VwGH vom 15.07.2015, Ro 2014/09/0064
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Revision des Dr. XY in Z, vertreten durch die Weh Rechtsanwalt GmbH in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom , Zl. LVwG- 6/20/7-2014, betreffend Disziplinarstrafe der befristeten Untersagung der Berufsausübung nach dem Ärztegesetz 1998 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Disziplinarrat der Österreichischen Ärztekammer, Disziplinarkommission für Oberösterreich und Salzburg; weitere Partei: Bundesministerin für Gesundheit),
Spruch
1. den Beschluss gefasst:
Die Revisionsbeantwortung des Disziplinaranwalt-Stellvertreters wird zurückgewiesen.
2. zu Recht erkannt:
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der im Jahr 1959 geborene Revisionswerber ist als Facharzt für plastische Chirurgie in die Ärzteliste eingetragen und gehört als ordentlicher Kammerangehöriger der Ärztekammer für Salzburg an. Im verfahrensgegenständlichen Zeitraum hat er in B. (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof) im Fürstentum Liechtenstein eine Ordination unterhalten, in welcher er Schönheitsoperationen durchführte. In dieser Ordination hat der Revisionswerber im Jahr 2010 an M.B. eine Schönheitsoperation (Brustvergrößerung) durchgeführt. Am fand ein Nachbehandlungstermin zu dieser Schönheitsoperation statt.
Mit Urteil des Fürstlichen Landgerichts vom wurde der Revisionswerber wie folgt für schuldig erkannt:
"er hat
1. am in B. M.B. tätlich und in grober Weise sexuell belästigt, indem er anlässlich einer Massage deren Scheide insgesamt drei Mal mit einem Finger penetrierte und ihr gegenüber äusserte, ob sie an Sexfilmen interessiert sei, welche man gemeinsam anschauen könne, und weiter bemerkt, dass M.B. im Intimbereich gut rieche, wobei er seine Nase in Richtung ihres Intimbereichs führte;"
Der Revisionswerber habe "zu 1. das Vergehen der sexuellen Belästigung nach § 203 StGB"; und zu einem weiteren Spruchpunkt 2. das Verbrechen der falschen Verdächtigung nach § 297 Abs. 1 zweiter Fall StGB begangen und er wurde hiefür unter Anwendung des § 28 StGB nach dem zweiten Strafsatz des § 297 Abs. 1 leg. cit. zu einer Freiheitsstrafe von 18 (achtzehn) Monaten verurteilt. Gemäß § 43 Abs. 1 der liechtensteinischen StPO wurde diese Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Das Urteil enthält eine Begründung, in welcher ausführliche Erwägungen zur Beweiswürdigung bezüglich der Aussage der M.B. sowie von deren SMS-Mitteilungen und Telefonkontakten im verfahrensgegenständlichen Zeitraum enthalten sind.
Das Fürstliche Obergericht hat mit Urteil vom auf Grund der Berufungen der Staatsanwaltschaft sowie des Revisionswerbers das Urteil des Fürstlichen Landgerichtes vom unter Aufrechterhaltung aller übrigen Spruchteile dahingehend abgeändert, dass der Revisionswerber wegen des in Punkt 1. des Ersturteils umschriebenen Verhaltens wegen Vergehens der sexuellen Belästigung nach § 203 liechtensteinisches StGB zu einer Geldstrafe von 200 Tagessätzen (im Uneinbringlichkeitsfalle 100 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verurteilt wurde, wobei die Höhe des Tagessatzes mit CHF 300,-- bestimmt und die Hälfte der Geldstrafe nach § 43a Abs. 1 leg. cit. unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Vom weiteren, noch im Urteil des Gerichtes erster Instanz enthaltenen Strafvorwurf wurde der Revisionswerber freigesprochen.
Mit Beschluss vom wies der Fürstliche Oberste Gerichtshof die gegen das Urteil des Fürstlichen Obergerichts vom gerichtete Revision des Revisionswerbers zurück. Gegen diesen Beschluss erhob der Revisionswerber Individualbeschwerde an den Staatsgerichtshof des Fürstentums Liechtenstein. Ferner erhob er gegen das Urteil des Obergerichtes Individualbeschwerde an den Staatsgerichtshof. Dieser gab als Verfassungsgerichtshof diesen Rechtsmitteln mit Urteil vom keine Folge und sprach aus, dass der Revisionswerber in seinen verfassungsmäßig und durch die EMRK gewährleisteten Rechten nicht verletzt worden sei.
Der Revisionswerber brachte am eine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein. Diese wurde nach seiner eigenen Mitteilung mit Beschluss des EGMR vom , Nr. 23607/13, ohne Durchführung eines Verfahrens als unzulässig zurückgewiesen.
Mit Beschluss vom hat das Fürstliche Obergericht dem Antrag des Revisionswerbers vom auf Wiederaufnahme des Verfahrens keine Folge gegeben.
Der Disziplinarrat der Österreichischen Ärztekammer, Disziplinarkommission für Oberösterreich und Salzburg, fasste am gemäß § 154 des Ärztegesetzes 1998 den Beschluss, dass Grund zur Disziplinarbehandlung in mündlicher Verhandlung gegen den Revisionswerber vorliege. Der Revisionswerber sei wegen des Vergehens der sexuellen Belästigung nach dem § 203 StGB zu einer Geldstrafe von 200 Tagessätzen zu je sFr 300,-- verurteilt worden, weil er am in B. die dargestellten Handlungen gesetzt habe. Der Revisionswerber habe dadurch das Disziplinarvergehen nach § 136 Abs. 2 Z. 2 dritter Fall ÄrzteG 1998 begangen. Der Disziplinarrat der Österreichischen Ärztekammer führte durch die Disziplinarkommission für Oberösterreich und Salzburg am eine Verhandlung in Anwesenheit des Revisionswerbers sowie seines Rechtsbeistandes durch, in welcher der Revisionswerber das ihm zur Last gelegte Verhalten bestritt sowie die Einvernahme von fünf Zeugen und Zeuginnen, die Ladung von zwei Gutachtern beantragte und der gesamte Akteninhalt einvernehmlich verlesen wurde. Am Schluss der mündlichen Verhandlung wurde das Disziplinarerkenntnis verkündet, mit welchem der Revisionswerber wegen des ihm zur Last gelegten Verhaltens gemäß § 136 Abs. 1 Z. 1 Ärztegesetz 1998 für schuldig erkannt und als Disziplinarstrafe die befristete Untersagung der Berufsausübung auf die Zeit von drei Monaten ausgesprochen sowie ihm die Kosten des Disziplinarverfahrens in der Höhe von EUR 700,--
auferlegt wurden.
Die schriftliche Ausfertigung des Disziplinarerkenntnisses enthält folgende Ausführungen (Schreibweise im Original):
" Der Revisionswerber wurde zu ... vom Fürstlichen
Obergericht Liechtenstein am rechtskräftig des Vergehens der sexuellen Belästigung nach dem § 203 StGB für schuldig erkannt und dafür zu einer Geldstrafe von 200 Tagessätzen zu je sFr. 300,- verurteilt. Diesem Erkenntnis liegt zugrunde, (Darstellung des vorgeworfenen Verhaltens).
Sowohl einer Revision an den Fürstlichen Obersten Gerichtshof wegen der Höhe des Tagessatzes als auch Individualbeschwerden an den Staatsgerichtshof des Fürstentums Liechtenstein sowie einem (im Wesentlichen auf eine eidesstättige Erklärung von V.G.L. und das Privatgutachten von Prim. Dr. A.K. vom gestützten) Antrag auf Wiederaufnahme des Strafverfahrens wurde nicht Folge gegeben.
Am wurde eine Beschwerde an den EGMR wegen Verletzung von Verfahrensgrundsätzen eingebracht, ebenso eine Beschwerde an den Staatsgerichtshof und am neuerlich ein Antrag auf Herabsetzung der Geldstrafe (wegen nachträglicher Verschlechterung der persönlichen Verhältnisse und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Disziplinarbeschuldigten v. a. im ersten Quartal 2013) sowie (wiederum gestützt insbesondere auf die eidesstättige Erklärung von V.G.L. und das Privatgutachten von Prim. Dr. A.K. vom sowie das mit diesem in Einklang stehende Privatgutachten von Univ. Prof. Dr. P.H. vom ) auf Wiederaufnahme des Strafverfahrens.
