VwGH vom 24.06.2015, Ro 2014/09/0063
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Revision des R O in P, vertreten durch Nenning Tockner, Rechtsanwälte in 4400 Steyr, Stelzhamerstraße 6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. L509 2009682- 1/7E, betreffend Versagung einer "Rot-Weiß-Rot-Karte"-"sonstige Schlüsselkraft" nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht: regionale Geschäftsstelle Kirchdorf/Krems des Arbeitsmarktservice), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid der vor dem Bundesverwaltungsgericht belangten Behörde vom wurde der Antrag des Revisionswerbers, eines Staatsangehörigen von Mazedonien, auf Ausstellung einer Rot-Weiß-Rot-Karte für eine Schlüsselkraft gemäß § 12b Z. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) abgewiesen. Die dagegen vom Revisionswerber erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis abgewiesen und dies zusammengefasst damit begründet, dass der Revisionswerber einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot-Karte" gemäß § 41 Abs. 2 Z. 2 Niederlassungsund Aufenthaltsgesetz ("sonstige Schlüsselkraft") gestellt habe; aus der Arbeitgebererklärung gehe hervor, dass der Revisionswerber in einem Gewerbebetrieb als Koch angestellt werden solle. Der Revisionswerber erfülle nicht die zu einer Beschäftigung als Schlüsselkraft erforderliche Mindestpunkteanzahl nach Anlage C zum Ausländerbeschäftigungsgesetz.
Der Revisionswerber sei am geboren. Er vertrete die Auffassung, dass für das Kriterium "Alter" auf Grund der Formulierung in der Anlage C des AuslBG "Alter bis 40 Jahre" 15 Punkte auch dann anzurechnen wären, wenn der Antragsteller das 40. Lebensjahr bereits überschritten, aber das 41. Lebensjahr noch nicht erreicht habe. Er sei zwar bereits 40 Jahre alt, habe aber das 41. Lebensjahr noch nicht erreicht. Der Revisionswerber habe diese Auffassung damit begründet, dass der Gesetzgeber in der Anlage C 40-jährige Antragsteller miteinschließen habe wollen, er habe bewusst eine andere Formulierung als in der Bestimmung des § 12b AuslBG gewählt, wo es heiße, "sofern sie das 30. Lebensjahr überschritten haben". Bei der Formulierung "bis" bleibe ein Beurteilungsspielraum, was auf eine unterschiedliche Auslegung schließen lasse. Das Bundesverwaltungsgericht führte wie folgt aus:
"Das Bundesverwaltungsgericht kann dieser Auffassung nicht beitreten. In den Materialien zur Anlage C des AuslBG finden sich weder Anhaltspunkte für die Auslegung des Kriteriums 'Alter bis 40 Jahre' im Sinne der Beschwerde noch für eine andere Auslegung. Es kann somit auf die für die Berechnung von Fristen im I. Teil,
5. Abschnitt des AVG vorgesehene Regelung zurückgegriffen werden. Hinsichtlich Berechnung und Ablauf bestehen kaum Unterschiede zwischen materiell- und verfahrensrechtlichen Fristen (Hengstschläger/Leeb, AVG I 2.Ausgabe 2014, § 32 AVG, Rz 6). Gemäß § 32 Abs. 2 AVG endet eine nach Jahren bestimmte Frist mit dem Ablauf desjenigen Tages, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Der Beginn von Fristen, die nach Wochen, Monaten oder Jahren (nach 'Kalenderzeiträumen' (Hellbling 217; Mannlicher/Quell AVG § 32 Anm 1)) bemessen sind, hat weder im AVG noch im Fristenübereinkommen (Europäisches Übereinkommen über die Berechnung von Fristen, BGBl. Nr. 254/1983) eine ausdrückliche Regelung erfahren. Aus dem AVG geht aber doch hervor, dass auch solche Fristen an dem Tag beginnen, auf den das fristauslösende Ereignis fällt. Dies wird von § 32 Abs. 1 AVG nämlich offenkundig vorausgesetzt und daher darin angeordnet, dass dieser Tag bei einer nach Tagen bestimmten Frist nicht