VwGH vom 17.12.2014, Ro 2014/10/0012

VwGH vom 17.12.2014, Ro 2014/10/0012

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Revision der Oberösterreichischen Landesregierung gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Oberösterreich vom , Zl. VwSen-560273/3/Kl/TK, betreffend Kostenersatz für Sozialhilfeleistung (mitbeteiligte Partei: Sozialhilfeverband Vöcklabruck in 4840 Vöcklabruck, Sportplatzstraße 1-3), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ausgesprochen, dass der Sozialhilfeverband Wels-Land verpflichtet sei, dem Sozialhilfeverband Vöcklabruck Kosten für gewährte Leistungen sozialer Hilfe für den minderjährigen Lukas A. zu ersetzen.

Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass sich der am geborene Lukas A. bis im Bezirk Wels-Land aufgehalten habe. In der Zeit von bis sei er mit seiner Mutter im Haus L. im Bereich der Sozialhilfeverbandes Vöcklabruck untergebracht gewesen. Dieses Haus nehme u.a. als spezifische Wohnform für Frauen und Kinder die Aufgabe der vorübergehenden Unterbringung zur Bewältigung von Gewalterfahrungen wahr. Es handle sich dabei um ein privat geführtes Heim, für welches keine schriftliche Vereinbarung mit dem Land Oberösterreich abgeschlossen worden sei. Träger sei eine bestimmt genannte Ordensgemeinschaft. Im Zeitraum der Unterbringung des Minderjährigen im Haus L. sei im Frauenhaus Vöcklabruck kein Platz freigewesen.

Seit sei der minderjährige Lukas bei Pflegeeltern im Bereich des Sozialhilfeverbandes Vöcklabruck wohnhaft. Den Pflegeeltern sei Pflegegeld und Sonderbedarf für Kinder in fremder Pflege sowie eine jährliche Bekleidungshilfe nach dem Oö. Jugendwohlfahrtsgesetz - Oö. JWG 1991, LGBl. Nr. 111/1991, zuerkannt worden.

Mit Anzeige des Sozialhilfeverbandes Vöcklabruck vom sei die dem minderjährigen Lukas gewährte Maßnahme der Jugendwohlfahrt dem Sozialhilfeverband Wels-Land angezeigt und um Anerkennung der endgültigen Kostentragungspflicht ersucht worden. Der Sozialhilfeverband Wels-Land habe den Kostenersatz mit der Begründung abgelehnt, dass sich der minderjährige Lukas in den letzten sechs Monaten vor Erbringung der Pflegegeldleistungen nicht an 150 Tagen im Bezirk Wels-Land aufgehalten habe und der Aufenthalt im Haus L. nicht als neutrale Zeit im Sinn von § 41 Abs. 3 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 - Oö. SHG 1998, LGBl. Nr. 82, gewertet werden könne.

Am habe der Sozialhilfeverband Vöcklabruck bei der Oö. Landesregierung gemäß § 44 Abs. 1 Oö. SHG 1998 den Antrag gestellt, den Sozialhilfeverband Wels-Land zur endgültigen Tragung des für den minderjährigen Lukas ab gewährten Pflegegeldes und der Bekleidungshilfe zu verpflichten.

Gemäß dem § 45 Abs. 2 Oö. JWG 1991 seien für die Ermittlung der endgültigen Kostentragungspflicht für die dem minderjährigen Lukas gewährte volle Erziehung die Bestimmungen der §§ 41 bis 44 Oö. SHG 1998 heranzuziehen.

