandlung und Kieferregulierungen |
- | Aufwendungen für Anstaltspflege |
- | Kosten für Begleitpersonen bei Anstaltspflege, Kostenanteile für ärztliche Hilfe und gleichgestellte Leistungen, Heilmittel, Heilbehelfe und Hilfsmittel, Zahnbehandlung und Zahnersatz soweit eine Befreiung nach den Richtlinien der Anstalt nicht möglich ist |
- | Darlehen, Kostenzuschüsse und Kosten der behindertengerechten Adaptierung eines PKWs im Rahmen der sozialen Rehabilitation (aktive Versicherte der Abteilung "B") |
- | Aufwendungen für Reise- (Fahrt-) oder Transportkosten |
- | Aufwendungen für eine behindertengerechte Adaptierung einer Wohnung |
- | Mehraufwendungen für Nahrungsmittel wie Diabetes oder Zöliakie |
Darüber hinaus können Unterstützungen vom Leistungs- und Unterstützungsausschuss in besonders begründeten Fällen gewährt werden." | |
Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der Begründung zur beabsichtigten Gewährung des Energie- bzw. Heizkostenzuschusses im Sitzungsprotokoll vom , dass ein Teil der darin genannten Zielgruppe diese Unterstützung offenkundig ohne Antragstellung "erhalten" soll. Damit wird das in § 3 der Richtlinie festgelegte Prinzip der (individuellen) Antragstellung (als Voraussetzung) genauso verletzt, wie sich darüber hinaus auch daraus kein Hinweis auf den erforderlichen Nachweis des "Energie- bzw. Heizaufwandes" ergibt (vgl. § 3 Abs. 2 der Richtlinie). Vor allem aber lässt sich die beabsichtigte Unterstützungsmaßnahme nicht unter § 6 der Richtlinie subsumieren. Wenngleich darin keine taxative Aufzählung erfolgt, sind davon zweifelsohne Unterstützungen auf Grund bestehender Krankheiten oder Behinderungen bzw. deren Folgen betroffen. Maßnahmen zur Prophylaxe allfälliger Krankheiten - als welche die beschwerdeführende Partei den gegenständlichen Zuschuss gewertet wissen will - sind davon nicht umfasst. Auch die Anwendung des Schlusssatzes von § 6 Abs. 3 der Richtlinie kommt nicht in Frage, da dieser auf "besonders begründete Fälle" abstellt. | |
Die belangte Behörde hat nachvollziehbar dargelegt, weshalb die gegenständliche Unterstützungsmaßnahme nicht als Angelegenheit des Sozialversicherungswesens im Sinne des Art. 10 Abs. 1 Z. 11 B-VG, sondern als Sozialhilfeangelegenheit zu sehen ist. Dem vermag die beschwerdeführende Partei, die im Wesentlichen eine "großzügigere Betrachtung" bei der Auslegung dieses Kompetenztatbestandes fordert, nichts Stichhältiges entgegenzusetzen. Aus dem Verweis auf die zulässige Mittelverwendung des Versicherungsträgers nach §§ 155 und 156 ASVG (bzw. §§ 70a und 72 B-KUVG) ist nichts zu gewinnen, da es sich hier eben nicht um Maßnahmen der "Krankheitsverhütung" bzw. "Festigung der Gesundheit" handelt. | |
Ebensowenig kann die Beschwerde die schlüssige Argumentation der belangten Behörde erschüttern, wenn diese vor dem Hintergrund der dargelegten Satzung und der von ihr herangezogenen gesetzlichen Bestimmungen zum weiteren Ergebnis gelangt, dass die Gewährung dieses Energie- bzw. Heizkostenzuschusses für sozial Schwache entsprechend dem für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Beschluss mit den Vollzugsaufgaben der gesetzlichen Sozialversicherung in keinem Zusammenhang steht und damit die Verwendung der Mittel der Sozialversicherung für die Gewährung dieses Zuschusses unzulässig ist. | |
3. | Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. |
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008, insbesondere deren § 3 Abs. 2. | |
Im vorliegenden Fall ist die beantragte Durchführung einer mündlichen Verhandlung aus folgenden Gründen nicht erforderlich: | |
Gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und wenn Art. 6 Abs. 1 EMRK dem nicht entgegensteht. Der EGMR hat in seiner Entscheidung vom , Zl. 68087/01 (Hofbauer/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass die Anforderungen von Art. 6 EMRK auch bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung oder überhaupt jeglicher Anhörung (im Originaltext "any hearing at all") erfüllt sind, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "technische" Fragen betrifft. Der Gerichtshof verwies im erwähnten Zusammenhang auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtigte. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist hier geklärt. In den vorliegenden Beschwerden wurden keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Art. 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen. Die Entscheidung konnte daher im Sinne des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden. | |
Wien, am |