VwGH vom 20.05.2015, Ro 2014/09/0067
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung
verbunden):
Ro 2014/09/0068
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerden des CS in P, vertreten durch Dr. Julia Ecker, Mag. Wilfried Embacher und Dr. Thomas Neugschwendtner, Rechtsanwälte in 1040 Wien, Schleifmühlgasse 5/8, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland 1.) vom , Zl. K 019/15/2012.026/007, und 2.) vom , Zl. K 019/15/2012.034/005, betreffend Bestrafungen wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (weitere Parteien: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 2.672,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnissen der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg vom und vom wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe am als Arbeitgeber vier bzw. fünf bosnisch-herzegowinische Staatsangehörige beschäftigt, obwohl für diese Beschäftigung keine Bewilligung oder Bestätigung gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG ausgestellt gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 AuslBG verletzt und über ihn wurden wegen dieser Verwaltungsübertretungen gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a vierter Strafsatz des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) neun Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 5.000,-- und Ersatzfreiheitsstrafe von jeweils 120 Stunden verhängt und ihm die Kosten des Strafverfahrens auferlegt.
Der Beschwerdeführer erhob dagegen Berufungen, in welchen er die Straferkenntnisse der Behörde erster Instanz dem Grunde nach und in eventu hinsichtlich der Höhe der verhängten Strafen bekämpfte.
Mit den angefochtenen Bescheiden wurde den Berufungen des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und die Bescheide der Behörde erster Instanz bestätigt, dem Beschwerdeführer wurde die Verpflichtung für die Bezahlung von Kosten des Berufungsverfahren auferlegt.
Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidungen damit, dass der Verantwortung des Beschwerdeführers, der im Rahmen seines Malerbetriebes selbst Fassadenarbeiten durchführe, nicht gefolgt werden könne, wonach die Arbeitskräfte als Arbeitnehmer von zwei mit der Durchführung von Werkverträgen (nämlich der Anbringung einer Wärmeschutzfassade) betrauten slowenischen Unternehmen tätig gewesen seien, weil ein abgrenzbares, unterscheidbares und gewährleistungstaugliches Werk nicht erkennbar und das gesamte Material vom Beschwerdeführer bereitgestellt worden sei.
Die Abstandnahme von der Durchführung von mündlichen Verhandlungen wurde vom unabhängigen Verwaltungssenat Burgenland nicht begründet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die zunächst beim Verfassungsgerichtshof erhobenen und von diesem mit Beschluss vom , B 40-41/2014-13, abgelehnte und dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch das Landesverwaltungsgericht Burgenland erwogen:
Der Beschwerdeführer hält die angefochtenen Bescheide deswegen für rechtswidrig, weil die Arbeitskräfte als Arbeitnehmer von zwei mit der Durchführung von Werkverträgen (nämlich der Anbringung einer Wärmeschutzfassade) betrauten slowenischen Unternehmen tätig gewesen seien, es seien sehr wohl eigenständige Werkleistungen vorgelegen, der Beschwerdeführer oder seine Leute hätten gegenüber den Arbeitskräften kein Weisungsrecht besessen, diese seien nicht in seinen Betrieb eingegliedert gewesen und er hätte ihnen weder Kleidung noch Werkzeug zur Verfügung gestellt. Die belangte Behörde hätte nicht von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung absehen dürfen.
Zwar kann ausgehend von den Feststellungen der belangten Behörde der Beurteilung der Tätigkeit der Ausländer als verpönte Beschäftigung im Sinne des § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 AuslBG vor dem Hintergrund der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht entgegen getreten werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Ro 2014/09/0026, mwN). Jedoch ist auf das Essent Energie Productie VB gegen die Niederlande, C-91/13, hinzuweisen, in welchem der EuGH in Abkehr von seiner bisherigen, im Urteil vom , Fall Vicoplus ua, C-307/09, zum Ausdruck gebrachten Position zu dem Ergebnis gelangte, dass die Art. 56 AEUV und 57 AEUV dahin auszulegen sind, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, wonach eine Überlassung drittstaatsangehöriger Arbeitnehmer, wenn diese von einem in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Unternehmen an ein im ersten Mitgliedstaat ansässiges entleihendes Unternehmen, das sie einsetzt, um Arbeiten für Rechnung eines anderen, in demselben Mitgliedstaat ansässigen Unternehmens durchzuführen, überlassen werden, davon abhängig ist, dass für diese Arbeitnehmer eine Beschäftigungserlaubnis erteilt worden ist (RdNr. 60 des angeführten Urteils, vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Ra 2015/09/0006). Das Vorliegen der aus diesem Urteil hervorgehenden Voraussetzungen für eine allfällige Bestrafung des Beschwerdeführers wegen der Beschäftigung der Ausländer wurde vom unabhängigen Verwaltungssenat Burgenland nicht geprüft (vgl. zur Problematik auch Giefing, Zur Abgrenzung der Dienstleistungsfreiheit bei Betriebsentsendungen aus den Beitrittsstaaten der EU-Osterweiterung ÖZW 2007, 2).
Die Rüge des Beschwerdeführers wegen Unterlassung der Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist begründet:
§ 51e VStG in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 137/2001 lautet auszugsweise:
"Öffentliche mündliche Verhandlung (Verhandlung)
§ 51e. (1) Der unabhängige Verwaltungssenat hat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
(2) Die Verhandlung entfällt, wenn
1. der Antrag der Partei oder die Berufung
zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht,
daß der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist;
2. der Devolutionsantrag zurückzuweisen oder
abzuweisen ist.
(3) Der unabhängige Verwaltungssenat kann von einer
Berufungsverhandlung absehen, wenn
1. in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche
Beurteilung behauptet wird oder
2. sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe
richtet oder
3. im angefochtenen Bescheid eine 500 EUR nicht
übersteigende Geldstrafe verhängt wurde oder
4. sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen
Bescheid richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Der Berufungswerber hat die Durchführung einer Verhandlung in der Berufung zu beantragen. Etwaigen Berufungsgegnern ist Gelegenheit zu geben, einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
(4) Der unabhängige Verwaltungssenat kann ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn er einen verfahrensrechtlichen Bescheid zu erlassen hat, die Akten erkennen lassen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten läßt, und dem nicht Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, entgegensteht.
(5) Der unabhängige Verwaltungssenat kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden."
Der Beschwerdeführer hat auf die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung nicht verzichtet. Da keiner der in § 51e Abs. 4 VStG normierten Fälle vorlag, durfte der unabhängige Verwaltungssenat nicht von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung absehen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 2001/09/0084, und vom , 2007/09/0363).
Die angefochtenen Bescheide erweisen sich mit prävalierender Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes belastet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat aufzuheben waren.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
Fundstelle(n):
NAAAE-91095