Gemäß § 41 Abs. 1 Oö. SHG 1998 habe jener regionale Träger Kostenersatz zu leisten, in dessen Bereich sich der Hilfeempfänger während der letzten sechs Monate vor Leistung der Hilfe an insgesamt mindestens 150 Tagen aufgehalten habe. Bei Berechnung dieser Frist blieben gemäß § 41 Abs. 3 Z. 8 Oö. SHG 1998 Aufenthalte in Einrichtungen zur vorübergehenden Unterbringung zur Bewältigung von Gewalterfahrungen außer Betracht. Den Erläuternden Bemerkungen zur letztgenannten Bestimmung zufolge sei bei der Übernahme der spezifischen Wohnformen für Frauen und Kinder zur vorübergehenden Unterbringung für die Bewältigung von Gewalterfahrungen (z.B. Frauenhäuser) in die Landeszuständigkeit nicht mitberücksichtigt worden, dass die Hilfeempfänger nach der vorübergehenden Unterbringung in der spezifischen Wohnform mitunter nicht mehr in den Herkunftsbezirk zurückkehrten, sondern in dem Bezirk blieben, wo sie die persönliche Hilfe erhalten hätten. Dadurch könne es zu einer Belastung einzelner regionaler Träger sozialer Hilfe, in deren Sprengel sich derartige Einrichtungen befänden, kommen. Im Sinn einer größeren Verteilungsgerechtigkeit solle die Zeit während welcher Sozialhilfe in einer derartigen spezifischen Wohnform gewährt werde, als neutrale Zeit gewertet werden, weil die Gewährung der sozialen Hilfe den Aufenthaltswechsel bei derartigen Maßnahmen regelmäßig geradezu bedinge.

Gemäß § 12 Abs. 4 Z. 1 Oö. Mindestsicherungsgesetz - Oö. BMSG, LGBl. Nr. 74/2011, sei insbesondere die Sicherstellung von Einrichtungen, die Personen unterstützten, die von Gewalt durch Angehörige betroffen seien, eine Leistung der bedarfsorientierten Mindestsicherung im Rahmen des Privatrechts für Einrichtungen. Entscheidungserheblich sei daher, ob es sich beim Haus L. um eine Einrichtung im Sinn dieser Bestimmung handle. Gemäß § 24 Abs. 1 Oö. BMSG habe das Land nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel derartige Einrichtungen entweder selbst anzubieten oder durch andere Träger sicherzustellen.

Beim Haus L. handle es sich unstrittig um einen solchen "anderen Träger". Gemäß § 59 Abs. 3 Oö. SHG 1998 setze die regelmäßige Betrauung eines anderen Trägers mit Aufgaben im Rahmen der sozialen Hilfe den Abschluss einer schriftlichen Vereinbarung voraus. Dass eine derartige schriftliche Vereinbarung nur bei regelmäßiger Betrauung einer anderen Einrichtung erforderlich sei, ergebe sich auch aus den Materialien zu dieser Bestimmung. Im vorliegenden Fall sei das Haus L. jedoch auf Grund der besonderen Umstände des Einzelfalles, insbesondere weil im Frauenhaus Vöcklabruck kein Platz zur Verfügung gestanden sei, zur Unterbringung des minderjährigen Lukas herangezogen worden. Dabei handle es sich um keine regelmäßige, sondern um eine ausnahmsweise Betrauung, für die keine schriftliche Vereinbarung vorliegen müsse. Von den beteiligten Sozialhilfeverbänden sei übereinstimmend die grundsätzliche Qualität und Eignung des Hauses L. als frauenhausähnliche Einrichtung attestiert worden. In Anbetracht der Platznot im Frauenhaus Vöcklabruck einerseits und der Notwendigkeit der raschen Unterbringung des Kindes andererseits habe dem Schutzauftrag gemäß § 24 Abs. 1 Oö. BMSG nur durch die Unterbringung im Haus L. nachgekommen werden können.

Da der Aufenthalt im Haus L. somit als neutrale Zeit zu qualifizieren sei und sich der Minderjährige zuvor mindestens 150 Tage im Bereich des Sozialhilfeverbandes Wels-Land aufgehalten habe, sei dieser Sozialhilfeverband zur endgültigen Kostentragung zu verpflichten gewesen.

Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Revision hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass für die Behandlung der gegenständlichen Revision gemäß § 4 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung sinngemäß mit der Maßgabe anzuwenden sind, dass statt der Ablehnung der Beschwerde gemäß § 33a VwGG die Revision als unzulässig zurückgewiesen werden kann, wobei die Revision gegen (u.a.) den Bescheid einer unabhängigen Verwaltungsbehörde gesondert die Gründe zu enthalten hat, warum die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG für die Zulässigkeit vorliegen.

Die revisionswerbende Partei bringt dazu vor, der Verwaltungsgerichtshof habe noch nicht über die Qualifizierung des Aufenthaltes in einer Einrichtung eines nicht vom dafür zuständigen Land, sondern von einem regionalen Sozialhilfeträger herangezogenen "anderen Trägers" als neutrale Zeit im Sinn von § 41 Abs. 3 Z. 8 Oö. SHG 1998 entschieden.

Damit wird eine grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage im Sinn von Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt. Die Revision ist daher zulässig, jedoch aus folgenden Gründen nicht berechtigt:

Die hier maßgeblichen Normen haben (auszugsweise) folgenden Wortlaut:

Oö. Jugendwohlfahrtsgesetz 1991 - Oö. JWG 1991, LGBl. Nr. 111/1991 in der hier maßgeblichen Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 91/2013, mit der der Titel in "Oö. Kinder- und Jugendhilfegesetz" geändert wurde:

"§ 37 Volle Erziehung

(1) Erscheint eine Unterstützung der Erziehung gemäß § 36 im Einzelfall nicht zielführend oder hat sie sich als nicht zielführend erwiesen, so ist dem(r) Minderjährigen volle Erziehung in Form einer Unterbringung in Einrichtungen gemäß § 19 Abs. 1 Z 1 (in einer Pflegefamilie, bei Personen gemäß § 27 Abs. 1 zweiter Satz, in einem Heim oder in einer sonstigen Einrichtung, wie z. B. einem Kinderdorf, einer sozialpädagogischen Wohngemeinschaft, durch nicht ortsfeste Formen der Pädagogik und dgl.) zu gewähren. Volle Erziehung im Sinn dieses Landesgesetzes liegt vor, sofern der Jugendwohlfahrtsträger zumindest mit der Pflege und Erziehung zur Gänze betraut wurde.

...

§ 45 Kosten der vollen Erziehung

(1) Der Sozialhilfeverband bzw. die Stadt mit eigenem Statut, dessen (deren) Wirkungsbereich sich mit dem Sprengel der Bezirksverwaltungsbehörde deckt, die die Maßnahme der vollen Erziehung durchführt (§ 40 Abs. 1), hat die Kosten der Maßnahme vorläufig zu tragen. Die vorläufige Kostentragung umfasst auch die Tragung bzw. den Ersatz jener Kosten, die noch vor Abschluss der schriftlichen Vereinbarung mit den Erziehungsberechtigten (§ 38) oder vor rechtskräftiger gerichtlicher Übertragung der Obsorge an den Jugendwohlfahrtsträger (§ 213 ABGB) entstanden sind.

(2) Für die Ermittlung der endgültigen Pflicht zur Tragung der Kosten durch die Sozialhilfeverbände und Städte mit eigenem Statut gelten die Bestimmungen der §§ 41 bis 44 des Oö. Sozialhilfegesetzes 1998, LGBl. Nr. 82, mit der Maßgabe, dass dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung nach § 41 Abs. 3 Z 1 des Oö. Sozialhilfegesetzes 1998 der Aufenthalt in einer Wohngemeinschaft oder sonstigen Einrichtung (§ 30) gleichzusetzen ist.

..."

OÖ. Sozialhilfegesetz 1998 - OÖ. SHG 1998, LGBl. Nr. 82,

zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 4/2013:

"§ 41 Kostenersatz zwischen regionalen Trägern

(1) Für Kosten für Hilfen, auf die ein Rechtsanspruch besteht und die durch einen regionalen Träger geleistet wurden, sowie für Kosten durch Übernahme der Bestattungskosten hat jener regionale Träger Kostenersatz zu leisten, in dessen Bereich sich der Hilfeempfänger während der letzten sechs Monate vor Leistung der Hilfe an insgesamt mindestens 150 Tagen aufgehalten hat.