mitzuzählen ist. Art. 3 Abs. 1 Fristenübereinkommen sieht vor, dass auch nach Kalenderzeiträumen bestimmte Fristen ab Mitternacht des Anfangstages laufen. Zwar fehlt eine solche ausdrückliche Anordnung in § 32 Abs. 2 AVG, sie ist aber in Wahrheit in der dort festgelegten Berechnungsmethode verpackt. Dementsprechend hat der VwGH ausgesprochen, dass sich aus dem Zusammenhalt von § 32 Abs. 2 AVG und Art. 3 Abs. 1 Fristenübereinkommen ergibt, 'dass nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen an dem Tag, und zwar um 24 Uhr dieses Tages, zu laufen beginnen, an dem das den Fristenlauf bestimmende Ereignis stattgefunden hat' (, so im Ergebnis auch ). (Hengstschläger/Leeb, AVG I 2.Ausgabe 2014, § 32 AVG, Rz 12)
Ist eine Frist in Monaten oder Jahren ausgedrückt, so endet sie gemäß § 32 Abs. 2 AVG mit Ablauf (Mitternacht (Art. 3 Abs. 1 Fristenübereinkommen; )) desjenigen Tages des letzten Monats (des letzten Jahres (vergl. Art. 4 Abs. 3 Fristenübereinkommen)) der durch seine Zahl (AB 1925, 14) dem Tag entspricht (z.B. 31.07.; 'dies ad quem'), an dem die Frist begonnen hat (z.B. 31.01.; 'dies a quo') (Hengstschläger/Leeb, AVG I 2.Ausgabe 2014, § 32 AVG, Rz 13)
Es ist aber zum einen kein Grund ersichtlich, warum der Gesetzgeber bei der Berücksichtigung des Lebensalters als Kriterium im Rahmen der Vergabe von Beschäftigungsbewilligungen einen Beurteilungsspielraum dahingehend schaffen hätte wollen, dass er Antragsteller, die das 40. Lebensjahr bereits überschritten aber das 41. Lebensjahr noch nicht erreicht haben, mit einbezieht. Entgegen der Auffassung des Erstbeschwerdeführers bedeutet die Formulierung 'Alter bis 40 Jahre' nicht ein Lebensalter, das über den 40. Geburtstag hinausgeht, sondern ist dieses mit Ablauf des entsprechenden Datums überschritten. Der Erstbeschwerdeführer war somit beispielsweise am nicht mehr 40 Jahre sondern bereits 40 Jahre und einen Tag alt und wären ihm 15 Punkte aufgrund seines Lebensalters schon zu diesem Zeitpunkt nicht mehr anzurechnen gewesen.
Die Argumentation der Beschwerde, die im Ergebnis bedeutet, der Erstbeschwerdeführer sei immer noch 40 Jahre alt, solange der
41. Geburtstag nicht eingetreten ist, geht ins Leere, zumal der Erstbeschwerdeführer nach o. a. Berechnungsmethode bereits am Tag nach seinem 40. Geburtstag sohin 40 Jahre und einen Tag alt ist und nicht mehr unter die Personengruppe der 'Bis-40-Jährigen' fällt.
(...) Wie die belangte Behörde richtig festgestellt hat, sind dem Erstbeschwerdeführer insgesamt lediglich 40 Punkte anzurechnen. Der Beschwerde war daher nicht stattzugeben und der angefochtene Bescheid zu bestätigen."
Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zugelassen, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhänge, der grundsätzliche Bedeutung zukomme und weil es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bisher fehle.
Die vor dem Bundesverwaltungsgericht belangte Behörde erstattete einen als "Revisionsbeantwortung" bezeichneten Schriftsatz. Das Bundesverwaltungsgericht legte dem Verwaltungsgerichtshof die gegenständliche Revision unter Anschluss der Akten des Verfahrens sowie der Revisionsbeantwortung zur Entscheidung vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Verwaltungsgerichtshof ist an den Ausspruch des Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich der Zulässigkeit der Revision zwar nicht gebunden, er erachtet aber die Zulässigkeit der Revision angesichts des Umstandes als gegeben, dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Formulierung "bis 40 Jahre" in Anlage C des Ausländerbeschäftigungsgesetzes noch nicht ergangen ist.