Hinsichtlich der Beweiswürdigung ist auf den unbedenklichen Inhalt des angeführten, rechtskräftigen Urteiles des Fürstlichen
Obergerichtes Liechtenstein vom ... sowie die im Akt
erliegenden, den Begehren des Disziplinarbeschuldigten nicht Folge gebenden Gerichtsentscheidungen zu verweisen. Der weitere Antrag auf Herabsetzung der Geldstrafe richtet sich nicht gegen den Schuldspruch; der neuerliche Antrag auf Wiederaufnahme des Strafverfahrens bezieht sich im Wesentlichen auf jene Umstände, welche schon im Beschluss des Fürstlichen Obergerichtes
Liechtenstein vom ... nachvollziehbar als für eine
Stattgebung nicht geeignet erachtet wurden; daran vermögen auch die auf der Grundlage von durch die Verteidigung zur Verfügung gestellten Unterlagen erstatteten Privatgutachten zur Glaubwürdigkeit von M.B. nichts zu ändern, welche insbesondere auf keinem persönlichen Eindruck der Privatgutachter mit der zu beurteilenden Person beruhen. Den leugnenden und wenig lebensnahen Angaben des Disziplinarbeschuldigten zum der Verurteilung zugrunde liegenden Sachverhalt ist nur der Charakter von Schutzbehauptungen beizumessen.
In rechtlicher Hinsicht ist zum festgestellten Sachverhalt auszuführen:
Der Disziplinarbeschuldigte hat den Tatbestand des § 136 Abs 1 Z 1 Ärztegesetz 1998 idgF in objektiver und subjektiver Hinsicht erfüllt:
Demnach machen sich Ärzte eines Disziplinarvergehens schuldig, wenn sie '... das Ansehen der in Österreich tätigen Ärzteschaft durch ihr Verhalten der Gemeinschaft, den Patienten oder den Kollegen gegenüber beeinträchtigen', wobei Fahrlässigkeit genügt.
Die sich aus dem rechtskräftigen, verurteilenden Erkenntnis des Fürstlichen Obergerichtes Liechtenstein vom zu ... ergebenden Handlungen stellen jedenfalls objektiv sorgfaltswidrige Handlungen dar, was auch für den Disziplinarbeschuldigten erkennbar war. Ebenso war für ihn wie für jedermann voraussehbar, dass dadurch das Ansehen der Ärzteschaft erheblich in Mitleidenschaft gezogen wird. Vom Disziplinarbeschuldigten als Arzt ist zu verlangen, gegenüber Patienten bei der Untersuchung ein auch den sittlichen Maßstäben Rechnung tragendes Verhalten an den Tag zu legen; dies war ihm auch zuzumuten. Demgegenüber hat der Disziplinarbeschuldigte an seiner Patientin geschlechtliche Handlungen vorgenommen und ihr gegenüber unsittliche Äußerungen getätigt, welche nicht im Zuge eines leichtes Versehen, sondern zumindest in auffallender Sorglosigkeit getätigt wurden, sodass eine zu ahndende schwere Beeinträchtigung des Standesansehens vorliegt und damit ein Absehen von der Bestrafung im Sinne des § 136 Abs. 8 Ärztegesetz nicht in Betracht kommt."
Der Revisionswerber erhob Berufung, über welche infolge Inkrafttretens der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 das Landesverwaltungsgericht Salzburg zu entscheiden hatte. Dieses gab dem Rechtsmittel nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis vom gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG insofern Folge, als die verhängte Disziplinarstrafe der befristeten Untersagung der Berufsausübung auf die Dauer von zwei Monaten herabgesetzt wurde.
Das Landesverwaltungsgericht begründete sein Erkenntnis auszugsweise wie folgt:
"Diese Feststellungen ergeben sich aus dem Akt der Disziplinarbehörde, insbesondere aus den im Akt einliegenden rechtskräftigen Urteilen und den Mitteilungen an die Salzburger Ärztekammer vom sowie aus den vom Beschwerdeführer unwidersprochen gebliebenen Angaben zu seiner Mitgliedschaft bei der Österreichischen Ärztekammer. Der Inhalt des rechtskräftigen Urteils des Fürstlichen Obergerichtes Liechtenstein vom erscheint - wie auch schon von der Disziplinarbehörde im angefochtenen Bescheid festgestellt - unbedenklich. Es sind keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, dass das Fürstliche Obergericht Liechtenstein eine rechtswidrige Sachverhaltsermittlung oder Beweiswürdigung vorgenommen hätte.
Rechtlich folgt:
2.5. Zum Inhalt der Beschwerde:
2.5.1. Zur Bestreitung des angelasteten Sachverhalts:
Das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach der von der Disziplinarbehörde - mit rechtskräftigem Strafurteil als erwiesen festgestellte - Sachverhalt nicht vorliege, weil die im erstinstanzlichen Akt einliegenden Urteile der Liechtensteiner Gerichte (Strafurteil, Abweisungen der dagegen erhobenen Revision und des diesbezüglich gestellten Wiederaufnahmeantrages) als menschenrechtswidrig anzusehen seien, ist für das Verwaltungsgericht nicht nachvollziehbar.
Wie schon die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausgeführt hat, erscheint der Inhalt des rechtskräftigen Urteils des Fürstlichen Obergerichtes Liechtenstein vom ebenso unbedenklich, wie die gerichtliche Revisionsentscheidung und die Abweisung des Wiederaufnahmeantrages. Dass die 'Liechtensteiner Gerichte' - wie in der Beschwerde und in der Verhandlung behauptet - die Anhörung von Zeugen willkürlich verweigert und ein Gutachten von Dr. K. willkürlich und unfair umgedeutet hätten, wird nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes nicht nachvollziehbar dargelegt.
Vielmehr ist der belangten Behörde zuzustimmen, dass an der als rechtmäßig zu qualifizierenden Sachverhaltsfeststellung durch die Gerichte auch die durch die Verteidigung zur Verfügung gestellten Unterlagen über die erstatteten Privatgutachten zur Glaubwürdigkeit von M.B. (Gutachten Dris. K. vom und das damit im Einklang stehende Gutachten Dris. H. vom ) nichts zu ändern vermögen, weil sie insbesondere auf keinem persönlichen Eindruck der Privatgutachter mit der zu beurteilenden Person beruhen.
Die Beurteilung der Strafgerichte und der Disziplinarbehörde, wonach die Angaben des Disziplinarbeschuldigten zu dem der Verurteilung zugrundeliegenden Sachverhalt als leugnend und wenig lebensnah zu qualifizieren seien, und diesen der Charakter einer bloßen Schutzbehauptung beizumessen sei, wird vom Verwaltungsgericht geteilt. Den in diesem Zusammenhang gestellten Anträgen auf Vernehmung der näher bezeichneten Zeugen war daher keine Folge zu geben.
2.5.2. Zur behaupteten Doppelbestrafung:
Wenn der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid wegen einer vorliegenden Doppelbestrafung als rechtswidrig ansieht, und meint, die strafgerichtliche Verurteilung habe bereits eine disziplinarrechtliche Komponente, verkennt er, dass bei dem im gegenständlichen Fall von einem Strafgericht sanktionierten Verhalten ein 'disziplinärer Überhang' vorliegt, der eine zusätzliche Bestrafung durch die Disziplinarbehörde erfordert. Dies deshalb, weil durch die gerichtliche Bestrafung in Liechtenstein der Schutz des Standesansehens der in Österreich tätigen Ärzteschaft von der gerichtlichen Verurteilung nicht bzw nicht in jeder Beziehung mitumfasst ist, und daher der Unrechtsgehalt des der Disziplinarstrafe zu Grunde liegenden Verhaltens vom Strafurteil nicht zur Gänze sanktioniert wird.