...

(3) Bei Berechnung der Frist nach Abs. 1 bleiben außer Betracht:

...

8. Aufenthalte in Einrichtungen im Sinn des § 12 Abs. 4 Z 1 oder 2 Oö. BMSG.

...

§ 59 Allgemeine Bestimmungen

(1) Die Träger sozialer Hilfe haben zur Erfüllung ihrer Aufgaben die Träger der freien Wohlfahrt zur Mitwirkung einzuladen, die dazu geeignet sind und deren Mitwirkung der Erreichung des damit angestrebten Zweckes dient.

...

(3) Die regelmäßige Betrauung eines Trägers der freien Wohlfahrt oder eines anderen Trägers mit Aufgaben im Rahmen der sozialen Hilfe setzt den Abschluss schriftlicher Vereinbarungen voraus, die den Voraussetzungen nach § 60 zu entsprechen haben. Für die Unterbringung von Hilfebedürftigen in anerkannten Heimen ist der Abschluss einer Vereinbarung nicht erforderlich.

..."

OÖ. Sozialhilfegesetz 1998 - OÖ. SHG 1998, LGBl. Nr. 82, in der im Zeitraum der Unterbringung des minderjährigen Lukas im Haus L. maßgeblichen Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 74/2011:

"§ 12 Persönliche Hilfe

...

(2) Persönliche Hilfe kommt insbesondere durch die folgenden

Sozialen Dienste in Betracht:

...

2. spezifische Wohnformen mit entsprechender fachgerechter

Betreuung, insbesondere für:

a) Frauen und Kinder zur vorübergehenden Unterbringung und zur Bewältigung von Gewalterfahrungen (z.B. Frauenhäuser),

...

§ 20 Hilfe bei Gewalt durch Angehörige

(1) Die Hilfe für Personen, die der Gewalt durch Angehörige (Lebensgefährten) ausgesetzt sind, umfasst die Zurverfügungstellung besonderer vorübergehender Wohnmöglichkeiten für Hilfebedürftige und deren minderjährige Kinder (§ 12 Abs. 2 Z 2 lit. a) sowie die zur Bewältigung der Gewalterfahrungen und zur Erarbeitung neuer Lebensperspektiven erforderliche Betreuung und Beratung.

...

§ 30 Aufgaben des Landes als Träger sozialer Hilfe

(1) Aufgabe des Landes als Träger sozialer Hilfe ist

1. die Vorsorge für soziale Hilfe

a) durch spezifische Wohnformen gemäß § 12 Abs. 2 einschließlich der erforderlichen Beratung und präventiven Öffentlichkeits- und Aufklärungsarbeit;

...

(2) Zur Besorgung der Aufgaben gemäß Abs. 1 Z 1 hat das Land die erforderlichen Einrichtungen entweder selbst zu schaffen und zu betreiben oder durch andere Träger sicherzustellen.

..."

Oberösterreichisches Mindestsicherungsgesetz - OÖ. BMSG, LGBl. Nr. 74/2011:

"§ 12 Einteilung und Gegenstand der Leistungen

...

(4) Leistungen der bedarfsorientierten Mindestsicherung im Rahmen des Privatrechts für Einrichtungen sind insbesondere:

1. Sicherstellung von Einrichtungen, die Personen unterstützen, die von Gewalt durch Angehörige betroffen sind;

...

§ 24 Sicherstellung von Einrichtungen, die Personen unterstützen, die von Gewalt durch Angehörige betroffen sind

(1) Das Land hat nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel für Personen, die der Gewalt durch Angehörige (Lebensgefährten) ausgesetzt sind, besondere vorübergehende Wohnmöglichkeiten sowie die zur Bewältigung der Gewalterfahrungen und zur Erarbeitung neuer Lebensperspektiven erforderliche Betreuung und Beratung zur Verfügung zu stellen.