Der Revisionswerber hält das angefochtene Erkenntnis deswegen für rechtswidrig, weil das Ausländerbeschäftigungsgesetz an verschiedenen Stellen bei Angaben des Alters bewusst die Formulierung "sofern sie ein bestimmtes Lebensjahr (nicht) überschritten haben" wähle, und etwa in § 4 "das 50. Lebensjahr vollendet", in § 12b "das 30. Lebensjahr überschritten" und in § 32a "das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet" formuliere, in der Anlage C hingegen werde die Formulierung "bis 40 Jahre" verwendet. Bei dieser Formulierung bleibe ein Beurteilungsspielraum und die Bestimmung könne auch dahingehend ausgelegt werden, dass alle Personen erfasst seien, die nicht mehr 40 Jahre alt" sind, also bis zum 41. Geburtstag sohin bis zur Vollendung des 41. Lebensjahrs. Nach den Regelungen hinsichtlich des Endes eines Fristenlaufes sei ein solcher erst nach Ablauf des festgelegten Zeitraums beendet, sohin mit dem Tag, an dem der Antragsteller nicht mehr 40 Jahre alt sei. Dies sei eine Person allerdings so lange 40 Jahre alt, bis sie das 41. Lebensjahr vollendet habe, sodass auch die Frist erst mit der Vollendung des 41. Lebensjahres enden könne. Der Revisionswerber sei jedoch im Antragszeitpunkt (dem ) erst 40 Jahre alt gewesen.
Gemäß § 12b Z. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975 idF BGBl. I Nr. 25/2011, werden Ausländer zu einer Beschäftigung als Schlüsselkraft zugelassen, wenn sie "die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage C angeführten Kriterien erreichen" und weitere Voraussetzungen gegeben sind. Die Anlage C zum AuslBG lautet auszugsweise:
"Zulassungskriterien für sonstige Schlüsselkräfte gemäß § 12b Z 1
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Kriterien | Punkte |
... | ... |
Alter | maximal anrechenbare Punkte: 20 |
bis 30 Jahre bis 40 Jahre | 20 15 |
Summe der maximal anrechenbaren Punkte Zusatzpunkte für Profisportler/innen und Profisporttrainer/innen | 75 20 |
erforderliche Mindestpunkteanzahl | 50 |
"
Aus dem Wortlaut der unter dem Abschnitt "Alter" enthaltenen Formulierung geht hervor, dass bei einem Lebensalter des Ausländers von bis 30 Jahren 20 Punkte und einem Lebensalter zwischen 30 Jahren und 40 Jahren 15 Punkte für die für § 12b Z. 1 AuslBG maßgebliche Berechnung anzurechnen sind.
Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch bedeutet das Wort "bis" in der deutschen Sprache die "Bezeichnung eines zeitlichen Endpunktes" (Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Deutsches Wörterbuch, Neubearbeitung hrsg. v. der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, 2013, 5. Band, 2. Lieferung 292 f). Aus der Anlage C geht daher hervor, dass bis zu einem Lebensalter von 30 Jahren 20 Punkte und bei einem Lebensalter zwischen 30 und 40 Jahren 15 Punkte anzurechnen sind. Mit der Formulierung "bis 40 Jahre" wird sohin ein Endzeitpunkt jenes Zeitraumes von der Vollendung des 30. Lebensjahres an bis zur Vollendung des 40. Lebensjahres an bezeichnet, innerhalb dessen 15 Punkte im Sinne der angeführten Anlage C zu vergeben sind. Daraus geht auch hervor, dass mit Beendigung des 40. Lebensjahres unter dem Gesichtspunkt "Alter" nach der Anlage C keine Punkte anzurechnen sind.
Die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts kann daher schon deshalb nicht als rechtswidrig angesehen werden, weshalb die Revision gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Wien, am