Das Verwaltungsgericht übersieht nicht, dass der VfGH neuerdings darauf hingewiesen hat, dass ein Verstoß gegen das Verbot der Doppel- oder Mehrfachbestrafung im Sinne des Art 4 Abs 1 des 7.ZP EMRK dann vorliegt, wenn ein (über die gerichtliche Bestrafung hinausgehendes) weitergehendes Strafbedürfnis entfällt, weil das eine Delikt den Unrechtsgehalt des anderen Delikts in jeder Beziehung mitumfasst (vgl zB , RdM-LS2010/14).
Das ist aber gerade im gegenständlichen Fall nicht gegeben, weil der angewendete Disziplinartatbestand das für die ärztliche Berufsausübung essentielle Vertrauen der Bevölkerung in die ärztliche Integrität absichern soll und daher eine zusätzliche Bestrafung durch die Disziplinarbehörde erfordert. Eine Doppelbestrafung nach Art 4 des 7. ZP EMRK liegt daher im gegenständlichen Fall nicht vor.
Die Verhängung einer Disziplinarstrafe erscheint somit zusätzlich zu der in Liechtenstein verhängten gerichtlichen Strafe aus spezialpräventiven Gründen erforderlich. Die gerichtliche Strafe lässt insbesondere auch aufgrund des aus dem gesamten Vorbringen abzuleitenden mangelnden Unrechtsbewusstseins für sich alleine nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit erwarten, dass der Beschwerdeführer keine weiteren Disziplinarvergehen (Beeinträchtigungen des Standesansehens) begehen wird.
Insoweit der Beschwerdeführer eine Doppelbestrafung in dem Umstand erblickt, dass das Amt für Gesundheit in Liechtenstein gegen den Beschwerdeführer bereits ein Disziplinarverfahren geführt habe, das beendet worden sei, weil der Beschwerdeführer seine Berufsberechtigung in Liechtenstein zurückgelegt habe, genügt der Hinweis, dass gemäß § 136 Abs 6 Ärztegesetz die disziplinäre Verfolgung (nur) dann ausgeschlossen ist, wenn der Arzt bereits von einem anderen für ihn zuständigen Träger der Disziplinargewalt hinsichtlich derselben Tat disziplinär bestraft worden ist. Eine disziplinäre Bestrafung durch eine Disziplinarbehörde ist wegen der gegenständlichen Tat noch nicht erfolgt.
Der Beschwerdeführer sei auch darauf hingewiesen, dass nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes zur Bedeutung des Doppelbestrafungsverbots Art 4 7. ZPMRK (vgl. zB VfSlg 18.833) auch 'die Verfolgung' wegen ein- und desselben tatsächlichen Verhaltens nach zwei verschiedenen Straftatbeständen zulässig ist, sofern sie sich in ihren wesentlichen Elementen unterscheiden.
Im vorliegenden Fall besteht ein solcher Unterschied in 'wesentlichen Elementen' schon darin, dass die verfahrensgegenständliche Beeinträchtigung des Standesansehens der in Österreich tätigen Ärzteschaft naturgemäß in den disziplinarrechtlichen Bestimmungen des Fürstentums Liechtenstein nicht enthalten und vom Disziplinarverfahren des Amtes für Gesundheit in Liechtenstein daher nicht umfasst gewesen sein konnte.
2.5.3. Zum behaupteten 'überraschenden Wechsel der Anklage':
Insoweit der Beschwerdeführer moniert, im behördlichen Verfahren habe überdies 'die Anklage' überraschend vom Tatbestand des § 136 Abs 2 Z 2 (im Einleitungsbeschluss) zur Generalklausel des § 136 Abs 1 Z 1 ÄrzteG (im Disziplinarerkenntnis) gewechselt, ist er darauf hinzuweisen, dass der am gefasste Einleitungsbeschluss der Disziplinarkommission für Oberösterreich und Salzburg nicht nur die gerichtliche Verurteilung zu einer Geldstrafe von mehr als EUR 36.340 (§ 136 Abs 2 Z 2 3. Fall Ärztegesetz) sondern ausdrücklich auch das dieser gerichtlichen Verurteilung zu Grunde liegende Verhalten des Disziplinarbeschuldigten umfasst hat.
Wenngleich im Einleitungsbeschluss, in dem der Grund zur Disziplinarbehandlung in der mündlichen Verhandlung festgestellt wurde, aufgrund der zu diesem Zeitpunkt vorliegenden rechtskräftigen Verurteilung zu einer Geldstrafe von umgerechnet mehr als EUR 36.340 vorlag, von einem Verdacht des Disziplinarvergehehens nach § 136 Abs 2 Z 2 3. Fall Ärztegesetz ausgegangen werden musste, wurden sodann in der Disziplinarverhandlung am die Argumente und Mitteilungen des Rechtsvertreters über ein noch anhängiges Verfahren beim Fürstlichen Landgericht Liechtenstein betreffend einen Antrag auf Herabsetzung der Strafe und hinsichtlich der nicht vorliegenden Verurteilung zu mehr als 360 Tagessätzen, welche ja als Alternativtatbestand für ein Disziplinarvergehen in § 136 Abs 2 Z 2 Ärztegesetz enthalten ist, für durchaus gewichtig und überlegenswert erachtet und wurde daher dieser Disziplinartatbestand der gerichtlichen Verurteilung zu einer EUR 36.340 übersteigenden Geldstrafe nicht weiter verfolgt. Der Schuldspruch erfolgte sodann in der mündlichen Verhandlung nach § 136 Abs 1 Z 1 Ärztegesetz wegen der Beeinträchtigung des Standesansehens der in Österreich tätigen Ärzteschaft. Von einem 'überraschenden' Wechsel des Tatbestandes kann vor diesem Hintergrund keine Rede sei.
Aus dem Einleitungsbeschluss ergibt sich unzweifelhaft und unverwechselbar, das dem Disziplinarbeschuldigten als Disziplinarvergehen vorgeworfene, den Gegenstand des Disziplinarverfahrens bildende Verhalten, und somit der von der Behörde angenommene maßgebende Sachverhalt, der als Anknüpfungspunkt für die rechtliche Beurteilung gedient hat. Das dem Beschwerdeführer angelastete Verhalten ist nach Ort, Zeit und Tatumständen so gekennzeichnet, dass keine Unklarheit darüber möglich ist, welches ihm als Disziplinarbeschuldigten zur Last gelegte Verhalten auf der Grundlage des Einleitungsbeschlusses als Prozessgegenstand im anschließenden Disziplinarverfahren behandelt wird. Nur der Vollständigkeit halber sei noch angemerkt, dass dem Einleitungsbeschluss nicht die Funktion einer Anklage im Sinne der StPO zukommt (vgl zB Disziplinarsenat der ÖÄK , Ds 4/2008, RdM 2009/159 mwN) und auch aus diesem Grund der behauptete Wechsel in der Anklage nicht vorliegt.
Das vom Beschwerdeführer sinngemäß angesprochene 'Überraschungsverbot' bedeutet, dass die Behörde in ihre rechtliche Würdigung keine Sachverhaltselemente einbeziehen darf, die den Parteien nicht bekannt waren (vgl. zB ; , 2002/18/0053; , 2002/07/0027; , 91/08/0142 mwN). Eine in der mündlichen Verhandlung aufgrund des Vorbringens des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers vorgenommene Subsumtion des im Einleitungsbeschluss angeführten Sachverhalts unter einen anderen Disziplinartatbestand als jenem der im Einleitungsbeschluss angeführt war, stellt jedoch kein der Partei nicht bekanntes Sachverhaltselement dar. Somit ist für den Beschwerdeführer aus dem Überraschungsverbot nichts zu gewinnen ist.
2.5.4. Zur Beeinträchtigung des Ansehens der in Österreich tätigen Ärzteschaft:
2.5.4.1. Nach der Rechtsprechung des VfGH hat der Begriff des Ansehens der österreichischen Ärzteschaft einen Inhalt, der aus den allgemeinen gesellschaftlichen Anschauungen und den gefestigten Gewohnheiten des Ärztestandes festgestellt werden kann (vgl. zB VfSlg 6026). Als Beeinträchtigung des Ansehens der in Österreich tätigen Ärzteschaft wurde in der Rechtsprechung bereits eine Verletzung des Schamgefühls einer Patientin im Zuge einer Untersuchung (vgl Disziplinarsenat , Ds 6/1993, RdM 1994/263) angesehen. Das im gegenständlichen Fall als erwiesen anzunehmende, vom Disziplinarbeschuldigten gegenüber der Patientin M.B. gesetzte Verhalten ist jedenfalls als gravierende Beeinträchtigung des Ansehens der in Österreich tätigen Ärzteschaft zu qualifizieren, zumal gemäß § 136 Abs 1 Ärztegesetz auch ein von österreichischen Ärzten im Ausland gesetztes Verhalten unter diesen Disziplinartatbestand fällt.
