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VwGH vom 20.05.2015, Ro 2014/09/0062

VwGH vom 20.05.2015, Ro 2014/09/0062

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr und Mag. Feiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Revision der revisionswerbenden Partei WS in W, vertreten durch Dr. Christoph Naske, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wipplingerstraße 21, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom , Zl. VGW-041/029/21972/2014-18, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien, weitere Parteien: Bundesminister für Finanzen, Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz) zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird im Umfang seines Ausspruches über die Strafe und die Verfahrenskosten wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen wird die Revision als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom wurde der Revisionswerber in teilweise Bestätigung des Ausspruches des Magistrats der Stadt Wien für schuldig erkannt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer näher angeführten GmbH zu verantworten, dass diese in näher angeführten Zeiträumen im Jahr 2011 einen rumänischen und einen ägyptischen Staatsangehörigen sowie einen Staatenlosen beschäftigt habe, obwohl für diese Ausländer keine arbeitsmarktbehördlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen seien.

Der Revisionswerber habe dadurch § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 AuslBG verletzt, weshalb über ihn drei Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 2.800,--, für den Uneinbringlichkeitsfall Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils drei Tagen, verhängt wurden.

Das Verwaltungsgericht Wien sprach gemäß § 25a VwGG aus, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.

Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht - soweit hier maßgeblich - aus, der Einwand des Revisionswerbers treffe nicht zu, dass Strafbarkeitsverjährung eingetreten sei. Zwar sei nunmehr seit der VStG-Novelle BGBl. I Nr. 3/2013 die Strafbarkeitsverjährung in § 31 VStG geregelt, die Verfolgungsverjährung sei in der nunmehrigen Fassung des VStG in § 31 Abs. 1 leg. cit. generell mit einem Jahr festgesetzt. Der Verweis in § 28 Abs. 2 AuslBG sei ein statischer auf § 31 Abs. 2 VStG in der Fassung BGBl. Nr. 172. Es könne der Verweis daher nicht auf die nunmehr geltende Fassung des § 31 Abs. 2 VStG bezogen werden. Zur Zeit der Erlassung des Straferkenntnisses des Landesverwaltungsgerichts seien seit den angelasteten Beschäftigungen noch nicht drei Jahre vergangen.

Strafbarkeitsverjährung sei daher nicht eingetreten.

Der Verwaltungsgerichthof hat nach Vorlage der Akten sowie von Revisionsbeantwortungen der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde sowie des Bundesministers für Finanzen erwogen:

Die Revision ist aus der vom Verwaltungsgericht aufgezeigten Rechtsfrage zulässig, sie ist jedoch nur im Ergebnis berechtigt.

Der Revisionswerber hält das angefochtene Erkenntnis für rechtswidrig, weil § 28 Abs. 2 AuslBG auf § 31 Abs. 2 VStG in seiner nunmehrigen Fassung, also nunmehr auf die Strafbarkeitsverjährung verweise und festlege, dass diese ein Jahr dauere. Das ergangene Straferkenntnis sei daher wegen Verjährung rechtswidrig.

Dieser Auffassung kann sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anschließen.

§ 31 Abs. 1 und 2 des Verwaltungsstrafgesetzes - VStG 1950, BGBl. Nr. 172, lautet:

"Verjährung .

§ 31. (1) Die Verfolgung einer Person ist unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist.

(2) Die Verjährungsfrist beträgt bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes-, Bezirks- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen drei Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen , an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat ; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt."

Am , dem Zeitpunkt des Inkrafttretens (Art. III Abs. 1 BGBl. Nr. 231/1988) des § 28 Abs. 2 AuslBG, lauteten § 31 Abs. 1 und 2 VStG 1950, BGBl. Nr. 172 idF BGBl. 101/1977, wie folgt:

"Verjährung.

§ 31. (1) Die Verfolgung einer Person ist unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist.

(2) Die Verjährungsfrist beträgt bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt."

§ 31 Abs. 1 und 2 des Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl. I Nr. 52, idF BGBl. Nr. 33/2013, lautet:

"Verjährung

§ 31. (1) Die Verfolgung einer Person ist unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

(2) Die Strafbarkeit einer Verwaltungsübertretung erlischt durch Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt in dem in Abs. 1 genannten Zeitpunkt. In die Verjährungsfrist werden nicht eingerechnet:

1. die Zeit, während deren nach einer gesetzlichen

Vorschrift die Verfolgung nicht eingeleitet oder fortgesetzt

werden kann;

2. die Zeit, während deren wegen der Tat gegen den

Täter ein Strafverfahren bei der Staatsanwaltschaft, beim Gericht

oder bei einer anderen Verwaltungsbehörde geführt wird;

3. die Zeit, während deren das Verfahren bis zur

rechtskräftigen Entscheidung einer Vorfrage ausgesetzt ist;

4. die Zeit eines Verfahrens vor dem

Verwaltungsgerichtshof, vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Union."