...

(3) Zur Besorgung der Aufgaben nach Abs. 1 hat das Land

1. entweder die Einrichtungen und Leistungen selbst anzubieten oder

2. durch andere Träger sicherzustellen. Bei der Heranziehung anderer Träger zur Besorgung der Aufgaben gelten die §§ 59 und 60 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 sinngemäß.

...

§ 44 Aufgaben der Träger der bedarfsorientierten

Mindestsicherung

(1) Aufgabe des Landes als Träger der bedarfsorientierten Mindestsicherung ist die Vorsorge für und die Erbringung von Leistungen der bedarfsorientierten Mindestsicherung

1. gemäß § 12 Abs. 2 und § 12 Abs. 3 Z 1 bis 3, sofern diese in Einrichtungen im Sinn des § 12 Abs. 4 Z 1 und 2 erbracht werden,

...

(2) Aufgabe der regionalen Träger ist die Vorsorge für und die Erbringung von Leistungen der bedarfsorientierten Mindestsicherung, die nicht von Abs. 1 erfasst sind.

..."

Die dem minderjährigen Lukas gewährte Unterbringung bei Pflegeeltern stellt unstrittig eine Maßnahme der vollen Erziehung gemäß § 37 Oö. JWG 1991 dar. Für die verfahrensgegenständliche Frage, welcher Sozialhilfeverband die dafür aufgewendeten Kosten endgültig zu tragen hat, gelten gemäß § 45 Abs. 2 Oö. JWG 1991 die Bestimmungen der §§ 41 bis 44 Oö. SHG 1998. Gemäß § 41 Abs. 1 Oö. SHG 1998 hat den Kostenersatz jener regionale Träger zu leisten, in dessen Bereich sich der Hilfeempfänger während der letzten sechs Monate vor Leistung der Hilfe an insgesamt mindestens 150 Tagen aufgehalten hat. Gemäß § 41 Abs. 3 Z. 8 Oö. SHG 1998 in der mangels anderslautender Übergangsbestimmungen maßgeblichen aktuellen Fassung haben bei der Berechnung dieser Frist (u.a.) Aufenthalte in Einrichtungen im Sinn des § 12 Abs. 4 Z. 1 Oö. BMSG außer Betracht zu bleiben. Hiebei handelt es sich um Einrichtungen, die Personen unterstützen, die von Gewalt durch Angehörige betroffen sind. Derartige Einrichtungen bestanden gemäß § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. a iVm § 20 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 74/2011 auch im Zeitraum der Unterbringung des minderjährigen Lukas im Haus L.

Die revisionswerbende Partei wendet sich nicht gegen die - unbedenkliche - Ansicht der belangten Behörde, dass es sich beim Haus L. um eine geeignete Einrichtung handelt, die vom dafür gemäß § 30 Oö. SHG 1998 (nunmehr § 44 Oö. BMSG) zuständigen Land als "anderer Träger" - auch ohne vorherigen Abschluss einer Vereinbarung gemäß § 59 Abs. 3 Oö. SHG 1998 - für die Unterbringung von Personen, die von Gewalt durch Angehörige betroffen sind, herangezogen werden kann. Sie bestreitet auch nicht, dass die Unterbringung des minderjährigen Lukas und seiner Mutter in einer derartigen Einrichtung erforderlich war, macht jedoch geltend, dass keine neutrale Zeit im Sinn von § 41 Abs. 3 Z. 8 Oö. SHG 1998 vorliege, weil das Haus L. für diese Unterbringung nicht vom Land, sondern vom dafür nicht zuständigen Sozialhilfeverband Vöcklabruck herangezogen worden sei. Das Ausweichen in ein Haus ohne ständigen Vertrag mit dem Land sei nicht notwendig gewesen, weil ausreichend Plätze in vom Land dafür herangezogenen Einrichtungen vorhanden gewesen seien.