2.5.4.2. Wenn der Beschwerdeführer nun behauptet, die Verurteilung in Liechtenstein habe keine Auswirkungen auf das Ansehen der Ärzte in Österreich, weil sämtlichen Zeitungsartikeln keinerlei Hinweise auf die Person des Disziplinarbeschuldigten oder auf seine Tätigkeit in Österreich zu entnehmen seien, lässt er unbeachtet, dass das Ansehen der in Österreich tätigen Ärzteschaft bereits durch das Verhalten gegenüber Patienten beeinträchtigt wird, zumal sich Ärzte gemäß § 136 Abs 1 Ärztegesetz eines Disziplinarvergehens auch schuldig machen, wenn sie im Inland oder im Ausland durch ihr Verhalten dem Patienten gegenüber das Ansehen der in Österreich tätigen Ärzteschaft beeinträchtigen. Unbestritten blieb, dass der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt auch ein in Österreich tätiger Arzt war. Dass dieser Umstand der Beschwerdeführerin nicht bekannt gewesen sei, hat der Beschwerdeführer nicht behauptet.
Zudem ergibt sich aus der Mitteilung der Salzburger Ärztekammer an die Österreichische Ärztekammer vom , in welcher - unter Anschluss von drei Zeitungsartikeln (erschließbar aus Liechtensteiner Zeitungen) - dieser mitgeteilt wurde, der Disziplinarbeschuldigte sei in Liechtenstein rechtskräftig wegen eines Sexualdelikts in Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufs verurteilt worden, sehr wohl, dass das Verhalten des Beschwerdeführers auch in der Öffentlichkeit bekannt wurde.
Diese Information wurde der Salzburger Ärztekammer - wie sich aus dem vorgenannten Schreiben ebenfalls ergibt - 'von dritter Seite', sohin nicht im Zuge eines behördlichen oder gerichtlichen Verfahrens, zugänglich gemacht. Daraus ergibt sich unzweifelhaft, dass vom Verhalten des Disziplinarbeschuldigten nicht nur die Patientin und ihr näheres Umfeld, sondern auch Dritte Kenntnis erlangt haben. Aus der Mitteilung an die Ärztekammer Salzburg ist unzweifelhaft zu entnehmen, dass den Informanten der Ärztekammer bekannt war, dass es sich bei den in den vorgelegten Zeitungsartikeln erwähnten plastischen Chirurgen um einen österreichischen Arzt handelt, wenngleich dies in den Zeitungsberichten nicht ausdrücklich angeführt ist.
2.6. Zum Ausmaß der Disziplinarstrafe:
2.6.1. Das Disziplinarvergehen des Beschwerdeführers, eines in die österreichische Ärzteliste eingetragenen und auch in Österreich tätigen Arztes, hat - wie die Disziplinarbehörde bereits festgestellt hat - ein beträchtliches Gewicht. Ein Arzt, der die ihm zur Behandlung anvertrauten Patienten in der vom Strafgericht festgestellten Art und Weise (mehrfach) sexuell belästigt, erschüttert bereits durch sein Verhalten gegenüber dem Patienten das in die Ärzteschaft gesetzte Vertrauen ganz tiefgreifend und schädigt so empfindlich das Ansehen der Ärzteschaft. Zumal - wie oben dargestellt - das Verhalten des Arztes sowie der Umstand, dass es sich beim Disziplinarbeschuldigten um einen österreichischen Arzt handelt, auch Dritten bekannt wurde, wurde sehr wohl das Ansehen der in Österreich tätigen Ärzteschaft massiv beeinträchtigt. Ein derartiges Verhalten wird in allen Bevölkerungskreisen als besonders verwerflich angesehen und als besonders schwere Ansehensschädigung empfunden. Es erscheint daher erforderlich, hier eine schwere Disziplinarstrafe zu verhängen.
2.6.2. Zur Herabsetzung der Strafe:
...
2.6.2.3. Der Erstinstanz ist zunächst beizupflichten, dass das gegenständliche Disziplinarvergehen des Beschwerdeführers äußerst gravierend ist; die zur objektiven Schwere dieses Verhaltens in der Begründung des in Beschwerde gezogenen Disziplinarerkenntnisses enthaltenen Ausführungen teilt das Verwaltungsgericht vollinhaltlich. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes hat der Beschwerdeführer das Standesansehen der Ärzteschaft durch die - zumindest bedingt vorsätzlich vorgenommenen - angelasteten Handlungen an der Patienten M.B. erheblich und in zumindest in auffallender Sorglosigkeit beeinträchtigt. Eine geringe Schuld im Sinne des § 136 Abs 8 Ärztegesetz liegt daher nicht vor, weshalb ein Absehen von einer Bestrafung somit keinesfalls in Betracht kommt. Durch das Verhalten des Beschwerdeführers sind auch insofern Nachteile, vor allem für die Patientin M.B. im Sinne des § 136 Abs 7 Ärztegesetz entstanden, als ihr Vertrauen in die Ärzteschaft generell stark beeinträchtigt wurde.
2.6.2.4. Anders als das Strafrecht, das moralische Wertungen, Vergeltung und Sühne in den Vordergrund stellt, hat das im Ärztegesetz geregelte Disziplinarrecht jedoch den Zweck, ärztliches Fehlverhalten standesintern unter Beachtung general- und spezialpräventiver Aspekte zu ahnden (vgl. zB Stellamor/Steiner, Handbuch des österreichischen Arztrechts I 517f). Mit der gegenständlichen Disziplinarstrafe war daher lediglich der 'disziplinäre Überhang' der gerichtlich strafbaren Handlungen, nämlich die Beeinträchtigung des Standesansehens, zu ahnden.
2.6.2.5. Gemäß § 136 Abs 7 Ärztegesetz sind bei der Bemessung der Strafe jedoch auch die die §§ 32 bis 34 StGB sinngemäß anzuwenden.
Im vorliegenden Fall war daher zugunsten des Beschwerdeführers strafmildernd zu berücksichtigen, dass er bislang strafrechtlich und disziplinär unbescholten ist und sich seit der vor mehr als vier Jahren begangenen Tat wohlverhalten hat.
Diesen Milderungsgründen stehen erschwerend die Mehrzahl der aktiven geschlechtlichen Handlungen und der unsittlichen Äußerungen gegenüber, die in Ausnützung eines besonderen Vertrauensverhältnisses erfolgten und daher das Vertrauen der Patientin M.B. in die Ärzteschaft ganz massiv beeinträchtigt haben. Zu berücksichtigen war auch das gänzlich fehlende Unrechtsbewusstsein des Beschwerdeführers, der die angelastet Tat hartnäckig in Abrede stellt und sich nicht einmal ansatzweise tatsachengeständig oder einsichtig zeigt.
Bei Abwägung der oben angeführten Erschwerungs- und Milderungsgründe kommt das Gericht zum Ergebnis, dass eine spezialpräventive Notwendigkeit für die die Verhängung der Höchststrafe im Sinne des § 139 Abs 2 ÄrzteG in Anbetracht der zu berücksichtigenden Milderungsgründe nicht vorliegt. Insbesondere aufgrund des über vier Jahre andauernden Wohlverhaltens kann mit der Untersagung der Berufsausübung im herabgesetzten Ausmaß von zwei Monaten aus spezialpräventiven Erwägungen das Auslangen gefunden werden.