§ 28 Abs. 2 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975, idF BGBl. Nr. 231/1988, in Kraft getreten mit , lautet:

"Die Verjährungsfrist (§ 31 Abs. 2 des Verwaltungsstrafgesetzes - VStG 1950, BGBl. Nr. 172) für Verwaltungsübertretungen gemäß Abs. 1 beträgt ein Jahr"

In den Erläuterungen der Regierungsvorlage zu dieser Bestimmung, BlgNR 449, S 16, 17. GP, heißt es wie folgt:

"Der neu eingefügte Abs. 2 soll verhindern, daß bei den oftmals erforderlichen zeitaufwendigen Beweisverfahren die Strafbestimmungen im Einzelfall wegen der Verjährung nicht mehr zur Anwendung kommen können, was die Wirksamkeit der Strafbestimmungen bisher wesentlich vermindert hat. Eine von den allgemeinen Grundsätzen abweichende Festlegung der Verjährungsfrist erscheint daher unbedingt notwendig."

Mit der Formulierung "die Verjährungsfrist" verweist § 28 Abs. 2 AuslBG auf die Verfolgungsverjährungsfrist des § 31 Abs. 1 und 2 VStG in der Fassung des VStG 1950, BGBl. Nr. 172. Auch zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 28 Abs. 2 AuslBG, am , hatte sich diese Bedeutung der verwiesenen Vorschrift nicht geändert. Nach dem Sprachgebrauch des Gesetzes wird unter "der Verjährungsfrist" in § 31 Abs. 1 und 2 VStG die Verfolgungsverjährungsfrist verstanden. § 28 Abs. 2 AuslBG regelt daher, wie aus der Verweisung auf eine bestimmte Fassung des VStG hervorgeht, die Verfolgungsverjährungsfrist. Diese Frist sollte - wie aus den wiedergegebenen Erläuterungen der Regierungsvorlage zweifelsfrei ersichtlich - wegen zeitaufwendiger Beweisverfahren mit § 28 Abs. 2 AuslBG ausgedehnt werden. Wenn nun angesichts der Änderung des VStG mit dem Bundesgesetz BGBl. Nr. 33/2013 die in § 28 Abs. 2 AuslBG enthaltene Verweisung nicht angepasst wurde, so kann dieser Untätigkeit des Gesetzgebers im vorliegenden Zusammenhang bei verständiger Würdigung des Inhaltes der maßgeblichen Rechtsvorschriften (siehe auch § 33a AuslBG) nicht die Bedeutung entnommen werden, es hätte sich auch die Bedeutung der verweisenden Vorschrift geändert und die Frist für die Strafbarkeitsverjährung wäre auf ein Drittel verkürzt und betrüge nunmehr bloß ein Jahr. Dem Verwaltungsgericht Wien ist daher beizupflichten, dass in § 28 Abs. 2 AuslBG eine derartige Verkürzung der (Strafbarkeits )Verjährungsfrist geradezu in Verkehrung des im Kontext der historischen Rechtsentwicklung klaren Willens des Gesetzgebers nicht gesehen werden kann.

Eine Rechtswidrigkeit der Schuldsprüche des angefochtenen Straferkenntnisses ist daher nicht zu erkennen, der Revisionswerber bringt insoferne auch sonst nichts vor.

Allerdings hat das Verwaltungsgericht übersehen, dass es - in Abänderung des Straferkenntnisses der belangten Behörde - Strafen wegen Beschäftigung von nur mehr drei Ausländern ausgesprochen hat. Indem das Verwaltungsgericht den dritten Strafsatz des § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG ("bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von Euro 2 000 bis 20 000 Euro") zur Anwendung brachte, hat es den Revisionswerber in seinen subjektivöffentlichen Rechten verletzt.

Das angefochtene Erkenntnis war daher im Umfang seines Ausspruches über die Strafe und die Verfahrenskosten aufzuheben und die Revision im Übrigen, also im Umfang der Schuldsprüche, als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am