Damit gelingt es der revisionswerbenden Partei nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen:

Nach den von der belangten Behörde zitierten Gesetzesmaterialien zur Novelle des Oö. SHG 1998, LGBl. Nr. 9/2006 (IA 759/2005 BlgLT XXVI. GP, 4), soll mit der Normierung von Zeiten der Unterbringung in Einrichtungen zur Unterstützung von Opfern familiärer Gewalt als neutrale Zeiten eine größere Verteilungsgerechtigkeit erzielt werden. Die Hilfeempfänger würden nämlich mitunter nicht mehr in den Herkunftsbezirk zurückkehren, sondern in dem Bezirk bleiben, in dem ihnen die Hilfe gewährt worden sei. In derartigen Fällen bedinge die Gewährung der sozialen Hilfe geradezu den Aufenthaltswechsel. Dadurch komme es zu einer Belastung jener regionalen Träger, in deren Bereich sich derartige Einrichtungen befänden.

Im vorliegenden Fall war die Unterbringung des minderjährigen Lukas in einer Einrichtung zur Unterstützung von Personen, die von Gewalt durch Angehörige betroffen sind, unstrittig erforderlich. Der Minderjährige war tatsächlich im Haus L., wobei es sich um eine für eine derartige Hilfeleistung geeignete Einrichtung handelt, untergebracht. Weder aus dem Gesetzestext des § 41 Abs. 3 Z. 8 Oö. SHG 1998 ("Aufenthalte in Einrichtungen im Sinn des § 12 Abs. 4 Z. 1 oder 2 Oö. BMSG"), noch aus den zitierten Materialien ergibt sich, dass eine notwendige Unterbringung - von wem auch immer sie veranlasst wurde - nicht als neutrale Zeit zu qualifizieren ist. Der sich aus den zitierten Materialien ergebende Regelungszweck spricht für die Qualifizierung solcher Aufenthalte als neutrale Zeit. Würde man den Aufenthalt des minderjährigen Lukas im Haus L. nämlich nicht als neutrale Zeit werten, wäre der Sozialhilfeverband Vöcklabruck mit den Kosten der vollen Erziehung belastet, obwohl der aus dem Bereich des Sozialhilfeverbandes Wels-Land stammende Minderjährige nur zum Zweck der vorübergehenden Unterbringung in einer solchen - im Bereich des Sozialhilfeverbandes Wels-Land nicht vorhandenen - Einrichtung in den Bereich des Sozialhilfeverbandes Vöcklabruck gekommen und nach Beendigung der Unterbringung dort verblieben ist.

Im Übrigen wäre auch eine - nach dem Revisionsvorbringen mögliche - Unterbringung des minderjährigen Lukas durch das Land in einer ständig herangezogenen Einrichtung zur Bewältigung von familiären Gewalterfahrungen als neutrale Zeit zu werten. Die vorgebrachte Heranziehung des Hauses L. durch den dafür nicht zuständigen Sozialhilfeverband Vöcklabruck bewirkte demgegenüber entgegen dem Revisionsvorbringen keine "Kostenverschiebung".

Aus all diesen Gründen hat die belangte Behörde den Aufenthalt des minderjährigen Lukas A. von bis im Haus L. zu Recht als neutrale Zeit im Sinn von § 41 Abs. 3 Z. 8 Oö. SHG 1998 gewertet. Da sich der Minderjährige unstrittig vor dieser Unterbringung mehr als 150 Tage im Bereich des Sozialhilfeverbandes Wels-Land aufgehalten hat, wurde dieser Sozialhilfeträger zu Recht gemäß § 45 Abs. 2 Oö. JWG 1991 zur endgültigen Tragung der Kosten der unmittelbar im Anschluss an den Aufenthalt im Haus L. gewährten vollen Erziehung verpflichtet.

Die sich somit als unbegründet erweisende Revision war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Wien, am