Eine geringere Disziplinarstrafe kommt jedoch - aus spezialpräventiven Erwägungen - nicht in Betracht, weil der Beschwerdeführer zum einen die Tat trotz einer rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilung hartnäckig leugnet und kein Unrechtsbewusstsein zeigt und zum anderen in Zukunft gerade als plastischer Chirurg weiterhin Patientinnen (zB im Bereich der Schönheitschirurgie und kosmetischer Operationen) behandeln wird, die ihm als Arzt besonderes Vertrauen entgegen bringen und sensible Körperregionen behandeln lassen. Somit wird ihn nur die Verhängung einer spürbaren Disziplinarstrafe von der Begehung weiterer derartiger Handlungen, die das Ansehen der Ärzteschaft massiv beeinträchtigen, abhalten und mit einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit ein künftiges Wohlverhalten bewirken. Die Beurteilung des Wohlverhaltens seit der Tat hatte auch vor dem Hintergrund des noch anhängigen Disziplinarverfahrens zu erfolgen.
Da gerade jener Bereich der Medizin, in dem der Beschwerdeführer tätig ist, durch ein hochsensibles Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient gekennzeichnet ist, und daher auch die Gefahr besteht, dass Ärzte - wie im gegenständlichen Fall - entgegengebrachtes Vertrauen 'ausnützen', bedarf es besonderer Bemühungen der Ärzte, um ein konstantes Vertrauensverhältnis aufzubauen. Das Verhalten des Beschwerdeführers wiegt daher auch generalpräventiv so schwerwiegend, dass eine weitere Strafreduktion sachadäquat nicht in Betracht kommt."
Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Revision. Die Bundesministerin für Gesundheit sowie der Disziplinaranwalt-Stellvertreter bei der Disziplinarkommission für Oberösterreich und Salzburg erstatteten eine Revisionsbeantwortung. Das Landesverwaltungsgericht Salzburg legte die gegenständliche Revision unter Anschluss der Akten des Verfahrens sowie der Revisionsbeantwortung vor und versah den Vorlagebericht mit "Feststellungen zum Revisionsvorbringen".
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat die Revision gegen sein Erkenntnis im vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 1 VwGG für zulässig erklärt. Der Verwaltungsgerichtshof ist an diesen Ausspruch und dessen Begründung zwar nicht gebunden (vgl. § 34 Abs. 1a VwGG), er erachtet aber ebenfalls die Zulässigkeit der Revision insbesondere angesichts des Umstandes als gegeben, dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu im vorliegenden Fall aufgeworfenen Rechtsfragen noch nicht ergangen ist und die Revision davon abhängt.
§ 136 des Ärztegesetzes 1998, BGBl. I Nr. 169 idF
BGBl. I Nr. 156/2005, lautet auszugsweise:
"Disziplinarvergehen
§ 136. (1) Ärzte machen sich eines Disziplinarvergehens
schuldig, wenn sie im Inland oder im Ausland
1. das Ansehen der in Österreich tätigen Ärzteschaft
durch ihr Verhalten der Gemeinschaft, den Patienten oder den
Kollegen gegenüber beeinträchtigen oder
2. die Berufspflichten verletzen, zu deren Einhaltung
sie sich anläßlich der Promotion zum Doctor medicinae universae
verpflichtet haben oder zu deren Einhaltung sie nach diesem
Bundesgesetz oder nach anderen Vorschriften verpflichtet sind.
(2) Ärzte machen sich jedenfalls eines Disziplinarvergehens
nach Abs. 1 Z 1 oder Z 2 schuldig, wenn sie
1. den ärztlichen Beruf ausüben, obwohl über sie
rechtskräftig die Disziplinarstrafe der befristeten Untersagung
der Berufsausübung (§ 139 Abs. 1 Z 3) verhängt worden ist oder
2. eine oder mehrere strafbare Handlungen vorsätzlich
begangen haben und deswegen von einem in- oder ausländischen Gericht zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder zu einer Geldstrafe von zumindest 360 Tagessätzen oder zu einer Geldstrafe von mehr als 36 340 Euro verurteilt worden sind.
Werden in einem oder mehreren Urteilen Freiheitsstrafen und Geldstrafen (nebeneinander) verhängt, ist die Summe der Freiheitsstrafen und der für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafen verhängten Freiheitsstrafen maßgeblich. Wird in einem oder mehreren Urteilen ausschließlich auf Geldstrafen erkannt, sind diese zusammen zu zählen.
...
(5) Die disziplinäre Verfolgung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der dem angelasteten Disziplinarvergehen zugrunde liegende Sachverhalt einen gerichtlichen Straftatbestand oder einen Verwaltungsstraftatbestand bildet.
(6) Die disziplinäre Verfolgung ist jedoch ausgeschlossen, soweit der Arzt oder außerordentliche Kammerangehörige bereits von einem anderen für ihn zuständigen Träger der Disziplinargewalt hinsichtlich derselben Tat disziplinär bestraft worden ist. Bis zur Erledigung eines vor diesem anhängig gemachten Verfahrens ist das Verfahren vor dem Disziplinarrat oder Disziplinarsenat zu unterbrechen.
(7) Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, genügt für die Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten (§ 6 StGB).
(8) Ein Disziplinarvergehen ist vom Disziplinarrat nicht zu verfolgen, wenn die Schuld des Arztes gering ist und sein Verhalten keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat."
§ 203 des liechtensteinischen Strafgesetzbuches, liechtensteinisches LGBl. Nr. 37/1988 in der am geltenden Fassung LGBl. Nr. 16/2001, lautet:
"§ 203
Sexuelle Belästigung
Wer vor jemandem, der dies nicht erwartet, eine sexuelle Handlung vornimmt und dadurch Ärgernis erregt oder wer jemanden tätlich oder in grober Weise durch Worte sexuell belästigt, ist auf Antrag mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen."
§ 73 und § 218 des (österreichischen) Strafgesetzbuches, BGBl. Nr. 60/1974 idF BGBl. I Nr. 93/2007, lauten:
"Ausländische Verurteilungen
§ 73. Sofern das Gesetz nicht ausdrücklich auf die Verurteilung durch ein inländisches Gericht abstellt, stehen ausländische Verurteilungen inländischen gleich, wenn sie den Rechtsbrecher wegen einer Tat schuldig sprechen, die auch nach österreichischem Recht gerichtlich strafbar ist, und in einem den Grundsätzen des Art. 6 der europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, entsprechenden Verfahren ergangen sind.
...
Sexuelle Belästigung und öffentliche geschlechtliche Handlungen
§ 218. (1) Wer eine Person durch eine geschlechtliche Handlung
1. an ihr oder
2. vor ihr unter Umständen, unter denen dies geeignet
ist, berechtigtes Ärgernis zu erregen,
belästigt, ist, wenn die Tat nicht nach einer anderen
Bestimmung mit strengerer Strafe bedroht ist, mit Freiheitsstrafe
bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu
bestrafen.
(2) Ebenso ist zu bestrafen, wer öffentlich und unter Umständen, unter denen sein Verhalten geeignet ist, durch unmittelbare Wahrnehmung berechtigtes Ärgernis zu erregen, eine geschlechtliche Handlung vornimmt.
(3) Im Falle des Abs. 1 ist der Täter nur mit Ermächtigung der belästigten Person zu verfolgen."
Der Revisionswerber bestreitet nicht, dass er M.B. in seiner Ordination in Liechtenstein behandelt hat und dass M.B. sich am in seiner Ordination zu einem Nachbehandlungstermin aufgehalten hat.
Der Revisionswerber stellt weiters nicht in Abrede, dass er mit rechtskräftigem Urteil des Fürstlichen Obergerichts vom wegen sexueller Belästigung der M.B. am in seiner Ordination wegen des Vergehens der sexuellen Belästigung nach § 203 StGB für schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe von 200 Tagessätzen verurteilt wurde, wobei die Höhe des Tagessatzes mit CHF 300,-- bestimmt wurde.
Vom Revisionswerber wird nicht bestritten, dass seinem gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittel vom Fürstlichen Obersten Gerichtshof vom und vom Staatsgerichtshof des Fürstentums Liechtenstein als Verfassungsgerichtshof vom keine Folge gegeben wurde.
Der Revisionswerber hat in einem dem Landesverwaltungsgericht übermittelten Beschwerdeschreibens an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) bekannt gegeben, dass seine beim EGMR erhobene Beschwerde gegen die Entscheidung des Staatsgerichtshofes als Verfassungsgerichtshof vom vom EGMR mit Beschluss vom , Nr. 23607/13, ohne Durchführung eines Verfahrens für unzulässig erklärt worden ist.
Der Revisionswerber bestreitet aber das ihm vorgeworfene Verhalten der sexuellen Belästigung der M.B. und hat weitere Zeugen und Gutachten von Sachverständigen über die Unglaubwürdigkeit der Belastungszeugin ins Treffen geführt. Er bestreitet allerdings nicht, dass dem auf diese Argumente gegründeten Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens von den Liechtensteinischen Gerichten rechtskräftig keine Folge gegeben wurde, diesbezüglich sei jedoch eine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte noch nicht erledigt.
Der Revisionswerber meint, die vom Landesverwaltungsgericht Salzburg mit dem angefochtenen Erkenntnis ausgesprochene Disziplinarstrafe sei entgegen Art. 6 EMRK zustande gekommen. Dieser Meinung hat sich allerdings der Verfassungsgerichtshof nicht angeschlossen, der die Behandlung der Beschwerde des Revisionswerbers gegen das angefochtene Erkenntnis mit Beschluss vom , E 1154/2014, abgelehnt hat.
Der Revisionswerber hält das angefochtene Erkenntnis deswegen für rechtswidrig, weil diesem nicht eindeutig zu entnehmen sei, ob nun der Revisionswerber wegen des ihm vorgeworfenen Verhaltens der sexuellen Belästigung oder aber wegen der Tatsache seiner Verurteilung wegen dieses Verhaltens diszipliniert worden sei.
Damit zeigt der Revisionswerber eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses nicht auf, weil aus diesem mit ausreichender Klarheit hervorgeht, dass der Revisionswerber wegen seines tatsächlichen Verhaltens gegen die Patientin M.B. disziplinarrechtlich belangt wurde und nicht wegen der gegen ihn durch liechtensteinische Gerichte ergangenen Verurteilung wegen dieses Verhaltens.
Der Revisionswerber erachtet sich durch das angefochtene Erkenntnis auch deswegen in seinen Rechten verletzt, weil ihm im Einleitungsbeschluss noch ein Dienstpflichtvergehen entgegen § 136 Abs. 2 Z. 2 Ärztegesetz 1998 vorgeworfen worden sei, er vom Disziplinarrat und dem Landesverwaltungsgericht hingegen wegen Verletzung der Dienstpflicht gemäß § 136 Abs. 1 Z. 1 Ärztegesetz 1998 bestraft worden sei. Dies widerspreche dem Überraschungsverbot und insofern weist der Revisionswerber auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom , Nr. 42780/98, hin.
Dieses Argument ist schon deswegen nicht überzeugend, weil § 136 Abs. 2 ÄrzteG 1998, wie zu zeigen sein wird, keinen eigenen Deliktstatbestand bildet, sondern nur besondere Qualifikationen für die Anwendung des § 136 Abs. 1 leg. cit. für bestimmte Fälle enthält. Es trifft zu, dass auch im Disziplinarverfahren der Ärzte eine Bestrafung wegen eines Verhaltens nicht zulässig ist, das nicht bereits in einem Einleitungsbeschluss nach § 154 Abs. 2 Ärztegesetz 1998 vorgehalten wurde (vgl. zur Umgrenzungsfunktion des Einleitungsbeschlusses im Disziplinarrecht der Beamten insofern das hg. Erkenntnis vom , Ra 2014/09/0007). Schon im Einleitungsbeschluss wurde dem Revisionswerber inhaltlich jedenfalls das der strafgerichtlichen Verurteilung zugrunde liegende Verhalten als Disziplinarvergehen angelastet.
Selbst wenn man aber nicht davon ausgeht und weiters annimmt, dass es sich bei einem Einleitungsbeschluss gemäß § 154 Abs. 2 Ärztegesetz 1998 um einen der Anklageschrift im Strafverfahren vergleichbaren Rechtsakt handelt, so unterscheidet sich das vorliegende Disziplinarverfahren von dem im Urteil I.H. and others versus Austria vom , Nr. 42780/98, zu Grunde liegenden Fall doch dadurch, dass es sich im vorliegenden Fall nicht um einen Strafprozess, sondern um ein Verfahren über ein "civil right" im Sinne des Art. 6 Abs. 1 EMRK gehandelt hat, in welchem Art. 6 Abs. 3 lit. a und b EMRK nicht unmittelbar Anwendung finden.
Allerdings hat der Verwaltungsgerichtshof für das Disziplinarverfahren der Beamten die Auffassung vertreten, dass auch die nur für Verfahren über eine strafrechtliche Anklage geltenden Art. 6 Abs. 2 und 3 EMRK wegen der Ähnlichkeit des Disziplinarverfahrens mit einem Strafverfahren auch für die Anforderungen an ein faires Disziplinarverfahren von Bedeutung sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Ra 2015/09/0009). Dies gilt wohl grundsätzlich auch für das Disziplinarverfahren nach dem Ärztegesetz 1998. Der Revisionswerber kann sich jedoch im vorliegenden Fall nicht auf das im Urteil des EGMR vom dargestellte "Überraschungsverbot" berufen, weil er bereits vom Disziplinarrat der Ärztekammer in erster Instanz wegen § 136 Abs. 1 Z. 1 Ärztegesetz 1998 unter ausdrücklicher Berufung auf den von den liechtensteinischen Gerichten festgestellten Sachverhalt der sexuellen Belästigung für schuldig erkannt wurde. Anders als der Oberste Gerichtshof im Fall I.H. hatte das Salzburger Landesverwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG in der Sache selbst zu entscheiden. Der Revisionswerber hatte daher im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht durchaus die Möglichkeit und hat von dieser auch Gebrauch gemacht, seine durch den Disziplinarrat gemäß § 136 Abs. 1 Z. 1 Ärztegesetz 1998 erfolgte Disziplinierung zu bekämpfen und auf eine von ihm als "Überraschung" empfundene Qualifikation durch den Disziplinarrat umfassend zu reagieren. Eine solche Möglichkeit stand im Unterschied dazu den Beschwerdeführern im Fall I.H. and others versus Austria im Rahmen der bloßen Nichtigkeitsbeschwerde an den Obersten Gerichtshof hingegen nicht zur Verfügung (vgl. Randnummern 37 f des angeführten Urteils).
Der Revisionswerber wurde zutreffend gemäß § 136 Abs. 1 Z 1 ÄrzteG 1998 und nicht etwa wegen § 136 Abs. 1 Z 1 iVm § 136 Abs. 2 Z 2 ÄrzteG 1998 wegen seines Verhaltens gegenüber M.B. bestraft. § 136 Abs. 2 Z 2 ÄrzteG 1998 (ebenso wie Z 1 leg. cit.) enthält nämlich keinen eigenen, etwa neben § 136 Abs. 1 Z 1 und 2 ÄrzteG 1998 eigenständig bestehenden Straftatbestand. Mit § 136 Abs. 2 ÄrzteG 1998 werden vielmehr nur näher bestimmte Fälle umschrieben, in denen sich Ärzte "jedenfalls eines Disziplinarvergehens nach Abs. 1 Z 1 oder 2" ÄrzteG 1998 schuldig machen.
Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 136 Abs. 2 Z 2 leg. cit. wurde zutreffend nicht angenommen. Diese Bestimmung erfordert die Verurteilung durch ein in- oder ausländisches Gericht wegen einer Vorsatztat zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder einer Geldstrafe von zumindest 360 Tagessätzen oder zu einer Geldstrafe von mehr als EUR 36.340,-- . Das dem Revisionswerber angelastete Delikt sieht als Strafdrohung eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder eine Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen vor, verhängt wurde eine Geldstrafe von 200 Tagessätzen. Damit ist der Tatbestand nicht erfüllt. Entgegen der Ansicht im Einleitungsbeschluss kommt es im Falle einer Sanktion in Form einer Geldstrafe nach dem Tagessatzsystem auf die Höhe der Geldstrafe nicht an (vgl. 2. Ärztegesetz-Novelle I 2001/110, dazu GP 21 RV 629, S. 65f).
Bei Prüfung der Voraussetzungen des § 136 Abs. 1 Z 1 Ärztegesetz 1998 stützte sich das Landesverwaltungsgericht Salzburg im Wesentlichen und zutreffend auf den Spruch und auf die Feststellungen im rechtskräftigen Urteil des Fürstlichen Obergerichts Liechtenstein vom .
Der Verwaltungsgerichtshof hat nämlich in seinem Erkenntnis vom , Ro 2014/09/0056, dem sachverhaltsmäßig die Verurteilung des Revisionswerbers (eines Arztes) wegen des Vergehens der fahrlässigen Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen nach § 88 Abs. 1 Z 1 StGB zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von sechs Monaten zugrunde lag, Folgendes ausgeführt:
"... Im Falle einer verurteilenden Entscheidung durch ein Strafgericht besteht nämlich eine Bindung der Verwaltungsbehörde und eines Verwaltungsgerichtes in der Frage, dass dadurch (vorbehaltlich einer allfälligen Wiederaufnahme des Strafverfahrens) mit absoluter Wirkung, somit gegenüber jedermann, bindend festgestellt ist, dass die schuldig gesprochene Person die strafbare Handlung entsprechend den konkreten Tatsachenfeststellungen des Strafurteils rechtswidrig und schuldhaft begangen hat (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 98/21/0160, und vom , Zl. 2012/03/0021). Auch wenn im ÄrzteG 1998 eine solche Bindungswirkung nicht ausdrücklich normiert ist, folgt sie aus dem Gedanken der materiellen Rechtskraft, wie sie unanfechtbaren gerichtlichen Entscheidungen eigen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/09/0158).
Die materielle Rechtskraft des strafgerichtlichen Schuldspruchs bewirkt auch im gegenständlichen Fall, dass dadurch - vorbehaltlich einer allfälligen Wiederaufnahme des Strafverfahrens - mit absoluter Wirkung, somit gegenüber jedermann bindend festgestellt ist, dass der Mitbeteiligte die strafbare Handlung entsprechend den konkreten Tatsachenfeststellungen des betreffenden Urteils rechtswidrig und schuldhaft begangen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/18/0133)."
Eine solche Bindungswirkung besteht bei einer inländischen Verurteilung. Hinsichtlich ausländischer Verurteilungen besteht eine solche Bindung nicht in jedem Fall (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2008/18/0575).
Der EuGH hat zu Art. 54 des Schengener Durchführungseinkommens (vgl. das Beitrittsprotokoll Liechtenstein vom , Liechtensteinisches LGBl. Nr. 131/2011) hervorgehoben, dass der darin aufgestellte Grundsatz ne bis in idem zwangsläufig verlangt, dass ein gegenseitiges Vertrauen der Vertragsstaaten in ihre jeweiligen Strafjustizsysteme besteht und dass jeder von ihnen die Anwendung des in den anderen Vertragsstaaten geltenden Strafrechts akzeptiert, auch wenn die Durchführung seines eigenen nationalen Rechts zu einer anderen Lösung führen würde (vgl. etwa die in den Rechtssachen C-187/01 und C-385/01, Gözütok und Brügge, Randnr. 33,und vom , in der Rechtssache C-436/04, Van Esbroeck, Randnr. 30).
Mit Bezug auf Urteile von ausländischen Gerichten ist auf § 73 StGB hinzuweisen, wonach ausländische Verurteilungen inländischen dann gleichstehen, wenn sie den Rechtsbrecher wegen einer Tat schuldig sprechen, die auch nach österreichischem Recht gerichtlich strafbar ist, und in einem den Grundsätzen des Art. 6 EMRK entsprechenden Verfahren ergangen sind.
Beide Voraussetzungen durften im vorliegenden Fall als erfüllt angesehen werden, weshalb die Beurteilung des Disziplinarrates und des Verwaltungsgerichts, dass dem Spruch und den Feststellungen des Strafurteils der Fürstlichen Gerichtshöfe wesentliche Bedeutung für die Feststellung zukommt, dass der Revisionswerber die ihm zur Last gelegte Disziplinarvergehen begangen hat und die diesbezügliche Beweiswürdigung nicht als rechtswidrig erachtet werden kann.
Der Revisionswerber geht mit seiner Behauptung fehl, das ihm vorgehaltene Verhalten entgegen § 203 des liechtensteinischen StGB wäre in Österreich nicht strafbar, in Österreich ist nämlich - darauf weist die Bundesministerin für Gesundheit zutreffend hin - dasselbe Verhalten in § 218 StGB ebenfalls unter die Strafdrohung einer Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen unter Strafe gestellt (vgl. dazu im Übrigen näher Phillip in Höpfel/Ratz (Hrsg), Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch, zu § 218 StGB). Ohne Grundlage ist die Behauptung des Revisionswerbers, er sei im Fürstentum Liechtenstein wegen eines Delikts bestraft worden, bei dem seine Arzteigenschaft schon als Tatbestandsvoraussetzung gedient habe oder anders formuliert, wegen eines Berufsdelikts. Dazu genügt ein Hinweis auf den oben wiedergegebenen Wortlaut des § 203 des liechtensteinischen StGB, die Arzteigenschaft oder eine sonstige besondere Eigenschaft gehören nicht zu den Tatbestandsvoraussetzungen dieser Bestimmung.
Auch die weitere Voraussetzung, dass die Verurteilung in einem den Grundsätzen des Art. 6 EMRK entsprechenden Verfahren ergangen ist, kann angesichts der ausführlichen Urteilsbegründungen sowie angesichts der Zurückweisung der Beschwerde des Revisionswerbers durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte als gegeben erachtet werden. Daher durfte das Verwaltungsgericht Vertrauen in die Richtigkeit der Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes durch das Fürstliche Obergericht vom setzen. Es ist daher nicht rechtswidrig, wenn das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall im Grunde des § 136 Abs. 1 Z 1 Ärztegesetz 1998 den Feststellungen des Urteiles des Fürstlichen Obergerichtes vom erhebliche Bedeutung beimaß, sich in einer ausführlichen Einvernahme des Revisionswerbers von diesem einen persönlichen Eindruck machte und gestützt darauf seine Feststellungen traf.
Wenn der Revisionswerber anregt, der Verwaltungsgerichtshof möge die Bestimmung des § 136 Abs. 2 Z. 2 Ärztegesetz 1998 wegen Verfassungswidrigkeit beim Verfassungsgerichtshof anfechten, so folgt der Verwaltungsgerichtshof diesem Wunsche nicht, weil die Bestimmung nicht angewendet wurde und im Übrigen schon der Verfassungsgerichtshof im vorliegenden Fall in seinem Beschluss vom , E 1154/2014, dagegen keine Bedenken hegte.
Der wegen Verletzung des § 136 Abs. 1 Z. 1 Ärztegesetz 1998 bestrafte Revisionswerber hält seine Bestrafung für "fundamental unhaltbar", und die Anwendung der "Generalklausel" des § 136 Abs. 1 Z. 1 ÄrzteG 1998 für rechtswidrig; hiezu verweist er auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 10.737/1985 zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit von Verhängung von Aufenthaltsverboten unter dem Gesichtspunkt des in Art. 8 EMRK geschützten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Privat- und Familienlebens.
Damit meint der Revisionswerber offensichtlich, die im vorliegenden Fall angewendete Strafbestimmung des § 136 Abs. 1 Z. 1 ÄrzteG 1998 sei unter dem Gesichtspunkt des verfassungsrechtlichen Legalitätsprinzips und des Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht ausreichend präzise determiniert.
Ebenso wenig wie das Disziplinarrecht der Beamten enthält das Disziplinarrecht der Ärzte einen typisierten Straftatbestandskatalog im Sinne etwa des StGB (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/09/0137). Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2007/09/0141, zu einem ähnlichen Einwand gegen die Disziplinierung eines Beamten wegen Verletzung der allgemeinen Dienstpflicht des § 29 Abs. 2 LDG 1984 unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK Folgendes ausgeführt:
"... Die Vorschrift des § 29 Abs. 2 LDG 1984 erscheint vor diesem Hintergrund und angesichts der im Disziplinarverfahren vorgesehenen Verfahrensschritte nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes angesichts der durch die Wirkung der darin normierten Dienstpflichten und der damit bewirkten Einschränkung des in Art. 8 EMRK garantierten Rechts auf Privat- und Familienleben ausreichend genau und nicht als verfassungswidrig, weshalb der Verwaltungsgerichtshof von der Stellung eines - vom Beschwerdeführer vorgeschlagenen - Gesetzesaufhebungsantrages beim Verfassungsgerichtshof Abstand nimmt. Hinzuweisen ist darauf, dass die Bestimmung angesichts ihrer relativen Unbestimmtheit in jedem einzelnen Fall auf grundrechtskonforme Weise auszulegen und anzuwenden ist (vgl. Kneihs, Dienstrecht und Privatleben, ZfV 1998, 119 ff, und Kucsko-Stadlmayer, Disziplinarrecht der Beamten, 3. Auflage 2003, 125 f). Daher kann im vorliegenden Fall die disziplinarrechtliche Sanktionierung des Verhaltens des Beschwerdeführers im Sinne des Art. 8 EMRK und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte nicht grundsätzlich als nicht in einer demokratischen Gesellschaft notwendig erachtet werden (vgl. zur Rechtsprechung des EGMR auch Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, 3. Auflage 2008, 207 ff; vgl. auch die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur ausreichenden Bestimmtheit des § 43 Abs. 2 BDG 1979 unter dem Gesichtspunkt des Art. 10 EMRK und des Art. 18 B-VG die Erkenntnisse dieses Gerichtshofes VfSlg. 13.978/1994 und VfSlg. 17.374)."
Diese Erwägungen treffen grundsätzlich auch im vorliegenden Fall zu. Auch der Verfassungsgerichtshof hat es in ständiger Rechtsprechung als zulässig erachtet, dass Standesgemeinschaften Verhaltensweisen von Standesmitgliedern, die eine Gefährdung des Ansehens des Standes bewirken, einer gesonderten disziplinarrechtlichen Verfolgung unterwerfen und bei deren Umschreibung unbestimmte Rechtsbegriffe verwenden, wobei der Inhalt des Begriffes der Standespflichten aus den allgemeinen gesellschaftlichen Anschauungen und den gefestigten Gewohnheiten des jeweiligen (Berufs )Standes festgestellt werden kann und die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe mit Art. 18 B-VG vereinbar und daher zulässig ist (vgl. etwa die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 13.590/1993, 15.543/1999, 16.606/2002).
Im vorliegenden Fall besteht daran kein Zweifel, dass die dem Revisionswerber zur Last liegende sexuelle Belästigung in Ausübung seiner ärztlichen Tätigkeit ein Disziplinarvergehen nach § 136 Abs. 1 Z 1 ÄrzteG 1998 darstellt. Die Beurteilung des Landesverwaltungsgerichts kann nicht als rechtswidrig angesehen werden, dass der Revisionswerber durch sein Verhalten der M.B. gegenüber das Ansehen der in Österreich tätigen Ärzteschaft gravierend beeinträchtigt hat. Ausdrücklich sind in § 136 Abs. 1 ÄrzteG 1998 auch im Ausland begangene Disziplinarvergehen erfasst. Daher ist es - entgegen der Auffassung des Revisionswerbers - für die Beurteilung eines Verhaltens oder einer Unterlassung als Disziplinarvergehen nicht von entscheidender Bedeutung, ob das Disziplinarvergehen in Österreich begangen wurde oder ob einem Opfer die Mitgliedschaft des Arztes zur österreichischen Ärztekammer tatsächlich bekannt war.
Soweit sich der Revisionswerber durch das angefochtene Erkenntnis im Verbot auf Doppelverfolgung und Doppelbestrafung wegen desselben Delikts für verletzt erachtet (Art. 4 7. ZP-EMRK, Art. 50 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 54 des Schengener Durchführungsübereinkommens), ist er darauf zu verweisen, dass die disziplinarische Verfolgung wegen Verletzung von Standespflichten zusätzlich zur Verfolgung wegen Verletzung allgemein strafbarer Tatbestände durch dasselbe Verhalten einen eigenen, eine gesonderte disziplinäre Bestrafung rechtfertigenden Aspekt darstellt, weswegen § 95 Abs. 2 Z. 1 ÄrzteG 1998 auch nicht gegen Art. 4 7. ZP-EMRK, Art. 50 GRC und Art. 54 Schengener Durchführungsübereinkommen verstößt (vgl. etwa das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 16.606/2002 und auch die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur vergleichbaren Problematik im Beamtendisziplinarrecht, vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2011/09/0038, und vom , Zl. 2011/09/0013).
Soweit der Revisionswerber in diesem Zusammenhang ein Verfahren vor einem "Ehrenrat" der Österreichischen Ärztekammer erwähnt, bringt er selbst vor, dass dieses eingestellt sei; im vorliegenden Fall ist nicht zu ersehen, inwiefern hier eine Rechtsverletzung vorläge.
Der Revisionswerber meint, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass er auf die Fortsetzung der öffentlichen mündlichen Verhandlung verzichtet habe, er erachtet sich durch das Unterbleiben der Fortsetzung der mündlichen Verhandlung in seinen Rechten verletzt. Soweit er damit die Unterlassung der Einvernahme der in der Berufung genannten Zeugen moniert, ist ihm Folgendes zu erwidern:
Der Revisionswerber hatte bereits im Verfahren vor den liechtensteinischen Gerichten die Möglichkeit, Fragen an die Belastungszeugin zu stellen und die Feststellungen des Erstgerichts umfassend zu bekämpfen. Es widerspricht nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes nicht dem im Disziplinarverfahren der Ärzte geltenden Grundsatz eines fairen Verfahrens gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK, wenn ihm im Disziplinarverfahren nicht neuerlich die Möglichkeit eingeräumt wird, bereits auf rechtsstaatlich Weise geprüfte Fragen neuerlich aufzurollen (vgl. das Urteil vom , I.D. gegen Bulgarien, Nr. 43578/98, und den Beschluss vom , im Fall Heinz-Peter Bauer gegen Deutschland, Nr. 29035/06).
Auch die Strafzumessung begegnet im vorliegenden Fall keinen Bedenken (vgl. ausführlich zur Strafzumessung bei Verhängung einer Disziplinarstrafe nach dem Ärztegesetz 1998 das hg. Erkenntnis vom , Ro 2014/09/0056). Wenn das Verwaltungsgericht als erschwerend die Mehrzahl der aktiven geschlechtlichen Handlungen innerhalb eines Gesamtverhaltens und der unsittlichen Äußerung anführt, so entspricht dies der zugrunde gelegen Beweislage.
Zutreffend hat das Landesverwaltungsgericht ausgeführt, dass ein Arzt, der die ihm zur Behandlung anvertrauten Patienten in der vom Strafgericht festgestellten Art und Weise sexuell belästigt, bereits durch sein Verhalten gegenüber dem Patienten das in die Ärzteschaft gesetzte Vertrauen ganz tiefgreifend erschüttert und so empfindlich das Ansehen der Ärzteschaft schädigt.
Die Revision war daher nach dem Gesagten gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Revisionsbeantwortung des Disziplinaranwalt-Stellvertreters bei der Disziplinarkommission für Oberösterreich und Salzburg war zurückzuweisen, weil weder dem Disziplinaranwalt noch dem Disziplinaranwalt-Stellvertreter nach § 141 Ärztegesetz 1998 im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Parteistellung zukommt, wenn er nicht selbst Revision erhebt (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis vom , Ro 2014/09/0049).
Die "Feststellungen zum Revisionsvorbringen" des Landesverwaltungsgerichts wurden vom Verwaltungsgerichtshof nicht in Behandlung genommen, zumal den Verwaltungsgerichten im Verfahren über Revisionen nach Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG weder die Stellung einer Partei noch sonst einer Verfahrensbeteiligten zukommt (vgl. die unterschiedliche Beurteilung für das Verfahren nach Art. 144 B-VG vor dem Verfassungsgerichtshof in dessen Erkenntnis vom , G 30/2014 ua Zlen.).
Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG unterbleiben, zumal bereits das Landesverwaltungsgericht Salzburg, ein Tribunal gemäß Art. 6 EMRK, in der Sache selbst verhandelt hat.
Wien, am